Mit seinem magistralen Artikel „Geschichte V. Die Herausbildung des modernen Geschichtsbegriffs; VI. ‚Geschichte’ als moderner Leitbegriff; VII. Ausblick“, erschienen 1975 in Geschichtliche Grundbegriffe: Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hatte Reinhart Koselleck beschrieben, wie das „geschichtliche“ Geschichtskonzept mit seinen Konnotationen von Fortschritt und zeitlicher Entwicklung erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgebildet wurde. Signifikant wird dies in der Einführung des Kollektivsingular „die Geschichte“ um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Der Kollektivsingular wurde durch Umschreibungen wie ‚Geschichte an und für sich‘, ‚Geschichte an sich‘, ‚Geschichte selbst‘ oder ‚Geschichte überhaupt‘ hypostatisch markiert. Dadurch konnte der Begriff der Geschichte ohne ein ihm zugeordnetes Subjekt beobachtet werden. „Die Geschichte selbst wurde, sprachlich gewendet, zu ihrem eigenen Subjekt.“ Damit wird sie zum „Agens menschlichen Schicksals oder gesellschaftlichen Fortschritts“ [Koselleck, Geschichte, 650], das auch den Zeitaspekt einer prinzipiell offenen Zukunft beinhaltet. Im letzten Drittel des 18. Jahrhundert wird außerdem der Bedeutungsgehalt von ‚Historie’ als Geschichtskunde vollständig vom Begriff der ‚Geschichte’ aufgenommen. Damit fusionierte der „objektive“ Ereignis- und Handlungsbereich mit der „subjektiven“ Kunde bzw. Erzählung. „Die drei Ebenen: Sachverhalt, Darstellung und Wissenschaft davon wurden jetzt als ‚Geschichte‘ auf einen einzigen gemeinsamen Begriff gebracht. Es handelte sich, wenn der gesamte damalige Wortgebrauch berücksichtigt wird, um die Fusion des neuen Wirklichkeitsbegriffes von ‚Geschichte überhaupt’ mit den Reflexionen, die diese Wirklichkeit überhaupt erst begreifen lehrte. ‚Geschichte‘ war, überspitzt formuliert, eine Art transzendentaler Kategorie, die auf die Bedingung der Möglichkeit von Geschichten zielte.“ [Koselleck, Geschichte, 657]