Was ist der Mensch. Rektoratsrede
Von Walter Zimmerli
Wer einen verantwortlichen Dienst in unserer Gesamtuniversität zu übernehmen hat, dem drängt sich die Frage auf, ob es denn in der Vielfalt wissenschaftlicher Bemühung durch die Fakultäten hin noch einen inhaltlichen Beziehungspunkt gibt, der das Tun unserer Universität zusammenhält, oder ob wir uns dabei zu bescheiden haben, das sie zusammenhaltende Band lediglich mehr im formalen Merkmal einer wissenschaftlichen Methodik zu sehen, die sich dann in der Sachgerechtheit gegenüber dem jeweiligen, im einzelnen ganz selbständigen Arbeitsgebiet erschöpft.
Ich meine, daß in der Frage nach dem Menschen ein solcher Punkt gegeben ist. Die Rechtfertigung dieses Satzes bedarf im Bereich der klassischen alten Fakultäten keines großen Aufwandes. Wo nach dem Recht gefragt wird, wo Gesundheit und Krankheit des menschlichen Leibes und Geistes die Forschung bewegen, wo Sprache und Geschichte Gegenstand des Fragens sind, kann daran wohl kein Zweifel bestehen. Aber auch Forst- und Agrarwissenschaft, die Erforschung von Gesellschaft und Wirtschaft kann schwerlich von der Frage absehen, was es denn um den Menschen ist, der in all diesen Gebieten pflanzt, züchtet, organisiert. Und wenn ich schließlich meine, daß auch die streng an der Grundlagenforschung stehende Naturwissenschaft mit ihrem vornehmen Instrument der Mathematik sich von dieser Frage nicht dispensieren kann, so denke ich dabei nicht zuerst an die in unseren Tagen auf den Gassen geführte Diskussion um die Frage, wieweit naturwissenschaftliche Forschung Verantwortung für das Überleben des Menschen trägt und sich in ihrem Experimentieren nicht dem reinen l’art pour l’art eines Fiat scientia pereat mundus verschreiben kann. Ich denke an die innerwissenschaftliche Entdeckung der nachklassischen Physik, daß auch im objektiven Befragen der Welt der Mensch in der Weise seiner Fragestellung unablösbar mit im Spiele ist. Das eigentümliche, in der Unschärferelation sichtbar werdende Phänomen der Nichtobjektivierbarkeit auch der sachlichsten Sachwelt verrät, daß der Mensch selbst in dem ganz objektiv nach außen gerichteten Erkenntnisvorgang nicht aus seiner Mitbeteiligung entlassen ist. Auch der an seinem strengen Forschungsgeschäft stehende Naturwissenschaftler stößt, wenn er sich in die Reflexion über sein wissenschaftliches Tun hineinwagt, schließlich auf die Frage: Was ist es um diesen die Dinge befragenden Menschen?
Aber nun möchte ich mich an die Regel unseres Niklaus von der Flüe halten und mich nicht weiter in fremde Händel mischen, sondern aus der Perspektive meines eigenen Fachgebietes etwas zu dieser Frage sagen.
Der Alttestamentler ist insofern in einer günstigen Lage, als er die Frage „Was ist der Mensch?“ nicht von außen her an das Alte Testament, diese der christlichen Gemeinde aus dem Bereich des alten Israel zugekommene Schriftensammlung, herantragen muß, sondern sie in diesem Buche mehrfach explizit formuliert vorfindet. Da die drei mir zur Verfügung stehenden Viertelstunden zu einer auch nur annähernd vollständigen Erfassung der vielfältigen Aspekte des alttestamentlichen Menschenbildes nicht von ferne ausreichen, sei es dem Exegeten gestattet, drei besonders wichtige Stellen, die das „Was ist der Mensch?“ ausdrücklich formulieren, herauszugreifen und von ihnen her die eigentümliche Grundstruktur des biblischen Menschenbildes zu verdeutlichen. Ich zitiere dabei die alttestamentlichen Texte z.T. in Anlehnung an die Übersetzung der Zürcher Bibel, deren alttestamentlicher Teil vornehmlich meinem Zürcher Lehrer und Vorgänger Jakob Hausheer zu danken ist.
I
Da ist zunächst der wohlbekannte Psalm 8, ein Lobpreis Jahwes, des Gottes Israels. In ihm sagt der Psalmist: „Wenn ich schaue deine Himmel, das Werk deiner Finger, den Mond und die Sterne, die du hingesetzt hast — was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig geringer gemacht als elohim (d. H. Wesen der Gottwelt), mit Ehre und Hoheit hast du ihn gekrönt. Du setztest ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände. Alles hast du ihm unter seine Füße getan, Kleinvieh und Rinder allzumal, dazu auch die Tiere des Feldes, die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, was da die Pfade der Meere durchzieht.“
Die Frage nach dem Menschen ist hier aus dem Staunen über eine Disproportion menschlicher Existenz geboren. Da ist das kleine Wesen Mensch — die unübersehbare Weite des Himmels, Mond und Sterne hat er über sich. Ein räumlich Verschwindendes angesichts des räumlich Unermeßlichen (daran dürfte hier gedacht sein und nicht wie in dem bekannten Wort Kants an die Gesetzlichkeit des gestirnten Himmels über uns). Ein ähnliches Empfinden ist in Deuterojesajas Beschreibung Gottes zu finden: „Der da thront über dem Kreis der Erde, daß ihre Bewohner wie Heuschrecken sind“ (40,22), und in der Aussage, daß die Völker sind „wie ein Tropfen am Eimer … wie ein Stäublein auf der Waage“ (40,15). Dieser Geringheit der äußeren Ausmessung tritt aber eine eigentümliche Erhöhung zur Macht gegenüber, die den Menschen über die niedrige Kreatur erhebt. Anders als der Mathematiker Pascal, der den Menschen nach seiner größenmäßigen Ausmessung in einem ungesicherten Zwischenbereich zwischen dem unendlich Großen und dem unendlich Kleinen sieht (un néant à l’égard de l’infini, un tout à l’égard du néant, un milieu entre rien et tout, „ein Nichts im Blick auf das Unendliche, ein All im Blick auf das Nichts, eine Mitte zwischen dem Nichts und dem All“, Pensées 72), redet der Psalmist nicht von dem ungeborgenen „Zwischen“ des Menschen zwischen zwei extremen Meßbereichen, sondern von der Spannung im Wesen des Menschen selber, in dem Kleinheit und Größe zugleich ist. „Ni ange ni bête“ (weder Engel noch Tier) umschreibt Pascal die Aussage von Psalm 8 an anderer Stelle (Pensées 358) in einer negativ kritischen Akzentuierung. Wenig nur geringer als ein himmlisches Wesen, weit höher als die Tierwelt — so redet der Psalm mit dem positiven Akzent der Rühmung. Man vergleicht an dieser Stelle gerne die Worte aus dem Chorlied der Antigone (334): pollà tà deinà koudèn anthrṓpou deinóteron pélei, „Vieles Gewaltige lebt, aber nichts ist gewaltiger als der Mensch“, in deren Fortsetzung Sophokles den Chor schildern läßt, wie der Mensch die Fluten des Meeres durchfährt, die Erde mit dem Pfluge aufwühlt, Vögel und Fische fängt und sich zum Herrn der Tiere macht, Sprachlaut, Verstand und politischen Rat findet, Krankheit abwehrt. Der Mensch wird dabei ganz in sich betrachtet. Demgegenüber liegt der tiefe Unterschied der Psalmaussage nicht nur darin, daß hier die Größe des Menschen in Spannung gehalten ist vom Gegenpol seiner Geringheit, sondern vor allem darin, daß das Rühmen des Menschen ganz verschlungen wird vom Rühmen dessen, der den Menschen mit Hoheit ausgestattet hat. „Jahwe, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen“, lauten Eingang und Ausgang von Psalm 8. Die staunende Frage nach dem Wesen des Menschen, der als der Geringe so gewaltigen Adel erhalten hat, ist voll zurückgeworfen in den Lobpreis Gottes, der so überschwenglich des Menschen „gedenkt“. Daß zākar, „Gedenken“, im Alten Testament mehr besagt als bloß gedankliches Sicherinnern, haben neuere Untersuchungen deutlich gemacht. Das in der Parallele gebrauchte Verb pāqad, „sich annehmen“ oder genauer „heimsuchen“, zeigt, daß es sich in alledem um eine gütige Heimsuchung in einem Akt der Beschenkung durch Gott handelt. In dieser Beschenkung ruht das Geheimnis des Menschen.
Das ist der Mensch, will Psalm 8 sagen: Ein Wesen, das in seiner geheimnisvollen Polarität von Kleinheit und Größe in sich selbst unbegreiflich bleibt und sich nur verstehen kann als ein von Gott gnadenvoll Heimgesuchter.
Die hier gemachten Aussagen führen in den Horizont der schöpfungsmäßigen Ausstattung des Menschen. So legt sich ein kurzer Seitenblick auf die Schöpfungsberichte zu Beginn der Genesis und ihr Reden vom Menschen nahe. Wenn hier nach dem älteren, sogenannten jahwistischen Schöpfungsbericht von Gen. 2,4ff. des Menschen Leib von Jahwes Händen aus Lehm geformt, vom Atem Gottes angehaucht und zum Leben erweckt wird, so erinnert das zunächst daran, wie in Ägypten der Schöpfergott Chnum auf der Töpferscheibe den König und sein Ka formt (AOB2 303), oder nach dem babylonischen Epos von Gilgamesch die Göttin Aruru Lehm abkneift und Enkidu, den Freund Gilgameschs, daraus bildet (AOT2 151f.). In babylonischen Texten findet sich daneben mehrfach die vollere Darstellung, nach welcher ein Gott geschlachtet und aus seinem Blute, mit dem Lehm vermischt, der Mensch geschaffen wird (AOT2 121f. 134.135.137). Eine derartige Aussage sucht man im Alten Testament mit seiner unerbittlichen Scheu vor dem Einzigen und seiner Welt vergeblich. Wohl aber ist in Gen. 2 dann weiter geschildert, wie Jahwe in seiner erbarmenden Zuwendung zum Menschen Augen dafür hat, daß „es dem Menschen nicht gut ist, daß er allein sei“, wie er zunächst mit der Erschaffung der Tiere zu experimentieren beginnt und diese dem Menschen zuführt, damit er sie benenne. (Herder findet darin den Urvorgang der Entstehung von Sprache geschildert. Namengebung ist in jedem Fall Herrenrecht, Akt der Bemächtigung. Es geht auch hier um eine unerhörte Ermächtigung des Menschen.) Erst in der Frau erkennt aber der Mensch dann das ihm entsprechende Wesen. In der Versetzung ins Paradies, das er dem Menschen freigibt, und der Anrede im Gebot, in dem er sich zum Zeichen seiner Herrschaft einen einzigen Baum vorbehält, zeichnet Jahwe den Menschen weiter aus und erhöht ihn über alle übrige Kreatur.
In der jüngeren Darstellung der Priesterschrift, die im späteren Redaktionsvorgang in Gen. 1 an die Spitze gerückt worden ist, bleibt alles viel unanschaulicher und, in der Reflexion über das Menschenwesen, begrifflicher. An der Schwelle der Erschaffung des Menschen steht hier eine Beratung Gottes im Hofstaat der ihm zu Diensten stehenden Wesen: „Lasset uns Menschen machen nach unserem Bilde, uns ähnlich.“ Das nach der sonstigen Denkstruktur der Priesterschrift überraschende „Wir“, mit dem Gott hier im Bereich seines Hofstaates redet, stammt aus bewußter Überlegung. Nicht nach dem Bild des Einzigen, des Schöpfers, ist der Mensch gestaltet, sondern nach dem Bild der Himmlischen, die mit dem Schöpfer zusammen als seine Diener in die obere Welt gehören. So übersetzt die griechische Übersetzung der Septuaginta dann das entsprechende elohim, „Gottwesen“, von Psalm 8 ganz sinngerecht mit ággeloi: „Wenig geringer als Engel“. Unserem von Feuerbach herkommenden Geschlecht liegt angesichts der Rede von der Gottebenbildlichkeit des Menschen unwillkürlich die Folgerung auf den Lippen: Also ist Gott und sein Hofstaat hier anthropomorph, d.h. „nach dem Bild des Menschen“ gestaltet. Damit ist aber die Intention des Textes genau verkehrt. Dessen Aussage ist unumkehrbar und will streng festhalten: Der Mensch ist von Gott und seiner Welt her. Abbild, nur vom Urbild her zu verstehen.
Wir möchten gerne erfahren, worin des näheren das Ebenbildliche im Menschen gesehen wird. Die Auslegungsgeschichte der Stelle zeigt, wie vielfältig man hier zu antworten gesucht hat: Vom Hinweis auf das Äußere des aufrechten Ganges des Menschen bis zum Innerlichsten seiner uranfänglichen Gerechtigkeit reichen die Auslegungsversuche. Der Exeget muß demgegenüber feststellen, daß der Text selber jede Aussage in dieser Richtung verweigert. Er redet (und das führt uns wieder auf Psalm 8 zurück) lediglich vom Auftrag, der dem Menschen gegeben ist: „Sie sollen herrschen über die Fische im Meer und die Vögel des Himmels, über das Vieh und alles Wild des Feldes und alles Kriechende, was sich auf der Erde regt.“ In der Ermächtigung zur Erkundung und Beherrschung des übrigen Geschaffenen, die, wie wir heute, von neuem Licht überflutet, erkennen, auch vor dem Geheimnis des Atoms und der Weite des Weltalls als Teilen der geschaffenen Welt nicht haltmacht, liegt die Ausstrahlung der Gottebenbildlichkeit des Menschen, das Privileg, in dem der Mensch staunend erkennen darf, daß Gott seiner, dieses Stäubleins im Weltall, gedacht hat.
Das ist der Mensch, sagt der jüngere Schöpfungsbericht ganz so wie Psalm 8: Kreatur, nur vom Schöpfer her zu verstehen (von seinen Händen geformt und aus seinem Hauche lebend, fügt der jahwistische Bericht konkretisierend dazu), aber dann gerade in dieser seiner Kreatürlichkeit hoch erhoben, mit Lebensmacht ausgestattet, zur Herrschaft über die niedrigere Kreatur ermächtigt.
II
An zweiter Stelle muß uns Psalm 144 beschäftigen. In diesem Psalm, der erneut mit dem Lobpreis Gottes beginnt, scheint ein König zu reden: „Gepriesen sei Jahwe, mein Fels, der meine Hände den Kampf lehrt und meine Fäuste den Krieg! Mein Hort und meine Burg … der die Völker unter mich zwingt.“ Von diesem Rühmen erfahrener Hilfe bricht es aber jäh zur Frage um: „Jahwe, was ist der Mensch, daß du ihn kennst, und das Menschenkind, daß du sein achtest. Der Mensch gleicht einem Hauche, seine Tage sind wie ein flüchtiger Schatten.“ Und dann wendet sich das Wort zum leidenschaftlichen Hilfeschrei: „Jahwe, neige deinen Himmel und fahre herab … rette, reiße mich aus großen Wassern.“
Hier ist nun nicht mehr in ruhiger Betrachtung von dem schöpfungsmäßigen Wesen des Menschen geredet. Vielmehr redet hier einer mitten aus dem Kampfe heraus. Aber wieder stehen Niedrigkeit und Größe des Menschen, oder muß man nun nicht härter mit Pascal formulieren: misere et grandeur de l’homme, „Elend und Größe des Menschen“, hart nebeneinander.
Nicht mehr des Menschen Kleinheit angesichts des Universums, sondern seine Vergänglichkeit steht hier vor Augen. Hauch, dem flüchtigen Schatten gleich Verschwindendes ist er genannt — mit dem Worte hebel, das jener, erste, kurzlebige Erschlagene auf Erden, der Bruder Kains, der uns unter der Namensform Abel bekannt ist, als seinen Namen trägt. Dieses gleiche Wort hebel, „Hauch, Nichtigkeit“, wird dann ein Leitmotiv der ätzend scharf das Menschenleben betrachtenden Weisheitsschrift des sogenannten Predigers Salomo: Alles ist eitel (Hauch), vanitas vanitatum. In keinem Buch des Alten Testaments ist mit gleichartiger Radikalität aller pausbackigen Munterkeit, die das Leben schon zu meistern und mit Klugheit in die Hände zu bekommen meint, der Marsch geblasen, indem in hartem Realismus die Todumdrohtheit jeder menschlichen Unternehmung aufgewiesen wird. „Kein Mensch hat Gewalt über den Wind, so daß er ihn auf halten könnte; und keiner hat Gewalt über den Tag des Todes“ (8,8). „Alles geht an denselben Ort. Alles ist aus Staub gemacht und kehrt wieder zurück zum Staub“ (3,20). Und dazu in tiefer Ironie: „Wenn einer noch zu der Schar der Lebenden gehört, so ist noch Hoffnung, denn ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe. Die Lebenden wissen doch, daß sie sterben müssen, die Toten aber wissen gar nichts“ (9,4f.).
Der Prediger beschränkt sich auf die nüchterne Analyse der menschlichen Situation im Schatten des Todes. Die großartige, teilweise allegorisch gestaltete Schilderung von Alter und Tod zu Ende des Buches (11,9-12,7), die eine eindrückliche Parallele in der Einführung der altägyptischen Weisheitslehre des Ptahhotep hat (Erman 87), nennt als Ziel des menschlichen Lebens, daß „der Staub wieder zur Erde zurückkehrt, wie er gewesen, und der Hauch zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben.“ In dieser Beschreibung des Todes ist nicht an das Überleben einer wesensmäßig unsterblichen individuellen Seele gedacht. Dieser Gedanke ist dem Alten Testament, das realistisch mit der geistleiblichen Einheit des Menschen rechnet, so fremd wie dem Neuen. Es ist darin nüchtern festgestellt, daß Gott im Tode den dem Menschen verliehenen Lebenshauch wieder zurückholt.
Woher aber stammt das Rätsel des Todes? Man hat in Babylonien dieser Frage leidenschaftlich nachgedacht. Ein altbabylonisches Fragment des Gilgameschepos berichtet, wie der seit dem Tode seines Freundes Enkidu ruhelos nach dem Leben suchende Gilgamesch zur Götterschenkin Siduri am Rande der Welt kommt. Diese ruft ihm zu: „Gisch, wohin rennst du? Das Leben, das du suchst, wirst du nicht finden! Als die Götter die Menschheit erschufen, haben sie den Tod der Menschheit auferlegt, das Leben aber in ihrer Hand behalten“ (AOT2 194). Hier ist die Versagung des Lebens rätselhaftes, von Anfang an aus der Hand der Götter verordnetes Geschick. Als sie den Menschen schufen, haben sie ihr Bestes bewußt in der eigenen Hand behalten. Wenn aber die Fortsetzung des Epos davon berichtet, daß Gilgamesch auf der Suche nach dem Leben das Kraut „Als Greis wird der Mensch wieder jung“ gefunden, auf dem Rückweg jedoch, als er an einer Stelle badete, eine Schlange ihm dieses Kraut weggefressen und sich auf der Stelle durch Abwerfung ihrer Haut verjüngt habe (AOT2 182f.), so ist es der dumme Zufall, der dem Gilgamesch die Möglichkeit neuen Lebens wieder entreißt. Nicht viel anders ist es im Adapamythus, wo ein in guten Treuen von dem Gott Ea gegebener Rat es verhindert, daß Adapa von der Lebensspeise ißt, die ihm der Himmelsgott Anu in der Absicht, ewiges Leben zu schenken, reicht (AOT2 145). Wo das Alte Testament über die Begrenzung des menschlichen Lebens nachdenkt, da gibt es eine sehr andere Antwort. Am guten Ort des Paradieses hat der Mensch zunächst leben dürfen, so berichtet die Paradiesgeschichte des Jahwisten. Dann aber hat der Mensch es nicht ertragen, die Hand von dem einen, ihm vom Schöpfer verwehrten Baume zurückzuhalten. Wie die versucherische Stimme ihm verspricht, daß er, wenn er von diesem Baume esse, sein werde wie Gott, wissend gut und böse, da greift er nach der verbotenen Frucht des Baumes, wandelt die ihm geliehene Hoheit in eigenmächtigen Raub (das ist die verborgene Versuchung alles menschlichen Wissens) und verscherzt so den Ort des Paradieses, den Ort der Nähe Gottes, oder, in der mythischen Sprache der Paradieserzählung, den Ort, an dem der Lebensbaum steht. Sterbenmüssen ist danach nicht das Uranfängliche, sondern ist ein Zweites, Verschuldetes. Hinter ihm steht das dunkle Geheimnis der Schuld des Menschen, der vor dem heiligen Gott nicht zu bestehen vermag. Hiob streift es einmal mit der Frage: „Was ist der Mensch, daß er rein sein könnte, daß gerecht sein könnte der vom Weibe Geborene?“ (Hi. 15,14).
Aber nun sagt Psalm 144 auch von diesem Menschen im Horizonte seiner Vergänglichkeit, daß Gott ihn „kenne“. „Kennen“ ist im Alten Testament mehr als ein bloßes „zur Kenntnis genommen haben“. Es ist ein Vorgang vollster, oft geradezu leiblicher Zuwendung. Der Mann „erkennt“ sein Weib. Es ist ein sich zuwendendes „Achten“ auf den anderen, wie es das parallel gebrauchte Verb in Psalm 144 sagt. Von diesem Achtgeben und Sichkümmern Gottes hatte der Beter von Psalm 144 zu Beginn in großen, lobpreisenden Worten geredet: „Gepriesen sei Jahwe, mein Fels, mein Hort, meine Burg.“ Auf dieses Sichkümmern hin wagt der Psalmist sein Gebet und seinen Hilfeschrei. Das ist der Mensch, so ist es in diesem zweiten Psalm zu hören: Ausweglos von der Vergänglichkeit umstellt, verwehender Hauch und dabei doch der Gott Bekannte, von Gott in seinem Schreien Gehörte. Todgezeichnet und doch nicht in der Nichtigkeit verloren, weil Gott gehörig. So redet Psalm 144 von Größe und Elend des Menschen.
III
War schon Psalm 144 im Unterschied zu Psalm 8 nicht mehr aus der staunenden Betrachtung des Menschenlebens im allgemeinen, sondern aus einer ganz aktuellen Bedrängnis gesprochen, so gilt das noch ungleich stärker von Hi. 7,17, der dritten Stelle, deren Frage nach dem Menschen wir nun zu erwägen haben.
Das Hiobbuch schildert einen Frommen, der von einem Leiden überfallen wird, das im menschlichen Verstehensbereich unbegreiflich bleibt. Hiobspost über Hiobspost erhält er, bis er schließlich als ein hoffnungslos Siecher auf seinem Aschenhaufen hockt, sich seine Schwären mit einer Scherbe kratzt und von seiner Frau den im Grunde einleuchtenden Rat hört: „Fluche Gott und stirb!“ Von jenem himmlischen Streitgespräch, in dem Gott sich nach dem Prolog des Hiobbuches dem Satan gegenüber für die Frömmigkeit Hiobs verbürgt hat, wobei der Satan nicht als Gottes dualistischer Gegenspieler, sondern viel eher als Staatsanwalt im Bereich seines Hofstaates, der alles Fragwürdige aufgreift und in die Nachprüfung zerrt, zu verstehen ist, weiß Hiob nichts. Sein Leiden ist ihm ganz Rätsel. Verdunkelt ist das Gesicht Gottes. Die drei Freunde, die Hiob besuchen, um ihm Trost zuzusprechen, meinen es besser zu wissen. Erst behutsam, dann immer massiver wollen sie ihn zum Eingeständnis drängen, daß eine heimliche Sünde sein Leid erklärlich mache. Gegen diese rational durchsichtige Lebensrechnung wehrt sich Hiob mit aller Leidenschaft. Und im Schlußkapitel bescheinigt Gott selber es den Freunden: „Ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Freund Hiob“ (42,7).
Das ist umso erstaunlicher, als sich Hiobs Reden immer leidenschaftlicher gegen Gott selber kehrt: „Wann endlich wirst du den Blick von mir wenden, mich lassen, bis den Speichel ich verschluckt?“ (7,19). Nur wenigstens einen Augenblick Ruhe — so viel, daß er seinen Speichel herunterschlucken kann! Unmittelbar vor diesem Schrei nun ist die Frage zu hören: „Was ist der Mensch, daß du so groß ihn achtest und deinen Sinn auf ihn gerichtet hältst, wenn du ihn jeden Morgen neu heimsuchst, ihn immerwährend auf die Probe stellst?“ (7,17f.). Der Satz aus Psalm 8 ist hier erschreckend neu gewendet. Grandeur de l’homme. Gott achtet den kleinen Menschen groß, läßt ihn nicht unbeachtet, wie es Hiob in seiner Not sich wohl wünschte: „Habe ich gesündigt, was schadet es dir, du Menschenhüter? Warum hast du mich dir zur Zielscheibe gemacht?“ (7,20). Gott hält sein Auge rätselhaft fest auf den Menschen gerichtet, übersieht ihn nicht, obwohl es unmittelbar zuvor wie in Psalm 144 festgestellt worden ist: „Ein Hauch nur sind ja meine Tage“ (7,16). Aber dieses Anschauen (und darin geht Hi. 7 weit über Psalm 8 und 144 hinaus) wird hier in der qualvollen Prüfung des in seinen Schmerzen auf seinem Lager sich krümmenden Kranken wirklich. Die grandeur, von Gott angeschaut zu werden, ist hier nicht ein Zweites, Rettendes neben der misere de 1’homme. Vielmehr wird sie selber zur Stelle der unbegreiflichen misere de l’homme. All seiner Stützen beraubt, ist der Mensch ganz in der Tiefe unten gefordert, zu erkennen, daß Gott ihn gerade auch hier unten anschaut. Hiob weiß nichts von jenem himmlischen Streitgespräch zwischen Gott und dem Satan, trifft aber in seinem Aufschrei mitten hinein in jene verborgene Wahrheit des Geschehens über seinem Leben. Dafür hat sich Gott ja vor dem Satan verbürgt, daß Hiob auch in der Tiefe unten noch sein Knecht bleibe. Und Hiob bleibt Gottes Knecht, indem er mitten in seinem Entsetzen an Gott bleibt. Gott ist auch in diesem Entsetzen.
Wir stehen mitten im Kern der alttestamentlichen Rede vom Menschen — nicht einer abstrakten Theorie vom Menschen, sondern der Rede vom Menschen in der Aktualität seines geschichtlichen Widerfahrnisses. Die Bibel beider Testamente kennt auch im Unfaßlichen keine Möglichkeit des Ausweichens vor Gott, dem Einzigen, von dem der Mensch herkommt und auf den er geworfen bleibt. Es gibt hier nicht die in der babylonischen Welt so reich bekannte Möglichkeit des Ausweichens in den Hinweis auf die Zwischenwelt der Dämonen oder eine Gegenwelt der feindlichen oder (wie in der griechischen Welt) der neidischen Götter, aus der man die Rätsel des Menschenlebens erklären könnte. Es gibt auch nicht die im griechischen und im Grunde ganz ebenso in unserem, vom Glauben an das Naturgesetz bestimmten Denken bedeutsame Welt der Moira oder der Ananke, die selbst über den Göttern stehende Welt des Schicksals. Der Mensch ist unentrinnbar festgehalten vor dem einen Einzigen, dem Schöpfer. Vor Gott, vor ihm allein entscheidet sich sein Geschick. „Ich bin Jahwe, dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ (Ex. 20,2f.), lautet der oberste Satz des Bundesrechtes Israels. Was ist der Mensch, schreit Hiob, daß du ihn, den Geringen, Vergänglichen, so ernst nimmst? „Warum gibt er dem Elenden Licht und Leben den Seelenbetrübten, die des Todes harren — und er kommt nicht?“ (3,20). Das ist der Mensch, sagt Hi. 7: Angeschaut, festgehalten von Gott auch da, wo jede menschliche Möglichkeit eines Verstehens seines Daseins zerbrochen ist.
Dann aber vollzieht sich gerade an dieser Stelle in den Worten Hiobs ein seltsamer Wandel. Im Verständnis dieses Wandels folge ich dankbar dem, was Johannes Hempel, mein Lehrer und dritter Vorgänger auf meinem Göttinger Lehrstuhl, in der Deutung des Buches Hiob sichtbar gemacht hat. In der Antwort auf die erste Rede Zophars, des dritten Freundes, sagt Hiob in der Wendung zu Gott: „Ach, daß du mich im Totenreich bärgest, mich verstecktest, bis dein Zorn sich gewendet … All meine Dienstzeit wollte ich ausharren, bis daß meine Ablösung käme. Dann würdest du rufen und ich dir antworten, nach dem Werk deiner Hände sehntest du dich“ (14,13-15). In einem scheinbar ganz irrealen Wunsche streckt sich Hiob über die Zornzeit als ein befristetes Geschehen in eine Zukunft hinein. Denn auch diese Zornzeit ist nicht leeres Fatum. Über ihr steht Gott. Und darum gibt es Zukunft. Jenseits dieser Zeit wird es sich zeigen, daß Gott sich erneut nach seiner Kreatur sehnt. An anderer Stelle ist es in der strengeren Sprache des Rechts formuliert: „Schon jetzt, siehe, lebt im Himmel mir ein Zeuge, mir ein Mitwisser in der Höhe. Es spotten meiner meine Freunde. Zu Gott blickt tränend auf mein Auge, daß er Recht schaffe dem Manne gegen Gott, dem Menschen gegen seinen Freund“ (16,19-21). Welch unsinnige Formulierung. Appell an Gott, der als Zeuge und Mitwisser im Prozeß zu Hilfe gerufen wird — jenen Gott, der den Menschen als seine Kreatur erbarmend anschauen wird, gegen Gott, den Unbegreiflichen, der den Menschen anschaut wie ein Feind! Dabei kann beides doch nur einer sein. Rechtskategorien verwendet aber auch das bekanntere Wort 19,25f.: „Ich aber weiß, mein Anwalt lebt, und ein Vertreter ersteht mir über dem Staube. Selbst wenn die Haut an mir zerschlagen ist, mein Fleisch geschwunden, werde ich Gott schauen, ja, ich werde ihn schauen mir zum Heil, und meine Augen werden ihn sehen, nicht als Feind.“[1] Hier wird von Gott als dem go’el, dem „Löser“, der auch noch über dem Tode steht, geredet. J.J. Stamm hat die Bedeutung dieses ursprünglich im Sippenrecht beheimateten Begriffes scharf herausgearbeitet. go’el ist der nächste Blutsverwandte, der verpflichtet ist, ein in Schuldknechtschaft geratenes Familienmitglied wieder zurückzukaufen. Im Güterrecht hat der go’el das Vorkaufsrecht für die Rücklösung eines aus der Sippe veräußerten Grundstückes und im Blutrecht muß er durch Vollzug der Blutrache am Mörder oder an einem Angehörigen der Mördersippe die Blutrechnung zugunsten der eigenen Sippe wieder ins Gleichgewicht bringen. In jedem Falle geht es um die Heimholung eines der Sippe ursprünglich Zugehörigen. So weiß Hiob, daß über ihm sein go’el lebt, dem er ursprünglich zugehört, und der sich, so fremd auch sein augenblickliches tötendes Sichkümmern aussehen mag, müßte es sein, selbst über den Tod hinweg zu dieser ursprünglichen Liebeszusammengehörigkeit bekennen wird. Darin aber wird die sonst im Alten Testament nüchtern eingehaltene Grenze der Rede vom todgebundenen Leben des Menschen gesprengt. Das geschieht hier nicht von einer Ontologie der unsterblichen, gottgleichen Seele des Menschen, sondern allein vom Glauben an die Treue des Schöpfers her. Das Ja Gottes zu seiner Kreatur wird auch. vor dem Tod nicht kapitulieren.
Hier wird der Zug, um dessen Herausstellung es mir durch alles hin ging, und der das alttestamentliche Menschenbild grundlegend kennzeichnet, ganz deutlich: Der Mensch ist auf jeden Fall der Mensch Gottes. Nicht so, daß der Mensch darin eine eigene Mächtigkeit besäße. Die ohnmächtige Hilflosigkeit des Menschen erreicht in der Schilderung des zerschlagenen Hiob ihre letzte Steigerung. Aber über diesem Menschen steht sein Schöpfer als der Getreue, der sein Wort über seiner Kreatur hält und sie nicht fahren läßt. Und von hier aus erfährt auch alles, was zuvor von des Menschen Hoheit gesagt worden war, seine tiefste Beleuchtung: Diese Hoheit ist, auch wo sie den Menschen in seiner Begabtheit nahe an die Welt der Himmlischen heranzuheben scheint, allezeit Hoheit aus und vor Gott. Was ist der Mensch? In sich ein rätselhaftes Gebilde von Hoheit und zugleich Verlorenheit, zu verstehen nur von dem her, der ihm in unbegreiflicher Weise in seiner Begegnung die Treue hält.
IV
All die drei erwähnten Stellen stellten die Frage: „Was ist der Mensch?“ Keine der drei Stellen beantwortete sie mit der in sich geschlossenen Zeichnung eines Menschenbildes. In allen dreien aber wendet sich die Weiterführung im Staunen oder auch Erschrecken zum Tun Gottes hin — seinem erhöhenden oder auch unbegreiflich schreckenden Tun. Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, daß du ihn kennst, daß du groß ihn achtest und deinen Sinn auf ihn gerichtet hältst! In allen drei Stellen aber wird es hörbar: Gott meint den Menschen, er kennt ihn, sucht ihn heim, kauft ihn los. Das ist das tiefste Wort über den Menschen und sein Geheimnis.
Es kann sich hier eine letzte Frage stellen: Woher gewinnt das Alte Testament dieses Menschenbild, das den Menschen so nüchtern in seiner Größe wie in seinem Elend zu sehen wagt und ihn auf jeden Fall, in seiner Schöpfungshoheit wie in seiner tiefen Verzweiflung, vor Gott festhält? Das Alte Testament läßt keinen Zweifel daran, daß es diese Erkenntnis weder auf dem Wege spekulativer Kombination noch einer anthropologischen Existenzanalyse gewonnen hat. In der Mitte der alttestamentlichen Erkenntnis von Gott und dem Menschen steht geschichtliche Begegnung Israels, über welcher verkündigendes Wort lautgeworden ist. „Ich bin Jahwe, dein Gott, der ich dich aus dem Knechtshause Ägypten geführt habe, du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ — so lautet der volle Text jener Einleitung der zehn Gebote in Ex. 20,2f., die, wie wir heute deutlicher als noch vor kurzem sehen, die Dignität einer Credoformulierung, d. h. eines Glaubensbekenntnisses, hat. Das verkündigende Wort, das im Phänomen der Prophetie Israels seine größte Mächtigkeit erlangt, hat Israel in seiner Geschichte vor seinem Gotte festgehalten und ihm diese Geschichte als den Zugriff seines Gottes, vor dem es kein Ausweichen gibt, zur Anrede werden lassen. Unter dieser Anrede, die ihm seine Größe wie seine Niedrigkeit vor Gott enthüllte, ihm Gericht und Gnade zusprach, ist Israel der Würde des Menschen ansichtig geworden. Glaubt idealistisches Denken, die Würde des Menschen in seiner Geistigkeit zu finden, versteht der Existentialismus — etwa nach den Formulierungen Gabriel Marcels am Philosophenkongreß in Mexiko — die Würde als Ergebnis der Endlichkeit und Schwäche des Menschen und seines Bestrebens, diese Endlichkeit und Sterblichkeit zu transzendieren, so weiß biblische Erkenntnis, daß des Menschen Würde darin besteht, daß Gott ihm mitten in seiner Geschichte begegnet und daß der Mensch um dieser Begegnung willen Zukunft und Hoffnung hat. Die neutestamentliche Verkündigung vom Kommen Gottes zum Menschen im Sohne und von seiner Solidarität mit dem Menschen bis hinunter in die Verzweiflung des unaufgehellten Leidens des Gerechten am Kreuze hat diese Aussage des Alten Testaments in ihrer weltweiten Gültigkeit sichtbar gemacht.
Im Hinweis auf diese nicht in immanenter Seinsanalyse zu gewinnende, wohl aber im Glauben angesichts der Tat Gottes zu ergreifende Wirklichkeit des Menschen liegt der Beitrag der Theologie zum Gespräch über den Menschen — einem Gespräch, das in unserer Universität, in der Juristen dem menschlichen Adelszeichen des Rechts nachdenken, Mediziner durch das Leidensphänomen der Krankheit sich zur Erkenntnissuche gerufen wissen, wo dem Pflanzen, Organisieren und Wirtschaften des Menschen nachgedacht wird und die Naturwissenschaft das Königsgeschäft vollerer Beherrschung der Natur durch tiefere Erkenntnis ihrer Geheimnisse übt, die Würde eines zentralen, die Fakultäten verbindenden Themas behalten muß.
Die altorientalischen Belege sind zitiert nach:
H. Greßmann, Altorientalische Texte und Bilder zum Alten Testament:
1. Altorientalische Texte zum Alten Testament, in Verbindung mit E. Ebeling, H. Ranke, N. Rhodokanakis herausgegeben von H. Greßmann, 2. Aufl. 1926 (Abkürzung: AOT2).
2. Altorientalische Bilder zum Alten Testament. Gesammelt und beschrieben von H. Greßmann, 2. Aufl. 1927 (Abkürzung: AOB2).
A. Erman, Die Literatur der Aegypter. Gedichte, Erzählungen und Lehrbücher aus dem 3. und 2. Jahrtausend v.Chr., 1923 (Abkürzung: Erman).
Quelle: Walther Zimmerli, Was ist der Mensch. Rektoratsrede, Göttinger Universitätsreden 44, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1964.
[1] Der hebräische Text dieses Passus ist offensichtlich nicht mehr ganz in Ordnung, so daß die genaue Übersetzung kontrovers ist. Ich füge hier zum Vergleich die Übertragung des vor fast zwei Jahren verstorbenen Hiobkommentators F. Horst, dem der Tod nach schwerem Krebsleiden die Feder unmittelbar nach der Übersetzung von Hi. 19 aus der Hand genommen hat, bei. Horst übersetzt die Stelle: „Ich aber weiß, mein Löser ist am Leben. Als Letzter wird er auf dem Staube stehn; und nachdem meine Haut derart geschunden, bar meines Leibes werde Gott ich schauen. Ihn, den ich selber mir erschauen darf, den meine Augen sehen, und kein Fremder.“