Martin Luther über die Weihnachtsgeschichte in seiner Kirchenpostille: „O welch eine finstere Nacht ist über dem Bethlehem damals gewesen, die eines solchen Lichts nicht ist inne worden! Wie zeiget Gott an, daß er so gar nichts achte, was die Welt ist, hat und vermag; wiederum die Welt beweiset auch, wie gar sie nichts erkennet noch achtet, was Gott ist, hat und wirket.“

Siehe, wie gar schlicht und einfältig die Ding zugehen auf Erden, und doch so groß gehalten werden im Himmel. Auf Erden gehet es also zu: Da ist ein arm junges Weiblein, Maria, zu Nazareth, gar nicht geachtet und unter den geringsten Bür­gerinnen der Stadt gehalten. Da wird niemand gewahr des großen Wunders, das sie träget; sie schweiget auch stille, hält sich für die Ge­ringste, sie machet sich auf mit ihrem Hausherrn Joseph, haben viel­leicht keine Magd noch Knecht, sondern er ist Herr und Knecht, sie Frau und Magd im Haus, haben also das Haus lassen stehen oder an­dern befohlen. Da sie nun gen Bethlehem kommen, zeigt der Evange­list, wie sie die Allergeringsten und Verachtetsten sind gewesen, sie haben jedermann müssen räumen, bis daß sie in einen Stall geweiset, mit dem Viehe eine gemeine Herberg, gemeinen Tisch, gemeine Kammer und Lager haben müssen annehmen, indes mancher böser Mensch, im Gasthaus obenan gesessen, sich hat einen Herrn ehren lassen. Da merket noch erkennet niemand, was in dem Stall Gott wir­ket, läßt die großen Häuser und köstliche Gemach leerbleiben, läßt sie essen, trinken und guten Mut haben; aber dieser Trost und Schatz ist in ihnen verborgen. O welch eine finstere Nacht ist über dem Bethlehem damals gewesen, die eines solchen Lichts nicht ist inne worden! Wie zeiget Gott an, daß er so gar nichts achte, was die Welt ist, hat und vermag; wiederum die Welt beweiset auch, wie gar sie nichts erkennet noch achtet, was Gott ist, hat und wirket.

Quelle: Martin Luther, Kirchenpostille, Auslegung des Evangeliums am Christtag, Lukas 2,1-14.

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