Eberhard Jüngels Karfreitagspredigt über 2. Korinther 5,20-21 (1972): „Das ist eine weise Regel, eine wirkliche Weisheitsregel, dieses ›de mortuis nihil nisi bene: über die Toten nur Gutes‹! Doch der Karfreitag liebe Gemeinde, fällt nicht unter diese Regel. Jesus Christus, der Gekreuzigte, sprengt diese weise Regel und begibt sich in eine unheimliche Nachbarschaft zu allen jenen Erzübeltätern, deren Name sprichwörtlich geworden sind für das Böse. Solange der Gekreuzigte verkündigt wird, solange wird es heißen müssen: für uns zur Sünde gemacht.“

Predigt über 2. Korinther 5,20-21

Von Eberhard Jüngel

Liebe Gemeinde! Karfreitag ist noch immer ein Feiertag – gesetzlich geschützt und von den Kirchen aller Konfessionen Jahr für Jahr mit ernster Feierlichkeit begangen. Die Christenheit gedenkt der Kreuzigung Jesu Christi. Und die Welt respektiert es! Obwohl die Welt noch immer aus tausend Wunden blutet, obwohl seit eh und je unschuldig Blut vergossen wurde und erst gestern wieder in der Türkei Maischen unschuldig ihr Leben lassen mußten, – obwohl es also gar nichts Besonderes, sondern etwas schrecklich Alltägliches ist, daß unschuldiges Blut fließen muß, gedenkt man dieses einen Toten in so besonderer Weise. Es scheint, als repräsentiere dieser Tote die Unschuld und die Tugend der ganzen Welt. Man gedenkt eines Großen unter den Toten, dem man nur Gutes nachsagen zu dürfen meint.

Merkwürdig: als ein tadelloses Vorbild für unser menschliches Verhalten – so will man diesen Toten weiterleben lassen Das läßt man gelten, daß Jesus – wie es in biblischer Ausdrucksweise heißt – von keiner Sünde wußte. Aber daß eben dieser selbe Tote für uns zur Sünde gemacht wurde, daß er also selber ein Sünder, ja als der Sünder schlechthin anzusehen ist, davon will man heute wenig wissen. Jesus etwas Übles nachzusagen – das kommt heute so leicht keinem, auch keinem Atheisten in den Sinn Gott ist zwar tot. Doch Jesus ist ein ehrenwerter Mann. Gott ist tot Doch über Jesus nur Gutes!

Aber kann das wirklich gutgehen, liebe Gemeinde? Paulus kommt es jedenfalls darauf an, daß dieser Jesus zur Sünde, daß er – wie es im Galaterbrief heißt – zum Fluch geworden ist. Dieser Wahrheit soll unser heutiger Karfreitagsgottesdienst die Ehre geben.

Es ist dies allerdings der merkwürdigste Feiertag, den man sich denken kann. Wir gedenken einer Hinrichtung, erinnern uns eines Toten, von dem nicht nur seine einstigen Gegner, sondern auch seine späteren Apostel behaupteten, er gehöre in eine Reihe mit jenen Menschen, die die Welt zu Recht verurteilt: ein Sünder unter Sündern, ein Verbrecher, zusammen mit anderen Verbrechern exekutiert. Ja, wir gedenken des Todes eines Menschen, über den nicht nur die irdischen Richter, sondern auch der ewige Richter das Urteil gesprochen hat: Gott hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht.

Für uns, – darauf kommt es an. Für uns soll dabei etwas herauskommen. Aber welch ein dunkler Weg, welch eine merkwürdige Praxis, welch ein seltsamer Rollentausch geht dem voraus! Ein Unschuldiger mußte schuldig werden – für uns damit wir vor Gott als gerecht dastehen Das will nur schwer in den Kopf hinein, und auch das Herz hat Mühe, es zu begreifen Doch nun bitte ich Euch, liebe Gemeinde, über diese alte Wahrheit nicht zu schnell hinwegzugdien mit einem Kopf­schütteln und mit unwilligem Herzen, sondern mit Kopf und Herz der alten Wahrheit aufs neue nachzudenken. Ich bitte Euch an Christi Stelle. Und eine Bitte soll man nicht abschlagen, bevor man sie recht verstanden hat. Auch die Bitte Jesu Christi sollte man wenigstens anhören. Wer sich von ihm nicht vergeblich bitten läßt, dem wird er’s zu danken wissen.

Für uns zu Sünde gemacht, – hier wird also einem Toten etwas nachgesagt, was an ihm hängen bleiben soll. Es wird ihm nach­gesagt, er sei für Gott genau eben das gewesen, was ein mensch­liches Gericht mit seinem Urteilsspruch aus ihm gemacht hat: ein Verbrecher, der am Galgen sein verdientes Ende erlitten hat. Dieser Mann gehört also nicht in den Heiligenkalender. Er kommt auf der anderen Seite der Geschichte zu stehen. Und gerade deshalb gedenken wir seiner. Deshalb feiert die Christen­heit den Tag seines Todes, was ist das für ein seltsamer Gedenk­tag? Was für einen Grund hat die Menschheit, Karfreitag zu feiern?

Wenn man eines Toten gedenkt, dann pflegt man Gutes über ihn zu reden. De mortuis nihil nisi bene: Über die Toten nur Gutes. Das ist eine Regel, an die man sich unter zivilisierten Menschen zu halten pflegt. Auch wenn das Leben des Verstorbenen seine dunklen Flecken hatte, ärgerliche Fehler passiert sind, ver­hängnisvolle oder tragische Fehlentscheidungen gar, – der Tod hat den Verstorbenen dafür doch selber bereits hart genug bestraft. Warum also daran erinnern? Das schickt sich nicht.

Spätestens dem Toten gegenüber fangen wir an, das zu tun, was wir dem Lebenden gegenüber schuldig sind, nämlich: Gutes von ihm zu reden und alles zum Besten zu kehren. De mortuis nihil nisi bene: über die Toten nur Gutes, – daran hält man sich.

Es müssen schon arge Übeltäter sein, abgrundtief verdorbene Menschen, die uns daran hindern können, nach ihrem Tode Gutes von ihnen zu reden und alles zum Besten zu kehren. Die Verführer zum Bösen, die Verbrecher am Leben, die Feinde der Menschlichkeit, die nehmen sich selber davon aus. Sie fallen nicht unter die Regel, über die Toten nur Gutes. Wenn wir über Tote noch Böses sagen, wenn wir nach ihrem Tod noch schlecht von ihnen reden, dann war ihr Leben mehr als verdorben, dann ist ihre Bosheit und Niedertracht sprichwörtlich geworden, dann ist ihr Name zum Sprichwort, zu einem bösen Sprichwort geworden. Man weiß dann Bescheid, wenn man nur ihren Namen hört: ein Nero, ein Judas, – das ist der zum bösen Sprichwort gewordene Name unter den Cäsaren oder unter den Jüngern. Und nun könnten wir fortfahren mit solchen Namen: ein Quisling, und gar ein Hitler, Goebbels, Himmler, Eichmann und ihresgleichen, – wer wollte es wagen, über sie Gutes und nun gar nichts als Gutes zu sagen? Nein, ihr Name bleibt sprichwörtlich für das Böse, das sie gelebt und getan haben. Selbst der Tod gönnt ihnen nicht die Güte des Vergessens. Sie müssen mit ihren Namen für das Unheil büßen, das sie ihren Völkern oder gar der ganzen Menschheit angetan haben. In ihren Namen überdauern sie als schreckliche Gespenster, denen man Böses nachzusagen niemals aufhören wird. So geistern sie durch die Weltgeschichte, die ihnen keinen ehrenvollen Abschied und deshalb überhaupt keinen Abschied gönnt.

De mortuis nihil nisi bene – das ist dagegen eine Regel, die uns hilft, von den uns nahestehenden Toten in Ehren Abschied zu nehmen und sie so allmählich zu vergessen. Wir reden zunächst noch Gutes und nur Gutes von ihnen. Und wir machen damit vielleicht unsererseits nachträglich an den Toten manches gut, was wir den Lebenden schuldig geblieben sind, als wir versäumten, Gutes von ihnen zu reden und alles zum Besten zu kehren. Und so erleichtern wir uns wohl auch von unseren Schuldgefühlen gegenüber den Verstorbenen. Und warn wir ihnen dann nichts mehr schuldig zu sein glauben, dann reden wir allmählich seltener von ihnen und schließlich ganz selten – bis sie uns entschwinden und die Wohltat des Vergessens zwischen uns und die Toten tritt.

Das gilt durchaus auch von den Toten, die uns lebend am nächsten standen. Auch von ihnen müssen wir uns allmählich lösen, wenn wir weiterleben, wirklich leben wollen. Und es ist wohl nicht zufällig so, daß sich gerade die Gesichter der Menschen, die wir liebten, unserer Vorstellungskraft am ehesten unaufdringlich entziehen Sanft, aber unwiderruflich treten sie zurück und nehmen auf diese Weise noch einmal Abschied von uns, um uns nicht für unser weiteres irdisches Leben an sich zu binden Es ist wie ein letzter Liebesdienst der Total an den Überlebenden, daß sie sich ihrerseits dieser Regel fügen: Sie lassen sich Gutes von uns nachsagen und so verlassen sie uns. Das ist eine weise Regel, eine wirkliche Weisheitsregel, dieses ›de mortuis nihil nisi bene: über die Toten nur Gutes‹!

Doch der Karfreitag liebe Gemeinde, fällt nicht unter diese Regel. Jesus Christus, der Gekreuzigte, sprengt diese weise Regel und begibt sich in eine unheimliche Nachbarschaft zu allen jenen Erzübeltätern, deren Name sprichwörtlich geworden sind für das Böse. Solange der Gekreuzigte verkündigt wird, solange wird es heißen müssen: für uns zur Sünde gemacht.

Sünde – das ist nun freilich nicht nur der Inbegriff alles Laster dieser Erde, sondern darüber hinaus der Versuch, Gott zu mißachten. Man muß also keineswegs zu den großen Übeltätern und schon gar nicht zu den sprichwörtlich gewordenen Böse­wichtern gehören, um an Sünder zu sein. Gott zu mißachten, das kann zwar ein gigantisches Unterfangen sein. Aber in der Regel ist es doch eher ein sehr kleinliches, ein recht mittelmäßiges Unternehmen. Es paßt zu uns. Doch auch das Kleinliche und Mittelmäßige hat seine Folgen Und die sind dann oft schwerwiegend und selber folgenreich. So ist es auch mit der Sünde: kleinliche und oft sehr mittelmäßige Mißachtung Gottes – es geht ja auch ohne ihn – und böse, bitterböse Folgen. Es ist wohl wahr, daß es auch ohne Gott geht – aber wohin?

Wohin es ohne Gott geht – das, liebe Gemeinde, schwebt dem Apostel als eine Art Schreckvision vor Augen, wenn er an Christi Statt bittet: Lasset euch versöhnen mit Gott. Ohne Gott – das heißt also: ohne Versöhner, ohne denjenigen Versöhner, der seinerseits alles getan hat, damit die Welt nicht an ihrer eigenen Unversöhnlichkeit zugrundegeht.

Unversöhnliche Menschen sind sich selber nicht gut. Sie können von ihrer eigenen Unversöhnlichkeit regelrecht verzehrt und aufgefressen werden. Auch kleinliche und mittelmäßige Unver­söhnlichkeit wird leicht zu einem gefräßigen Untier, das nicht nur dem Gegner, sondern oft noch sehr viel mehr mir selber schadet. Und so wie ein unversöhnlicher Mensch letztlich sich selber nicht gut ist, so ist auch ein mit Gott unversöhnter Mensch, so ist auch eine Welt, die sich mit Gott nicht versöhnen läßt, sich selber nicht gut. Sie fügt sich Schaden zu. Denn wer sich selber nicht gut ist, schadet sich selbst, es ist ein unermeßlicher Schaden, das wir anrichten und auf uns laden, wenn wir meinen, diese Versöhnung – sei es nun in gigantischem Trotz oder in kleinlicher Mittelmäßigkeit – mißachte! zu dürfen, um ohne diesen Versöhner unsere Wege zu gehen.

Damit das nicht geschieht, damit wir uns an Gottes unwider­ruflichem Versöhnungswillen nicht vorbeischleichen können – deshalb gibt es das Kreuz. Und deshalb, liebe Gemeinde, gehört der gekreuzigte Christus nicht unter die Regel: de mortuis nihil nisi bene. Dem Gekreuzigten werden wir nicht dadurch gerecht, daß wir ihm Gutes und nichts als Gutes nachsagen. Ganz im Gegenteil Gottes Versöhnung, sein wahrhaft göttliches Entgegenkommen gegenüber einer mit ihm zerstrittenen und mit sich selber zerstrittenen Welt besteht darin, daß diesem Gekreuzigten, daß Gottes geliebtem Sohn alles Böse und alle Sünde dieser Erde nachgesagt werden darf. Gott hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht – das heißt: Gott läßt sich selber das nachsagen, was wir verbrochen haben. Ihm soll man es anhängen. Er will es um unsertwillen ertragen. So wie der gerechte und schuldlose Mensch Jesus einen ungerechte! Schuld­spruch in Gottes Namen ertragen hat, als er einer von den vielen wurde, die in unserer Welt ohne eigene Schuld und doch im Namen des Rechts getötet werden.

Einer von vielen! Aber im Unterschied zu allen anderen ungerecht Getöteten hat Gott sich mit diesem unschuldigen Leiden und Sterben einverstanden erklärt, läßt er gerade das diesem Menschen zugefügte Unrecht als göttliches recht gelten, um so eine Wunde offenzuhalten im Leben der Welt zum Heil der Welt. Es gibt Wunden, die müssen bluten, wenn nicht der ganze Leib verderben soll. Die Welt hat nur eine einzige solche Wunde, die nicht heilen darf. Das ist das Kreuz Jesu Christi. Der gekreuzigte Christus ist die Wunde der Welt, die bluten muß, wenn nicht die ganze Welt verderben soll. Das ist gemeint wenn es heißt ›für uns zur Sünde gemacht‹: Der Riß, den der Justizmord am Kreuz in die Rechtsordnungen und in alle Ordnungen der Welt gerissen hat, soll und wird niemals wieder heilen. Hier – und nur hier – gibt es keine Wiedergutmachung, sondern im Gegenteil durch diesen Riß hindurch soll hinfort unser aller Schuld vor Gott gelangen, um von seiner versöhnenden Liebe ertragen zu werden.

Die Liebe erträgt viel. Das weiß jeder Liebende Aber auch die Liebe erträgt nichts, ohne darunter zu leiden. Auch Gottes Liebe leidet Schmerzen, nämlich all die Schmerzen, die Menschen sich gegenseitig zufügen und oft genug ein Einsamer sich selbst antut Karfreitag heißt: Gott leidet mit. Aber er tut es, damit wir endlich aufhören, Leiden zu akzeptieren und stattdessen anfangen, Wunden zu heilen. Wunden kann man nur heilen, wenn man nicht immer wieder von neuem damit anfängt, anderen Übles nachzureden. Ich bitte Sie deshalb, an diesem Karfreitag auch die sehr nüchterne politische Prüfung nicht zu scheuen, ob die Ostverträge, die die Regierung in Bonn abschließen will, nicht ein notwendiger Versuch sind, geschlagene Wunden zu heilen. Prüfen Sie es! Auf jeden Fall muß, wer heilen will, damit aufhören, den Andersdenkenden Übles nachzureden. Damit wir es können, deshalb ist Jesus Christus für uns zum Fluch geworden. Deshalb ist Jesus für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm allein alles Böse dieser Erde nachsagen und Schluß machen mit den Versuchen, den Andersdenkenden alles das Böse, was sie vielleicht tatsächlich tun, und dann auch gleich noch alles Böse dieser Erde nachzusagen: Über Jesus nur Gutes, aber den Andersdenkenden verteufeln – so nicht! Auch in einem Wahlkampf, liebe Gemeinde, soll es so gerade nicht heißen: ›Die Konservative! unterdrücken Freiheit und Fortschritt, die Linken unterhöhlen Demokratie und Recht – und Jesus war ein ehren­werter Mann.‹ Über alle möglichen Lebenden alles mögliche Böse – doch über den am Kreuz Gestorbenen nur Gutes. Nein! Jesus Christus verbittet sich das. Er bittet darum, seinen Tod –endlich! – ernstzunehmen.

Halten wir es in dieser Sache doch so wie die ungezogenen Kinder auf der Straße. Wenn sie sich nicht vertragen, dann zanken sie sich alsbald und rufen einander böse Dinge nach. Und die schlimmsten unter ihnen hängen dem anderen ihre eigenen getanen oder geträumten kleinen Untaten an. Sie schreien sich ihre eigene Bosheit sozusagen zum Halse heraus, wenn sie sich da einander allerlei Böses nachrufen. Aber alles das hört sofort auf, wenn der Dorftrottel oder sonst ein armer geisteskranker auftaucht. Dann konzentriert sich ihrer aller Unart auf diesen einen und sie rufen ihm nun gemeinsam böse Worte nach: ihm allem. Und er muß sie für sie alle leiden.

Man soll den Kindern diese Unart abgewöhnen. Wir aber, liebe Gemeinde, sollten uns endlich angewöhnen, Jesus Christus und nur ihm alle unsere Sünde und unsere Bosheit nachzusagen. Das wäre wirklicher Glaube: Alles das, was wir uns nur gar zu gern gegenseitig anhängen, dem Gekreuzigten und ihm allein anzuhängen und es dann für immer an seinem Kreuz hängenzulassen. Dort, – dort allein mag dann zum Himmel schreien, was an himmelschreiendem Unrecht auf Erden geschehen ist und noch täglich geschieht. Gottes Liebe weiß wohl wie sie damit fertig wird.

Wir können damit jedenfalls nicht dadurch fertig werden, daß wir ewig recht behalten wollen und dem Gegner ewig Unrecht nachsagen. Das geht weder unter Personen noch unter Völkern, sondern das führt nur noch tiefer in die Unversöhnlichkeit, mit der wir uns selbst am meisten schaden. Es kann das himmelschreiende Unrecht, das Menschen einander zufügen, nicht ohne Ende einander nachgeschrien werden. Denn aus übler Nachrede folgen aufs neue üble Taten. Der gekreuzigte Christus verbittet sich das. Er tut es, indem er uns bittet, ihm allein anzuhängen, was wir an Gottesverachtung, an Menschen­verachtung und dabei vielleicht an geheimer Selbstverachtung mit uns herumtragen.

Eine solche Bitte kann man nicht auf einmal und wohl kaum ein für allemal erfüllen. Um so wichtiger, daß die Bitte selbst nicht verstummt. Wehe uns, wenn Jesus Christus dadurch zum Ver­stummen gebracht wird, daß wir seines Todes nach der Regel gedenken: über die Toten nur Gutes! Heil uns, wenn wir seinen Tod ernst nehmen als den schmerzlichen Ausdruck der göttlichen Liebe, die alles zum Besten wendet! Wer den Tod Jesu Christi ernst nimmt, der läßt sich nun umgekehrt von Gott selber Gutes nach sagen Das wäre ein versöhnter Mensch, der bereit ist, sich von Gott Gutes nachsagen zu lassen, obwohl er weiß, daß er ein Sünder ist.

Versöhnte Menschen, also Christen, sind Sünder, die sich von Gott Gutes nachsagen lassen. Deshalb bitten wir an Christ Statt: Laßt Euch von Gott Gutes nachsagen und fangt dann selber an, nicht erst über die Toten nur Gutes zu sagen, sondern bereits unter den Lebenden alles zum Besten zu kehren. Amen.

Gehalten an Karfreitag 1972.

Quelle: Eberhard Jüngel, Geistesgegenwart. Predigten I/II, München: Chr. Kaiser, 1974, S. 253-259.

Hier die Predigt als pdf.

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