Von Albrecht Goes
Die Christenheit muß sich fragen lassen, woher sie den Wagemut nimmt zum Glauben an das Ende von des Todes Macht, zur Hoffnung auf den endlichen und ewigen Sieg: woher sie die Vollmacht nimmt, auch dem Geschlecht von heute zu sagen: „Und auch dich lockt Er aus dem Rachen der Angst in weiten Raum, da keine Bedrängnis mehr ist.“ Die Christenheit, so gefragt, wird einmütig auf den Ort deuten, da dem Starken von Karfreitag der Stärkere des Karfreitag begegnet ist. „Her zu mir“, rief in jener Finsternis der Fürst der Tiefe. Aber: „Kommet her zu mir alle“ das ist der Ruf über diesem Ruf. Wohl erheben sich die Arme des Hasses und des Verrats, der Gewalt und des Todes Arm; aber es triumphieren die Arme der Liebe, die ausgebreiteten Arme des Gekreuzigten. An den Herrn dieses Siegesrufs und dieser Liebesarme, den Herrn, dem das Ostern bereitet ist und der den Seinen Ostern verheißt, weiß sich die Christenheit gewiesen, in jeder Stunde dieses Wegs und gewiß in jener letzten Stunde, in der es aus den Chören der Erdensöhne aufsteht: „Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir.“
Quelle: Albrecht Goes, Dunkle Tür, angelehnt. Gedanken an der Grenze des Lebens, Eschbach: Verlag am Eschbach, 1997, S. 110.