Einleitung in das Werk Christoph Blumhardts
Von Johannes Harder
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Die Christenheit lebt nicht von Verehrung und nicht von ihrer eigenen Verteidigung. Herausforderungen, Kritik und Konflikte sind für sie lebensnotwendig. Zu den bekannten und wirksamsten Beispielen im Protestantismus zählt Luther mit seinem Angriff auf die römische und Kierkegaard mit seinem Protest gegen die Kirche Luthers. Ihre Opposition schuf neue Positionen.
Nicht anders verhält es sich mit den beiden Blumhardts, Vater und Sohn, die in einem Jahrhundert wachsender Probleme und überraschender Entwicklungen in der Theologie, aber auch in einer Zeit verfestigter und institutionalisierter Christlichkeit lebten. Charismatiker beide, brachen sie mit ihrer Botschaft in erregender Weise in Tradition und gemächliche Kirchlichkeit ein und bewirkten eine Menschen und Verhältnisse verändernde Situation in ihrer Umgebung. So gering die Zahl ihrer aufhorchenden Zeitgenossen gewesen sein mochte – sie wurden Vorläufer für ein neues Verständnis des biblischen Realismus und erweckten wieder Hoffnung für die Sache Gottes auf Erden.
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Ihre gemeinsam begonnene und später auch bei mancher Verschiedenheit voneinander untrennbare Geschichte begann im schwäbischen Dorf Möttlingen, wo 1843 die Heilung einer dämonisierten Frau, Gottliebin Dittus, eine elementare Erweckungsbewegung auslöste. Es gab dabei Szenen einer neuen Apostelgeschichte: Hartgesottene Bauern heulten um ihre Sünden, vor den offenen Fenstern der überfüllten Dorfkirche erfuhren Kranke Heilung, und im Pfarrhaus wurde um »eine neue Ausgießung des Heiligen Geistes« gebetet. Das alles geschah unter dem Vater, Johann Christoph Blumhardt (1805-1880). Hier wuchs der Sohn Christoph Friedrich Blumhardt (1842-1919) auf, beeindruckt von den Geschehnissen, die auch nach der Übersiedlung der Familie nach Bad Boll (1852) ihre Fortsetzung finden sollten. Aber sie vermochten in ihm keine Neigung zur Theologie zu wecken. Nachdem er dann doch das Studium in Tübingen auf sich genommen hatte, wurde er nach einem dreijährigen Vikariat im Badischen, dann in Hohenstaufen und in Dürnau 1869 erst Gehilfe und schließlich der Nachfolger seines Vaters.
Was sich in den nächsten Jahrzehnten mit ihm weiter begeben hat, ist wahrlich eine Biographie wert, die hier, indirekt und notwendig verkürzt, als eine Skizze seines Denkens und Wirkens in Form von Selbstaussagen versucht wird. Und auch dabei muß vieles verschwiegen werden, wie er selbst zeitlebens von seinen Erkenntnissen, Erlebnissen und Erfahrungen nur selten und auch dann nur mit gleichsam gedämpfter Stimme gesprochen hat. »Ich könnte auch eine Lebensgeschichte schreiben. Aber Gott bewahre mich davor! Es sind vorübergehende Geschichten, davon nichts Bedeutung hat« (A. 31.12.1911). Ein Feind aller Publikationen über seine Person wie über seine Kirche und Welt aufregende Wirksamkeit, waren, oft gegen seinen Willen, Nachschriften seiner Andachten und Predigten entstanden, die bisher nur in geringem Umfang ihre Veröffentlichung gefunden haben.
Das sind Worte vor einer eigenartigen Zuhörerschaft: Kranken und Hilfesuchenden aller Art, die mit körperlichen Leiden und seelischen Nöten zu ihm kamen. Aber dieses Auditorium war bei Blumhardt keine Zufälligkeit; es ging bei ihm ständig um einen neuen Anfang aus dem Elend der Menschen.
Aus seiner dauernd von Besuchern umlagerten Studierstube in einem vorher »Kgl. Bad« am Fuße der Schwäbischen Alb lernte er aus der Bibel die große Welt sehen, um sie dann zu deuten und die Schrift zur Sache des Menschen zu machen. Geschichtliche Bewegungen und gesellschaftliche Situationen, Zeitfragen und -ereignisse mußten berücksichtigt werden, da ihm persönliche und häusliche Anliegen im Hause Bad Boll immer zu »Weltsachen« wurden. Was da an Fragen zur Ehe, für das Zusammenleben der Menschen im kleinen und großen, bei Missionsgesellschaften, an politischen und kirchlichen Problemen, bei Unglücksfällen, Krankheiten und Kriegen, Todesfällen und feierlichen Anlässen vor ihm auftauchte – alles bot ihm Gelegenheit, biblische Texte zu aktualisieren. »Jedes Haus ist eine kleine Weltgeschichte« (A. 31.12.1911).
Niemand wird diesen Mann – und schon gar nicht theologisch— einzuordnen vermögen. Ohne die Dogmatik zu revolutionieren, war er zunehmend bemüht, den in der landläufigen Predigt verschobenen Akzent biblischer Texte freimütig zu überprüfen und gegenwärtig zu machen. Die »Frohe« Botschaft, ob in der Orthodoxie, im Liberalismus oder im Pietismus, erschien ihm mehr Bindung als Befreiung des Menschen, zu abstrakt und zu wenig praktikabel. »Der Heiland ist ungeheuer liberal« (M. 5.10.1886). So mußten ihn die einen für einen eigenwilligen, die Tradition zersetzenden ketzerischen Außenseiter halten, während er wenigen anderen ein mitreißender Bußprediger, ein biblisch-realistischer Ausleger und ein unvergleichlicher Tröster des Menschen wurde.
Blumhardt mißachtete das Wort »Standpunkte«; denn die Bibel löst immer Bewegung aus. Das hinderte ihn nicht, gelebte Überzeugungen zu respektieren und eine unvergleichliche Duldsamkeit und Gelassenheit zu bewahren. Er wußte aus seiner allen Konfessionalismus übersteigenden Haltung, daß es keine »Rechtgläubigkeit« ohne Sektiererei und keine -Sekte« ohne Wahrheit gibt.
Wer ihn verstehen will, tut also gut, sich weder an den gängigen kirchlichen Sprachgebrauch zu binden noch eine in biblischen Texten ungewohnte Betonung noch auch die Problematisierung aller Theologie zu scheuen. So biblisch sein Schriftverständnis ist, so wenig ist es »biblizistisch«. Uns geläufige dogmatische Formulierungen werden nicht selten revidiert und überhaupt alles Lehrhafte als Notbehelf angesehen.
Dabei wußte er erstaunlich viel vom Menschen wie von der Welt und ahnte, sah und sagte manches voraus. Aber gerade darum hat er sich vor Vorurteilen wie vor Prophezeiungen gehütet. Nichts, was Menschen dachten oder ersannen, war ihm unantastbar. Das galt bei ihm auch für den gesamten Kanon der Schrift, wobei er z.B. die Rachepsalmen für Irrläufer auf dem Heilsweg hielt und den vielberufenen »Zorn Gottes« in seinen Predigten aussparte, dem Apostel Paulus in seiner Eheauffassung widersprach und sich von keiner Tradition imponieren ließ. Er schalt nicht wenige unserer christlichen Überlieferungen und sah im offiziellen Christentum oft genug den Hemmschuh für das »Wirklichkeitswerden«« der Sache Gottes. Gerade hier lag für ihn das Ärgernis: Die Jesusnachricht erschien ihm im Verlauf der Kirchengeschichte zu angepaßt und selbstverständlich, geschmälert und verkürzt. Dies war sein so oft genannter »Kampf«: der ihm gebotene Widerspruch gegen ein krankes und hilfloses offizielles Christentum, dem die Kraft zur Auseinandersetzung mit dem Elend der menschlichen Gesellschaft fehlte. Er wollte den Durchbruch nach beiden Seiten: Die Kirche sollte sich an die Welt adressieren und ihre Chance, sie verändern zu helfen, als ihre Aufgabe aufnehmen.
Blumhardt suchte den Urlaut des Evangeliums und wollte Gottes Unmittelbarkeit gegen eine Kirche und Welt voller Mittelbarkeiten.
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Denn Gott ist jenseits und über aller Symbolik und Institutionalisierung «mittellos«; er ist unmittelbar. Als Schöpfer ist er zugleich der Erhalter und Erlöser der Welt. Gottes Souveränität ist keine Welt- oder Lebensferne und schon gar keine Weltfeindschaft. Der Kreator, den wir im ersten Artikel des Apostolikums sozusagen auf ein enges Entree für das Gebäude unserer Glaubensbekenntnisse reduziert haben, ist anders. Schöpfung ist das gewaltige Initial, das Offenkundigwerden des Lebens. So kann Blumhardt in den Andachten mit den Psalmensängern den ehrenden Jubel und hellen Triumph der Geschöpfe aus der Natur heraushören. Die erwachende und vergehende Kreatur ist ihm Sprache Gottes, und er weiß dabei alle Jahreszeiten als Töne und Akkorde eines himmlischen Konzerts zu deuten und seine beglückende Zusammengehörigkeit mit allen Geschöpfen zu loben. «Die Natur ist Gottes Schoß. Aus der Erde wird Gott uns wieder entgegenkommen« (M. 23.2.1903). Noch fehlt dem Menschen die Gemeinschaft mit Natur und Kosmos. »Die Harmonie zwischen Menschen und Natur muß kommen. Und das wird die Lösung der sozialen Frage sein« (a.a.O.). Gott hat nicht aufgehört, Schöpfer zu sein und unausgesetzt zu erschaffen. So fragwürdig die Menschen als die einst zur Freiheit Berufenen geworden sein mögen – der Schöpfer Gott hat sein Werk, entgegen aller Verdorbenheit und Mißachtung, nicht widerrufen oder gar verdammt. Nicht zufällig beginnt und schließt die Bibel mit einer Kosmogonie. Gottes Hinkehr, seine Wendung zur Welt macht sie unauflösbar mit ihm verbunden. Blumhardts Reiseberichte (Italien: 1889, 1893 und 1909; Ägypten: 1905; Palästina: 1906; Schweiz: 1910) sind voller Hymnen auf die Natur, die auch auf ihre »Wiedergeburt« wartet und-nicht umsonst! Ob auch vielfach verborgen, ist Gottes Geist immer noch über den Wassern der Zeiten und wirkt, weitaus mehr und ganz anders als unsere Frömmigkeit uns ahnen läßt, fortgesetzt durch das All. So bekennt Blumhardt das Apostolikum rückwärts.
Das alles ist bei ihm gewiß keine Naturschwärmerei oder romantische Illusion; nirgends wird die durch Schuld bestimmte Menschheit verharmlost, idealisiert oder geleugnet.
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Da Gott sich so in die Geschichte der Welt eingemischt hat, betreibt er seine Sache auch durch alle historischen Ereignisse. »Alle Menschengeschichte hat ihren Anfang in Gott und auch das Ende. Der Herr der Geschichte ist der Erste und der Letzte« (A. 11.9.1915).
Die vom Schöpfer verursachten Geschehnisse ereignen sich keineswegs nur auf und um unsere Kanzeln; sie sind auch auf dem Markt der Welt zu hören und zu sehen. Alle Geschichte, wie immer sie von uns qualifiziert und gedeutet werden mag, ob wir es wissen und erkennen oder nicht, ist der Gang des Herrn der Nationen zur Aufrichtung seiner Herrschaft. Da treten profane Bewegungen auf, problematisch genug gleich einer mitreißenden Frühlingsflut, und übersteigen alle gesellschaftlichen Dämme und Verhältnisse – paß auf: Sie bewässern trockenes Land oder schaffen neues! Was dabei an alter Nutzfläche fortgeschwemmt werden mag – der Strom bewirkt Neuland und schafft Boden. Auch Not- und Kriegszeiten dienen schließlich dem Fortgang, den uns Tränen und Trümmer noch verdecken mögen. Nichts, was nicht am Ende den Willen des Herrn der Welt schließlich durchsichtig werden läßt. Aus allen Übeln kommt Gottes Absicht zum Ziel und nicht zuletzt und erst recht in den Zeiten des Gerichts über die Völker.
Auch im Weltkrieg 1914-1918, wo Blumhardt die Ereignisse gelegentlich zeitgebunden sieht, hat Gott »seine Hand im Spiel« (P. 7.11.1915). Das Völkerringen bedeutet ihm nicht nur einen Kampf um die biologische und politische Existenz einer Nation – es ist eine Heimsuchung für alle Versäumnisse, den äußeren Frieden in seinem Sinn nicht verstanden und sich mit einer bloß politischen Ruhezeit zufriedengegeben zu haben. Aber auch in diesen Kriegspredigten wird der Glaube strikt durchgehalten: Blut und Mord, Haß und Hetze sind der Nebel, der sich auflösen muß und wird. Aber »ehe das Neue kommt, muß das Alte erschüttert werden« (M. 31.7.1914). In allem Niedergang keimt schon das Neue. Aus Tod wird Leben entstehen, aus Tränen Freude. Denn: »Gott will die Welt saubermachen, auffrischen zu lebendigem Wesen» (P. 23.8.1914). Weil Gott eine Geschichte auf Erden haben will, heißt es darum immer: Er kommt, er ist stets Zukunft und Hoffnung.
Das geht jeden persönlich an; die Geschichte Gottes kommt auch ins Einzelleben hinein und wird »eine kleine Bibel« in ihm mit Erinnerungen an das, was Gott getan hat. So werden wir belehrt, geschichtlich, anhand der Verheißungen zu leben. Der Mensch als geschichtsbewußtes Wesen soll wissen: »Es ist nicht wahr, daß diese Erde ein Jammertal ist, außer du machst es dir zum Jammertal« (A. 18.9.1915). »Alle Geschichte ist das Drängen Gottes auf Bewegung und Fortschritt, der in das kommende Reich führt. Wir haben nur Schritt zu halten; ich lebe in der Zeit Gottes. Ich lebe nicht in einer Menschenzeit mit Krieg und Blutvergießen« (A. 31.12.1911).
In solcher Sicht sind alle Unnatur und Widergöttlichkeit letztlich nur Schatten, die die heraufziehende Sonne trifft, ein Dunkel unmittelbar vor dem Aufgang. Der eine unteilbare und lichte Welt erschaffen hat, wird sie in neuem Glanz wieder erstehen lassen. Diese Schöpfermacht wandelt jede Misere und überrascht, indem sie alle mißlichen Erscheinungen zu Vorläufigkeiten und zum Durchgang in eine versprochene helle Zukunft macht. Aller Bosheit ist ein Ende gesetzt; sie ist zum Aufhören da. Und das ist mehr als ein bloß biologisches, kulturelles oder politisches Ende. Die Ängste und Schmerzen der Menschen sind Gottes Anknüpfungspunkte für das Heil und die Heilung des Ganzen.
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Der große Umschlagplatz des Heils ist im Alten Testament das Land der Verheißungen Israels, in dem Gott in der Gestalt eines Menschen auftritt. Jesus von Nazareth ist kein Wunderkind, kein religiöses Genie, kein orientalischer Zauberer oder gar ein Religionsstifter -Gott wird Mensch, Fleisch und Blut, unseresgleichen. So kommt Gott zur Welt. »Die Erde ist eine Niederlassung Gottes« (M. 26.7.1914). In diesem Mann nimmt die Schöpfung einen neuen Anfang. Unser Erkennen und Bekennen dieses Faktums kommt nicht von uns; wir sind die zuerst und die im voraus Erkannten und zum Bekenntnis Gerufenen. Dieser Jesus ist die Zuwendung Gottes zu uns, die dann in und durch den Menschen ›Möglichkeit‹ schafft (M. 21.2.1906).
Das wirft alle religiösen Vorstellungen um. Nicht der Mensch kommt in den Himmel – der Himmel ist auf die Erde gekommen, und Gott wird in diesem Menschen unser Zeitgenosse. Er ist der Avantgardist Gottes,- mit ihm ist die nächste und letzte Etappe der Entwicklung unserer Welt vorgezeichnet. Kam mit dem ersten Adam die Schöpfung – mit Jesus setzt die Wiedergeburt ein. Die gute Nachricht, die er bringt, ist die Ouvertüre zur eigentlichen Komposition des Schöpfers. Was bis dahin begrenzt, verborgen, oder unverständlich gewesen sein mag – hier erfährt die Erde in der Menschwerdung des Einen, der niemals Ende und immer Anfang sein wird, das Leben. Der Mensch sagt wohl in seiner Frömmigkeit ›Gott‹ – Gott aber spricht vom Menschen. Der Herr des Kosmos publiziert sich als unsereiner, um in unserer Geschichte von Gläubigen und Nichtgläubigen gleicherweise verdächtigt, verspottet, verfolgt und endlich umgebracht zu werden. Gerade so hat er sich handgreiflich in unsere Gesellschaft begeben und siedelt sich, zum Trost für die Enterbten, Unwissenden und selbst für die Verstorbenen, am Rand, in »schlechter Gesellschaft« und in der ganzen Zweideutigkeit menschlichen Wesens an. Von unten her schafft er nach oben, vom Nichts ins Sein und verwandelt jedes Ende in Rettung.
Seit diesem Brückenschlag zwischen Himmel und Erde gewinnt der Mensch wieder Valuta; was Menschenantlitz trägt, hat jetzt unter allen Umständen Gültigkeit. «Ihr Menschen seid Gottes«: ob im Himmel oder in der Hölle. Laßt euch von keinem Teufel weismachen, daß ihr preisgegeben seid – ihr gehört zu Gott!
Diese mit dem Kommen Jesu erklärte Inthronisierung des Menschen zum Nachfolger, zum Stellvertreter und damit zum »Kämpfer« und Verteidiger der Sache Gottes auf Erden durchbricht alle Normen und Moralitäten wie jede Gesetzlichkeit. Wir alle sind zu unverlierbaren Groschen bestimmt, die er »aufhebt und in seine Tasche steckt« (M. i. 9.1883); verlaufene Geschöpfe, denen er nachgeht. Und die Gesuchten sind stets auch die Gefundenen, die er nach Hause bringt. Es gibt keine entsetzlichere Lästerung als das Mißachten, Erniedrigen und Zerstören des letzten Kindes am Ende der Welt. Denn der Schöpfer hat sich mit den Unterdrückten zuerst kommun gemacht.
So erschafft er uns zweimal: Durch die natürliche Geburt und durch die radikale Wandlung unseres Denkens und Lebens. Damit nimmt der Sohn Blumhardt den bekannten Spruch seines Vaters auf: Der Mensch müsse sich zweimal bekehren; zunächst vom natürlichen zum geistlichen und wieder zurück zum natürlichen Wesen. -Wiedergeburt« ist darum mehr als eine persönliche Heilserfahrung; sie ist der Anfang einer Umkehr und Wandlung aller Dinge kraft der Solidarität von Gott und Mensch.
»Es gehört zum Größten, was wir von Jesus sagen können, daß er nicht immer bloß auf das Innerliche der Menschen aus ist, sondern auch einen großen Weitblick hat und der Welt das Leben verheißt. Das Leben der Menschen soll sich erheben, indem es auf allen Gebieten nach Wahrheit und nach Frieden ringt« (P. 5.7.1914)«
Er ist es, der uns zeigt, wie Gott wirklich ist: Was wir ›Wunder‹ nennen, ist nichts anderes als Gottes Natur und Charakter. So ist es, wenn er wieder Herr unter uns wird! Damit wird jeder flachen »Jesulogie« und der Beschränkung auf seine Vorbildlichkeit gekündigt.
Wir können von Gott dem Schöpfer und dem Menschensohn als Erlöser nie sprechen, ohne damit den Geist zu nennen, der alle unsere dogmatischen Fassungen und Deutungen sprengt. Der ›Heilige Geist‹ ist das Wesen Gottes, das sich immer wieder durch seinen Einbruch in die Welt äußert, einst wie heute. Er ist die Kraft, die niemals ohne Wirkung ist und darum unaufhörlich Wirklichkeit Gottes schafft, indem sie Menschen und Verhältnisse von grundauf verändert. Immer noch ist er in der gesamten Kreatur mächtig und kann alles, den Einzelnen wie Völker, verwandeln. So wurde er in Möttlingen und in Bad Boll täglich auf erstaunliche Art erfahren. Keiner zerrt oder zitiert ihn dabei, niemals und niemandem unterwirft er sich und ist nie festzuhalten. Denn er ist die absolute Freiheit, schafft aus dem Unsichtbaren ins Sichtbare und bleibt eine hier erbetene und erwartete, dort überraschende und überwältigende Realität, die nur in ihren Wirkungen erkennbar wird.
Blumhardt nennt drei große Ereignisse, in denen der Geist weltwirksam geworden ist: bei der Ersten Schöpfung, in der Erscheinung Christi und als verheißener Träger und Tröster der Menschheit. Stets ist er gegenwärtige Lenkung der Weit und ihrer Geschicke. Nur so ist seine souveräne Wirkung erfahrbar, nicht aber diskutabel. Er treibt durch Nacht und Licht der Zeiten zum großen Ziel der Seligmachung aller. Seine Weltgültigkeit steht noch bevor.
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Wer die Namen Gottes ausspricht, muß auch wissen, daß der Christus des Neuen Testaments der Erfüllet aller Verheißungen des Alten Testaments und damit der Verwirklichet und Vergegenwärtiget der Prophezeiungen in Israel ist. Nicht zufällig haben Blumhardts Andachten so oft alttestamentliche Texte.
Mit dem Menschensohn als dem Eröffnet eines neuen Äons tut sich das Tor in eine neue Welt, in das Reich Gottes auf. Das ist mehr und etwas anderes als eine geistige Atmosphäre, ein wohltuendes Klima, wie es der Mensch etwa im Gottesdienst erfahren mag. Dieses Reich ist eine alles umwerfende Realität. Denn der Christus ist keine Chiffre für einen noch zu erwartenden Messias, kein Deckname für ein Unaussprechliches, kein Lehrmeister und am wenigsten ein Konservator heiliger Gedanken und Worte. Er ist der Herold einer Botschaft, die, indem sie ausgerufen wird, unmittelbar da ist, tut und verwirklicht, was sie aussagt. Er ist der Protest gegen alle Schuld, Elend und Armut, der Auslöser und Erlöser, der Befreier der Menschheit.
Niemand verkenne ihn als eine historische Gestalt, etwa als die Leitfigur einer Weltreligion – er ist praktische, faßbare, persönliche Gegenwart und gleichsam das Ensemble einer neu werdenden Menschheit.
Blumhardt nennt ihn mit Vorliebe den »Heiland« (Salvator), der endlich in unserer Welt Raum für Gott und seinen unbedingten Herrschaftsbereich schafft und den ganzen Reichtum des Schöpfers ausbreitet. Die Sache Gottes ist uns im Ablauf der Geschichte durch alle unsere Verdrängungskünste zu einem Anhang des Evangeliums geworden; die Mitte ist in den landläufigen Predigten zur Peripherie verfälscht und zu etwas bloß Persönlichem und Innerlichem verkümmert. Gottes Herrschaft aber wird in der Jesusnachricht wieder Zentrum und Angelpunkt von Geschichte und Welt. Das bedeutet, daß alle unsere Bereiche, geographisch begrenzt und historisch eingeordnet, ihren eigentlichen oder letzten Sinn verloren haben: sein ›Bereich‹ ist sein Reich. Dort, wo Gottes Name gilt, sein Wille respektiert und das Leben auf dieses Reich ausgerichtet wird, sind wir grundsätzlich über alle unsere Aufteilungen und Grenzen hinausgehoben, in die Bürgerschaft seines Imperiums versetzt und betreiben Alltag und Beruf sozusagen mit der linken Hand.
Dabei übersieht Blumhardt Sinn und Wert der Kirchengeschichte nicht. Aber bei aller Bereitschaft, die geschichtlichen Entfaltungen und Einrichtungen des Christentums als Träger der Frohen Botschaft oder als Kanäle für das ›Wasser des Lebens‘ anzuerkennen, erscheinen ihm Kirchen und Konfessionen zu sehr zu Medien verkleinert. Der Ruf der Reichsbotschaft ist zu einem matten Echo verblaßt. Vollends gefährdend und gefährlich aber zeigen sich unsere Organisationen, wo sie sich als Selbstzweck mißverstehen und in ihrer Aufmachung als unvergängliche Orte, Daten und Gesetze begreifen. Vergessen ist, daß unsere frommen Sprüche sich in Widersprüche verwandelt haben; wir reden über Gott und meinen unsere Religiosität. »Antichristlich« nennt Blumhardt unsere äußeren Dinge, die wir bedacht oder unbedacht als ’christlich‘ etikettieren, ohne Gedanken daran, daß sie allesamt »bis auf Widerruf« gelten.
Erst und nur im Horizont des Reiches haben sie einen legitimen Platz, Hilfsdienste zu leisten und sich ihrer Vorläufigkeit bewußt zu bleiben; sie sind nicht mehr als Hinweis auf das kommende Weltreich Gottes. Mauern und Zäune zwischen religiösen Gemeinschaften und nationalen Gebilden sind wie alle Fehlsamkeiten und Irrtümer, transitorisch, vergänglich. Die Kunde vom Reich überholt alle und alles und umspannt unsere Erde. Es ist der Mensch, dem damit eine unglaubliche Aufgabe anvertraut wird. »Alles in uns ist Reich Gottes, alles in der Menschheitsgeschichte ist Reich Gottes, alles, was wir erleben, ist Reich Gottes und geht weiter fort, daß wir endlich doch zu einem rechten Ziel kommen« (M. 5.6.1914).
Unter der Perspektive der umfassenden Allgüte Gottes verwahrt sich Blumhardt gegen die landläufigen Sünden- und religiösen Gardinenpredigten wie gegen alle Moralismen, die Menschen an die Stelle eines bedingungslosen Angebotes gesetzt haben. Das wisse schließlich jeder, daß er ein Lump sei, nicht aber, daß die große Barmherzigkeit die Tiefe unserer Abgründe ausgefüllt oder jeden Strick des Sklaven gelöst habe. – Ja, die Knechtschaft als religiöses und als gesellschaftliches System aufgehoben sei.
Die eigentliche ›Sünde‹ ist ihm die Kapitulation vor den ›Verhältnissen‹, die auch noch als unabwendbares Schicksal gedeutet und von uns konserviert werden, indem wir sie hier als ›tragisch‹ und dort gar als ›heroisch‹ darstellen. Eben die so als unumgänglich und als prädestiniert verstandene ›Situation‹ ist die eigentliche Finsternis, das satanische Narkotikum, das uns tyrannisiert. Wer sich mit diesem Dunkel abfindet, widersetzt sich dem nachtvertreibenden Licht, das Gott zweimal im Chaos der Zeiten angezündet hat: Licht, in der Genesis die Urschöpfung, ist in Christus der Beginn der Neuschöpfung, »das wahrhaftige Licht, das alle erleuchtet, die geboren werden« (Joh 1).
Noch einmal: Der Ruf ins Reich ist keine Rechtfertigung für unseren religiösen Individualismus und Subjektivismus. Gerufene rufen die anderen – alle. Das ›Samaritertum‹ ist universal. Der das Reich Gottes verkündete, war nur der Erste und nicht der Einzige und Letzte. Die ihn hören, sind die Fortsetzer seiner Sache. Sie verweilen nicht bei einem Punkt, sondern sie ziehen Linien-, die Weiterführung und Wiederholung der Punktierungen sind der Weg zum Heil.
Die Heraus- und die Zusammengerufenen werden ein Volk, das im Reich und also ins Große und Ganze lebt. Begnüge sich nur keiner mit seiner Mitgliedschaft in Kirchen und Konfessionen; die Gemeinde als erster Sammelpunkt hat nur konsularische Bedeutung: Sie vertritt mit einem ›Exterritorialrecht‹ immer das heimatliche und künftige Gottesrecht, um jedes ›Gastland‹ in die neue Ordnung einzuladen und voller Hoffnung und Zuversicht im voraus einzubeziehen. Die Fremden von gestern sind die Hausgenossen von morgen, so wie die Reichsgenossen von heute gestern Fremdlinge gewesen sind.
Es handelt sich nicht um einen frommen Träum, den seine Kritiker Blumhardt vorwarfen. »Seit Jesus ist alles möglich« (P. 11.10.1914). Wo das Regiment Christi auftaucht, müssen Veränderungen entstehen. Es gibt letztlich keinen Widersinn in der Geschichte und keine letzte Barriere im Gesellschaftlichen, die nicht auf Zeit gelten. Auch »die Dämonen knirschen: Ja!« (C.F. Meyer).
Daß die Welt noch »unfertig« ist, und Gott sie in der Natur und durch die Geschichte »fertigmachen«« will und wird, mag noch nicht erkennbar sein; entscheidend ist die Gewißheit, d. h. der Glaube als Vorwegnahme. Es ist ein für allemal dafür gesorgt, daß unser menschliches Leben gelingt. Daß es gelingen wird, dafür ist Jesus die Garantie, die er auf seine Leute delegiert. Sie können immer wissen, daß sie auf die Erde verwiesen sind, und das heißt doch: Die neue Herrschaft soll in unserer Gesellschaft noch sichtbar und praktisch werden. Alle Gesellschaft ist immer nur ein Stadium in dem großen Gottesprozeß der Zeiten. Das Leben in diesem Reich hat Folgen. Das Mitgehen, die Nachfolge, der «Kampf« sind keine gesetzhafte Nachahmung, sondern ein Akt der Verbündung mit allen. Jesus lebt und stirbt für diese Welt und ist durch das Kreuz »weltgeschichtlich« geworden,- seine Geschichte ist unsere Geschichte. So ist das Kreuz das Siegeszeichen, unter dem das Ich in ein Wir verwandelt wird, eine Wandlung, die unsere Bußformen und sittlichen Anstrengungen beiseite schiebt und überbietet. Dadurch entsteht eine neue Perspektive: Der Mensch soll wiedergeborene Natur werden. Unser ganzes Leben soll es sein, »das hineinfließen kann in eine Umgebung, in die ganze Erde« (P. 5.7.1914). Wer sich darauf einläßt, hat damit entschieden: »Er muß dahineinsterben, damit das Salz auch dort hinein kann, (bis) in die Welt der Gestorbenen (soll es) kommen und endlich alles hell werden, weil Gottes Kraft durch Menschen immer wieder schafft und neues hervorbringt auch aus der Toten weit« (a.a.O.).
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Wie anders also könnte sich das verwirklichen als durch die unbedingte Hinkehr zur Welt, in die die Nachfolger gleich dem Weizenkorn in die Erde fallen! »Sterbt, damit Jesus lebe!« ist keine Resignation oder fromme Gefühlsakrobatik; der Zug nach unten ist die Art des Reiches zu wachsen. Gott verschont uns so wenig wie seinen ersten Menschensohn; die Brüder und Schwestern Jesu leben aufgrund eines totalen Verzichts, nicht so sehr ihrer Habe als ihrer selbst. (Verzichten bedeutet ursprünglich: sich eines Anspruchs begeben, auf die eigene Rechtfertigung verzichten oder »verzeihen«.) Wo Selbstverleugnung ist, da steht Jesus auf Erden.
Damit endlich in der Todeswelt Leben wird, »muß Jesus aus dem Sterben herauskommen«, damit der Vater im Himmel lebendig wird. »Das Weizenkorn Jesus Christus muß ans Licht« (P. 2.4.1911).
Die Jesusleute sind Gezeichnete als die Sterbenden um Gottes und der Menschen willen. Denn »Christus starb, damit Gott lebe« (M. 7.3.1915) und »im Leiden essen wir das Brot des Lebens und trinken sein Blut« (P. 7.3.1915). Besonders im Leiden legt Gott seine Positionen in der Welt an. Die Seligpreisungen des Bergpredigers wenden sich nicht an die Glücklichen, sondern an die anderen. Das ist ihre »Seligkeit«; nur leere Hände können gefüllt werden; Traurige und Kranke sind selig; nur Arme hungern nach Gott und seiner Zukunft.
Es geht um das »Geringwerden«, den entscheidenden Wandlungsprozeß des Menschen. Nur mit den geringen und ohnmächtigen Leuten ist der gewaltige Gott kongruent; der hilflose ist der gottnahe Mensch. Der Geringe wird »selbst der Heiland« im Verhalten zum Nächsten (P. am 2. Advent 1876). Darum »freut euch, wenn ihr arm werdet, denn dann kommt das Himmelreich. Solange es euch immer gut geht, solange ihr kein Leid habt, solange ihr nicht hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit Gottes, solange könnt ihr nicht das Reich Gottes erleben«« (P. 20.6.1915).
Das alles bedeutet, daß Jesus »die Himmelswelt auf die Erde gebracht (hat), und die ist darum nicht mehr weit fort, die ist deinem Herzen ganz nahe« (a.a.O.). Wer aber im Himmelreich steht, dem schadet nichts mehr. Eben das ist die biblische Ordnung: Der Hungrige bekommt Brot, aus Tod wird Leben, das Kreuz endet mit Ostern. Wer es gelten läßt, fragt weniger nach seiner persönlichen als nach der »Seligkeit« der anderen; um ihretwillen ist er da. Sein Opfer ist kein »Vergehen«, sondern es ist ein »Bestehen« (P. 5.7.1914). Das ist darum so, weil Sterben etwas ganz anderes ist als der Tod, den wir natürlicher- oder unnatürlicherweise erleiden müssen. »Man sagt, ich wolle kein Sterben. Aber das Sterben ist die Blüte meines Lebens; (Tod aber) ist die zähe schleimige Masse, die den Menschen nicht gelten läßt, was er sein sollte« (M. 28.4.1906). Dieses Sterben, das Sich-Verschenken, schlägt den Tod: das Kreuz wird das Siegeszeichen, das Tor zur Auferstehung, die Fahne der Jüngerschaft. »Ewiges Leben« beginnt so und ist kein Futurum; es hat seinen Anfang jetzt und hier oder es bleibt ein fataler Wunschtraum. Solche Schöpfung aus dem Nichts ist Wiedergeburt, die Auferstehung, die andere, die Gottesseite des Kreuzes.
Erst recht nach dem Tod Jesu, sagt Blumhardt, wird Sterben der »Höhepunkt des ewigen Lebens. Auch im Leiden ist Gottes-leben‹« (M. 7.3.1915); Leiden und Kreuz sind Leitern zu Gott. »In dieser Welt (des Unglücks und Elends), da, wo die Menschen wie Bestien sind, da suche ich Jesus« (M. 2.8.4.1906). Darum will Blumhardt das dauernde Gerede über Ostern nicht mehr hören: Redet nicht, seid Auferstandene! Durch Auferstehung wird der Mensch frei von allen Zwängen, in die er gesellschaftlich oder kirchlich gerät. Aufstehen, Stehen und Widerstehen gehören zusammen.
Immer hat Blumhardt sich gehütet, sich mit denen zu solidarisieren, die ein optimistisches »social Gospel« meinten und einen demokratischen und sozialen Weg zum Reich Gottes erträumten. Blumhardt ist strikter Eschatologe, der die Wiederkunft nicht mit der technischen oder ökonomischen Komplettierung der Welt, so nützlich sie hier sein müssen, verwechselt. Die Krönung der Weltgeschichte ist das ganz reale, ›natürliche‹ Kommen Christi; die Gottesherrschaft kommt so wahr, wie sie einmal begonnen hat. Wiederkunft wird eine ganz konkrete, sinnlich wahrnehmbare Sache sein und weitaus unauffälliger als wir uns vorzustellen gewöhnt sind. »Er kommt«, weil er seinen Kampf um die Menschheit begonnen hat und seinen Sieg endlich universal manifestieren will. Wir lassen ihn nicht kommen! Denn »in des Herrn Hand liegt die Lösung aller Welträtsel, auch aller sozialen und politischen Fragen. Ich weiß nicht, was ungelöst bleibt, wenn Jesus der Herr wird und seine Pläne und seine Sachen durchgehen» (M. 24.8.1882). Und doch ist es an uns, den Menschen, für die Wiederkunft Jesu Quartier zu machen. Wiederkunft erwarten heißt: »an der Tür stehen«, bis er kommt. Und die Tür geht schon ein wenig auf (P. 2.5.1885).
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Ohne gesetzlich zu werden, ist sich Blumhardt der Konsequenzen bewußt, die das Evangelium uns abnötigt: es macht den Nachfolger für die Welt verantwortlich. Es ist derselbe Schöpfer, der Menschen erweckt und der seine Ernte auf dem Felde gedeihen läßt.
Gottes Verhalten zu uns geht folgerichtig in unser Verhältnis zum Nächsten über. Die Entdeckung eigener Armut verändert unsere Stellung zu den Armen; wie wir das praktizieren, »geht mit hinein in die Ewigkeit und schafft Leben über die Zeit hinaus. Nur nichts liegen lassen, was durch die Schuld und Mitschuld aller elend ist«. Denn Gott hat das irdische Leben »wichtig gemacht» (A. 5.6.1915). Jesus, der in allem irdischen Elend glücklich war, wußte, wovon er in der Bergpredigt gesprochen hat.
1899 schließt sich Blumhardt, als »Allerweltschrist« beschimpft, der Sozialdemokratischen Partei an und wird 1900 Landtagsabgeordneter. Seine Reden im Parlament wie in Volksversammlungen behandeln Themen des Tages. Er protestiert gegen die ›Zuchthausvorlage‹, nach der während eines Streiks Behinderungen mit Gefängnis oder Zuchthaus bestraft werden sollten; er fordert gegen die bestehende Konfessions- eine Simultanschule; er widerspricht einer Erhöhung der die Arbeiter belastenden Lebensmittelzölle; er erhebt seine Stimme besonders für die Fabrikarbeiterinnen und vergißt auch nicht, zur Frage der ›Bewährungshilfe‹ zu sprechen. Er tritt anläßlich der ›Lex Heinze« gegen einen Gesetzesentwurf ein, wonach die Freiheit der Kunst durch einen engen Moralismus eingeschränkt werden sollte, und lehnt sich gegen Unnatürlichkeit und Verlogenheit auf. Stets mahnt er zu sozialer Gerechtigkeit und meint immer wieder eine grundsätzliche gesellschaftliche Veränderung.
»Schon früher fand ich, daß für mich eine Religion keinen Wert hat, wenn sie nicht die Gesellschaft ändert, wenn sie mir nicht schon das Glück auf Erden verschafft. So habe ich meine Bibel, so habe ich meinen Christus verstanden. Ich fühle mich mit (den Arbeitern) verbunden« (Rede 2.10.1899). Auch »Jesus will die Welt ändern. Die Armen sollen aus ihrem Elend herauskommen. Dafür hat er Kraft; dafür soll er den Geist bringen. Auf den Geist wartet man. Bis auf den heutigen Tag ist dieser Geist noch nicht durchschlagend da, der Geist, der die Verhältnisse ändert« (P. 22.10.1899).
Auf viele verärgerte Stimmen im christlichen Lager antwortet Blumhardt in Andachten, Predigten und Rundschreiben. »Das Christentum ist ein fauler, elender Fleck in der Welt, das Schlechteste, was es gibt. Aber etliche im Christentum kommen zum Selbstbewußtsein; dadurch hat das Christentum noch Geltung« (M. 24.10.1899). Es komme noch die Zeit, wo man das Christentum verlassen werde, um nur noch zu Jesus zu halten.
Daß nicht mehr das Geld, sondern das Leben der Menschen die Hauptsache wird, dafür träten die Sozialisten ein, und damit werde auf die neue Gottesordnung hingewiesen. Die Christen sollten endlich »Weltherzen« und ein »erdengroßes Denken« bekommen. »Wir sind ein Weltvolk« (25.2.1885).
Auf den Einwand, es handle sich schließlich um eine atheistische Partei, erwidert Blumhardt, er halte diese Partei augenblicklich für die christlichste: Das hohe Maß an Menschenwürde, der Gedanke der Gleichheit aller, die Verdrängung von Privilegien, der Wille zum Frieden und andere Charakteristika – das alles zeige, daß den Arbeitern seine, Blumhardts, Verkündigung Jesu nicht fremd sei (M. 25.10.1899).
Warum sollte ihn die Partei schrecken; er könne auch in einer Partei parteilos sein (M. 25.10.1899). Das aber würde ihn nicht hindern zu erklären: Das Reich Gottes sei das Gegenteil vom Kapitalreich: »Das Geld dem Leben und nicht das Leben dem Geld« (Rede im Dorf Boll, 4.10.1899). Solche Gesinnung begrüßt Blumhardt; darum: »Es ist mir ein Bebel, der für die Menschheit eintritt, viel lieber als manche ›frommen› Menschen. In Fleisch und Blut muß die Gerechtigkeit sein« (M. 25.10.1899).
Es handelt sich bei Blumhardt letztlich nicht um eine Wendung, vielmehr nur um eine Entwicklung und Folgerichtigkeit eines auf Verleiblichung drängenden Verkündigers. Hier bietet sich ihm eine Gelegenheit, das Evangelium in die Welt zu rufen. Und ihn verdrießt selbst die Ideologie der Sozialisten jener Zeit nicht. »Es ist ja immer etwas Merkwürdiges, wenn etwas international wird; das Internationale gehört zum Reich Gottes« (A. 10.10.1914).
Blumhardt spricht stets im eigentlichen Sinne »fortschrittlich«, immer zukunftsgerichtet und zuweilen – prophetisch. Ihn interessiert diese Welt, die er sich zu eigen macht.
Er wünscht sich angesichts so vieler Umständlichkeiten und Zeitverluste moderne Verkehrsmittel, die Menschen schneller und leichter miteinander zu verbinden und hält sogar ein Flugzeug für möglich. Überhaupt sollte »eine ungeheure Freude des Lebens, des Glücks, der Versorgung in all unserem Leben vom Himmelreich ausgehen«, es soll »sozusagen etwas Irdisches werden, etwas, das wir auf Erden haben können, bis es sich endlich vollendet. Immer soll es um uns her sein, oft, ohne daß wir es merken« (M. 26.7.1914); weil das »Evangelium nun auf die Verhältnisse der Erde zu beziehen (ist), auch auf die weltgeschichtlichen Dinge«. Und weiter: »Ich möchte sagen, es ist der größte Unglaube, wenn wir meinen, bloß im Himmel, in den höchsten Sphären, wo wir gar nicht hineindenken können, sei das Reich und das Recht unseres Gottes. Nein! Hier auf Erden müssen wir glauben« (a.a.O.).
Wo Christus ist, muß schon darum protestiert werden, weil er ständig etwas Zukünftiges anzettelt. Blumhardt bekennt ganz direkt: »Meine Stellung ist Opposition gegen das Bestehende« (M. 24.7.1914). Das Bestehende ist ein System der Lüge und Ungerechtigkeit. Der ›Mammonismus‹ hat alle, die Frommen wie die Freidenker, in den Klauen. Der »Kapitalismus hat sich heute organisiert« und führt die Völker in den Tod. »Sorge um die Schätze dieser Welt ist der Anfang zu einem falschen unrechten Wesen auf Erden. Das Geld macht den grimmigsten Unterschied unter den Menschen, und der Mammon ist der Gott der Ungerechtigkeit und Unwahrheit; da sollen immer nur einzelne groß sein; und heute ist es soweit gekommen, daß man sagen kann: der Mammon ist der eigentliche Gott der Menschen« (P. 26.7.1914). »Das Schätzesammeln ist die (sogenannte) Kulturarbeit der Menschen. Soweit sind sie heruntergekommen, daß schließlich das Schätzesammeln, das Reichsein, das Dem-Mammon-Dienen wichtiger ist als alles andere. Sie wollen alle das haben, was die Erde birgt; Besitz ergreifen von der Erde und ihren Schätzen ist von jeher das Hauptanliegen der Menschen gewesen. Dahinter steckt ein arger Satan, der zweite Gott« (P. 25.7.1914). Das Schätzesammeln ist »eine Konkurrenz gegen den lieben Gott« (P. 5.8.1917).
»Gott aber sieht auch unser irdisches Leben als Sache des Himmelreichs an« (P. 6.12.1914). Die Brotfrage ist also eine Gottesfrage; das Evangelium bringt neue Verhältnisse, eine »neue Verfassung« in die Welt.
9
Eines der großen Stichworte, die bei Blumhardt meist mißverstanden worden sind, sei wiederholt: Entwicklung. Sie wird bei ihm, anders als bei Karl Marx, nicht als eine eigenständige oder selbsttätige gesellschaftliche Gesetzlichkeit erklärt; alle Entwicklung ist bei ihm zuerst die vorwärtstreibende Hand Gottes. Weil es im sozialen Leben wie in aller Geschichte um eine Zielgerichtetheit auf das Reich der Gerechtigkeit geht, gibt es überhaupt Fortschritte. »Steh auf und laß dir den Fortschritt gefallen, den Gott bringen will. Jesus ist der Fortschrittsmann« (M. 24.7.1914).
Auch die Entwicklungslehre in der Naturwissenschaft ist bei ihm Regiment Gottes; denn alles, auch Übel und Sünde, dient diesem Reich. Mit anderen Worten: Alle Schöpfung ist auf Wachstum angelegt. Die Schöpferhand ist umgreifend und allgegenwärtig und zeigt sich oft unvermutet in der von uns so gern verleumdeten Welt.
›Fortschritt‹ kann für die Nachfolger Jesu nur Fortsetzung seiner Sache sein. Und sie haben es leichter als die Apostel: Die standen an einem kaum bemerkbaren Anfang – wir sind schon mittendrin. Blumhardt erwähnt oft Bewegungen und Regungen für Humanität und Frieden und erinnert an die Sklavenbefreiung, die Entwicklung der Technik, an die Friedenskongresse seiner Zeit, die wenigstens in der öffentlichen Moral das Gewissen der Nationen geweckt haben und erwünschter sind als alle gewohnten militärischen Auseinandersetzungen. Er ist ein fleißiger Zeitungsleser und stellt von Tag zu Tag Vorwärtsentwicklungen in aller Welt fest. »Wenn wir im Alten hängenbleiben, dann kommt uns die Welt voraus, dann gibt es Weltbewegung« (a.a.O.). Aber das ist kein billiger Wunschtraum, der den Menschen täuschen muß.
Immer werden bei ihm zuerst die Christen angesprochen; denn es ist ja Pfingsten geschehen in unserer Welt, und das sollte helfen, von jeder Weltfremdheit loszukommen. Die Christen lebten zu »geisterisch« statt »geistig«. »Damm dürfen wir uns auf nichts verlassen, weder auf Staat noch auf Kirche, noch sonst auf Gemeinschaften – das Alte muß weg, das Alte muß aufhören, damit Neues kommt. Auch das innere Leben der Menschen steht in einer Krisis, auch das religiöse Leben« (M. 31.7.1914).
Nach der Kritik am Besitz- und Mammonsdenken fordert Blumhardt eine neue Kultur, die die Christen bei allen anerkennenswerten äußeren Leistungen bislang nicht fertiggebracht hätten. Auch sie, innerlich krank und faul, seien auf Eigensucht, Eigenruhm, Luxus und Ungerechtigkeit ausgerichtet und benachteiligten die Armen; damit hülfen sie letztlich mit, Menschen und Völker zu zerstören. Mußte erst die revolutionäre Bewegung mit ihrer Gewaltsamkeit kommen, das zum Bewußtsein zu bringen? Auch Revolutionen sind bei Blumhardt »Worte Gottes«. Unser Reden von Frieden und Gerechtigkeit bekunde wohl einen guten Willen und oft auch eine Hilfe für die Entrechteten; aber was sei angesichts unserer kümmerlichen privaten und gesellschaftlichen Wohltätigkeit bisher schon fruchtbar geworden! Darum müsse und werde Gott noch deutlicher werden durch blutige Konflikte und Auseinandersetzungen (M. 14.8.1914). Den Widersinn der alten Gesellschaft, mit der humanitären Hand aufzubauen, was die reaktionäre niederreißt, habe man bei alledem noch nicht bemerkt.
Umwälzungen und Umstürze, so problematisch sie sein mögen, sind dazu bestimmt, eine stagnierende Gesellschaft voranzutreiben. »Auch die Revolutionen auf dem Boden des christlichen Europa haben einen Sinn und müssen heute noch an den Säulen der Welt, des Todes rütteln. Auch durch Unglück, durch den Zorn des Menschen, läuft ein Rad des Fortschritts, um die stumpfe Welt in ihrem Schmutz und in ihrem Geist weiterzutreiben« (a.a.O.).
Aber dabei darf man nun eben das Wichtigste nicht vergessen: es müssen auch Menschen dasein, die es verstehen, in der Gesinnung Jesu sich zwar ganz in das Elend der Menschen hineinzustellen, sich aber doch nicht verführen lassen, als ob durch bloßes »Herumrühren in diesem Elend« Wesentliches gewonnen werden könnte. »Menschen müssen sein, die ungekränkt und unverbittert nach rechts und links, nach oben und nach unten eine sichere Hilfe wissen und festhalten« (Brief an H. Eugster zu: »Christ und Politik«, April 1907).
Die Verbitterung darf nicht Element des Kampfes sein, und dabei mag Blumhardt an die politischen Parolen der Parteien seiner Zeit gedacht haben. Er bedauert, wie wirkungslos viel redliches Eintreten für die unterdrückten Menschen gegenwärtig bleibe, so daß – etwa im Deutschen Reichstag jener Jahre – die besten Worte und gerechtesten Ansprüche ohne Wirkung seien. Das komme daher, daß »immer wieder schließlich nicht die Verhältnisse, sondern Menschen bekämpft werden. Man verdammt den Krieg und führt selbst den allerbittersten Krieg untereinander, um dem Irrglauben zu verfallen, daß derlei Siege Bestand haben oder wirklich etwas Neues schaffen« (a.a.O.). Nur der Geist der Wahrheit trennt die Menschen von ihren Verhältnissen; kein Nachfolger hat ein Recht auf Zorn. Blumhardt will Weg und Ziel auch in der Politik nicht voneinander getrennt sehen. Wo Haß im Frieden schon herrscht, »da kriegt ihr einmal Krieg durch euren Haß«. Wer das erkennt, steht im Kampf um eine bessere Gerechtigkeit letztlich zwischen den Fronten. Er weiß aber auch zugleich, »daß selbst in diesem Offenbarwerden der Schuld, des Bösen, des Törichten, des Verbrecherischen dennoch ein Fortschritt liegt« (A. 10.10.1914).
Er warnt das deutsche Volk 1915 vor einem bloß äußeren Frieden: der sei nichts – es müsse bei uns innerer Friede werden, und der beginne im einzelnen. »Das Evangelium bist du! Nicht wir haben das Evangelium – es hat uns gefaßt. Man kann darum nicht das Evangelium verkündigen« – man kann es nur sein (a.a.O.).
Blumhardts politisches Bekenntnis, sein Erleben und Erkennen in die Welt tragen zu müssen, wurde vom Konsistorium in Stuttgart, das ihn hierzu nicht selbst angehört hatte, mit der Aufforderung verurteilt, seine Überlegungen zu verwirklichen und auf Rang und Titel eines Pfarrers der Württembergischen Landeskirche zu verzichten. Blumhardt war dazu gern bereit. Sein Landtagsmandat behielt er bis 1906. Aber auch später blieb er seinen politischen Gesinnungsgenossen verbunden und stellte sich ihnen mit seinem Rat gern zur Verfügung. Der Sozialismus war ihm freilich nur ein, nicht aber der Weg schlechthin zu einer neuen Erde.
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Ernüchternd für einen ideologischen oder parteiischen Menschen, bedingt Blumhardts Soziologie eine radikale Anthropologie. Es gibt für ihn nicht mehr Demokratie als Demokraten, nicht mehr Sozialismus als Sozialisten, nicht mehr Christentum als Christen. Die Adoption des Menschen ist die Wurzel für seinen biblischen Realismus,- der Mensch bewirkt Gesellschaft, die — wie er – auf dauernde Umbildung und Veränderung angelegt ist. Nichts ist umsonst, was aus der Gesinnung Jesu hervorgeht, und es könnte sehr wohl sein, daß ihre Träger außerhalb unseres christlichen Horizontes zu finden sind. »Bileams Eselinnen« in der Welt haben auf ihre Weise schon oft demonstriert und fortschrittliche Bedeutung gehabt. Christen sollten eifrig nach den Spuren des Christus im Sand der Zeiten suchen und sich schlechthin alles bekümmern lassen. Die Weltgeschichte ist von Gott als Welterlösung gedacht. »Es soll auch das irdische Leben der Menschen gleichsam getauft werden, damit es etwas sei« (M. 7.3.1915).
Zu den vielen Vorwürfen und Verdächtigungen gegen Blumhardt gehört der eines Illusionärs und eines weltlichen Optimismus‘, der vergäße, daß erst die Wiederkunft die Welt in Ordnung brächte. Wo aber ist seit den Zeiten der Urchristenheit so laut und so oft wie in Bad Boll das letzte Wort der Bibel nachgebetet worden: »Komm!« Blumhardt hat es tagtäglich wiederholt; es geht wie ein roter Faden durch seine gesamte Verkündigung. Nur wehrte er sich, die Parusie zu einem Programm zu machen, sie zu datieren oder zu lokalisieren, da für ihn die Zukunft Gottes bereits als Gegenwart begonnen hat. Der da kommt, ist der Gegenwärtige. Wichtiger als das Rufen nach der baldigen Wiederkunft war ihm, daß das, was Gott auf Erden aufrichten will, »zustande kommt und fertig wird« (P. 2. Advent 1876). Ihm muß vorher Quartier gemacht werden. So aktivistisch er gelegentlich erscheinen mag – Blumhardt waren Arbeit und Mitarbeit an der Sache Gottes auf dieser Erde nur die eine, öffentliche Seite des Anliegens. Er hat es oft wiederholt, daß zum Eilen das Warten und das Wartenkönnen gehört. Eine der größten Tugenden christlicher Existenz ist ihm Geduld. Das ›Salz der Erde« braucht Zeit, um seine Kraft zu entfalten, wie auch das -Licht der Welt-, um zum großen Tag Gottes zu werden, bis es alle schmecken und sehen. Alle Geschichte ist auf das gekommene und auf die Vollendung drängende Reich orientiert.
Für Blumhardt gehört dazu das »Kindsein«, die einzige neutestamentlich legitimierte Haltung des Menschen (P. 1.8.1876). Wo Ehrfurcht und Gehorsam einen Menschen bestimmen, kommt es zu einem wachstümlichen Leben. Gott ist es, der seine Sache betreibt, und darum erfordert dieses Kindsein nicht weniger innere Stille und Vertrauen als Bereitschaft und frohen Mut, um das Reich zu vertreten.
Alle seine Erwartung bis zum Ende seines Lebens ist eine unerschütterliche Hoffnung, die nicht auf den eigenen Glauben oder auf äußere Zeichen setzt, »sondern einzig und allein auf die freie Gnade« (P. 2. Advent 1876).
Wer Blumhardts Gebete liest, ahnt die Macht und den unausdenkbaren Horizont, die dem Fürbitter für eine arme Welt gegeben war. Auch für ihn gilt, was er einmal (M. 14.8.1914) über die Frühzeit der Christen gesagt hat: »Die Apostel sind immer Weltprediger gewesen. Sie haben keine Kanzel in einer kleinen Kirche gehabt. Sie standen immer auf der Weltkanzel. Und von der Weltkanzel aus predigen sie das Evangelium und haben die Zuversicht: Es gilt allen Menschen, was wir verkündigen. Alle sollen darin eingeschlossen sein, daß sie zuletzt alle Gottes seien und eine Zeit des Friedens und der Gerechtigkeit über alle Menschen komme.
Quelle: Christoph Blumhardt, Ansprachen, Predigten, Reden, Briefe 1865-1917. Neue Texte aus dem Nachlaß herausgegeben von Johannes Harder, Bd. 1: Von der Kirche zum Reich Gottes 1865-1889, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 21982, S. 5-26.