Was der kirchliche Treueeid, den die evangelischen Pfarrer 1938 auf Adolf Hitler schwören sollten, bezwecken wollte, wird im Schreiben des bayerischen Landesbischof Hans Meister an das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultur deutlich:
Der Landesbischof
der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern r.d.Rhs.
An das München, den 21. Mai 1938
Bayer. Staatsministerium
für Unterricht und Kultur
in München.
Betreff: Treueid der Geistlichen
Mit 1 Beilage
Von der in § 174 des Deutschen Beamtengesetzes erteilten Ermächtigung Gebrauch machend, habe ich im Einvernehmen mit dem Bandeskirchenrat und nach Anhörung des Landessynodalausschusses das beifolgende Kirchengesetz über den Treueid der Geistlichen erlassen. Es bewegte mich, den Landeskirchenrat und den Landessynodalausschuß dabei der Gedanke, daß es gut sei, wenn die Geistlichen unserer Kirche auch öffentlich bezeugten, daß an ihrer Treue zu Führer und Volk kein Zweifel bestehen kann. Auch soll zum Ausdruck gebracht werden, daß unsere Geistlichen sich der Verpflichtung bewußt sind, die ihnen als Träger eines öffentlichen Amtes obliegt und daß sie gewillt sind, ihr heiliges Amt stets auch im Blick auf das Volksganze zu verrichten.
Wenn unsere Geistlichen den Eid bei dem allwissenden und allmächtigen Gott leisten, so ist damit zum Ausdruck gebracht, daß nichts versprochen und bekräftigt und zu nichts Gottes Hilfe erbeten werden kann, was seinem geoffenbarten Willen widerspricht. Diese grundsätzlich christliche Auffassung vom Eid ist schon im Dezember 1934 in einer feierlichen Erklärung durch den dienstältesten Landesbischof der Deutschen Evangelischen Kirche D. Marahrens der deutschen Reichsregierung mitgeteilt worden.
Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß die Leistung des Treueides durch unsere Pfarrer das Verhältnis gegenseitigen Vertrauens zwischen Staat und Kirche erneut befestigen wird.
gez. D. Meiser.
Quelle: Karl Steinbauer, Einander das Zeugnis gönnen, Bd. 3, Erlangen 1985, S. 114.