Jesus der ungläubigen
Jesus der ungläubigen
weilt unter uns
ein wenig bekannt aus dem volkskunstladen
ein wenig vom hörensagen
gründlich verschwiegen
in unserer morgenzeitung
parteilos
schutzlos
und überstimmt
gemieden
so wie der alte cholera-friedhof
aus zwingenden gründen grau
also gänzlich rein
Jesus der ungläubigen
weilt unter uns
und bleibt manchmal stehn
wie das harte kreuz
uns alle zu einen
ob gläubig oder nicht
in dem verdienten schmerz
der uns der Wahrheit nähert
Jan Twardowski
Quelle: Glaube, Hoffnung, Liebe. Geistliche Lyrik aus Polen nach 1945, herausgegeben und übertragen von Karl Dedecius, Düsseldorf: Patmos, 1981, S. 24.