Vom Glauben und der eigenen Gläubigkeit: „Kann ich auf meinen eigenen „gläubigen“ Glauben wirklich vertrauen, der mir möglicherweise in einer eigenen Demenz genommen werden kann? Sind meine eigenen Werke, die dem Glauben folgen, wirklich gut genug vor Gott?“

Vom Glauben und der eigenen Gläubigkeit

Eine bildliche Vorstellung: Hinter den geschlossenen Tafeltüren steht das jüngste Gericht (vgl. Römer 14,10; Apg 17,31), das über Himmel und Hölle bzw. Seligkeit und Verdammnis bezüglich jedes einzelnen Menschens entscheidet. Die Frage besteht: Wie kann ein Mensch Hoffnung oder gar Gewissheit haben, dass er sich nach der Eröffnung des göttlichen Jüngsten Gerichts nicht auf der Seite der Verdammten bzw. Verlorenen wiederfindet?

Zwei Möglichkeiten ließen sich anführen. Im Spiegel des Moralgesetzes oder der göttlichen Gebote kann ich mich mit meinem richtigen Handeln und Verhalten auf der rechten Seite wähnen oder aber kann ich mich auf meine „wirklichen“ Gottes- bzw. Christusglauben berufen (obwohl ja im Brief des Jakobus gegen die „Heilswirklichkeit“ des Glaubens Einwände gemacht werden: „So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber“ 2,17).

Die Frage bleibt: Kann ich auf meinen eigenen „gläubigen“ Glauben wirklich vertrauen, der mir möglicherweise in einer eigenen Demenz genommen werden kann? Sind meine eigenen Werke, die dem Glauben folgen, wirklich gut genug vor Gott? Im Brief an die Römer hat ja der Apostel Paulus einer eigenen Werkgerechtigkeit eine Absage erteilt. Aber auch der subjektive Glaube (fides qua creditur) bzw. die eigene „Gläubigkeit“ bergen für den Menschen keine Gewissheit, dass damit eine „Heilswirklichkeit“ garantiert ist.

Zurecht schreibt Walter Kreck: „Man kann nicht an seinen Glauben glauben, man kann ihn nur glauben.“ (Grundentscheidungen in Karl Barths Dogmatik, 1978, S. 90) Der eigene Glaube muss aus sich selbst heraustreten, also nicht an sich selbst glauben, sondern sich auf eine Lebensverbindung zwischen Gott und einem selbst ausrichten, die im Jüngsten Gericht besteht. Diese Lebensverbindung ist nicht im eigenen menschlichen Vermögen zu suchen – was ich bewerkstelligen kann bzw. wofür ich mich entschieden habe –, sondern in dem, was mit Jesus Christus mir zu meinem Heil geschehen ist. Sein Tod am Kreuz nimmt das Urteil im Jüngsten Gericht vorweg, indem Christus als der zukünftige Richter (vgl. 2Korinther 5,10) selbst der (Hin-)gerichtete ist. Was mit ihm geschehen ist, wird mir zum Heil. So heißt Gottvertrauen sich selbst wiederfinden bei dem Richter, der der für mich Gerichtete ist.

Man könnte zugespitzt sagen. Nicht mein eigener, menschenmöglicher Glaube zählt für das Heil, sondern Gottes Glaube an seinen Sohn Jesus Christus, entsprechend den prophetischen Worten: „Siehe, meinem Knecht wirdʼs gelingen, er wird erhöht und sehr hoch erhaben sein.“ (Jes 52,13)

Hier mein Text als pdf.

2 Kommentare

  1. Ein wunderbarer Text. Er sollte, lieber Jochen, im Siegerland [und nicht nut dort] in jeder Kirche und jedem Gemeindehaus unübersehbar angeschlagen werde. Ich bin so dankbar, dass ich die hervorragenden Texte bekomme. Bleib auch gut mit dir und bei Trost! Dein rw

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