Predigt über die Offenbarung Johannes 3,14-20
Von Rudolf Bultmann
Und dem Engel der Gemeinde Laodicea schreibe: Das sagt der Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Kreatur Gottes: Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. Du sprichst: »Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts.« Und du weißt nicht, daß du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, daß du Gold von mir kaufest, das mit Feuer durchläutert ist, damit du reich werdest; und weiße Kleider, daß du dich antust und nicht offenbar werde die Schande deiner Blöße; und salbe deine Augen mit Augensalbe, daß du sehen mögest. Welche ich lieb habe, die strafe und züchtige ich. So sei nun fleißig und tue Buße. Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. (Offb 3,14-20)
Vom Kommen Christi redet die Adventzeit; am 2. Advent sollen wir nach altem kirchlichen Brauch seines Kommens zum Gericht über die Welt gedenken, und zu solchem Gedenken mahnt auch der Ruf des Textes: »Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an!« Er mahnt uns, bereit zu sein für die Ankunft des Herrn; und was zu dieser Bereitschaft gehört, sagen die Verse, die dem Rufe vorangehen. Sie sind eingeleitet durch das merkwürdige Wort: »Das sagt Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Kreatur Gottes«; d. h. die Worte, die uns zugerufen werden, hat Johannes, der Seher, im Geiste als die Worte Christi gehört, als die Worte des »Amen«. Amen heißt Gültigkeit; es gilt! Wir sollen also diese Worte als festes, gültiges Wort dessen hören, in dem Gott selbst für uns zum Worte, zur lebendigen und gültigen Anrede geworden ist.
Was sagen sie uns? Sie sind ein Stück aus den sieben Sendschreiben die an sieben kleinasiatische Gemeinden in der Verfolgungszeit gerichtet sind, und sie sollen von der ganzen Kirche gehört werden. Sie wiederholen in immer neuen Variationen den Ruf: »Ich komme, ich stehe vor der Tür! «Es ist ein weckender, aufrüttelnder Ruf, und sein Sinn ist, kurz gesagt: »Diese Welt ist nicht die Welt allein!« Diese unsere Welt hat ihren verborgenen Hintergrund, den wir zu vergessen pflegen. Und aus diesem Hintergrund kann, ja wird eines Tages eine Macht hereinbrechen zum Gericht oder zum Heil, – je nachdem wir für sie bereit sind. Seid eingedenk dieses verborgenen Hintergrundes! – Wir sind nicht Herrn über unsere Welt, wie wir meinen, sondern sie mit all unserm Tun in ihr wird zur Rechenschaft gezogen werden von ihrem Schöpfer und Herrn. Seid dessen eingedenk, was allen bevorsteht! – Diese unsere vertraute, uns heimatlich dünkende Welt ist nicht wahre Heimat für uns; wir werden aus ihr hinweggerissen werden und sie wird für uns ins Nichts versinken, wenn wir sterben müssen. Seid eingedenk Eures letzten Tages! Unser Leben, das uns unser eigen dünkt, ist nicht in unsere Hand gegeben, hat nicht das eindeutige Ziel, das wir ihm stecken, hat nicht den gerundeten Sinn, den wir ihm verleihen möchten. Eine höhere Hand waltet darüber und kann jeden Augenblick schmerzhaft eingreifen. Seid dessen eingedenk, daß ihr nicht euch selbst gehört!
I.
»Siehe ich stehe vor der Tür und klopfe an!« Wer ist dieser Ich, der vor der Tür steht und anklopft? Es ist die Ewigkeit! Wie wird sie uns finden?
Sehr eigentümlich lautet das erste drohende Wort: »Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde!«
Wer ist hier angeredet? Wer wird hier getroffen? Der Unentschiedene! So ist denn Unentschiedenheit das Schlimmste? Schlimmer noch als Entscheidung zum Bösen statt zum Guten? Um das zu verstehn müssen wir bedenken: Es handelt sich hier nicht um weltliche, um politische Entscheidungen, sondern um die letzte Entscheidung gegenüber der Ewigkeit, gegenüber der Gottesfrage. Und hier, in der Gottesfrage, ist es immer noch besser sich gegen Gott zu entscheiden, als unentschieden in der Mitte zu stehn. Denn im Kampf gegen Gott zeigt sich immer noch die Gebundenheit an Gott; jeder Kampf gegen Gott ist ein Ringen mit Gott, wie uns etwa das Bild eines der leidenschaftlichsten Kämpfer gegen Gott, Fr. Nietzsches, zeigen kann. Es muß freilich ein echter und ehrlicher Kampf gegen Gott sein. Ein Kampf, der die Gottesfrage nur als theoretische oder politische Frage versteht, ist das nicht. Er ist ein Ignorieren, ein Totschweigen der echten Gottesfrage. Ein solcher Kämpfer ist ein Lauer, ein Unentschiedener, dem die Gottesfrage in ihrem Gewicht noch nicht auf gegangen ist. Der leidenschaftliche Kämpfer gegen Gott steht Gott nahe, er hat ein Ohr für die Stimme der Ewigkeit. Das bloße Reden von Gott und Gottesglaube tut es natürlich nicht. Es kann einer viel von Gott reden, und er gehört doch zu den Lauen; denn die Frage nach Gott ist nur da echt, wo sie als Leidenschaft den Menschen bewegt und beherrscht. Sind wir Menschen, in denen die Gottesfrage eine Leidenschaft ist? Oder haben wir unsere innere Kraft für andere Fragen verausgabt?
»Siehe ich stehe vor der Tür und klopfe an!« Wie wird es sein, wenn der Ewige die Tür öffnet? Wen wird er finden? Ach, es ist das Schrecklichste, – nicht wenn er einen Feind im Innern des Menschen findet, sondern wenn er niemanden drin findet, wenn unser Inneres leer und hohl ist! Denn das ist die schrecklichste Gefahr für uns, daß wir aufgehen in unseren Pflichten und Sorgen, in unseren Freuden und Leiden und bei uns selbst nichts mehr sind; und klopft die Ewigkeit bei uns an, so findet sie keinen! Das ist die uns allen drohende Gefahr, daß wir uns selbst verlieren, daß wir gleichsam draußen sind, nicht bei uns selbst. Daß wir uns verlieren in aller Pflichttreue der Arbeit an das, wofür wir sorgen, daß wir von unserem Werk gleichsam ausgesaugt und verzehrt werden. Oder daß wir uns verlieren in der Erholung von der Arbeit an das, woran wir uns »zerstreuen«. Ja, in dieser Gefahr stehen wir auch dann, wenn wir um geistige Güter wissen, die unser Leben reich machen, um die Welt des Schönen und Wahren. Ist das alles etwas, wofür wir uns zwar interessieren, das aber letztlich nichts Entscheidendes für unser Inneres bedeutet?
Wir sollen doch für uns selbst etwas sein; aus allem, was wir treiben und was uns begegnet, aus Pflicht und Arbeit, aus Sorge und Schmerz, aus Interessen und Freude, zu uns selbst zurückkehren, uns in uns selbst sammeln. All das, was uns beschäftigt und umtreibt, – es kann uns einmal genommen werden, und was sind wir dann noch? Sind wir etwas für uns selbst? Ist uns nicht vielleicht schon auf dem Krankenlager diese Frage gekommen? Es gibt manchen Menschen, der, wenn Krankheit oder Alter ihn untüchtig machen zur Arbeit, zum Wirken, dann gleichsam im Leeren steht und nicht mehr weiß, wozu er da ist. Solche Menschen – haben sie wirklich gelebt, oder haben sie ihr Leben an Arbeit und Beruf verloren? Als ob der eigentliche Wert eines Menschen in der Leistung läge, in dem, was er außerhalb seiner hervorgebracht hat, und nicht in dem, was er selbst ist, und was als Liebe dann von ihm auf andere ausströmt! Und als ob nicht ein Leben, das überhaupt zur Leistung untauglich ist, und das unter Gesichtspunkten der Leistung eine Last für die Gemeinschaft ist, nicht in Wahrheit gerade einen Segen für die Gemeinschaft bergen könnte!
Oder kam unsere innere Leere uns schon einmal erschreckend zum Bewußtsein, wenn wir einem anderen, der in schwerer innerer Not war, helfen, ihn trösten sollten? Was können wir dem andren sein, wenn wir selbst nichts sind? Nur der Mensch, der innerlich selbst etwas ist, ist auch zur Gemeinschaft, zu Freundschaft und Liebe fähig. Menschen, die innerlich hohl sind, lassen sich freilich wohl organisieren, aber zu echter Gemeinschaft sind sie unfähig. Das Zeichen dafür, daß wir wirklich etwas sind, ist dieses, daß wir fähig sind, Liebe zu schenken und zu empfangen. Ein Dichter, es ist der Humorist Wilhelm Busch, beschreibt mit grausigem Humor einen Traum, der ihn in mathematische Welten entführt, in der ihm statt Menschen mathematische Figuren begegnen, die, innerlich hohl, doch ein gespenstisches Leben führen wie Menschen. Er hält damit eben unserer Menschenwelt einen grausigen Spiegel vor, um sie zur Besinnung zu rufen. Droht nicht unserem Leben die Gefahr, immer mehr zur Organisation zu werden statt zu echter Gemeinschaft lebendiger Menschen, die für sich selbst etwas sind und so auch etwas für andere sein können? Aus dem modernen Leben schwinden immer mehr die Stunden der Einkehr, der stillen Besinnung und Selbstprüfung vor den Augen der Ewigkeit. Viele Menschen überfällt die Langeweile, wenn der Betrieb still steht, – sei es der Betrieb der Arbeit, sei es der des Genießens; und wenige Menschen können mehr einsam sein. In der Einsamkeit überfällt sie die Langeweile. Und sollte es in Gottes Augen schlimmer sein, wenn jemand stiehlt oder ein anderes moralisches Gebot übertritt, als wenn er sich langweilt? Ja, es gibt Menschen, die Angst davor haben, allein zu sein, und sie flüchten in die Betriebsamkeit, die sie nicht zur Besinnung kommen läßt, sie retten sich in den Lärm, der ihre Gedanken betäubt.
II.
Wie aber kommen wir zu uns selbst? Wie werden wir wir selbst? Wenn wir auf die Stimme der Ewigkeit hören: »Siehe ich stehe vor der Tür und klopfe an!« Die Ewigkeit steht vor der Tür und klopft an. Sie fragt uns, ob wir ein Selbst sind, oder ob wir uns verloren haben an die Zeit und das, was die Zeit bringt. Ist das eine Phantasie, die wir abweisen sollen, weil sie uns schwach und untüchtig macht, das Gebot der Stunde zu hören, die Aufgabe des Tages zu ergreifen, die Frucht des Augenblicks zu pflücken? Eine Phantasie, die uns blind macht für die Wirklichkeit von Welt und Leben? Oder ist es nicht umgekehrt so, daß uns der Gedanke an die Ewigkeit erst hellsichtig macht? »Du sprichst: Ich bin reich und habe satt und bedarf nichts, und du weißt nicht, daß du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß. Ich rate dir, daß du Gold von mir kaufest, das mit Feuer durchläutert ist, daß du reich werdest, und weiße Kleider, daß du dich antust und nicht offenbar werde die Schande deiner Blöße; und salbe deine Augen mit Augensalbe, daß du sehen mögest.«
Sind wir nicht wirklich blind, wenn wir diese Welt als festgegründete Heimat ansehen und ihre Unheimlichkeit vergessen, auf die Zeichen nicht achten, die uns auf die Ewigkeit, den verborgenen Hintergrund der Welt aufmerksam machen?
Wie oft stecken wir in der Blindheit des Übermutes! Die Ewigkeit klopft an unsere Tür, und wir hören sie doch nicht, weil wir meinen, wir hätten die Ewigkeit schon in unser Leben hineingezogen und sie uns verfügbar gemacht. Sei es, daß wir von ewigen Werten reden, die unserm Leben Ewigkeitsglanz geben; sei es, daß wir wie jene Turmbauer von Babel einen Turm errichten wollen, der in den Himmel reicht; daß wir davon träumen, Werke für die Ewigkeit zu schaffen. Die Ewigkeit ist für uns Menschen nicht Besitz, sondern kritische Instanz, Richter; sie bedeutet das Ende für unser Planen und Schaffen. Geben denn unsere Werke unserm Leben Ewigkeit?, selbst wenn sie bis in die fernsten Zeiten dauern sollten und nicht schon vorher in Ruinen zerfallen? Ist denn endlose Zeit schon Ewigkeit? Eine solche Ewigkeit wäre nicht die unsere; denn wir sind nicht endlos.
Wie oft stecken wir in der Blindheit des Leichtsinns! Ist es nicht so, daß wir im allgemeinen mit dem sicheren Gang des Lebens rechnen und daraufhin unsere Pläne für die Zukunft machen? Und doch bleiben keinem Enttäuschung und Schmerz erspart. Aber wir leben doch durchweg so, als seien Enttäuschung und Schmerz das Unnormale, während der normale Lauf der Dinge eben der ist, den wir für das Gelingen in Rechnung setzen. Ist es aber nicht vielleicht so, daß das, was wir für das Normale halten, daß die Welt so, wie wir mit ihr rechnen, nur die Oberfläche ist? Daß gerade in dem, was wir für das Unnormale halten, für das Störende, für das, was eigentlich nicht sein sollte, das Eigentliche, das Wesen auf bricht und das Geheimnis von Welt und Leben zum Vorschein kommt?
In eines jeden Menschen Leben greift die Ewigkeit endgültig Einem in der Gestalt des Todes. Er steht vor unser aller Tür und klopft an. Das Volksmärchen erzählt tiefsinnig von den Boten des Todes, die er vorausschickt, den Menschen an sein Kommen zu erinnern. Es sind die Schmerzen und Leiden, das Altern und alle Zeichen unsrer Vergänglichkeit. Wollen wir sie leichtsinnig überhören? Oder wollen wir auf sie hören und uns für den Empfang der Ewigkeit bereiten? Sind es nicht die Boten des Todes, die Boten der Ewigkeit, die uns zu uns selbst bringen? Gerade im Leiden sollen wir zu uns selbst gebracht werden und jenes Gold empfangen, das mit Feuer durchläutert ist. »Welche ich lieb habe, die strafe und züchtige ich. So sei nun fleißig und tue Buße!«
Doch es wäre falsch zu meinen, daß nur der Schmerz und die Zeichen unserer Vergänglichkeit die Boten der Ewigkeit wären. Es gibt noch andere Boten, und wir beachten sie nicht in der Blindheit der Undankbarkeit. Es sind all die erfreuenden, beglückenden Schickungen, die uns zuteil werden. Jeder Sonnenstrahl am Morgen kann es sein, jede Blume, die uns mit ihrer Pracht und ihrem Duft entzückt, jeder Blick der Liebe, jede Gabe der Güte, die uns widerfährt. Es will das alles freilich recht verstanden, recht empfangen sein, wenn es uns ein Bote der Ewigkeit sein soll. Nehmen wir Glück und Freude undankbar hin als etwas Verdientes und Selbstverständliches, dann verstehen wir diese Boten nicht, die uns sagen wollen, daß dasjenige, was unserm Leben die reinste Freude und tiefste Beglückung gibt, Wunder und Geschenk ist. Öffnen wir das Herz nicht für die kleinen Beglückungen, oder lassen wir die beglückenden Augenblicke und gesegneten Stunden verklingen, ohne sie wirklich in unser Inneres dankbar aufzunehmen, dann verlieren sie ihre Bedeutung für uns, und unser Inneres bleibt leer. Begrüßen wir sie dankbar als die Boten der Ewigkeit und nehmen sie bei uns auf, so gewinnt auch unser Herz Kraft, zu erfreuen und zu beglücken. Und indem wir spüren, daß wir für andere etwas sind, dürfen wir wissen, daß wir auch selbst etwas werden. Wir werden dann inne, daß nicht das Geplante und absichtsvoll Geschaffene unserm Leben den besten Inhalt und Sinn gibt, sondern das als Geschenk dankbar Empfangene und treu Bewahrte, und daß das größte Geschenk die. Liebe ist, und daß in der Gemeinschaft der Liebe und des Vertrauens, deren unsichtbare Fäden die Welt des Sichtbaren und zweckvoll Organisierten geheimnisvoll durchziehen, unser eigentliches Leben verwurzelt ist.
III.
»Siehe ich stehe vor der Tür und klopfe an!« Das gilt aber endlich und vor allem von dem Worte der Heiligen Schrift, das uns eben zu solcher Wachsamkeit und Bereitschaft ruft. Es ist ja kein verklungenes Wort, und so alt es ist, so neu spricht es immer wieder zu uns. Es spricht hinein in unser Alltagsleben als das Wort aus einer anderen Welt. Es spricht im Grunde schon aus den Kirchenglocken, deren Ton von allen anderen Klängen, die sonst unser Ohr umklingen, verschieden ist, – eine fremde Stimme in unserer vertrauten Welt. Und es wäre traurig, würde der Klang der Kirchenglocken in unsern Dörfern, unseren Städten je verstummen. Denn er ist es, der uns herausruft aus der Welt des Sichtbaren, aus der Welt unseres Planens und Redens, daß wir uns sammeln, das Wort aus der unsichtbaren Welt zu hören: »Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an! So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehn und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.«
Wer ist dieser Ich, der uns ruft? Es ist die Ewigkeit – ebenjene Ewigkeit, die uns in ihren Boten ruft. Aber doch ruft sie uns hier noch anders, und von ihr her werden uns jene Stimmen erst in ihrem vollen Sinn deutlich. Denn hier ruft uns Gott durch das Wort, in dem er sein Wesen uns ganz erschlossen hat, durch Jesus Christus, den er der Welt geschenkt hat, damit in seiner Gestalt seine Liebe ganz offenbar werde.
»Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an!« Jetzt wieder in der Adventszeit erklingt dieser Ruf und mahnt uns, den Blick auf den zu richten, der für uns das Bild der göttlichen Liebe ist, und der damit auch – und das zu bedenken lehrt uns der 2. Adventstag – für die Welt der Richter ist. Denn so ist es: die Tiefe der göttlichen Liebe geht nur dem auf, der sich befreien lassen will von der sichtbaren Welt, und der Christus als den Richter dieses Werk der Befreiung an sich wirken läßt. Laßt uns bereit sein für sein Wirken!
»In der Welt verloren stand ich ohne Sinn.
Doch Du kommst! – Geboren, weil ich’s selber bin.
Aus verworrnen Wegen wende mein Gesicht
Deiner Kundt entgegen in der Weihnacht Licht!«
(R. A. Schröder).
Amen.
Gehalten am 8. Dezember 1940 in Marburg.
Quelle: Rudolf Bultmann, Marburger Predigten, Tübingen: J.C.B. Mohr, 21968, 118-125.