Rudolf Bohren, Predigt als Erzählung (1967): „Der Prediger ist kein Causeur oder Dichter. Er muß nacherzählen. Sein Mangel an Verstand und an Sprachkraft wird damit evident. Er hält sich an eine Vorlage, er erzählt, was andere schon vorerzählt haben. Indem er nach-erzählt, ist von ihm primär nicht Originalität zu verlangen. Er ist nicht Schöpfer seiner Erzählung, sondern ledig­lich Reproduzent; er reproduziert, was tradiert ist und da steht. Er wiederholt, er re-zitiert. So erinnert er.“

Predigt als Erzählung

Von Rudolf Bohren

»Erzählen im eigentlichen Sinn des Wortes ist unmöglich geworden.« Dieser Satz von Alain Robbe-Grillet scheint nicht nur die Situation des »nouveau roman«, sondern in gewisser Weise ebenfalls die der heutigen Predigt anzusprechen[1]. Eine Analyse der Gegenwartspredigt würde leicht den Aufweis erbringen können, daß viele Prediger es nicht mehr wagen zu erzählen, daß andere hinwiederum am Ver­such zu erzählen scheitern. Man könnte den zitierten Satz geradezu als Formel für unsere Predigterfahrung gebrauchen. Nichts wäre nun verkehrter, als aus einem Satz der Erfahrung unter der Hand einen Glaubenssatz oder ein Gesetz zu machen! Hingegen mag er Anreiz und Ansporn sein, über das gestellte Problem nachzuden­ken. Nichts wäre oberflächlicher, als diese Erfahrung nicht in die theologische Re­flexion einzubeziehen!

I

Predigendes Erzählen hat es mit einer Handlung zu tun, mit einem Geschehen, an das erinnert wird. Gibt es kein Erinnern, so gibt es auch kein Erzählen. Erzählung kommt aus Erinnerung, — in ihr nimmt Erinnerung eine bestimmte Gestalt an. In der Erzählung ergreift Erinnerung das Wort. Dann aber ist Erinnerung der übergeordnete Begriff und Erzählung eine Sonderform der Erinnerung. Predigt als Erzählung setzt darum Predigt als Erinnerung voraus. Von ihr muß zuerst die Rede sein. Niels Astrup Dahl ist der Meinung, »predigen« korrespondiere weni­ger mit kērýssein als mit hypomimnḗskein[2]. Predigt wäre dann zuerst zu sehen als Akt der Erinnerung.

Auch wenn der neutestamentliche Sprachgebrauch »erinnern« nicht eindeutig mit Vergangenheit verknüpft, prävaliert der Bezug zur Geschichte.

Wenn aber mit der unmittelbaren Tradition auch die Erinnerung in Frage ge­stellt wird, dann muß mit dem Mißtrauen gegenüber der Erinnerung auch das Mißtrauen gegenüber der Sprache wirksam werden.

Spätestens seit Descartes gibt es dieses Mißtrauen, und es ist heute so groß gewor­den, daß Klaus Heinrich der Rede von der »skeptischen« die der »sprachlosen Generation« gegenüberstellt[3]. Weil nicht nur das Erzählen, sondern das Sprachvermögen überhaupt heute in Frage gestellt ist, darum können wir von der Predigt als Erzählung nicht einfach als von einer Vorfindlichkeit sprechen. Predigendes Erzählen muß in seiner Möglichkeit neu gefunden werden. Nicht von einer Selbst­verständlichkeit reden wir, sondern von einem Wunder, von einem verborgenen, das entdeckt sein will: Möglichkeit, Grund und Sinn predigenden Erzählens liegen in der Erinnerung Gottes selbst. Erst von hier aus wird das, was »unmöglich ge­worden« ist, wieder möglich. Darum muß erst aufgedeckt werden, was predigendes Erzählen ermöglicht.

Auf der Suche nach der Möglichkeit wenden wir uns zunächst dem alttestamentlichen Sprachgebrauch von zkr zu, der auf Menschen und auf Gott angewandt wer­den kann[4]; wir beachten: »Zkr als Begriff für die Beziehung Gottes zum Menschen bezeichnet keinen bloß gedächtnismäßigen Bezug, sondern ein tathaftes Eingehen der Gottheit auf den Menschen, der sich in Not befindet. Inhalt dieses Gedenkens ist Segen und Heil[5].« Göttliches Erinnern ist nicht ein Tagträumen, sondern freie Tat, »ein wirksames und schaffendes Ereignis«[6]. Es ändert die Lage, wendet die Not, rettet. Wenn Gott sich Noahs erinnert »und all des Wildes und des Viehs«, so weht ein Wind über die Flut, die Wasser sinken, und die Brunnen der Urflut werden zugetan (Gen 8,1 f.). — Zkr besagt auch hier mehr als ein Denken an… Gott kümmert sich um Noah, wendet sich ihm zu. Mitten in der Vernichtung »der Städte in der Niederung« erinnert er sich Abrahams, und das heißt, daß er Lot aus der Zerstörung herausleitet (Gen 19,29). Wenn er des unfruchtbaren Weibes sich erinnert, wächst die Frucht im Mutterleib der Rahel (Gen 30,22) und der Hanna (1 Sam 1,11.19). Gottes Erinnern macht Leben möglich, befreit vom Un­glück der Kinderlosigkeit, befreit vom Unglück überhaupt; darum ruft der Mensch des Alten Testaments in der Stunde schwerer Versuchung und Not Gott auf, sich zu erinnern; denn Gottes Erinnern wird das Schicksal wenden[7]. Darum kann der Akt der Gebetserhörung mit zkr umschrieben werden[8].

Diese allzu knappen Notizen aus der Begriffsgeschichte von »zkr« sind höchst bedeutsam für das Geschehen der Predigt, insbesondere des predigenden Erzählens. Die Predigt kann an diesem Tatbestand nicht vorbeigehen, daß Gott sich heilvoll erinnert, daß er erinnert werden kann. Bevor also die Predigt Menschen erinnert, wird sie Anruf sein an Gottes Erinnerung. Diese wird angesprochen, damit das Erinnern des Menschen im Einklang mit dem göttlichen Erinnern geschehe; damit also im menschlichen Erinnern göttliches Heil geschehe. In diesem Betracht ist Predigt Provokation des Heils, wie sie ihrerseits durch geschehenes und geschehen­des Heil hervorgerufen wird.

Mit diesem Anruf an Gottes Erinnerung wird der Prediger anheben; er bildet den Ausgangspunkt für jede Predigt, die Ereignis ist; denn dies ist gleichsam die obere Seite des predigenden Erinnerns, daß Gott erinnert wird, damit er sich selbst erinnere. Entstammt die Predigt solchem göttlichen Erinnern, quillt sie aus der Selbsterinnerung Gottes, dann weht der göttliche Wind, Lot kommt aus Sodom heraus, und der verschlossene Leib wird aufgetan; dann ist die Predigt Schicksals­wende, Tat.

Der Dienst des Predigers wird mit solchem Erinnern Gottes beginnen. Bevor er predigend erzählt, wird er anbetend erzählen, und das heißt praktisch, er wird zunächst einen Text lesen und diesen Text dem vorhalten, der seine Gegenwart und Zukunft verheißen hat. Der Text will also zunächst nicht auf meine Existenz hin interpretiert und übersetzt werden, sondern will auf die Existenz Gottes hin ge­lesen werden, als ein Text von dem, der ist und kommt, um Gott an seine Taten zu erinnern, damit er neue Taten tue. Indem dieser Gott für uns ist, können die Texte nicht auf die Existenz Gottes hin gelesen werden unter Ausklammerung unserer Existenz! Lesen wir den Text auf die Existenz Gottes hin, der als Imma­nuel erschien, dann sind wir mit unserer Existenz dabei. Will der Text in diesem Sinne zuerst gelesen werden, so könnte man sagen, das Predigen sei ein Kinder­spiel, wenn man erst den Text richtig lesen könnte[9]! Wenn die Predigtvorberei­tung mit dem betenden Lesen des Textes anzuheben hat[10], dann erst recht die Predigt selbst. Die Rezitation des Textes im Gottesdienst, der in der Textverlesung allem predigenden Erzählen vorausgeht, meint ja, recht verstanden, nicht eine liturgische Selbstgenügsamkeit, sondern die große Anfrage an den Herrn des Tex­tes, daß er ihn erfülle: ein großes Aufblicken zu dem, der die Vergangenheit des Textes in seine Gegenwart und Zukunft hineinnimmt: »Ja, wie die Augen der Magd auf die Hand der Gebieterin, so blicken unsere Augen auf den Herrn, unse­ren Gott, bis er uns gnädig ist (Ps 123,2b).« Wenn die Predigt in dieser Haltung nicht nur anhebt, sondern weitergeht, dann ist es keineswegs Zufall oder fromme Floskel, wenn Prediger ihre Anrede an Menschen in der Predigt in eine Anrede an Gott selbst übergehen lassen. Wir zählen auf den, von dem wir erzählen, halten ihm vor, was wir berichten.

Predigendes Erzählen wendet sich zuerst an den Herrn der Predigt, weil sie sich gerade nicht mit einer besonnten Vergangenheit des Heils begnügen will; sie be­deutet nicht ein greisenhaftes Sich-verlieren im Gestern oder Vorgestern, sie bein­haltet vielmehr einen Akt der Erwartung, der das Heute und Morgen Gottes will. Sie streckt sich aus nach dem Heil der Gegenwart und Zukunft und darum ist sie zuerst Erinnerung Gottes, Gebet.

Mit Recht bemerkt Ulrich Duchrow, das Gebet sei »kein metaphysischer Ersatz für die hermeneutische Frage, sondern deren radikale Zuspitzung[11]«. Es besagt, daß das hermeneutische Problem letztlich nicht durch den Menschen, sondern nur durch den neuen Heilserweis Gottes gelöst wird. Das Beten von Texten der Ver­gangenheit geschieht, damit das Heil, von dem sie reden, Ereignis werde. Daß das Gebet ein sonstiges Bemühen um den Text erübrigt, kann nur angenommen wer­den, wenn man das Gebet mißversteht.

Soll Gott selbst erinnert werden, soll er sich selbst erinnern, dann ist diese Er­innerung Gottes näher zu bestimmen als Erinnerung an Gottes Bund. Es wird nützlich und nötig sein, in diesem Zusammenhang nochmals auf einige Stellen zu verweisen. So oft der Regenbogen in den Wolken steht, erinnert Jahwe sich des Bundes, daß niemals mehr die Wasser der Urflut die Erde bedecken sollen (Gen 9,15 f.). Dies ist der Hauptinhalt des göttlichen Erinnerns, daß er des Bundes gedenkt und als der »Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs« an seinem Volke han­delt. Als der sich des Bundes und also der Väter Erinnernde hilft er seinem Volk. »Und Gott hörte ihr Wehklagen und gedachte seines Bundes mit Abraham, Isaak und Jakob. Und Gott sah auf die Israeliten und gab sich ihnen kund« (Ex 2,24 f.). Im Erinnern an die vergangene Offenbarung geschieht neue Offenbarung. In Gottes Erinnern an die vergangene Heilstat geschieht neue Heilstat. Das Heil wächst aus Gottes Erinnern an den Bund; denn im Erinnern wird der Bund von gestern zum Bund von heute: »Da sah er an ihre Drangsal, wenn er ihre Klage vernahm, ge­dachte zu ihrem Heil seines Bundes und ließ sich’s gereuen nach seiner großen Güte. Er ließ sie Erbarmen finden…« (Ps 106,44 ff.).

Das Gedenken an den Bund ist die Voraussetzung, gleichsam die innere Seite der Offenbarung Gottes. Um des Bundes willen findet das Volk Erhörung, wird ihm Rettung zuteil: »Und ich habe auch das Wehklagen der Israeliten gehört… und habe meines Bundes gedacht. Darum sage zu den Israeliten: ich bin Jahwe; ich will euch von der Last der Fronarbeit Ägyptens frei machen und euch aus eurer Knechtschaft erretten und euch erlösen mit ausgestrecktem Arm und durch gewal­tige Gerichte« (Ex 6,5 f.). In der Erinnerung an diesen Bund tritt Mose für das abtrünnige Volk ein. »Gedenke deiner Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast…« (Ex 32,13). Die Folge gött­licher Erinnerung wird sein, daß er seinen Beschluß ändert (Ex 32,14).

Die Psalmen steigern die Aussagen über das göttliche Erinnern dahin, daß er ewig seines Bundes gedenkt (105,8; 111,5). Ezechiel aber verheißt, daß er im Ge­denken an seinen ersten Bund einen neuen, ewigen Bund aufrichte (16,60).

Diese Selbsterinnerung Gottes an den Bund gipfelt in der Sendung des Sohnes, im Anbruch des messianischen Heils: »Er hat sich Israels, seines Knechtes, ange­nommen, zu gedenken der Barmherzigkeit, wie er geredet hat zu unseren Vätern, gegenüber Abraham und seiner Nachkommenschaft in Ewigkeit« (Lk 1,54 f.; vgl. 68-75).

Indem die Fleischwerdung geschieht, die Zeit sich erfüllt, und Gott aus seiner Ewigkeit heraustritt in die Zeit, geschieht etwas Einmaliges. Weil dieses Große einmal sich ereignet, kann die Predigt gar nichts anderes sein als Erinnerung an das, was einmal geschah. Als Erinnerung an ein einmaliges Geschehen aber ist Pre­digt nichts anderes als ein unermüdliches Erzählen!

Damit aber beginnt das Ereignis der Predigt als Gottes Wort, daß Gott sich selbst seiner Vergangenheit, seines Bundes, daß er sich der Erzväter, der Ein­maligkeit des Opfers Christi und also seines ewigen Erbarmens erinnert. In dieser Selbsterinnerung Gottes hebt das Ereignis an, das im Erinnern der Predigt seinen Fortgang nimmt. Das innergöttliche Reden, das Wort Gottes zu sich selbst, wird dann zu einem Wort an Menschen. Gott erinnert nicht nur sich selbst, sondern auch den Menschen an das, was er gestern tat, denn von dem, was Gott gestern tat, lebt der Mensch heute noch. An dem, was Gott gestern tat, kann das Volk erkennen, wer Gott heute ist. Darum ist die Predigt nicht nur Erinnerung, son­dern sie ruft gleichzeitig auf zur Erinnerung; in der Erinnerung an vergangene Tat wird Gott offenbar, erkennbar.

Diese Doppelheit und dieser gegenseitige Bezug von göttlichem und menschlichem Erinnern ist zunächst auf Grund des Bundes zu verstehen. Predigendes Erinnern hat zu geschehen als ein mit Gott verbündetes Tun. Vom Neuen Testament, insbe­sondere vom Johannes-Evangelium her, läßt sich sagen: Erinnerung geschieht im Dienst des Parakleten. Dieser ist der Erinneret schlechthin. Oscar Cullmann hat darauf hingewiesen, daß alle Stellen im vierten Evangelium, die von »Erinnern« sprechen, inhaltlich mit den Aussagen des Parakleten zusammengehören[12]. »Der Beistand aber, der heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe« (Joh. 14,26).

Im Geist wird das Vorherige gegenwärtig, und das Zukünftige bricht an. Jenes »Erinnern«, von dem der Evangelist spricht, ist also einerseits »Erinnern an das einmalige Geschehen, andererseits zugleich Erkenntnis seines Zusammenhanges mit dem vergangenen alttestamentlichen und mit dem kommenden Geschehen in der Kirche Christi[13]. Im Erinnern des Geistes wird die Vergangenheit gleichermaßen aufgebrochen wie die Zukunft. Der Geist erinnert an das in der Vergangenheit von Jesus Gesagte. Der im Geist Gegenwärtige wiederholt das vom Inkarnierten Ge­sagte, und das heißt also, Gott selber erinnert uns an sein Handeln und Reden in der Vergangenheit. Indem der Lebendige uns erinnert an das Heil, das er gestern schaffte, an das Wort, das er gestern sprach, schafft er heute Heil, spricht er heute sein schöpferisches Wort, verkündigt er das Zukünftige (vgl. Joh 16,13b). Im Dienst der Selbsterinnerung Gottes, im Dienst des Parakleten, steht also der Prediger, der erinnert. Sein Problem ist zunächst nicht, wie er die Menschen er­reicht, sondern wie er Gott erreicht; denn ohne den Beistand des Parakleten bleibt der Prediger im Grunde ohne Erinnerungsvermögen, das Wort bleibt tot, Ver­gangenheit und Zunkunft des Heils bleiben verschlossen. »Erzählung im eigent­lichen Sinn ist unmöglich geworden.« Besteht die Frage predigenden Erzählens darin, ob es Gott erreicht, ob der Paraklet unmöglich Gewordenes wieder ermög­licht, dann hängt alles daran, daß es geistlich, daß es charismatisch geschieht. Pre­digendes Erzählen wird dann zum Akt des Ver­trauens auf die Verheißung seiner Gegenwart. In diesem Vertrauen beinhaltet die Predigt an Menschen zugleich eine Zumutung an den, der sich uns versprochen hat zu tun, was das Wort sagt. Ge­schichte wird erzählt, damit sie neu geschehe. Im Akt des Vertrauens — nicht nur auf die Gegenwart, sondern auch auf die Zukunft — wird Geschichte als Verhei­ßung erzählt. In der Erinnerung an den Gott, der da war, wird der offenbar, der kommt. Lawrence Durrell nennt die Erinnerung die »Urmutter der Hoffnung« und trifft mit dieser Formulierung wohl auch theologisch das Richtige[14].

Die Erzählung wird hoffnungslos, wenn sie die Erinnerung verliert und also die Zukunfts- und Gegenwartsbedeutung des zu Erzählenden übersieht. So wird sie in der Tat unmöglich. Sie wird dann orthodox oder biblizistisch die Geschichte stehenlassen, ohne Bezug zur Gegenwart, oder sie wird modernistisch sich der Ver­gangenheit Gottes schämen und diese als für den Menschen von heute unzumutbar erklären. Beidemal hat sie die Erinnerung verlassen, beidemal ist vergessen, daß der Prediger legitim nur kraft der Selbsterinnerung Gottes und also im Dienst des Parakleten predigen kann. Die Aktualität solchen Erzählens liegt dann in der actio des Parakleten, im heilvollen Gedenken Gottes selbst.

Wenn Wolfgang Kayser die Ursituation des Erzählens dahin beschreibt, »daß ein Vorgängliches da ist, das erzählt wird, daß ein Publikum da ist, dem erzählt wird, und daß ein Erzähler da ist, der zwischen beiden gewissermaßen vermit­telt«[15], dann gehört zur Ursituation predigenden Erzählens ein viertes Moment, das alle andern umschließt: das Vergängliche haftet an einer Person, die mithört, die den anderen Hörern als Vermittler und Zeuge gleichzeitig ist und im Erzählen seine Zukunft verheißt. Zusammenfassend kann man sagen: Findet predigendes Erzählen seine Möglichkeit, seinen Grund und Sinn in der Erinnerung Gottes selbst, dann artikuliert solches Erzählen, was bei Gott gilt, es erinnert an Ge­schehenes, das zählt und darum auch unsere Existenz in Vergangenheit, Gegen­wart und Zukunft umgreift.

Predigendes Erzählen gehört also zur Grundstruktur der Predigt[16]. Wollte man zwischen Kerygma, Didache und Parakiese unterscheiden, so müßte man sagen, daß das Element der Erzählung in jede dieser drei Gestalten einzugehen vermag, daß jede dieser Gestalten der Erzählung ihren Charakter zu verleihen vermag. Bezeichnen wir die Erzählung als Grundstruktur der Predigt, dann deuten wir damit schon an, daß predigendes Erzählen in einer Fülle von Möglichkeiten des Erzählens vor sich gehen kann[17].

II

Liegen die Möglichkeit, der Grund und der Sinn predigenden Erzählens in der Erinnerung Gottes selbst, dann ist für dieses Erzählen ein Doppeltes zu beachten: Predigendes Erzählen geschieht auf dem Hintergrund des Schriftganzen[18] und er­zählt Einzelnes.

Der Begriff des Schriftganzen soll andeuten, was für das predigende Erzählen entscheidend ist, daß es im Horizont von Schöpfung und Vollendung geschieht: »Gut erzählen, heißt so erzählen, daß die Mitte, der Ursprung und das Ende aller Dinge von ferne sichtbar werden; auf Christus, auf diese bestimmte Gegenwart Gottes ist jedes Menschenleben bezogen — und mit ihm auf den Anfang und das Ende[19].« Predigendes Erzählen ist also Erzählung in einem Zusammenhang, im Zusammenhang der ganzen Schrift.

Gerhard von Rad weist darauf hin, daß wir uns den Zugang zu dem Eigensten der theologischen »Arbeit Israels zum vornherein verbauen« würden, »wenn wir die Geschichtswelt nicht in der Aufeinanderfolge und in der inneren Verknüpfung ernstnehmen wollten, wie sie Israel sich selbst zurechtgelegt hat«. Von Rad folgert: »Die legitimste Form theologischen Redens vom Alten Testament ist deshalb im­mer noch die Nacherzählung[20].« Diese Erzählung wird den Zusammenhang der Testamente nicht leugnen, denn das Alte Testament spricht »von der Geschichte Gottes mit Israel, mit den Völkern und bis zur Übergabe der Weltherrschaft an den Menschensohn«[21]. Als eine auf die Zukunft hin offene Geschichte zielt sie auf das Neue Testament und seinen Christus. Wenn von Rad das Kontinuum von Altem und Neuem Testament in ihrer Sprache sieht[22], die in beiden Testamenten »in einem höheren Sinne eine Einheit bildet«, dann bildet das Kontinuum der Testamente seinerseits die Klammer für das predigende Erzählen; es umgrenzt den Sprachraum, von dem aus zu erzählen ist.

Mit besonderem Nachdruck hat Oscar Cullmann den Zusammenhang der Testa­mente betont. Als grundlegende Beobachtung notiert er z. B.: »die Erzählung (der Evangelien, R. B.) wird von den Christen mit dem Alten Testament in Verbin­dung gesetzt[23].« Aus der gegenseitigen Bezogenheit der Testamente aufeinander folgt: »Die Bibel besteht weder im Alten noch im Neuen Testament aus Einzel­geschichten[24] …«

Versuchen wir die hier notierten exegetischen Einsichten homiletisch fruchtbar zu machen, so wird man zuerst sagen, daß wir das Alte Testament nicht ohne das Neue nacherzählen können und das Neue nicht ohne das Alte. Eine Ausrichtung auf das Ganze bewahrt das predigende Nacherzählen vor verfälschender Ver­gegenwärtigung. Ingo Baldermann bezeichnet es als »didaktische Grundfrage beim Erzählen biblischer Geschichten«, wie es »zu einer gewissen erzählerischen Breite kommen kann, ohne daß an der Geschichte Wucherungen entstehen, die den biblischen Text entstellen[25]«.

Dieses Problem stellt sich auch für das predigende Erzählen. Baldermanns Rat, »so sorgfältig wie nur möglich dem Formgesetz des Textes zu folgen«[26], ist gewiß auch für die Predigt beherzigenswert. Nur bleibt zu bedenken, daß hier dem Prediger weitgehende Freiheit zuzugestehen ist, ein ängstliches und gesetzliches Festhalten etwa an exegetisch herausgearbeiteten Textformen kann sich u. U. als Hemmnis gegen eine sachgerechte Übersetzung des Textes stellen. Dann aber wäre zu er­wägen, ob nicht hier der Horizont des Schriftganzen eine Hilfe sein könnte für ein erweiterndes Erzählen.

Von da aus muß auf eine Form predigenden Erzählens besonders aufmerksam gemacht werden, auf das summarische Berichten der großen Taten Gottes. In ihm wird Altes und Neues Testament zusammen an die Gegenwart und Zukunft ge­bunden. Die Reden der Apostelgeschichte bilden Grundmuster für solches summa­risches Berichten. Die heute grassierende Gesetzlichkeit der Predigt mag ihre Wur­zeln auch darin haben, daß man nicht mehr wagt, die großen Taten Gottes im al­ten und neuen Bund zu erzählen[27].

Das summarische Berichten und Erzählen soll aber nicht verdecken, daß es einen Höhepunkt biblischen Erzählens gibt, der als solcher nacherzählt sein will: Wenn Paulus Christus, den gekreuzigten, predigt (1 Kor 1,23), erzählen die Evange­lien vor allem die Passion, so daß Martin Kähler meinte, »etwas herausfordernd könnte man die Evangelien Passionsgeschichten mit ausführlicher Einleitung nen­nen[28]«. Wenn wir den Kähler’schen Satz auch für homiletisch bedeutsam halten, so nicht aus einer falschen Meinung, es müßten die Evangelien in einer Predigt kopiert werden, sondern aus der Einsicht, daß die Versöhnung eine Geschichte ist. »Die Versöhnung ist Geschichte… Wer vor ihr reden will, muß sie als Geschichte nacherzählen[29].« Sind die Höhepunkte der Heilsgeschichte gleicherweise anzuvisie­ren, dann ist auch nicht zu übersehen, daß Gottes großes Drama einzelne Szenen kennt, die zum Ganzen gehören. Die formgeschichtliche Forschung hat hier ver­schiedene Formen und Gattungen des Erzählens herausgearbeitet. Ich möchte hier nur herausgreifen, was Martin Dibelius das Paradigma nennt als »Material« zur Predigt[30]. Predigendes Nacherzählen wird gerade dieses Material dankbar und sorgsam verwenden.

Geschieht predigendes Erzählen auf dem Hintergrund des Schriftganzen und wendet es sich Einzelnem zu, so muß diese Unterscheidung in ihrer Bezogenheit gesehen werden: Das Ganze ist für uns nur in Aspekten da. Das eine Heil keimt unabzählbare Weisen der Zuwendung. Indem es geschieht, gibt es Geschichte, wird es erzählbar.

Das summarische Erzählen besagt, daß das Heil als umfassende Geschichte ge­schieht; während das paradigmatische Erzählen besagt, daß das Heil konkret ge­schieht. Gott gedenkt ewig seines Bundes, und er gedenkt einzelner besonders. Das eine Heil kennt unabzählbare Weisen der Zuwendung. Immer ist darum das Ein­zelne ein Aspekt des Ganzen, indessen das Ganze in Einzelheiten geschieht. — Das Summarium erinnert an die Treue Gottes; es zieht die große Linie, das Para­digma erinnert an die Aktualität seines Handelns und sieht auf einen Punkt der Geschichte. Das summarische Erzählen gibt der Predigt Kontur, das paradigma­tische Farbe. Das erstere ist mehr der Reflexion, das zweite der Intuition ver­pflichtet. Wie aber Reflexion und Intuition beim Erzählen nicht voneinander zu trennen sind, so bedürfen auch die beiden hier anvisierten Arten des predigenden Erzählens einander.

Dies wird vor allem dann deutlich, wenn wir noch eine Aufgabe beachten, die uns die Paradigmen des Neuen Testaments stellen: Wenn Gott nach seiner ein­maligen Menschwerdung nicht aufhört zu wirken, wenn sein Heil läuft und wei­tergeht, dann kann sich predigendes Erzählen nicht einfach damit begnügen, bib­lische Geschichten nachzuerzählen; dann muß sie es vielmehr wagen, prophetisch da und dort Gottes verborgenen Willen in der Gegenwart aufzudecken; dann gibt es neben den Paradigmen aus den Evangelien neue Paradigmen, die vom Tun Got­tes in der Gegenwart sprechen. Wir werden den Christus praesens nicht recht pre­digen, wenn wir nicht paradigmatisch zu sagen wissen, was er tut. Verzichten wir mit dem Hinweis auf die Verborgenheit Gottes auf neue Paradigmen, so verzich­ten wir im Grunde auf die Predigt des Auferstandenen und im Pneuma Gegen­wärtigen und Wirkenden; wir historisieren die Heilsgeschichte. — Was unserer Predigt aber nottut, sind »Kalendergeschichten« vom gegenwärtigen Heil[31]: Neben der großartigen Stephanusrede stehen in der Apostelgeschichte die Notizen von Erfahrungsberichten (14,27; 15,3 f. 12; 21,19). Wenn Gott nicht tot und wir nicht blind sind, werden wir nicht nur kanonische Erzählungen haben, sondern Berichte aus jüngster Vergangenheit und Gegenwart. Wir werden ihnen nicht das gleiche Gewicht beimessen wie den Berichten aus den kanonischen Schriften. Sie bezeichnen nicht allgemeingültige Höhe- und Fixpunkte der Heilsgeschichte, sie passieren in der Zeit zwischen den Zeiten. Mit den kanonischen Paradigmen haben sie aber die­selbe Mitte. Sie kommen nach ihnen, haben ihre Norm an ihren kanonischen Vor­gängern und am Schriftganzen. Insofern sich in ihnen aber zeigt, wer Jesus Christus ist, sind sie der Schrift gegenüber nicht abzuwerten: Erzählen die neutestamentlichen Paradigmen den Jesus Christus von »gestern«, der heute da und wirksam ist, so berichten die neuen Paradigmen vom Jesus Christus »heute«, der mit dem von »gestern« identisch ist. Die neuen Paradigmen prävalieren sogar einerseits die kanonischen, indem und insofern sie erzählen, wer Jesus Christus »heute« ist, sie berichten von seiner Anwesenheit und seinen Taten im Geist. Weil dieser Jesus Christus heute aber »derselbe« ist wie gestern, bleiben sie andererseits an die Prä­valenz der kanonischen Evangelien gebunden. In diesem dialektischen Verhältnis zwischen den neuen und den kanonischen Paradigmen spiegelt sich das Verhältnis zwischen Predigt und Schrift. Gibt es einen homiletischen Mißbrauch mit solchen Paradigmen, indem häufig kitschige und verlogene Geschichten und Geschichtchen erzählt werden, so sollte ein solcher abusus des Erzählens nicht vom rechten usus dispensieren! — Weil das neue Paradigma ein neues Tun des im Geiste Präsenten berichtet, und weil der Prediger es auf seine eigene Verantwortung nehmen muß — es ist ihm nicht überliefert wie das kanonische Paradigma — darum wird er ge­rade sein Paradigma historisch-kritisch und systematisch-theologisch sorgfältig exegesieren. Man wird also hier in besonderer Weise die Geister, und das heißt in concreto, den Geist der Erzählung zu prüfen haben; denn das Paradigma könnte ja einen falschen Christus predigen. Auch gilt zu beachten: Nicht jede Erfahrung mit dem Wort soll erzählt werden. Es gibt Erinnerungen, die zu zart sind für das Licht der Öffentlichkeit. Hier ist besonders streng zu fragen, ob durch das Paradigma der Name geheiligt werde[32].

III

Erinnert predigendes Erzählen die Gemeinde kraft der Erinnerung Gottes an das, was zu ihrem Heil geschah, geschieht und geschehen wird, dann heißt das zunächst, daß Gottes Gedenken dem der Menschen voraus ist. Zwischen Gottes Erinnern und dem von Menschen herrscht zunächst eine spezifische Ungleichzeitigkeit. Gott hat an seine Gemeinde gedacht, bevor diese zu denken begann.

Gingen wir davon aus, daß in Gottes Erinnern die Möglichkeit, der Grund und der Sinn predigenden Erzählens liegen, so beinhaltet dies, daß Gottes Erinnern grundsätzlich allem menschlichen Erinnern vorausläuft. Auch wenn Gott in actu durch den Anruf des Menschen erinnert wird, so geschieht solches Erinnern grund­sätzlich im Nachher, nur als solches ist es möglich. Predigendes Erzählen ist dann ein Nachholen und Einholen, es holt die Gemeinde in Gottes Gedenken hinein, indem es die Geschichte des Heils als ihre Geschichte erzählt. Predigendes Erzählen handelt darum nie von einer alten, sondern immer von einer neuen Geschichte; indem es die Gemeinde mit der »alten« Geschichte weitererzählt. In diesem Zu­sammenhang wäre darauf zu verweisen, daß die christologischen Aussagen des zweiten Artikels im Neuen Testament auch solche über die Gemeinde sind: Mit Christus sind wir gekreuzigt (vgl. Gal 2,19; Röm 7,4), gestorben (Röm 6,8; Kol 3,3), begraben (Röm 6,4; Kol 2,12), auferweckt (Kol 2,12 f.), erhöht (Eph 2,4 ff.); mit ihm werden wir verherrlicht werden (Röm 8,17; 1. Joh 3,2). Er­zählen wir die Daten der Geschichte Jesu Christi, dann erzählen wir unsere Daten. Die Existenz ist darum christologisch, heilsgeschichtlich zu interpretieren. Darin liegt die Dramatik predigenden Erzählens, daß ein Austausch der Zeiten statt­findet: Gottes Vergangenheit wird ihre Vergangenheit, Gottes Gegenwart wird ihre Gegenwart, Gottes Zukunft wird ihre Zukunft.

Wird im Erzählen der Geschichte Jesu Christi der Gemeinde eine neue Zeit und eine neue Existenz zugesprochen, dann führt predigendes Erzählen gerade nicht zur Selbstfindung, sondern zur Selbstentfremdung. Die Gemeinde wird aus ihrer eige­nen Erfahrung und Erinnerung herausgerissen und hineingenommen in das Erin­nern Gottes. So zieht das Erzählen die Gemeinde in ein neues Leben. So wird die Gemeinde zum Ort in der Welt, an dem Gottes gedacht wird.

Ist Gottes Gedenken der Gemeinde voraus, dann ist die Gemeinde der Welt voraus, indem sie um Gott weiß, indem sie ihn im Gedächtnis hat. Die Welt ist in Bezug auf Gott erinnerungslos. Sie kann darum auf ihre Weise vom Tode Got­tes reden und verrät damit nur ihre Vergeßlichkeit: nicht Gott ist tot, wohl aber das Gedenken Gottes! Darum muß erinnert, erzählt werden!

Wird das Heil als unsere eigene Geschichte erzählt, dann hat dies für den Stil des Erzählens eine Konsequenz. Er wird »anzüglich«, applikativ, den Hörer mei­nend[33]. Biblische Geschichte wird also nicht nur im Zusammenhang des Schriftgan­zen erzählt, sondern ebenfalls im Horizont der aktuellen Gemeinde. Diese Anzüg­lichkeit des Erzählens gefährdet das Erzählen, gefährdet die zu erzählende Ge­schichte; dies wird besonders dann geschehen, wenn der Prediger den Hörer eigen­mächtig vergewaltigt, zu fesseln versucht, als einer, der Gottes vergißt.

Sagen wir vom predigenden Erzählen, daß es »anzüglich« sei, so bedarf diese Aussage eingehender Erörterung: Versammeln sich im Gedenken Gottes geschehe­nes Heil und geschehende Gemeinde, dann ist zu bedenken, daß die Erzählung nicht nur vom Erzählen geformt wird, sondern auch von dem Adressaten der Erzählung, vom »Publikum«, um mit Wolfgang Kayser zu sprechen. Weil insbe­sondere das predigende Erzählen ein Erzählen für jemanden ist, für eine »liebe Gemeinde«, darum bildet die Hörerschaft gleichsam einen zweiten »Text« der Erzählung, der exegesiert und meditiert sein will wie der erste Text! Diese Exe­gese und Meditation ist nicht zu trennen von der des ersten Textes, darum bildet sie den Kontext zum ersten, wie denn auch der biblische Text nicht zu trennen ist von der Gemeinde. Die Hörerschaft ist also nicht Text als Offenbarungsquelle, sie ist aber — um im Bilde zu bleiben — kein unbeschriebenes Blatt, sie ist als eine der Botschaft Bedürftige selber Botschaft an den Prediger, die von ihm ge­hört sein will. Sie ist Botschaft und Anruf an den Prediger, insofern sie dessen Diakonie bedarf. Als der Diakonie mit dem Wort Bedürftige ist die Hörerschaft Herrin des Predigers. Darum ist der Hörer insofern ein zweiter »Text« des Pre­digers, als der Prediger an ihm die Sprache lernt, in der er zu reden und auch zu erzählen hat. Es dürfte ohne weiteres klar sein, daß damit nicht bloß ein Vokabu­lar gemeint ist, das der Prediger zu adaptieren hätte. Vielmehr bestimmt die Wortbedürftigkeit der Hörerschaft die Auslegung, in unserem Falle die Gestal­tung der Erzählung, in einer Hinsicht nach Form und Inhalt. Die Predigt wird unmenschlich, wo sie diesen Sachverhalt ignoriert, und sie kultiviert bei aller for­malen Orthodoxie in der Diktion praktisch einen homiletischen Doketismus.

Wenn hier die Hörerschaft als zweiter »Text« deklariert und als Herrin des Predigers ausgerufen wird, will das nicht heißen, daß der predigende Erzähler das sagen soll, was die Leute gerne hören; es heißt aber, daß der Prediger auch diesen »Text« daraufhin zu exegesieren und zu meditieren hat, was vom ersten Text her zu sagen nötig ist. — Schon öfter haben Exegeten darauf hingewiesen, wie nach­haltig die neutestamentlichen Zeugen um des Hörers willen ihren Text verändern. Nehmen wir Cullmanns Begriff von der heilsgeschichtlichen Gegenwart auf[34]; dann sind die Hörer schon inbegriffen; denn das Heil soll ja nicht in einem Vakuum geschehen, sondern in der versammelten Gemeinde. Weil das Heil ein Heil für Menschen ist, will es auch in der Sprache der Menschen ausgesagt sein, in einer ständig sich verändernden Sprache also. Darum wandelt sich die Sprachgestalt des Heils.

Nimmt der Prediger seinen ersten Text ernst und nimmt er seine Hörerschaft ernst, so gerät er in eine Krise; weil die Botschaft der Schrift und die Bedürfnisse der Hörerschaft sich sehr wahrscheinlich widersprechen. Der Prediger gerät in die Gefahr, den Text an den Hörer oder den Hörer an den Text zu verlieren. Beidemal wird er alles verlieren. Sagen wir also, daß die Hörerschaft die Auslegung bestimmt, dann stehen wir in der Versuchung, den Text an die Hörer zu ver­raten und die Hörer zu betrügen[35]. Behaupten wir aber das Gegenteil, so betrügen wir den Text um die Hörer und lassen die Hörer mit sich selbst allein. — Diese Krise muß vom Prediger immer wieder bestanden werden; dabei muß er nicht nur als Exeget, sondern auch als Systematiker arbeiten, gerade als Systematiker hat er zu wachen, daß die Übersetzung in der Predigt nach keiner Seite zum Verrat wird. — Ist diese Krise aber unausweichlich, weil ohne sie ein Übersetzen nicht möglich ist, und will sie bestanden werden, so erweist sich das Doppelgebot der Liebe als Hilfe. Folgt der Prediger seiner Leitung, so wird er vom Verrat bewahrt, und seine eigene Sprache wird die der Liebe sein. So wird er zwischen dem Sprach­raum des Schriftganzen und dem des Hörers hin- und hergehen, um das rechte Wort zu finden; dann aber wird sein Erzählen geleitet sein von der Orthotome, es wird das rechte Wort zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Die Anzüglichkeit des Erzählens wird dann frei sein von schlechtem Beigeschmack.

Wie nun, wenn der Hörer als mündiger Mensch zu deklarieren ist? Alain Robbe- Grillet weist darauf hin, daß der zeitgenössische Autor der aktiven, schöpferischen Mithilfe des Lesers bedürfe[36], eine Notiz, die auch und gerade für das predigende Erzählen von höchster Wichtigkeit ist. Wir wollen hier nur auf ein Moment hin­weisen. Der Prediger nimmt gerade dann seine Hörer ernst als mündige Zeitgenos­sen, wenn er nicht als allein wahrer Gnostiker vor seine Gemeinde tritt, sondern als einer, für den das, was er zu erzählen hat, eine fremde, unverständliche Ge­schichte ist, mit der er selbst noch nicht fertig ist[37]; er bittet seine Hörer um »schöpferische Mithilfe«, d. h. daß sie mit ihm in eine Zukunft gehen, in die die Geschichte führt. So bemerkt Eugen Rosenstock-Huessy: »Wer die Geschichte er­zählt, bekennt demütig, daß er sie noch nicht ganz versteht, aber gleichzeitig, daß er sie doch liebt, daß er sie über sich erhebt. Dadurch gerät er aber auf die Straße, die von diesem Ereignis in die Zukunft führt.«[38] Auf diese Straße hat der Pre­diger seine Hörer mitzunehmen!

IV

Auch das predigende Erzählen geschieht durch einen Erzähler. Der Prediger er­zählt: Wir haben zu bedenken, welche Rolle der Erzähler in der Predigt spielt.

Ein Negatives wurde schon angedeutet: Geschah Heil, von dem er erzählen soll, als einem gegenwärtigen und kommenden, so ist sein Erkennen dem nicht gewachsen. Der Erzähler ist mit der Geschichte noch nicht fertig; noch sieht er sie nicht, wie Gott sie sieht. »Immer soll die Schrift Zeugnis dessen sein, was du nicht ver­standen hast und noch nicht getan hast«[39], sagt Luther in der Scholien zur ersten Psalmenvorlesung. Dies ist das größte Mißverständnis der Prediger, daß sie vor­eilig wähnen, sie hätten verstanden. Gerade am Noch-nicht-verstehen und im Nicht-fertig-sein mit einer Geschichte fängt das Verstehen an. Die Einsicht in das noch Unverstandene der Geschichte steht am Anfang predigenden Erzäh­lens. Bevor der Prediger andern erzählt, wird er darum sich selber erzählen, wird er die Geschichte sich vor Augen führen in ständigem Wiederholen. Luther mahnt, hier nicht müde zu werden: »Und hüte dich, daß du nicht überdrüssig wirst oder denkst, du habest es mit einem oder zwei Malen genug gelesen, gehört und gesagt und verstündest es alles bis auf den Grund«[40]. So wie mein Verstehen der Geschichte nicht angemessen ist, so ist mein Sprachvermögen hier ungenügend. Soll ich Heil als Geschichte erzählen, so versagt mir die Sprache: »Kein Zunge kann erreichen / die ewige Schönheit groß; / man kanns mit nichts erreichen / die Wort sind viel zu bloß«, singt Johann Walther. Die Aufgabe predigenden Erzählens führt darum ins Stammeln und Stottern.

Geht es im Erzählen um das Wunder, daß Gott sich erinnert und damit neues Heil wirkt; dann erweist sich der mangelnde Verstand und das mangelnde Sprach­vermögen als mangelnde Macht: der Prediger ist Gottes nicht mächtig. Das Wun­der läßt sich erzählerisch nicht manipulieren. Am Anfang predigenden Erzählens steht darum — und jetzt nehmen wir die Formulierung Alain Robbe-Grillets posi­tiv auf — die Anerkennung des im eigentlichen Sinn Unmöglichen.

Diese Unmöglichkeit des Erzählens verweist auf das Erzählte! Der Prediger ist kein Causeur oder Dichter. Er muß nacherzählen. Sein Mangel an Verstand und an Sprachkraft wird damit evident. Er hält sich an eine Vorlage, er erzählt, was andere schon vorerzählt haben. Indem er nach-erzählt, ist von ihm primär nicht Originalität zu verlangen. Er ist nicht Schöpfer seiner Erzählung, sondern ledig­lich Reproduzent; er reproduziert, was tradiert ist und da steht. Er wiederholt, er re-zitiert. So erinnert er[41]. Sein Erzählen ist vorgeformt, schematisch[42].

Trotzdem ist der Erzähler schlechthin unersetzlich und weder durch Platte noch durch Tonband ablösbar: Indem er nacherzählt, tut er hinzu, läßt weg, verändert er. Er trägt also nicht einfach Geschriebenes vor, sondern er erzählt etwas, an das er sich erinnern kann, dem er begegnet, das sein Eigenes geworden ist. Er formt seinerseits die Erzählung. Insofern ist die Forderung nach Originalität berechtigt. Was Walter Benjamin in seinem Essay über Nikolaj Lesskow schreibt, gilt auch für den Prediger: »Der Erzähler nimmt, was er erzählt, aus der Erfahrung; aus der eigenen oder berichteten. Und er macht es wiederum zur Erfahrung derer, die seiner Geschichte zuhören[43].« Man könnte sagen, daß der Sinn der Predigtmedita­tion darin besteht, daß berichtete Erfahrung aufgenommen, uns also zur eigenen wird. In der Meditation soll die Geschichte gehört, in die Erinnerung übernommen werden. Wenn wir davon ausgingen, daß das predigende Erzählen im gött­lichen Erinnern seine Möglichkeit, seinen Grund und Sinn habe, dann wäre jetzt darauf zu verweisen, daß predigendes Erzählen auch aus der Erinnerung des Pre­digers kommen muß. Darum wird der Meditierende sich nach der Empfehlung des ersten Psalms den Text immer wiederholen, daß er ins Gedächtnis eingeht[44]. Er wird also die biblische Erzählung in sich aufnehmen, sich einverleiben. In der Meditation soll ja das stattfinden, was nachher Ziel des Predigens ist, eine Über­nahme der fremden Geschichte in die eigene. Die fremde Erzählung soll zu meiner Geschichte werden; darum will sie zuerst auf genommen sein, bevor sie weitergege­ben werden kann; sie will angeeignet sein, um übereignet zu werden. Wenn die Seele worthaft geworden ist, kann die Sprache leibhaft werden.

Worthaft aber wird die Seele im unablässigen und stetigen Hören dessen, der über dem Gesetz murmelt Tag und Nacht. Wenn wir einerseits das Nacherzählen und das Unoriginelle der predigenden Erzählung und andererseits das Persönliche und Originelle des Predigers betonen, so verweist diese Spannung auf die Not­wendigkeit der Meditation als einem Immer-wieder-Hören auf das Wort, so daß es zur Erfahrung wird und als Erfahrung zur Erinnerung. Allein dem Hörenden wird der Heilige Geist zuteil, der im Erinnern in alle Wahrheit führt[45].

Wir sprechen vom predigenden Erzählen um anzudeuten, daß in der Predigt als Erzählung — wie in der Predigt überhaupt — alles auf das Predigen selbst ankommt[46]. Darum seien zum Akt des Predigens selbst noch zwei Hinweise er­laubt. — Die Einsicht in die Unmöglichkeit des Erzählens einerseits und die Nöti­gung zum Nacherzählen andererseits werden ins Stammeln und Stottern führen. Dies ist dem Wunder von Gottes Erinnern angemessener als Rhetorik. Wenn wir sagten, daß der Prediger re-zitiert, dann kann dieses Nach-sagen kein Nach-plappern sein; dann wird es dem Rezitator vielmehr die Stimme verschlagen. Was Paul Celan über die Möglichkeiten des prophezeienden Dichters aussagt, gilt darum auch vom erzählenden Prediger: »Käme, / käme ein Mensch, / käme ein Mensch zur Welt, heute, mit / dem Lichtbart der / Patriarchen: er dürfte, / spräch er von dieser / Zeit, er / dürfte / nur lallen und lallen, / immer-, immer- / zuzu.«[47]

Quillt die predigende Nacherzählung in der Erinnerung des Predigers, dann heißt das weiterhin, daß der Prediger selbst dabei sein muß, bei dem, was er er­zählt; denn das zu Erzählende zählt ja zuerst für ihn selbst. Martin Buber über­liefert eine chassidische Anweisung zum Erzählen einer Geschichte: »Eine Ge­schichte«, sagte ein Rabbi, dessen Großvater Schüler des Baalschem gewesen, »soll man so erzählen, daß sie selber Hilfe sei… Mein Großvater war lahm. Einmal bat man ihn, eine Geschichte von seinem Lehrer zu erzählen. Da erzählte er, wie der heilige Baalschem beim Beten zu hüpfen und zu tanzen pflegte. Mein Groß­vater stand und erzählte, und die Erzählung riß ihn so hin, daß er hüpfend und tanzend zeigen mußte, wie der Meister es gemacht hatte. Von Stunde an war er geheilt. So soll man Geschichten erzählen[48]

Diese chassidische Geschichte formuliert unnachahmlich die Aufgabe predigen­den Erzählens: »Heil als Geschichte« erzählen, damit Heil geschehe! Weil »Heil als Geschichte« geschah, darum wird Geschichte als Heil erzählt, damit Heil als Geschichte geschehe; denn das geschehene Heil zählt.

Quelle: Oikonomia. Heilsgeschichte als Thema der Theologie, Festschrift Oscar Cullmann zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Felix Christ, Hamburg-Bergstedt: Herbert Reich, 1967, S. 345-359.


[1] Argumente für einen neuen Roman, 1965, 34.

[2] Anamnesis, StTh I, 1948, 80.

[3] Versuch über die Schwierigkeit nein zu sagen, 1964, 117. Zum Problem der Sprachlosigkeit vergleiche man die Abhandlung von Kurt Marti in: Kurt Marti/Kurt Lüthi/Kurt von Fischer, Moderne Literatur, Malerei und Musik, drei Entwürfe zu einer Begegnung zwischen Glaube und Kunst, 1963, 15 ff.; Jürgen Moltmann, Gottes Wort und die Sprache, MPTh 54, 1965, 388 ff.

[4] Willy Schottroff, ›Gedenken‹ im alten Orient und im Alten Testament, Die Wurzel ZAKAR im semitischen Sprachkreis, 1964, 339.

[5] ebd. 201.

[6] Otto Michel, ThWNT, IV, 678.

[7] vgl. Michel, ebd. 679.

[8] Schottroff, a.a.O., 187.

[9] Wilhelm Löhe war der Meinung, der liturgische Vortrag sei gegenüber dem katechetischen und homiletischen zweifellos »am schwierigsten« (Der evangelische Geistliche, Gesammelte Werke, 3,2, 1958, 256).

[10] Johannes Wolff, Anleitung zur Predigtmeditation, 1955, 125 ff.

[11] Historisch-kritische Methode und Gebet bei der Schriftauslegung, MPTh 53, 1964, 425.

[12] Urchristentum und Gottesdienst, AThANT 3, 19502, 49, vgl. N. A. Dahl, a.a.O., 94.

[13] Vgl. Oscar Cullmann, Heil als Geschichte, 1965, 250.

[14] Clea, 1961, 159.

[15] Das sprachliche Kunstwerk, eine Einführung in die Literaturwissenschaft, 1963, 201.

[16] Hier wäre einmal an die große Bedeutung zu erinnern, die der Sonntagsschule praktisch innerhalb der Verkündigung der Kirche und dem Leben der Gemeinde zukommt. Diese lebt von einer kindertümlichen Weise predigenden Erzählens und vermag darum, Wich­tigkeit und Problematik des Erzählens auch für die Kanzelpredigt anschaulich zu machen.

[17] Ich stimme damit Hans-Dieter Bastian zu: »Die Verkündigung ist weder uniform noch homophon. Sie darf sich mit keiner Redegestalt endgültig identifizieren« (Verfremdung und Verkündigung, ThEx 127, 1965, 64). — Weil das predigende Erzählen vielfältige Möglichkeiten eröffnet, darum werde ich im Folgenden nur zwei Momente des Erzählens besprechen. Es würde den Rahmen meines Aufsatzes sprengen, wollte ich auf eine Darstellung der verschiedenen Gattungen des Erzählens eingehen, die etwa die Formgeschichte herausgearbeitet hat. Wird die Predigt als Erzählung, wie es hier geschieht, aus der Erinnerung abgeleitet, so drängt sich der Hinweis zum Abendmahl auf. Wird Predigt als Erzählung verstanden, so fällt von daher auch ein Licht auf das Verhältnis Predigt und Abendmahl. Ein Ein­gehen auf diese Problematik bedürfte allerdings einer gesonderten Abhandlung!

[18] Karl Gerhard Steck spricht vom »Schriftganzen« als einem »vorzüglichen Ausdruck aus dem Erbe Hofmanns« (Die Idee der Heilsgeschichte, ThSt 56, 1959, 48). Zum Problem der Einheit und Ganzheit der Schrift bei Bengel vgl. man den bedeutsamen Aufsatz von Gerhard Sauter, »Die Zahl als Schlüssel zur Welt«, EvTheol 26, 1966, 5ff.

[19] Kornelis Heiko Miskotte, Wenn die Götter schweigen, 1963, 208.

[20] Theologie des Alten Testamentes 1, 1957,126.

[21] a.a.O. II, 1960, 370.

[22] ebd. 365 f., vgl. dazu Hans Georg Geyer, Zur Frage der Notwendigkeit des Alten Testa­ments, EvTheol 25, 1965, 207 ff.; Georg Eichholz, Verkündigung und Tradition in: Tra­dition und Interpretation, Studien zum Neuen Testament und zur Hermeneutik, ThB 29, 1965, 15 ff.

[23] Heil als Geschichte, 67. Die Arbeit Cullmanns wird um so bedeutsamer, wenn man sie neben den in Deutschland herrschenden Dissensus von Alttestamentlern und Neutesta­mentlern stellt; vgl. Geyer, a.a.O., 207 f.

[24] Eichholz, a.a.O., 20.

[25] Biblische Didaktik, die sprachliche Form als Leitfaden unterrichtlicher Texterschließung am Beispiel synoptischer Erzählungen, 1963, 57.

[26] ebd. 58.

[27] Zum Problem der Gesetzlichkeit vgl. Manfred Josuttis, Gesetzlichkeit in der Predigt der Gegenwart, 1966; Rudolf Bohren, Laienfrage und Predigt, 1966. Es wäre zu fragen, ob die Gesetzlichkeit in der Predigt der Gegenwart nicht eine Wurzel darin hat, daß das Erzählen gegenüber der Anrede nicht genügend beachtet und bedacht wurde.

[28] Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus, 18962, 80 A 1, Neudruck ThB 2, 1956, 60, a-a.

[29] Karl Barth. KD IV, 1, 170. – In diesem Zusammenhang darf auch darauf verwiesen werden, daß das Kirchenjahr zum Erzählen anleitet: Walter Lüthi bemerkt: »Das Beste, was man vor allem an hohen Festtagen von den Kanzeln hören kann, ist immer noch das schlichte Nacherzählen dessen, was sich an diesem Tag vom Himmel her ereignet hat« (Walter Lüthi/Eduard Thurneysen, Predigt, Beichte, Abendmahl, 1957, 31).

[30] Die Formgeschichte des Evangeliums, 19593, 34 ff.

[31] Was ich hier »Kalendergeschichte« nenne, kann schon von ihrem Gehalt her nicht anti¬quiert sein. – Vielleicht darf auch darauf verwiesen werden, daß in der schönen Literatur diese Gattung neu zu Ehren kommt, daß sie also auch von ihrer Gestalt her keineswegs unzeitgemäß zu sein braucht. So sind in den letzten Jahren zahlreiche Anthologien mit Geschichten moderner Autoren erschienen. Besonders beachtlich sind für den Prediger: Kurt Marti, Dorfgeschichten 1960, neu aufgelegt unter dem Titel »Wohnen zeitaus – Geschichten zwischen Dorf und Stadt«, 1965; Peter Bichsel, Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen, o. J.

[32] Ein sparsamer und guter Gebrauch neuer Paradigmen findet sich in den Predigtbänden Walter Lüthis.

[33] Kurt Frör postuliert, es sei so zu predigen, »daß das, was man erzählt hat und erzählen kann, ja erzählen muß, zum anredenden Wort an den Hörer wird. Auf keinen Fall ist der Prediger und Katechet anzuleiten, um des pro me willen der erzählenden Verkündigung aus dem Wege zu gehen« (Biblische Hermeneutik, 1961, 340 A 78). – Walter Lüthis Predigten bieten wiederum gute Beispiele für ein Erzählen, das nicht im schlechten Sinne »anzüglich« ist!

[34] Heil als Geschichte, 147ff.; 280 ff.

[35] vgl. die Zuordnung von traduttore und traditore bei Ortega y Gasset (Glanz und Elend der Übersetzung, Ges. Werke IV, 153).

[36] a.a.O., 107.

[37] Es ist verdienstlich, daß H. D. Bastian a.a.O. versucht, die Verfremdungstheorie Bertold Brechts für die Predigt fruchtbar zu machen. Es wäre wünschenswert, noch andere Momente moderner Poetik für die Homiletik auszuwerten!

[38] Das Geheimnis der Universität, 1958, 88, vgl. I. Baldermann, a.a.O., 53 f. – Gerhard von Rad verweist auf den Unterschied, »ob der Erzähler angefüllt ist von einem fast beschwerlichen ›Schreiten durch den Vorgang‹ oder ob er uns anleitet, anhand allgemeiner theologischer Gedanken zu begreifen und in größere Zusammenhänge einzuordnen« (a.a.O. II, 373).

[39] WA 4, 320, vgl. Erwin Mülhaupt, D Martin Luthers Psalmen-Auslegung 3, 1965, 438.

[40] WA 50,658-61, vgl. Mülhaupt, a.a.O., 435.

[41] vgl. N. A. Dahl, a.a.O., 91 A. 4.

[42] Die Polemik gegen das Rezitieren ist in der homiletischen Literatur der Gegenwart schon fast zu einem Rezitativ geworden! So verständlich und nötig eine solche Polemik leider ist, so sehr scheint sie über dem Mißbrauch das Recht und die Notwendigkeit dieser Sache zu übersehen.

[43] Illuminationen, 1961, 413.

[44] Hier sei auf die schöne Bibelarbeit von Hans W. Wolff über Psalm 1 verwiesen in: Weg­weisung, Gottes Wirken im Alten Testament, 1965,134 ff.

[45] In diesem Zusammenhang sei auch auf Calvins Lehre vom testimonium internum ver­wiesen; vgl. Théo Preiss, Das innere Zeugnis des Heiligen Geistes, ThSt 21, 1947; Gottfried W. Locher, Testimonium internum, Calvins Lehre vom Heiligen Geist und das hermeneutische Problem, ThSt 81, 1964.

[46] vgl. Heinrich Benkert, Die Predigt als Problem der Dogmatik, MPTh 51, 1962, 4 ff.

[47] Die Niemandsrose, Gedichte, 1963, 24; vgl. dazu die Bemerkung von Pie Duployé: »Es geht darum, daß in der christlichen Predigt der Redefluß wieder ins Stocken kommt, ein Satz mißrät oder ganz danebengeht, es bei Andeutungen bleibt, manches Ungehobelte unterläuft, was seinen tiefen Grund hat; Humor und Streitlust müssen wieder zu spüren sein« (Rhetorik und Gotteswort, 1957, 21).

[48] Die Erzählungen der Chassidim, 1949, 6.

Hier der Text als pdf.

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