Martin Luther über Weihnachten: „Lass weg alle Philosophie und das göttliche Gesetz und tu dich mit Gewalt zur Krippe und zum Schoß der Mutter und ergreife jenes Kind und den Sohn der Jungfrau und siehe hin, wie er geboren wird, an der Mutter Brust trinkt, wie er wächst, unter den Menschen weilt, wie er lehrt, stirbt, aufersteht; sieh ihn aufgenommen über alle Himmel und sieh ihn im Besitz der Allgewalt, so kannst du alle Schrecken zerschlagen, wie die Wolken von der Sonne vertrieben werden, so kannst du alle Irrtümer vermeiden. Dieses Anschauen des Gottessohnes in Niedrigkeit behält dich auf dem richtigen Weg, so dass, wo Christus hingeht, du folgen kannst.“

Matthias Grünewald, Geburt Jesu (Ausschnitt aus dem Isenheimer Altar)
Matthias Grünewald, Geburt Jesu (Ausschnitt aus dem Isenheimer Altar)

Martin Luther über Weihnachten

Woher kommen die Weihnachtsgeschenke? Für Martin Luther ist es klar – vom Christuskind. Aber weshalb gibt es an Weihnachten überhaupt Geschenke? Auch da weiß Luther die Antwort: Weil die Geburt des Gottessohnes im Stall zu Bethlehem das größte Geschenk für die Menschheit ist, ein bleibendes Geschenk, an dem die Kinder durch die Bescherung an Heilig Abend selbst sichtbar Anteil gewinnen sollen.

In seinem Weihnachtslied „Vom Himmel kam der Engel Schar“ von 1543 lässt Luther besingen, was diese Geburt ausmacht: „Des sollt ihr alle fröhlich sein, / dass Gott mit euch ist worden ein. / Er ist geborn euer Fleisch und Blut, / euer Bruder ist das ewig Gut.“ (EG 25,3) Gott wurde wirklich Mensch, „in Windel gewickelt und in einer Krippe“ liegend (Lukas 2,12). Nicht in seiner unermesslichen und unvorstellbaren Größe, sondern in der allermenschlichsten Nähe seines Sohnes Jesus Christus findet sich unser Gottvertrauen: „Was kann euch tun die Sünd und Tod? / Ihr habt mit euch den wahren Gott; / lasst zürnen Teufel und die Höll, / Gotts Sohn ist worden euer Gesell.“ (EG 25,4) Gottes Sohn gesellt sich in Fleisch und Blut zu uns, nimmt unsere Sünde und Gottverlassenheit auf sich und schenkt uns ewiges Leben beim himmlischen Vater.

Wer über die tödliche Beschränkung seines Lebens hinausglauben will, hat sich mit Luther an die Krippe zu Bethlehem zu halten: „Lass weg alle Philosophie und das göttliche Gesetz und tu dich mit Gewalt zur Krippe und zum Schoß der Mutter und ergreife jenes Kind und den Sohn der Jungfrau und siehe hin, wie er geboren wird, an der Mutter Brust trinkt, wie er wächst, unter den Menschen weilt, wie er lehrt, stirbt, aufersteht; sieh ihn aufgenommen über alle Himmel und sieh ihn im Besitz der Allgewalt, so kannst du alle Schrecken zerschlagen, wie die Wolken von der Sonne vertrieben werden, so kannst du alle Irrtümer vermeiden. Dieses Anschauen des Gottessohnes in Niedrigkeit behält dich auf dem richtigen Weg, so dass, wo Christus hingeht, du folgen kannst.“[1]

Wenn wir zum anstehenden Reformationsjubiläum Martin Luther als Neuentdecker des wahren christlichen Glaubens gedenken, ist damit kein selbstbewusster oder eigensinniger Glaube gemeint. Menschlicher Glaube, der bei sich selbst bleibt, ist auch nur ein Götze. Er birgt für unser Leben keine wirkliche Hoffnung. Der wahre Glaube gilt dem menschgewordenen Gotteswort, von dem es heißt: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Johannes 1,14)

[1] D. Martin Luther Epistel-Auslegung, Bd. 4: Der Galaterbrief, hg. v. Hermann Kleinknecht, Göttingen 1980, 38.

Hier der Text als  pdf.

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