Martin Buber, Der Mensch von heute und die jüdische Bibel: „Er konfrontiert sein Leben nicht mehr mit dem Wort; er bringt das Wort in einer der vielen unheiligen Laden unter und hat seine Ruh davor. So lähmt er die Gewalt, die unter allem Be­stehenden am ehesten ihn zu retten vermöchte.“

Martin Buber
Martin Buber (1878-1965)

Der Mensch von heute und die jüdische Bibel

Von Martin Buber

Biblia, Bücher, so heißt ein Buch, ein Buch aus Büchern. Es ist aber in Wahrheit Ein Buch. All diese Erzählungen und Gesänge, Sprüche und Weis­sagungen sind vereint durch das Grundthema der Be­gegnung einer Menschenschar mit dem Namenlosen, den sie, seine An­rede erfahrend und ihn anredend, zu benennen wagte, ihrer Begegnung in der Geschich­te, im Gang des irdischen Geschehens. Diese Erzäh­lungen sind, offenkundig oder über sich hin­auswei­send, Berichte von Begegnungen. Diese Gesänge sind Klagen um das Ausgeschlossen­wordensein von der Gnade der Begegnung, Bitten um ihre Wiederkehr, Dank für ihr Ge­schenk. Diese Weissagungen sind Anrufe zur Umkehr des verlaufenen Menschen an den Ort der Begegnung und Verheißungen der Neuknüpfung zerrissenen Bands. Wenn Zweifelsauf­schreie in dem Buch stehn, so ist es der schicksalshafte Zweifel des Menschen, der nach der Nähe die Ferne zu kosten bekommt und von ihr lernt, was nur sie lehren kann. Wenn Liebes­lieder drin stehn, so dürfen wir es nicht als späte Umdeutung, sondern als eine mit dem Wer­den des »biblischen« Bewußtseins gewordne Ein-[14]sicht ansehn, daß in der Tiefe der Men­schenminne sich die Liebe Gottes zu seiner Welt erschließt.

Dieses Buch tritt, seit es da ist, eine Generation nach der andern an. Auseinander- und Inein­anderset­zung begibt sich zwischen jeder und ihm. Was die Geschlechter dem Buch entge­genbringen, ist keines­wegs immer Botmäßigkeit und Hörbereitschaft, oft ist es Ärgernis und Empörung, aber immer befassen sie sich lebensmäßig damit, stellen sich ihm im Raum der Wirklichkeit. So war auch, wo nein ge­sagt wurde, das Nein eine Bestätigung des An­spruchs, der hier die Menschen antritt, — sie zeugen für ihn auch noch wenn sie sich ihm weigern.

Anders verhält es sich mit dem heutigen Menschen, worunter ich den »geistigen« Menschen dieser Zeit verstehe, den nämlich, dem es wichtig erscheint, daß es geistige Güter und Werte gibt, der etwa auch zu­gibt oder gar selber erklärt, daß ihre Wirklichkeit an ihre Verwirkl­ichung durch uns gebunden sei; der aber, in die innerste Wahrheit hinein befragt, in die hinein man Menschen gemeiniglich nicht befragt, zugeben müßte, daß ihm dieses sein Gefühl von der Verbindlichkeit des Geistes selber nur eine — gei­stige Angelegenheit ist. Die Unverbind­lichkeit des Geistes ist die Signatur unserer Zeit; man prokla­miert die Rechte des Geistes, man formuliert seine Gesetze, aber in das Leben gehen sie nicht ein, nur in Bücher und Diskussio­nen; sie schweben in der Luft über unsern Häuptern, sie treten nicht mitten unter uns auf die Erde; alles ist des Geistes, nur der [15] gelebte Alltag nicht. Gleichviel ob ein falscher Idea­lismus waltet, der das Leben von einer Azurglocke überwölben läßt, in deren unverbindlich erheben­dem Anblick man sich von der spröden Erde erholt, oder ein falscher Realismus, der den Geist nur als Funktion des Lebens versteht und seine Unbedingt­heit in lauter Bedingt­heiten, psychologische, sozio­logische und dergleichen, auflöst, — immer wird ein falsches Verhältnis zwischen den beiden an die Stelle der Verbindung, Vermählung gesetzt. Diese Tren­nung der Aufeinanderangewiesenen ist freilich von Menschen dieser Zeit in ihren zerset­zenden Wirkun­gen erkannt worden — eine Zersetzung, die immer tiefere Schichten ergreifen muß, bis der völlig entmächtigte Geist zum willigen und selbstgefälligen Knecht der jeweili­gen Weltmächte erniedert wird. Die Menschen, von denen ich rede, haben sich dar­über Ge­danken gemacht, wie dem Zerfall abzuhel­fen sei, und sie haben an die Religion als an die Ge­walt appelliert, die allein noch befähigt sei, einen neuen Bund von Geist und Welt heraufzu­führen. Aber was man heute Religion nennt wird das nie vermögen. »Religion« ist selber heu­te eine Sache des abgelösten Geistes, eine seiner Abteilungen, eine gewiß bevorzugte Abtei­lung des Überbaus des Le­bens, eine besonders stimmungsvolle Kammerin den oberen Räu­men; das lebenumfangende Ganze ist sie nicht und kann es von diesem ihrem Status aus auch nicht werden; sie kann den Menschen zur Einheit nicht führen, denn sie ist selber in die Ent­zweiung [16] gefallen, selber hat sie sich dieser Zwiefältigkeit der Existenz angepaßt. Sie selber müßte zur Wirklich­keit umkehren, ehe sie auf den heutigen Menschen zu wirken ver­möchte. Wirklichkeit war die Reli­gion immer nur, wenn sie ohne Scheu war, wenn sie die ganze Konkretheit auf sich nahm, nichts als an­dern Rechtes abstrich, den Geist verleibte und den Alltag weihte. Die größte Urkunde solcher Wirk­lichkeit aber ist die Schrift, das sogenann­te Alte Testament. Ein Doppeltes — das aber untereinander zusammenhängt — hebt es von den großen Büchern der Weltreligionen ab. Das eine ist, daß Ereignis und Wort hier durchaus im Volk, in der Geschichte, in der Welt stehn. Was sich begibt, begibt sich nicht in einem ausgesparten Raum zwischen Gott und dem Einzelnen, über diesen hin geht das Wort an das Volk, das hören und verwirklichen soll. Was sich begibt, erhebt sich nicht über die Volksge­schichte, es ist nichts andres als das offenbare Geheimnis der Volksgeschichte selber. Aber eben damit ist das Volk gegen die nationale Selbstzwecksetzung, die Gruppeneigensucht, den »Atem der Weltgeschichte« gestellt; es soll die Gemeinschaft der Seinen als Mo­dell einer Gemeinschaft der so vielen und so ver­schiedenen Völker errichten; der geschichtliche Be­stand in »Stamm« und »Erde« ist an den »Segen« gebunden (1. Mose 12,7ff.) und der Segen an den Auf­trag. Das Heilige dringt in die Geschichte ein, ohne sie zu entrechten. Und das andere ist, daß hier ein Gesetz spricht, das dem natürlichen Leben des Men-[17]schen gilt. Fleischessen und Tieropfer sind anein­ander gebunden, die eheliche Reinheit wird monat­lich im Heiligtum geweiht; der triebhafte, der leiden­schaftliche Mensch wird angenommen wie er ist und einge­heiligt, daß er nicht süchtig werde. Das Ver­langen nach Bodenbesitz wird nicht verpönt, Ver­zicht wird nicht geboten; aber Eigner des Bodens ist Gott, der Mensch nur »Beisaß« bei ihm, und der Eigner setzt den Rhythmus des Besitzesausgleichs ein, damit die überwachsende Un­gleichheit nicht die Gemeinschaft zwischen den Genossen sprenge. Das Heilige dringt in die Natur ein, ohne sie zu ver­gewaltigen. Der lebendige Geist will begeisten und beleben; will, daß Geist und Leben einander finden, daß Geist sich ins Leben gestalte, Leben aus Geist sich kläre; er will, daß die Schöpfung sich aus sich vollende. Dieses Willens und des gebotenen Dien­stes am lebenverbundenen Geist Zeugnis will das »Alte Testament« sein. Faßt man es als »religiöses Schrifttum«, einer Abteilung des abgelösten Gei­stes zugehörig, dann versagt es und dann muß man sich ihm versagen. Faßt man es als Abdruck einer lebenumschließenden Wirklichkeit, dann faßt man es und dann faßt es einen. Der heutige Mensch aber vermag dies kaum noch. Wenn er an der Schrift überhaupt noch »Interesse nimmt«, dann eben ein »reli­giöses«, — zumeist nicht einmal das, sondern ein »religionsgeschichtliches« oder ein »kultur­ge­schichtliches« oder ein »ästhetisches« und derglei­chen mehr, jedenfalls ein Interesse des abgelösten, [18] in autonome »Bereiche« aufgeteilten Geistes. Er stellt sich dem biblischen Wort nicht mehr, wie die frühem Geschlechter, um auf es zu hören oder daran Ärgernis zu nehmen, er konfrontiert sein Leben nicht mehr mit dem Wort; er bringt das Wort in einer der vielen unheiligen Laden unter und hat seine Ruh davor. So lähmt er die Gewalt, die unter allem Be­stehenden am ehesten ihn zu retten vermöchte.[1]

Ehe ich die Führungskraft der Schrift für den heu­tigen Menschen deutlicher zeige und an einigen Bei­spielen erweise, muß die Grundfrage behandelt wer­den, die hier der sich Besin­nende stellt: Und wenn dieser Mensch — und wenn wir es zustande brächten, als Ganze vor die Ganzheit dieses Buches, von dem du redest, zu treten, würde nicht auch dann noch das zu einer echten Rezeption Unentbehrlichste feh­len? würden wir ihm dann glauben können? wür­den wir es glauben können? können wir mehr als glau­ben, daß einst so geglaubt worden ist, wie dieses Buch berichtet und bekundet?

Dem »heutigen Menschen« ist die Glaubenssicher­heit nicht zugänglich und kann ihm nicht zugäng­lich gemacht werden. Wenn er Ernst macht, weiß er das und darf sich nichts vortäu­schen. Aber die Glaubensaufgeschlossenheit ist ihm nicht versagt. Auch er kann sich, eben wenn er Ernst macht, die-[19]sem Buch auftun und sich von dessen Strahlen tref­fen lassen, wo sie ihn eben treffen; er kann sich, ohne Vorwegnahme und ohne Vorbehalt, hergeben und sich erproben lassen; er kann aufnehmen, mit allen Kräften aufnehmen, und warten, was an ihm geschieht, warten, ob nicht zu dem und jenem in dem Buch eine neue Unbefangenheit in ihm auf­keimt. Dazu muß er freilich die Schrift vornehmen, als kennte er sie noch nicht; als hätte er sie nicht in der Schule und seither im Schein »religiöser« und »wissenschaftlicher« Sicherheiten vorgesetzt bekommen; als hätte er nicht zeitlebens allerlei auf sie sich berufende Scheinbegriffe und Scheinsätze erfahren; neu muß er sich dem neugewordnen Buch stellen, nichts von sich vorenthalten, alles zwischen jenem und ihm geschehen lassen, was geschehen mag. Er weiß nicht, welcher Spruch, welches Bild ihn von dort aus angreifen und umschmel­zen, wo­her der Geist brausen und in ihn fahren wird, um sich in seinem Leben neu zu verlei­ben; aber er ist aufgetan. Er glaubt nichts von vornherein, er glaubt nichts von vornherein nicht. Er liest laut was da­steht, er hört das Wort das er spricht und es kommt zu ihm, nichts ist präjudiziert, der Strom der Zei­ten strömt, und dieses Menschen Heutigkeit wird selber zum auffangenden Gefäß.

Wir müssen uns aber, wollen wir recht verstehen um was es geht, die ganze zwischen dem heutigen Men-[20]schen und der Schrift aufgerissene Kluft vergegen­wärtigen.

Der Anspruch der Schrift, mit dem sie an die Ge­schlechter herantrat und herantritt, ist, als Urkunde der wahren Geschichte der Welt anerkannt zu wer­den, als jener nämlich, in der die Welt einen Ur­sprung und ein Ziel hat; sie fordert von der menschli­chen Person, in diese wahre Geschichte das eigne Le­ben einzubetten, so daß ich im Ursprung der Welt mei­nen Ursprung und in ihrem Ziel mein Ziel finde; als die Mitte aber zwischen Ursprung und Ziel setzt die Schrift nicht etwas an, was sich einmal ereignet hat, sondern — eine bewegliche, kreisende, unfestlegbare Mitte — den Augenblick, in dem ich, ich der Leser, der Hörer, der Mensch, durch sie die Stimme ver­nehme, die vom Ursprung her auf das Ziel hin redet: diesen meinen sterblichen, ewigen Augenblick. Die Schöpfung ist der Ursprung, die Erlösung ist das Ziel, aber die Offenbarung ist nicht ein zwischen beiden ruhender, verfestigter, datierbarer Punkt; nicht die Sinai-Offenbarung ist die Mitte, sondern ihr immer wieder geschehen könnendes Vernommenwerden. Darum ist ein Psalm oder eine Prophetie nicht weniger »Tora«, Weisung, als die Erzählung vom Auszug von Ägypten. Die Volksgeschichte — Annehmen und Versa­gen in einem — weist auf die Menschheitsgeschichte, aber was in Psalm und Pro­phetie an heimlicher Zwiesprache laut wird, weist auf mein Geheimnis hin.

Die Schrift Urkunde der Geschichte einer Welt, [21] die zwischen Schöpfung und Erlösung schwingt, einer Welt, der in ihrer Geschichte Offenbarung widerfährt, — eine Offenbarung, die mir widerfährt, wenn ich da bin: von hier aus verstehen wir den Widerstand des heutigen Menschen, als einen Wi­derstand seines Wesens.

Der heutige Mensch steht zur Geschichte entweder libertinistisch, sie hinnehmend und mit­machend im Hin und Her der Begebenheiten, im Auf und Nieder der Machtkämpfe, als ein Durcheinander, eine Pro­miskuität der Vorgänge: Völkertaten, Völkertode, Erraffen, Verlieren, Triumph und Misere, — ein an sich sinnloses Getriebe, dem nur eben von ihm, dem Men­schen, her je und je ein ungegründeter und un­beständiger Scheinsinn verliehen werden kann; oder er steht zu ihr dogmatisch, Gesetze von Abläufen fixierend und künftige Abläufe vorbe­rechnend, als stünden die »großen Linien« schon irgendwo auf einer Rolle, die nur eben abrollte, als sei Geschichte nicht die werdende und lebendig stets sich entschei­dende Zeit, in die meine Zeit und Entscheidung mit voller Wucht sich ergießt, sondern ein starrer, vorhan­dener, unabwendbarer Raum. Mißkennen des Schicksals jenes und dieses! Schicksal ist weder Zufall noch Verhängnis; es ist kein Passierendes und kein Vorwegseiendes; biblischer Ein­sicht ist Schick­sal die geheime Wechselseitigkeit des gelebten Au­genblicks, das Aneinan­dergeraten von Hüben und Drüben, die Austragung der ganzen Zeit in der je­weiligen. Wo man um Ursprung und Ziel weiß, da [22] deiner und meiner nicht weniger als Alexanders und Cäsars; aber deiner nicht deiner, sondern deiner Be­gegnung. Der heutige Mensch kennt kei­nen Anfang — die Geschichte plätschert ihn von der kosmisch geschichtslosen Zeit her an; er kennt kein Ende — die Geschichte verbrandet ihm in kosmisch ge­schichtslose Zeit; und dies hier dazwischen, zu welch einer gewaltsamen und läppischen Episode ist es ge­worden! Der Mensch kennt Ursprung und Ziel nicht mehr, weil er die Mitte nicht mehr kennen will: zu der er selber sich hergeben müßte, um sie zu erken­nen. Nur von der Gegenwärtigkeit der Offen­barung aus ist Schöpfung und Erlösung wahr. Der heutige Mensch widersteht der Schrift, weil er der Offenba­rung nicht standhält. Der Offenbarung standhalten heißt die Entscheidungsfülle des Augenblicks aus­halten; heißt für den Augenblick antworten: ihn verantworten. Der heuti­ge Mensch widersteht der Schrift, weil er nicht mehr verantwortet. Er wähnt viel zu wagen, aber dem einzigen echten Wagnis, dem der Verantwortung, weicht er geschäftig aus. [23]

Die Einsicht in die biblische Wirklichkeit beginnt mit der Sonderung von Schöpfung, Offen­barung und Erlösung[2]. Von dieser Einsicht und damit von dem Boden des »Alten Testaments« entfernte sich das Christentum schon, als es in seiner frühen Theo­logie die wesentliche Offen­barung und die wesent­liche Erlösung im Christus verschmelzen ließ, und es war nur eine harte Folgerichtigkeit, wenn Marcion nun die in den Rang der Voraussetzungen zu­rückgetretene Schöpfung zum Pfuschwerk eines anderen, subalternen Gottes entwertete. Damit aber war das mit dem Wesen unsres Geistes verbün­dete Wesen der Zeit preisgegeben, als welche das Ge­wordensein, das Geschehen und das Werdensollen urtümlich auseinander­hält, — Ordnungen, die in jenen biblischen zur Blüte ihrer sinnlichen Wahrheit gedeihen. Ist somit die treue Son­derung der Drei — nicht als Hypostasen oder Erscheinungsformen Got­tes, aber als Stadien, Handlungen und Ereignisse in seinem Verkehr mit der Welt und so freilich auch als Grund­haltungen in seiner Bewegung zu ihr — das unausweichliche Tor zur bibli­schen Wirklichkeit, zur Bibel als Wirklichkeit, so darf sie doch nicht sich zur Scheidung über­spannen. Wenn dem biblischen Blick die Offenbarung sich in der Mitte, die Schöpfung im »Anfang«, die Erlösung im »Ende« gleichsam ein­gesammelt darstellt, so ist die lebendige Wahrheit doch ihr aktuelles Beieinander sein, dies, daß Gott [24] »alltäglich das Werk des Anfangs erneuert«, aber auch alltäglich das Werk des Endes vorwegnimmt. Wohl ist Schöp­fung und Erlösung nur von der Gegen­wärtigkeit der Offenbarung aus wahr, aber was Schöp­fung, was Erlösung ist, könnte ich nie verstehn, wenn nicht an mir Schöpfung, an mir Erlö­sung geschä­he.

Von dieser Tatsache muß die wiederkehrende Frage ausgehn, ob, wie die Kluft zwischen dem heutigen Menschen und der Schrift zu überbrücken sei. Wir hatten die Frage nach dem Glau­benkönnen des heu­tigen Menschen dahin beantwortet, daß ihm zwar die Glaubenssi­cherheit, jedoch nicht auch die Glau­bensaufgeschlossenheit versagt ist. Steht aber die­sem Sich-auf­schließen nicht die Fremdheit der bi­blischen Ordnungen im Weg? Ist ihm die Wirklich­keit der Schöpfung nicht in der »Evolution«, die der Offenbarung nicht im »Un­bewußten«, die der Erlösung nicht in einer sozialen oder nationalen Zwecksetzung unterge­gangen?

Man muß die massive Realität dieser Fremdheit ganz wahrnehmen, dann erst darf man zu zeigen versu­chen, daß dennoch ein Zugang, der Zugang besteht. Wieder haben wir mit der Mitte zu beginnen.

Was kann uns damit gemeint sein, daß Gott im Feuer auf den wie ein Schmelzofen rauchen­den Berg unter Donner- und Posaunenschall niederfährt und zum Volke redet? Dreierlei, wie mir scheint. Ent­weder ist es ein metaphorischer Ausdruck für einen »geistigen« Vorgang; aber wenn die biblische Ge­schichte nicht Erinnerung von Ereignis, sondern Me-[25]tapher und Allegorie ist, dann ist sie nicht biblisch mehr und verdient kein besseres Schicksal als der kul­turgeschichtlichen, ästhetischen oder sonst einer Betrachtungsweise des modernen Menschen ausge­liefert zu werden. Oder es ist der Bericht eines »über­natürlichen« Vorgangs, der also den faßbaren Zu­sammenhang des Geschehens, den wir den natür­lichen nennen, durch den Ein­bruch eines Unfaßlichen zerreißt; aber dann müßte der heutige Mensch, der die Bibel anzu­nehmen sich entschlösse, will er nicht in die träge Geläufigkeit eines nicht wirklich Geglaub­ten verfallen, ein Sakrifizium vollziehen, das sein Leben unheilbar mitten entzweischnitte; er würde also eben doch nicht die lebenumschließende biblische Ganzheit, sondern die abgelöste Religion angenommen haben. Oder endlich, es ist die Wort­spur eines natürlichen, d. h. eines in der den Men­schen gemeinsamen Sinnenwelt geschehenen und ihren Zusammenhängen eingefügten Ereignisses, das die Schar, die es erfuhr, als Gottes Offenbarung an sie erfuhr und so in einem begeisterten, willkür­frei gestaltenden Gedächtnis der Geschlechter be­wahrte; dieses So-erfahren aber ist nicht eine Selbst­täuschung der Schar, sondern ihre Schau, ihre Er­kenntnis und ihre vernehmende Vernunft, denn die natürlichen Ereignisse sind die Träger der Offen­barung, und Offenbarung ist geschehn, wo der Zeuge des Ereignisses, ihm standhaltend, diesen Offenbarungsgehalt erfuhr, sich also sagen ließ, was in diesem Ereignis die darin re­dende Stimme ihm, dem [26] Zeugen, in seine Beschaffenheit, in sein Leben, in seine Pflicht hinein sagen wollte. Nur wenn es sich so verhält, kann auch der heutige Mensch, wohl Um­kehr übend, aber keine Wirklichkeit verleugnend, den Zugang zur biblischen Offenbarung finden. Und ich jedenfalls glaube, daß es sich so verhält.

Wir erfahren zuweilen ein Kleines, das gleicher Art mit dem Großen ist und dadurch uns den Zugang zu ihm eröffnen kann. Es wird erlebt, daß man unver­sehens ein Wissen in sich merkt, das eben noch fehlte und auf dessen Entstehung nichts einen hinzuleiten vermag. Die Erklä­rung mit dem berühmten Un­bewußten, dem verbreiteten Aberglauben entstam­mend, die liebe Seele mache alles selbst, besagt im Grunde nichts andres als: was du eben als dir zu­gekom­men erfährst, das war schon immerzu in dir da, dort nämlich, wo es alles gibt und man von nichts weiß. Dergleichen ist Notbau, nützlich zu psycho­logischer Orientierung, aber zusam­menbrechend, wenn ich mich wirklich darauf zu stellen suche. Nein, was mir widerfahren ist, war eben die Anderheit, das Angefaßtwerden durch das Andere. Recht­schaffner hat es Nietz­sche ausgesprochen: »Man nimmt, man fragt nicht wer da gibt«. Ich meine aber, es komme gerade darauf an, nehmend zu wis­sen daß einer gibt. Wer nimmt, was ihm gegeben wird, und das Geben des Gebers nicht erfährt, emp­fängt nicht, und die Gabe verkehrt sich in Raub. Er­fahren wir das Geben aber, dann erfahren wir, daß Offenbarung ist. Und wir betreten den Weg, auf [27] dem sich uns unser Leben und das Leben der Welt als Zeichensprache kundtun wird, den Zugangsweg. Auf ihm werden wir dem Großen, das gleicher Art wie unser Kleines ist, begegnen.

Von der Wahrnehmung der Offenbarung aus werden Schöpfung und Erlösung wahrnehmbar. Ich be­ginne zu erkennen, daß ich, wenn ich nach meinem Ursprung und nach meinem Ziel frage, nach einem andern als ich und nach einem andern als die Welt frage; aber eben so beginne ich den Ursprung und das Ziel der Welt zu erkennen.

Was kann uns damit gemeint sein, daß Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat? Gewiß das eine nicht, daß er sie in sechs Weltaltern erschaffen habe und daß »Schaffen« hier im Grunde gar nichts an­dres als Werden bedeute, wie es die zurechtlegen, die den Zugang zur Bibel durch ihre Harmonisie­rung mit den jeweiligen Ansichten der Naturwissen­schaften herstellen wollen. Aber auch die mystische Auslegung kann uns nicht frommen, wonach die Schöpfungsakte keine Schöpfungsakte, sondern Emanationen bedeuten; es entspricht dem Wesen der Mystik, daß sie dem Glauben widerstrebt, Gott habe um unsertwillen die Knechts­gestalt der han­delnden Person angenommen, aber wenn der Bibel die handelnde Person Gottes entrissen wird, ist sie nichtig und die anschauungsgebornen Begriffe eines herakliti­schen oder platonischen Systems den in solch einer Auslegung auftretenden homunkulus- haften Prinzipien der Emanation weitaus vorzu-[28]ziehn. Was also kann uns gemeint sein? An Wort­spur eines Ereignisses ist hier, da es keinen Zeugen hatte, nicht zu denken. Ist somit jedem, der die bi­blische Schöpfungsgeschichte nicht als reines »Wort Gottes« zu glauben vermag, der Zugang zu ihr ver­sperrt? Der Spruch der traditionellen jüdischen Exegese, die Tora rede die Sprache der Menschen­kinder, birgt einen tieferen Ernst, als man gewöhn­lich annimmt; er darf dahin verstanden werden, daß das Unsagbare nur so, wie es hier in der Spra­che der Menschenkinder gesagt wird, gesagt werden kann. Die biblische Schöpfungsgeschich­te ist ein recht­mäßiges Stammeln. Der Mensch stammelt, wenn er, was er an Weltall kennt, in eine zeitliche Folge von Geheißen und »Arbeiten« einer göttlichen Werk­statt reiht, aber dieses Stammeln allein konnte der Aufgabe gerecht werden, das Geheimnis auszuspre­chen, wie Zeit der Ewigkeit entspringt und Welt von dem kommt, der nicht Welt ist, wogegen jeder Versuch »wissenschaftlicher« Kosmogonie, begriff­lich anzudeuten, wie alles entstanden sei, hoff­nungs­los fehlschlagen muß.

Wenn nun der Zugang zur Wirklichkeit der Offenba­rung dem heutigen Menschen sich in der Tatsache öff­net, daß unser Leben Angesprochenwerden ist, wo öff­net sich der Zugang zur Wirklichkeit der Schöpfung?

Er ist vom eigenen Leben aus nicht so unmittelbar zu finden wie jener, — der deshalb unmit­telbar zu finden ist, weil, wie wir sahn, jeder gelebte Augen­blick die Mitte selber sein kann. Aber er ist zu fin-[29]den: weil jeder Mensch sich als einzeln und einzig weiß. Wäre es mög­lich, daß einer von seiner Person solcherweise ein psychophysisches Inventar auf­nähme, daß er sie in eine Summe von Eigenschaften auflöste, wäre es weiter möglich, daß er jede dieser Eigenschaften und ihrer aller Zusammentreten ent­stehungsgeschichtlich zurückverfolgte bis auf die primitivsten Lebewesen, — gelänge so eine lücken­lose genetische Analyse dieses Individuums, seine Ableitung und Zurückführung, dann wäre die Per­son, dieses Einmalige, Unvergleichbare, Einzige, An­gesicht dessengleichen nie gewesen ist, nie gehörte Stimme, nie gesehne Gebärde, dieser beseelte Leib unberührt übrig, ganz unabgeleitet, unableitbar, ganz da und nicht anders als da. Am Ende seiner vergeblichen Mühe sich noch einmal zur Frage nach dem Woher aufraffend, fände dieser Mensch in der letzten Besinnung sich vor als Ge­schöpf. Mit jeder Geburt tritt, weil jeder Mensch einzig ist, der erste Mensch in die Welt. Lebensmäßig, kindhaft, jeder nach dem Ursprung seiner selbst tastend, erfahren wir, daß Ursprung, daß Schöpfung ist.

Und zum Dritten, Letzten und Schwersten: was kann uns damit gemeint sein, in der »Späte der Tage« solle sich an der Welt eine so vollkommne Lösung und Erlösung vollziehen, daß es davon heißt, Himmel und Erde würden neugeschaffen werden? Wieder darf die Botschaft weder verjenseitigt wer­den: von dieser unsrer Welt, von ihrer Läutrung zum »Königreich«, von der Vollendung der Schöp-[30]fung ist die Rede, nicht von ihrer Aufhebung um einer andern Welt willen; noch aber verendlicht: nicht einer gerechteren Ordnung, sondern der »Ge­rechtigkeit«, nicht einer verträglicheren Mensch­heit, sondern dem »Frieden« gilt die Ver­heißung. Auch hier ist es ein rechtmäßiges Stammeln, was wir hören; der von dem Wort er­griffene Künder kann nur des Menschen Wort sprechen: als der nur fassen kann, wovon und woher er erlöst werden soll, nicht, wozu und wohin. Aber der heutige Mensch? Muß ihm dies nicht das Fremdeste sein, was er da hört, gerade weil es seiner abgründigen Sehnsucht am nächsten ist? Auf Änderung sinnt er, aber Wand­lung kennt er nicht; er hofft, daß es, wenn schon nicht morgen, so doch übermorgen besser wird, aber er kann sich nichts dabei denken, daß die Wahrheit kommen soll; er ist mit Entwicklungen und Durch­setzungen vertraut, aber er begreift weder, daß eine Macht ihn und die Welt vom Widerspruch erlösen wolle, noch daß von ihm selber gefordert wird, dieses Willens halber und auf ihn zu mit seinem ganzen Wesen die »Umkehr« zu tun. Wie mitteln wir zwi­schen diesem Menschen und der biblischen Bot­schaft? Wo ist hier die Brücke?

Dies ist das Schwerste von allem. Der gelebte Augen­blick führte unmittelbar zum Wissen um die Offen­barung, die Besinnung auf die Geburt mittelbar zum Wissen um die Schöpfung; aber die Essenz der Erlösung wird im persönlichen Leben jeder von uns wohl erst an dessen Ende zu kosten bekommen. Und [31] doch gibt es auch hier einen Zugang, einen dunklen und stil­len, auf den sich nicht anders zeigen läßt, als indem man seinen Hörern zumutet, sich an ihre dun­kelsten und stillsten Stunden zu erinnern. Ich meine die Stunden am untersten Grunde, da einer über der bebenden Falltür liegt, die sich im allernächsten Augenblick auftun kann, es ist ganz sonderbar daß sie sich noch nicht aufgetan hat, in das Verderben, den Wahnsinn, den vollstreckenden »Selbstmord«: nun aber rührt dich etwas an wie eine Hand, sie reicht sich dir hin, will ergriffen werden, — ach und es gehört ein so ungeheurer Mut dazu, sie zu ergreifen und sich von ihr heraufziehen zu lassen aus der Fin­sternis! Erlösung geschieht. Erfahren wir recht, was sich uns da zu erfahren gab: daß unser Erlöser lebt, der uns erlösen will, aber durch unsere Annahme seiner Erlösung in der Umkehr unseres Wesens.

Zugang, sagte ich. All dies ist noch nicht das Stehen in der biblischen Wirklichkeit. Aber es ist der Zu­gang zu ihr und der Anbeginn.

Worin ruht die Führungskraft der Schrift für den heutigen Menschen?

Seine eigentliche Not — es kommt darauf an, die Vordergrundsnot zu durchschauen und die emp­findliche Not aus der heimlichen zu verstehen — ist die gleichsam beglaubigte Trennung von Geist und Leben. Die moderne Lebensphilosophie, die den lebendurchtränkenden Geist mit dem abgeschnür-[32]ten Intellekt verwechselt und so degradiert, das Ver­hältnis zwischen zeugendem Geist und empfangen­dem Leben umkehrt und so die Urstände verrückt, das Leben im Wahn seiner Souveränität erhöht und in den Wahnwitz treibt, hat diese Not begrifflich ver­steift, die Selbstbesinnung abgeriegelt und jeden Rettungsversuch sehr erschwert. Das »Alte Testa­ment«, das, die heilige Vermählung von Geist und Leben lehrend, wie jede Versklavung des Lebens unter den Geist so jede Beugung des Geistes unter das Leben ablehnt, hat dennoch auch heute und hier noch die Macht, dem heutigen Menschen in sei­ner eigentlichen Not zu helfen.

Welcher Art diese Hilfe ist, will ich, der Konkretheit der Bibel gemäß, an drei[3] konkreten Bei­spielen dar­legen. Ich entnehme alle drei den Verknüpfungen zwischen Schöpfungs- und Offenbarungsgeschichte. So sollen sie zugleich als Hinweis dienen, wie Bibel zu lesen ist: in lebendiger Präsenz. Wo Lautgefüge, Wör­ter, Wortfolgen in verschiedenen Teilen eines Ab­schnitts, verschiedenen Abschnitten, verschiedenen Büchern eigentümlich, in erschließbarem Zusam­menhangscharakter, einander sinnhaft fördernd, klärend, ergänzend wiederkehren, da ist dieser Wie­derkehr abzuhören, was sie lehrt. Die biblische Lehre trägt oft ihr Höchstes nicht vor, sondern läßt es sich auftun, — nicht durch Kryptologie und Allegorese, [33] sondern durch diese jedem unbefangen aufmerk­samen Hörleser erkennbaren von Stelle zu Stelle geschlagenen Bogen bedeutsamer Wiederholung.

Die drei Verknüpfungen, die ich meine, sind: die zwi­schen der Ruach der Schöpfung und der der Offen­barung, die zwischen der Erschaffung der Welt und der Entstehung des Zelts der Offenbarung, und die zwischen dem Sabbat des göttlichen Feierns nach der Schöpfung und den Sabbatgeboten der Offen­barung.

Im zweiten Vers der Bibel heißt es von der Ruach Gottes oder der Gottes-Ruach, sie habe über dem Antlitz der noch nicht in Himmels- und Erdenfluten geschiedenen Wasser »ge­schwebt«, wie Luther über­setzt; aber was für ein Schweben gemeint ist[4], er­fahren wir, wenn überhaupt, aus der einzigen Bibel­stelle, wo das seltene Verb in der gleichen Form wie­der­kehrt, 5. Mose 32,11. Gott, der Israel aus der Mitte der Völker nimmt und in das verheißne Land trägt, wird hier dem Adler verglichen, der mit sanft schlagenden Flügeln über seinem Nest schwebt, um es zu erregen, d. h. um die eben flüggen Jungen zum Fluge aufzustören, dann aber auch wohl, die Flügel ganz ausbreitend, ein einzelnes aufnimmt und es »auf seiner Schwinge trägt« (vgl. 2. Mose 19,4). Wir dürfen vermuten, daß die Wasser hier dem Nest und die Geschöpfe (von deren mehreren ja gesagt wird, [34] daß sie aus dem Wasser hervor­»wimmeln« sollen), die Gott zum Sein aufruft, den Jungen entsprechen. Wie aber haben wir die Ruach zu verstehen? Daß von ihr und nicht von Gott selber geredet wird, er­klärt sich daraus, daß das Flügelbreiten hier nicht wie im Moseslied vergleichsweise, sondern wirklich ausgesagt wird. Aber was bedeutet hier ruach? Von urher sind die Ansichten geteilt, ob »Wind«, sei es ein Wind Gottes oder ein um seiner Gewalt willen so genannter »Gotteswind«, oder aber »Geist«, sei es der Geist Gottes oder ein Geist Gottes, gemeint sei, und Luther hat, die Frage immer wieder be­wegend, erst »Wind« und dann »Geist«. Beiden Deutungen liegt die Auffassung zugrunde, man müsse sich für eine von beiden entscheiden. Aber dem ist nicht so. Die dynamische Bedeutung von ruach, von der aus allein die — auch von radikalen Quel­lenkritikern als »sehr alt«(Gunkel), »sehr alter­tümlich« (Procksch) empfundene — Stelle zu erfas­sen ist, ist: das Hauchen, das Wehen, das Brausen. Als ein solches erscheint dem früh­biblischen Men­schen nicht bloß der Wind, sondern ebenso der Geist; vielmehr, das ursprüng­lich Eine legt sich in einen naturhaften und einen geisthaften Sinn aus­einander. Hier aber, wo es zuerst erscheint, er­scheint es nicht im Auseinander, sondern im Inein­ander der beiden. Ruach elohim, die hauchende, wehende, brausende Manifestation ist weder naturhaft noch geisthaft, sondern beides in einem: es ist das schöpferische Wehen, das beide, Natur und Geist, erst [34] werden läßt. Die Bibel denkt hier nicht lexikalisch, sondern elementar, und sie will, daß ihr Leser wie sie denke: daß die Bewegung von Gott her, die vor aller Differenzie­rung ist, undifferenziert sein hörendes Herz treffe. Als ein großes, unformuliertes, nur im­plizit ausgesprochenes, als ein latentes Theologem stehts hier an ihrem Anfang: Gott ist weder aufs Na­turhafte noch aufs Geisthafte zu stellen, er ist nicht Natur, aber er ist auch nicht Geist, son­dern beides hat seinen Ursprung in ihm.[5] Aber auch später, wo die beiden Bedeutungen des Wortes nur noch ausein­andergetreten erscheinen, will die Bibel immer wie­der — in einem »naiven Realismus«, in den alle Idea­lismen tauchen müssen, um wiedergeboren zu wer­den — die ursprüngliche dynamische Einheit an­klingen lassen, das eine Geschehen von Gott her, das den Himmel als Sturm durchbraust, das dem Erden­wesen sich einweht. Weitaus am eindring­lichsten je­doch stellt sich diese Absicht der Bibel in dem Ab­schnitt der Offenbarungsge­schichte dar, wo seltsam zu einer Erzählung verschweißt ein geistiger und ein naturhafter Ruach-Vorgang nebeneinander stehn, 4. Mose 11. Gott »spart« von der Ruach, die von ihm her auf Mose niedergeht, auf dessen Bitte — weil er dem widerspenstigen Volk allein nicht standhalten könne — ab und teilts den »Alten« zu. Und als man Mose über einzelne klagt, die, außerhalb der Ver-[36]sammlung von der Ruach ergriffen, sich eben wie die andern Er­griffnen gebärden, weist er die Be­schwerde, er der eben erst sich des untragbaren Vol­kes wegen den Tod gewünscht hat, mit dem Wort zurück: »Wer gäbs, / all SEIN Volk wären Kün­der,/ daß Er seine Ruach über sie gäbe!«[6] Und fast unmittelbar danach, unvermittelt — unver­mittelt, weil nur so vernehmbar wird, was die Bibel hier sagt —beginnt nun die Erzählung der strafenden Wunsch­erfüllung für ebendies Volk: »Ein Ruach aber brach auf von IHM her, / der trieb vom Meer Wachteln heran …« Seine Ruach: seinen Geist; ein Ruach: ein Wind. Nein, so geht es nicht, man muß auch in der Übertragung spüren, wie geisthafte Gottestat und naturhaf­te Gottestat aufeinander bezogen sind; »sei­nen Geistbraus«, »ein Windbraus« muß es heißen.

Warum aber muß es so heißen? Weil das deutsche Wort »Geist« schon von Luthers, der zwi­schen Wind und Geist wählen mußte, Zeit an seine ur­sprüngliche Konkretheit eingebüßt hat, die es einst ebenso wie ruach, wie pneuma, wie Spiritus hatte, seine ursprüngliche Sinnlich­keit — »ein Brausen und Wehen zugleich«[7] —, die an »Gischt« anklingende, die heute nur noch in Rudimenten fortbesteht, wie wenn Lübecker Schiffer einen gewissen »hohl sau­senden Wind« als »Geist« bezeichnen. Luther war dieser Konkretheit noch inne, aber er fühlte sie ab­scheiden. Im 33. Psalm übersetzt er: »Der Himmel [37] ist durchs Wort des Herrn gemacht, und all sein Heer durch den Geist seines Munds«, und läßt es stehn; aber im 11. Jesaja-Kapi­tel, wo er geschrieben hatte »Er wird … den Gottlosen töten mit dem Geist seiner Lippen«, ändert er, offenbar weil hier von einem Menschen die Rede ist und daher die Tat­sache jener Entsinn­lichung des Wortes ungemildert vor getreten wäre, in »mit dem Odem seiner Lippen«. Was sich in dieser Spaltung eines Urworts äußert, ist nicht lediglich ein sprachgeschichtlicher Pro­zeß, es ist ein geistesgeschichtlicher und lebensgeschicht­licher, es ist die beginnende Tren­nung von Geist und Leben. Zur biblischen Einheit der Ruach strebt Goethe zurück, wenn er von Gottes Geist sagt, im freien Felde sei es, als ob er »den Menschen unmittel­bar anwehte«; noch mächtiger aber — und vorerst nicht minder vergeblich! — Hölderlin, wenn er, bi­blischer Antike mehr noch als griechischer einge­denk, die Verwandtschaft beider ruach-Bedeutun­gen, das Geheimnis des »geistigen Wehens«, im Rufe kündet: »O Schwester des Geistes, der feu­rig in uns waltet und lebt, heilige Luft!«

Es ist zu beachten, daß die Ruach Gottes in der Schöpfungsgeschichte nur am Anfang genannt wird, wohl damit nicht die einzelnen Akte des Weltwer­dens und auch nicht deren Gesamtheit, sondern die ungeschiedene Absichtsganzheit des Schöpfungs­werkes ihr untergeben sei. Nicht einmal da, wo der göttliche Hauch sich dem Adam einbläst, wird die Ruach genannt, wiewohl (wie aus 6,3 hervorgeht), [38] sie selbst es ist, die sich in ihm zum Lebensatem entfacht und so alle offenbarende Begeistung, die dem Menschen widerfahren wird, schon in seiner Er­schaffung vorgebildet ist. Beide Schöpfungsberich­te, der Bericht von der Erschaffung der Welt (1,1-2,4a) und der von der Erschaffung des Menschen (2,4b-25), Ursprungssage der Natur und Ursprungssage der Ge­schichte, die Erzählung, die den Menschen als Spät­ling an den Rand des Kosmos stellt, und die andre, die nur von ihm und seiner Sache sagen will und was sie an Kreatur zu nennen weiß um ihn versammelt, beide, nicht wie wesensfremde litera­rische Urkun­den miteinander vernäht, sondern wie die zwei Sei­ten des uns bekannten Seins, Außenseite und Innen­seite, einander ergänzend, beginnen mit einer Hand­lung der Ruach. In der ersten breitet sie mütterlich bergend die Flügel über der Allheit der Dinge die wer­den sollen, in der zweiten wird sie, ungenannt und ge­heimnisvoll, dem einen zu geschichtlichem Dasein be­stimmten Wesen eingeflößt, um seiner Entscheidung beizuwohnen und sein Schick­sal zu teilen: hier bindet sich an die Geschichte der Schöpfung die Geschichte der Offenba­rung, denn wo sich persönliche Offenba­rung vollziehen wird, wird es die Ruach sein, die in den Menschen eindringt (Richter 14,6.19; 15,14; 1. Sam 10,6.10; 11,6; 16,13) und sich mit ihm »bekleidet« (Rich­ter 634), ihn aber eben dadurch zu einem »andern Menschen« um­schafft (1. Sam 10,6).

Das ist eine uns noch unentzogene Einheitsbot­schaft. [39]

Ich habe bei diesem ersten Beispiel länger verweilt, um Ihnen zu zeigen, welche Führungs­kraft einem einzigen biblischen Wort eignet, wenn wir ihm nur ernstlich nachgehn und uns ihm anvertraun.

Leichter und schneller können nun die beiden andern Beispiele erfaßt werden.

Die erste der beiden Schöpfungserzählungen, der auch sie entnommen sind, können wir, wenn wir die Scheu vor ihrer Zerlegung von unsrer Intention ge­deckt überwinden, unter Absehen von der geschaf­fenen Welt selbst in folgenden, durch wiederkeh­rende Wörter gekenn­zeich­neten Grundmomenten darstellen: die »Tage«, die in dem dreifach genann­ten »siebenten Tag« münden; die Tätigkeit Gottes, im »Schaffen« umfangen und, um nicht demiurgisch verkannt zu werden, immer wieder als »Sprechen« erscheinend oder durch »Sprechen« eingeleitet, aber doch um der Verbindung mit dem Menschen und um des Ernstes des Sabbats willen sieben­mal im Bericht ein »Machen« genannt und das siebente Mal in dem abschließenden Satz »die machend Gott hatte ge­schaffen« verklärt, vorher aber dreimal hinterein­ander in dem noch menschengleicheren, werkmanns­gleicheren Wort »Arbeit« zusammengefaßt; das sie­benfache »Sehen«, mit dem Gott sein Werk prüft und als »gut« erkennt; das dem siebenten Sehen sich ergebende »Da«, mit dem die fertige Welt sich nun als »sehr gut« — »Und da, es war sehr gut« — ihrem Schöpfer darbietet, das aber auch das »Da« wiederaufnimmt, welches die eben erklungene Rede [40] Gottes an seine letzten Geschöpfe einleitete[8]; das dreifache »Segnen«; und zuletzt das »Vollenden«,zweimal, erst passiv, vom Erschaffnen aus: »Voll­endet waren …«, dann aktiv, vom Schöpfer aus, für den auch das Vollenden des schon Vollendeten noch Akt ist, »Und Gott vollendete …«.

Es gibt aber in der Offenbarungsgeschichte eine Er­zählung, in der sich diese sieben Grund­momente der Schöpfungsgeschichte bedeutsam wiederholen. Das ist die Erzählung vom Bau des Zelts, des Zelts der »Gegenwart«, d.h. des Gegenwärtigwerdens Gottes: des Zelts, darin Gott jeweil dem Volk sich gegenwärtigt (2. Mose 29,43).

»Ein Tagsechst« (2. Mose 24,16, vgl. 23,12; 31,17; und 35,2)[9] hüllt die Wolke den Berg, auf dem die Offenbarungs­erscheinung Gottes, der Kawod, »einwohnt« (d. h. nicht wohnt, sondern jeweils Wohnung nimmt), während Mose vor der Wolke steht. Zeugenlos im Dunkel der Wol­ke wie einst zeugenlos über der Fin­sternis wird das Werk erschaffen, das zu sehen »am sie­benten Tag« (2. Mose 24,16) Mose in die Wolke be­rufen wird. Es ist der »Urbau« (25,9) des Zelts und seiner Gerätschaft. »So sieh, so mache nach ihrem Urbau, in dessen Sicht du gege­ben bist auf dem Berg«; dieses Gotteswort, im Original, wie es die bi­blischen Memorialverse gern tun, einen Reim ein­schließend, zeigt an, wozu Mose das von Gott er-[41]schaffne Modell so zu sehen bekommt, daß die Sicht ihn — das bedeutet der immer wiederkehrende Hin­weis in immer neuer Verbalform (25,9.40; 26,30; 27,8) — durchdringen und unwandelbar in ihm bleiben soll. Denn nicht wie er die Welt schuf schafft Gott hier; nur das Urbild entstand in dem Tagsechst, das Zelt selber soll das Volk unter Moses Leitung machen. Und es macht es; an hundertmal steht das Wort »machen« in der göttlichen Weisung, mehr als hun­dertmal in dem Bericht über die Ausführung, in des­sen erstem Teil immer wieder mit dem Wort »Ar­beit« verknüpft. Und wie es fertig ist, folgt das »Se­hen« und das »Da«. Nicht von Gott wird hier das Sehen des Gemachten berichtet, sondern von Mo­sche, dem Mittler, der die Sicht des Urbaus dem bauenden Volk übermittelte, und an das »Da« kann sich nicht wie in der Schöp­fungsgeschichte ein »es war sehr gut« schließen — das kommt dem Men­schenwerk nicht zu, auch wenn es ein Gotteswerk nachgebildet hat —, sondern nur die Feststellung, daß das Ge­botne geschehen ist: »Und Mosche sah die Arbeit all: da, sie hatten sie gemacht, — wie Er ge­bot, so hatten sies gemacht.« Und nun muß auch das »Segnen« geschehen: »Mosche seg­nete sie«. Aber auch das doppelte »Vollenden« darf nicht fehlen; es ist hier so verteilt, daß das passive die Arbeit des Volkes, das aktive die darauf folgende Errichtung durch Mose ab­schließt: »Vollendet war alles Dienst­werk der Wohnung, des Zelts der Gegenwart« und »Und Mosche vollendete die Arbeit«. [42]

Gott macht eine Welt und setzt die Menschen dar­ein; aber das Zelt, in dem er unter ihnen einwohnen will »inmitten ihrer Makel«, zeigt er ihnen nur, ma­chen sollen sie es selber. Of­fenbarung ist Geschichte, deren offenbares Geheimnis; und ist die Urregung ein einsamer Spruch, nur erst vom stummen Wer­den der Dinge erwidert, so ist Geschichte ein Zwie­ge­spräch. Der Mensch lernt bauen; aber die Hand wird ihm nicht geführt. Wie die Weltschöp­fung eine Uroffenbarung ist, so reicht das Geheimnis der Schöpfung in die Offenbarungs­-wolke; da aber wird der Mensch berufen, »Gottes Genosse am Werk der Schöpfung« (ein talmudisches Wort, aber ein bibli­scher Begriff) zu werden. Nicht unbeachtet darf es aber auch bleiben, daß wohl die Baumeister als Geistträger besonders von Gott betraut werden, dennoch jedoch nicht der Einzelne, sondern die Ge­meinschaft als der Werker des Baus erscheint.

Am »siebenten Tag«, da Himmel und Erde voll­endet sind, feiert Gott »von all seiner Arbeit die er machte«, und er segnet und heiligt den Tag des »Feierns«, den Sabbattag. Unter den sieben aus­drücklichen Sabbatgeboten (2. Mose 20; 23; 31; 34; 35, 3. Mose 23; 5. Mose 5) ragen zwei hervor, die in einer eigen­tümlichen, dem biblischen Stil zuinnerst eigenen Weise miteinander verknüpft sind: durch ein ganz seltenes, außer einer einzigen Stelle nur an diesen beiden vorkommendes Verb, das etwa verschnaufen, eratmen bedeutet. Das eine Mal (2. Mose 23,12) steht es als Prädikat zu dem »Sohn der Magd« und dem [43] Gastsassen: »Ein Tag­sechst wirk deine Werke, / aber am siebenten Tag feiere, / damit ausruhe dein Ochs und dein Esel / und eratme der Sohn deiner Magd und der Gast.« Aber das andere Mal — es ist das Sabbatgebot, das auf die Zeltbeschreibung Gottes folgt und der Gebung der ersten Tafeln vorausgeht (2. Mose 31,14ff.) — wird ebendasselbe Verschnaufen, das dort als das Anrecht des abgearbeiteten unfreien oder unselbständigen Menschen erklärt wird, von dem Schöp­fungssabbat Gottes ausgesagt: »Wahren sollen die Söhne Jifsraels die Feier, / zu machen die Feier in ihre Geschlechter / als Weltzeit-Bund. / Zwischen mir und den Söhnen Jifsraels / ist sie Zei­chen auf Weltzeit, / denn: Ein Tagsechst / machte ER den Himmel und die Erde, / aber am siebenten Tag / feierte er und eratmete.« Beiläufig ist solch eine Wiederholung eines sel­tenen Worts an zwei ein­ander entsprechenden Stellen nicht, vielmehr wird dadurch eine Beziehung zwischen beiden gestiftet, so daß man, die eine lesend, der andern gedenken muß. Das Band, das zwischen einer »sozialen« und einer »religiösen« Begründung des Gebots geschlun­gen ist, soll gerade beim Anspruch des abhängigen Menschen die Gottesruhe in den Sinn rufen und beim Hinweis auf den feiernden Gott gerade die Vor­stellung des arbeitsmüden Sklaven erwecken; denn jeder Mensch soll Gott nachahmen (»in seinen We­gen gehen«) kön­nen. Es sind gar nicht zwei verschiedne Begründungen, es ist eine: Gott und der »Gebeugte und Bedürftige« gehören zusammen, [44] denn er liebt nicht die mittleren Machtlagen, son­dern »in der Erhabenheit und Heiligkeit« wohnt er »und bei den Geduckten und Geisternie­derten« (Jes 57,15). Der derbe Anthropomorphismus mag Ärgernis erregen (man hat denn auch zuweilen in der Übertragung die erste Stelle abgeschwächt und da­durch den Zusammen­hang zerstört), aber es ist ein für die Glaubenswirklichkeit fruchtbares Ärgernis. Ja, auch mit dem Sabbat des Tiers wird der Gottes verknotet; denn wie der Satz vom Verschnaufen das Gebot des 23. Kapitels an das des 31. bindet, so bin­det es der Satz vom Ausruhn des Ochsen und des Esels an das Sabbatgebot des Dekalogs, wo es mit demselben, der Schöpfungsge­schichte fremden Verb von Gott heißt, daß er am siebenten Tag »ruhte«. Ohne zu wagen, die Absicht der Bibel als weiter sich erstreckend anzunehmen, wird man doch daran ge­mahnt, daß zweimal in biblischer Geschichte Gott in der Gestalt seines »Boten« zu einem bedrückten Ge­schöpf niederfährt und ihm zuspricht oder für es mit dem Bedrücker rechtet und daß es das eine Mal (1. Mose 16,9ff.) eine ägyptische Magd und das andere (4. Mose 22,32) eine Eselin ist, die mißhandelt worden ist.

Die biblische Glaubenswelt ist nicht eine höhere Re­gion, in der man sich vom schlecht ge­lebten Alltag erholen kann. Sie heißt dem Himmel auf Erden ge­recht werden und nir­gendwo anders. Man vermag sich nicht Gott zuzuwenden, wenn man sich nicht der Verantwortung des eignen Alltags zugewandt hat. Wer das mahnende Herz damit beschwichtigt, [45] daß das um uns her eben »Schicksal« sei, verfällt der Gottesferne.

Das Beispiel der Ruach zeigt die Führungskraft der Bibel für den heutigen Menschen darauf hin, daß Bereichstrennung von Geist und natürlichem Leben Lüge und Frevel am Ursprung ist; das Beispiel des Zelts darauf, daß der Mensch selber an der Woh­nung des Heiligen bauen muß oder sie wird nicht gebaut; das Beispiel des Sabbats darauf, daß sein Verhältnis zu dem schicksalhaft von ihm abhän­genden Mitmenschen der unverrückbare Ort seiner Probe und seiner Heilsfindung ist.

Es gilt –nicht eine »Rückkehr zur Bibel«. Es gilt die Wiederaufnahme bibelechten Einheits­lebens mit unserm ganzen zeitverflochtenen Wesen, die ganze Schwere unsrer späten Vielfäl­tigkeit auf der Seele, die unumgreifbare Materie dieser Geschichtsstunde ohne Abstrich ge­genwärtig; es gilt in bibeltreuer Glaubensaufgeschlossenheit unseren heutigen Situ­ationen dialogisch verantwortend standzuhalten. Meinen wir ein Buch? Wir meinen die Stimme. Mei­nen wir, daß man lesen lernen soll? Wir meinen, daß man hören lernen soll. Kein andres Zu­rück, als das der Umkehr, die uns um die eigne Achse dreht, bis wir nicht etwa auf eine frü­here Strecke unsres Wegs, sondern auf den Weg geraten, wo die Stimme zu hören ist! Zur Gesprochenheit wollen wir hindurch, zum Gesprochenwerden des Worts.

Aus einer Vortragsfolge (November 1926).

Quelle: Martin Buber/Franz Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung, Berlin: Schocken 1936, S. 13-45.


[1] Das ist vor 9 Jahren gesprochen worden. Daß heute die Schrift vielfach wieder zum Ärgernis geworden ist, erscheint mir als die erste Wendung zu einem neuen Ernstnehmen.

[2] Sie unserer Zeit neu dargelegt zu haben ist das große Verdienst von Rosenzweigs »Stern der Erlösung«.

[3] In der gesprochenen Vortragsfolge wurde auch das Tetragramm an der Hand des ehje von 2. Mose 3,12.14; 4,12.15 als Beispiel behandelt, für das aber jetzt auf Rosenzweigs »Der Ewige « und seinen Brief an Goldner in diesem Band, sowie auf das ebenfalls hier wiederabgedruckte Stück meines Buchs »Königtum Gottes« (Scho­cken Verlag, Berlin 1932) hingewiesen werden kann.

[4] Wir hatten das Verb, der syrischen Wortbedeutung und jüdischen wie frühchristlichen Exegeten folgend, mit »brüten« übersetzt; in der Neubearbeitung er (nicht in den Buchhandel gekommenen) »Logenausgabe« steht dafür das genauere, aber noch nicht zulängliche »spreiten« (als intransitives Verb gedacht).

[5] Hier hat Spinoza, für den Denken und Ausdehnung nur die zwei uns zugänglichen von unendlich vielen Attri­buten Gottes sind, die alttestamentliche Anschauung fortgebildet, im Gegensatz zur paulinischen und johan­neischen Pneumatisierung Gottes, die in ihren Wirkungen einer Spiritualisierung gleichkommt.

[6] Die Wiederkehr des Verbs »geben« ist echt biblischer Betonungsstil.

[7] Rudolf Hildebrand in dem erleuchtenden Artikel »Geist« des Grimmschen Wörterbuchs.

[8] In den bisherigen Drucken unserer Verdeutschung ist diese wichtige Wiederholung noch nicht berücksichtigt.

[9] Es ist zu beachten, daß von den letztge nannten drei Stellen die zwei ersten die Zeltbau-Rede Gottes umrahmen und die dritte den Bericht vom Zeltbau einleitet.

Hier der Text als pdf.

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