Pharao Necho und die Geldbuße – wie in der Lutherbibel 2017 militärische Gewaltherrschaft schöngeredet wird: „Besonders fragwürdig ist jedoch die Rede von ‚Geldbuße‘ in der Lutherbibel 2017. So legt in 2Kön 23,33 bzw. 2Chr 36,3 der Pharao Necho (610 bis 595 v. Chr.) dem Land Juda eine ‚Geldbuße‘ von 100 Zentnern Silber und einem Zentner Gold auf. Das klingt so, als wäre der Pharao im Auftrag der kommunalen Verkehrsüberwachung tätig gewesen.“

Pharao Necho und die Geldbuße. Wie in der Lutherbibel 2017 militärische Gewaltherrschaft schöngeredet wird

Eines der eher verunglückten Wörter des christlichen Wortschatzes ist im Deutschen das Verb „büßen“ (bzw. die „Buße“). „Das sollst Du mir büßen“ heißt es, wenn man dem anderen Vergeltung androht. Dass das Wort „Buße“ bei uns einen schlechten Klang hat, verdankt sich dem kirchlichen Bußverfahren des Mittelalters, bei dem es die in Bußbüchern (libri poenitentiales) tariflich festgelegten Bußstrafen zur eigenen Besserung abzuleisten galt. Etymologisch betrachtet kommt „büßen“ nämlich von „bessern“. Eine Geldbuße ist also weder vergeltende Bestrafung noch Schadenskompensation, sondern soll sich als „Besserungsleistung“ auf das moralische Verhalten des „Pönitenten“ auswirken. Nachdem man selbst den Strafzettel erhalten hat, sagt man sich: „Das nächste Mal parke ich nicht im Parkverbot.“

Interessanterweise taucht ein besserungssträfliches „Büßen“ erst in der revidierten Lutherbibel von 1964 auf. Auch in der Lutherbibel 2017 finde es sich an drei Stellen: In Sprüche 13,13 heißt es noch immer: „Wer das Wort verachtet, muss dafür büßen“, obwohl das hebräische chabal nichts mit „büßen“ im Sinne einer Besserungsstrafe zu tun hat und Luther 1545 „WEr das wort veracht / Der verderbet sich selbs“ sachlich richtig liegt (Zürcher: „Wer das Wort verachtet, erleidet Schaden“). Ähnlich steht in Sprüche 30,10 mit Luther 1964 noch immer „Verleumde nicht den Knecht bei seinem Herrn, dass er dir nicht fluche und du es büßen musst“ (Luther 1545 „Verrate den Knecht nicht gegen seinem Herrn / Er möcht dir fluchen / vnd du die schuld tragen müssest“), sowie in Sirach 23,24 [34] „Eine solche Frau wird man der Gemeinde vorführen, und ihre Kinder müssen’s büßen.“ (Luther 1545 „Diese wird man aus der Gemeine werffen / vnd jre Kinder müssen jr entgelten.“)

Besonders fragwürdig ist jedoch die Rede von „Geldbuße“ in der Lutherbibel 2017. So legt in 2Kön 23,33 bzw. 2Chr 36,3 der Pharao Necho (610 bis 595 v. Chr.) dem Land Juda eine „Geldbuße“ von 100 Zentnern Silber und einem Zentner Gold auf. Das klingt so, als wäre der Pharao im Auftrag der kommunalen Verkehrsüberwachung tätig gewesen. In Wirklichkeit hatte Necho den neuen, vom Volk gewählten judäischen König Joahas im Herbst 609 v. Chr. in seinem Hauptquartier in Ribla am Oberlauf des Orontes überführen lassen, ihn dort als König abgesetzt und nach Ägypten deportiert. An seiner Stelle setzte Necho Eljakim, einen anderen Sohn Joschijas, als judäischen König (von Ägyptens Gnaden) ein und änderte dessen Name in Jojakim. Fremdmilitärisch erzwungene Abgaben als „Geldbuße“ und damit als moralische „Besserungsmaßnahme“ zu verkaufen ist ein Unding. Luther 1545 weiß es besser, wenn das hebräische ʽonäsch mit „Schatzung“ (vgl. „Brandschatzung“) im Sinne einer gewaltsam erzwungenen Tributzahlung (vgl. Gesenius, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, 18. Auflage 2013, 994) übersetzt wird. Ebenso ist in Esra 7,26 von einer „Geldbuße“ (Luther 1545: „Busse am gut“) die Rede, wo besser „Geldstrafe“ zu übersetzen wäre.

Hier mein Text als pdf.

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