Es gab einen Prediger im 19. Jahrhundert, der eine besondere Sensibilität für den NAMEN zeigte, Hermann Friedrich Kohlbrügge (1803-1875). Dieser stand von 1847 bis zu seinem Tod der von ihm initiierte Niederländisch-Refomirte Gemeine zu Elberfeld als Pastor vor. Aus seinem Katechismusunterricht wurde 1907 folgender Text veröffentlicht:
Fragen und Antworten zum dritten Gebot
Von Hermann Friedrich Kohlbrügge
Was ist eigentlich der Name Gottes?
Derselbe ist der Inbegriff aller Seiner Tugenden und Vollkommenheiten, welche Er uns in Christo geoffenbart und erteilt hat zu unserm Heile. Vgl. 2. Mo. 34,5-7; Kap. 23,20.21; Joh. 17,6.26.
Was sagt Salomo von dem Namen des Herrn?
„Der Name des Herrn ist ein festes Schloß; der Gerechte läuft dahin und wird beschirmet“. Spr. 18,10.
Kannst du mir Beispiele aus der heiligen Schrift nennen von solchen, die in diesem Namen ihre Errettung gefunden haben?
Daniel ließ sich um dieses Namens willen in die Grube werfen; Mardachai ließ sich mit seinem Volke in die äußerste Gefahr bringen: und sie wurden nicht beschämt.
Was ist aber: den Namen des Herrn mißbrauchen?
Unter diesem Namen etwas lehren oder treiben, etwas anderem als diesem Namen zuliebe, oder auch: in Bezug auf Gott, unsern Erretter, etwas aussagen oder ausrichten, wodurch Er nicht geehrt, nicht erkannt wird als der Gott und Heiland, der Er ist.
Welche gottlose Gewohnheit wird durch dieses Gebot gestraft?
Das Fluchen, womit man Gottes Verdammnis über sich herbeiruft; die Gewohnheit, bei Verwunderung, im Schmerz, beim Schrecken, im Verdruß, oder beim Lachen und in allen Gesprächen den Mund nicht auftun zu können, ohne zu sagen: „Gott, mein Gott“, „Herr Je“; oder „wenn das nicht wahr ist, dann mag“, – oder: „es ist verdammt wahr“, und dergl. mehr. Überhaupt, wir mißbrauchen den Namen unseres Gottes, wenn wir denselben nennen ohne Nachdenken, ohne Ehrfurcht, ohne Zweck, ohne heiligen Anlaß, so daß wir auch anderen Ursache geben, den Namen nicht zu heiligen, der allein errettet. Wie lautet das dritte Gebot wörtlich nach dem Hebräischen?
„Du wirst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht zur Eitelkeit aufnehmen“. Was will das sagen?
Daß ich mich dieses Namens nicht bediene, um meinen Berechnungen und Künsten (vergl. Pred. 7,30) nachzugehen, oder meinen Weg, mein Denken und Tun damit gut zu machen, viel weniger, um mich unter Anrufung desselben zu verfluchen, bei diesem Namen leichtfertig oder ohne die tiefste Ehrfurcht vor demselben zu schwören.
Wie benimmst du dich in dieser Hinsicht?
Ach, ich bediene mich dieses Namens in meinem Denken und Urteilen und im Gespräch mit andern nach meinen und ihren Ansichten und dem Gefallen des Fleisches, es sei denn, daß der Geist Gottes durch mich rede. Auch bei Unmut, bei Frevel, bei Jähzorn, bei Ereiferung gegen meinen Nächsten und über unbedeutende Dinge, auch bei Verwunderung darüber, zeige ich unaufhörlich, wie ich den rechten Gebrauch des Namens des Herrn gar nicht kenne.
Dürfen wir zur Bestätigung der Wahrheit Gott zum Zeugen anrufen?
Allerdings.
Ist denn nicht das Schwören überhaupt untersagt?
Keineswegs. In den bekannten Worten: „Euer Ja sei Ja, und euer Nein sei Nein; was darüber ist, ist aus dem Bösen“, (vergl. Mt. 5,37; Jak. 5,12) ist durchaus nicht vom Eidschwur die Rede. Das leichtsinnige, gedankenlose Bekräftigen gleichgültiger Dinge, wie es allenthalben ausgeübt wird und im Schwange geht, wird hier als böse bezeichnet und ernstlich untersagt.
Wie verhält es sich denn mit dem Eidschwur?
Die ganze heilige Schrift bestätigt es, daß wir, sei es, daß die Obrigkeit es begehrt, sei es, daß die Liebe des Nächsten oder unsere eigene Angelegenheit es erfordert, nicht nur befugt, sondern verpflichtet sind, zur Bekräftigung der Wahrheit den Namen Gottes in feierlicher Weise anzurufen, d. h. einen Eidschwur zu leisten.
Ist für diese Handlung in der Schrift eine Formel vorgeschrieben?
Das eben nicht; aber wo wir Gott zum Zeugen anrufen mit Einsetzung unserer Seelen Seligkeit, ist die Weise, in welcher es geschieht, ebenso wenig gleichgültig als die Ursache, weshalb es geschieht.
Welches ist die erste Bitte im Gebet des Herrn?
„Geheiligt sei Dein Name“. (Genau nach dem Griechischen).
Wann wird der Name des Herrn von uns geheiliget?
Wenn wir in unserer Not den Namen Dessen, der allein helfen kann, herbeirufen.
Was verheißt der Herr denen, die also Seinen Namen heiligen?
„Er begehret Meiner, so will Ich ihm aushelfen; er kennet Meinen Namen, darum will Ich ihn schützen. Er ruft Mich an, so will Ich ihn erhören; Ich bin bei ihm in der Not, Ich will ihn heraus reißen, und zu Ehren machen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben, und will ihm zeigen Mein Heil“ (Ps. 91,14-16).
Wie wird der Name des Herrn von uns entheiligt?
Wenn wir uns dieses hehren Namens, in welchem allein Errettung ist, schämen vor einem Menschen, der Heu ist.
Was droht der Herr denen, die Seinen Namen nicht bekennen, sondern verleugnen?
„Wer sich aber Meiner und Meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlechte, des wird Sich auch des Menschen Sohn schämen, wenn Er kommen wird in der Herrlichkeit Seines Vaters mit den heiligen Engeln“.
Darf man also wohl stillschweigen, wenn geflucht wird?
Durchaus nicht. Vergl. 3. Mose 5,1: „Wenn eine Seele sündigen würde, daß er einen Fluch höret, und er des Zeuge ist, oder gesehen oder erfahren hat, und nicht angesagt, der ist einer Missetat schuldig“. 3. Mose 19,17: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen, sondern du sollst deinen Nächsten strafen, auf daß du nicht seinethalben Schuld tragen müssest“. Epheser 5,11: „Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, strafet sie aber vielmehr“.
Warum fügt der Herr zu diesem dritten Gebot die Drohung hinzu: „Denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der Seinen Namen mißbraucht“?
Weil diese Sünde des Mißbrauchens des Namens des Herrn so mit uns verwachsen ist, daß wir von ihrer Strafbarkeit und Greulichkeit keinen Begriff mehr haben. Sie ist demzufolge auch so allgemein verbreitet unter hohen und niederen Ständen, daß fast niemand mehr sie als Sünde achtet. Indessen frißt diese Sünde um sich wie der Krebs, löst alles auf, vereitelt alles Bemühen um das Wohl von Kirche und Staat und zehrt ungestraft an des Landes und des Volkes, der Städte und der Bürger Herzen. Morden, Stehlen und Rauben, Empörung wider den Staat, Ungehorsam, wo pünktlicher Dienst erfordert wird, Ehebruch und Verleumdung des Nächsten werden ans Licht gezogen und gestraft; aber diese Sünde, weit gefährlicher als der Wurm, der die Pfähle der Deiche zernagt, daß sie zuletzt keiner hohen Flut mehr Widerstand bieten können, – diese Sünde, vielmehr verwüstend, viel mehr mit sich wegraffend und in den Abgrund ihrer Wellen hineinstürzend als die verheerendste Überschwemmung, – diese Sünde, mehr den Tod und das Verderben herbeiführend als die Pestilenz in ihrer Wut, steckt in aller Busen, wird selten anerkannt, meistens für unbedeutend gehalten und ungestraft genährt.
Wozu läßt Gott der Herr uns dieses Gebot vorhalten?
Damit uns unsere Missetat aufgedeckt und wir von unserer Sünde überführt werden, damit wir zum Bekenntnisse kommen, daß wir den Fluch Gottes über uns gebracht und den ewigen Tod verdient haben. Wo solche Überführung durch Gottes Geist stattfindet, da kommt ein Schrecken in die Gewissen, ein Gefühl von einer wahren Verlorenheit, eine Reue und göttliche Traurigkeit, welche niemand gereuet, da wird einem um Trost bange. Nur so kommt man hinüber in den Bund der Gnade, nur so kommt eine wahrhaftige Bekehrung, ein aufrichtiger Glaube an Jesum Christum, nur so ein sich Abwenden von aller Ungerechtigkeit, ein Unterlassen der Sünde, ein Einhergehen in den Geboten Gottes, nicht durch unsere Macht und Kraft, sondern in dem Geist des Allmächtigen.
Was sagt der Heidelberger Katechismus von der Übertretung dieses Gebotes?
Daß keine Sünde größer ist, noch Gott heftiger erzürnet, denn Lästerung Seines Namens.
Warum hält Gott aber so hart auf dieses Gebot? Warum droht Er so heftig?
Um Seinetwillen und auch um unseretwillen. Um Seinetwillen, denn was ist Seinem heiligen Wesen mehr zuwider, als Mißbrauch Seines Namens? Um unseretwillen, denn gibt es eine Sünde dieser gleich, daß wir den Namen mißbrauchen Dessen, der Sich den Herrn, der Sich unsern Gott nennt, – den Namen Dessen, vor dem wir Mücken sind, der in einem unzugänglichen Licht wohnt, – der Sich aber uns geoffenbart hat, Sich zu uns hat herabgelassen und Wohnung unter uns genommen? Seinen Namen hat Er auf uns gelegt, in Seinem Namen umgibt Er uns und sind wir umschlungen mit ewigem Heil, mit Vergebung der Sünden, mit Leben und Seligkeit. Auf diesem Namen stehen wir; in diesem Namen ist der Herr unser, und sind wir des Herrn geworden; dieser Name nimmt von uns unsere Sünden, unsern Tod, unser Verderben, und erteilt uns alle Schätze der Gnade und alle himmlischen Güter; dieser Name bedeckt all das Unsere, das wir von Adam her haben; dieser Name errettet uns auf ewig und wehrt von uns ab alle unsere Todfeinde; er ist uns gleichsam ein Schloß und sichere Wehre, worin alle Tugenden und Vollkommenheiten Gottes, uns zum ewigen Heile, zur sicheren Durchhilfe, vorhanden sind. – Sollen wir denn das mißbrauchen, worin all unser Heil steht? Sollen die, welche zur See fahren, den einzigen Boden, der sie noch trägt, durchbohren? mit ihrem Schifflein leichtsinnig auf die Klippen laufen? Oder sollten die, welche eine Belagerung aushalten, ihren Vorrat leichtsinnig verderben? Oder sollte der von heißem Durst Gequälte, wenn er Wasser findet, es mutwillig ausschütten? Oder kann einer, der des Todes gewärtig lange in Ketten und Banden lag, Spaß und Spott treiben mit dem Namen seines Befreiers, zumal, wenn er von ihm für einen teuren Preis ist losgekauft? „Nein“, sagt man, „das kann er nicht“. O, wäre es so! Aber zu den Männern, die sich um Sinai lagerten, zu den Männern und Weibern, zu Jungen und Alten allerlei Ranges und Standes, zu den Fürsten und Adeligen, zu den Reichen und Mächtigen, wie zu den Dürftigen, den Niedrigen und den Hohen, redete Gott diese Worte; zu jedem Einzelnen von ihnen redete Er sie: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der Seinen Namen mißbraucht“. Und in diesem ewig bleibenden Gesetze redet Gott es heute zu dir, zu mir: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der Seinen Namen mißbraucht“. Gott sagt, daß Er der Herr, dein Gott ist, und daß du Seinen Namen mißbrauchst. Er sagt nicht, daß du dich davor hüten sollst; Er sagt dir, daß du es tust, und daß du es lassen sollst.
Wann wird der Name des Herrn gemißbraucht durch falschen Eid?
Wenn man schwört bei diesem Namen, ohne zu wissen, ob es wahr ist, oder mit Wissen, daß es nicht wahr ist, was man aussagt; wenn man schwört zu seinem Schaden und es dann nicht hält (vergl. Ps. 15,4); wenn man den Eid mit Anrufung des Namens Gottes bloß für ein Mittel hält, um in ein Amt oder in die Verwaltung zu kommen; wenn man schwört mit dem Vorbehalt im Herzen, dem Schwur nicht nachzukommen, sobald man die Umstände für sich hat. So machte es der König Zedekia, und wir vernehmen aus Gottes Wort, wie der Herr deswegen den König und das Volk Juda strafte. (Vergl. Jer. 34,8-20. Hes. 17,12-19). – Und es gibt noch heute des Bundmachens viel im Namen Gottes und vor Gott, das in der nächsten Stunde gebrochen wird, ja, dessen man ganz vergißt; auch gibt es des Wollens viel im Namen Gottes, den Hilflosen beizustehen, und wenn es zur Tat kommen soll, so gibt’s ein Sauls- oder ein Kains-Opfer. In tausenderlei Gelegenheiten will der Mensch Gottes Ehre und Namen, und zieht die Hand ab, wenn er nicht selbst dabei Ehre einernten, wenn nicht sein eigener Name dabei gefeiert werden kann, wenn er nicht seinen eigenen Vorteil dabei findet.
Gibt es nicht noch einen anderen Mißbrauch des Namens Gottes, der noch allgemeiner und feiner ist und tiefer steckt?
Ja, nämlich: daß man sich des Namens und der Aussagen seines Gottes bedient, um loser Lehre Eingang zu verschaffen. Dieser Mißbrauch hat aber einen so guten Schein, daß man ihn kaum als Sünde erkennt. Er erscheint nützlich, fromm, heilig, so daß niemand drein zu reden wagt. Da will man die Lade Gottes aufrecht halten, das Evangelium verteidigen, das Wort in die vier Winde ausbreiten und mit dem Namen Gottes allerlei Werke der sogenannten Liebe in Gang bringen; da meint man, man tue Gott einen Dienst, und der Grund ist doch kein anderer, als Abgötterei und Feindschaft wider die wahre und klare Wahrheit. Und wie der Teufel in der Wüste, da er den Herrn versuchte, läßt man unter dem Schreien: „Gottes Wort! Gottes Wort!“ so viel von dem Worte weg, als man für nötig hält, deutelt und beseitigt das gute Gebot, das man zum Leben und Heile hat, um sich selbst zu behaupten, seiner Eigenliebe zu schmeicheln oder seinen Beutel zu füllen, der Gewinnsucht, der Ungerechtigkeit, der Lust zur Unreinigkeit, der Liebe zur Welt und ihrem Dienst zu frönen. – Solches Mißbrauches achtet sich aber niemand fähig, bis Gott Selbst es aufgedeckt, was aus den Pflanzen wird, die Seine Hand nicht gepflanzt hat.
Hat auch wohl der Aufrichtige sich solches Mißbrauchs des Namens Gottes schuldig gemacht?
Ja, in Unwissenheit, wie Paulus von sich aussagte: „Ich habe es in Unwissenheit getan“. Von dem Herrn belehrt bekennt er, daß auch er sich des Namens bedient hat, um sich selbst zu behaupten in seiner Eigengerechtigkeit, in seiner Liebe zu der Lust, in manchem verkehrten Wege. Er bekennt mit David: „Ach Herr, ich habe geirret in vielen Umwegen“.
Nenne mir noch einen anderen Mißbrauch des Namens Gottes.
Mancher bekennt sich zu diesem Namen, sucht diesen Namen, aber er sitzt auf allerlei Verkehrtheit und Ungerechtigkeit fest und ist Ursache, daß Gottes Name von den Widersachern gelästert wird. Vergl. Röm. 2,24; 1. Tim. 6,1. – Sodann gibt es manchen, der alles zu haben scheint, was ein Bekehrter hat; der zu suchen scheint, was ein Bekehrter sucht; er hat aber das Vergängliche, das Irdische im Auge; das hat er gesucht mit dem Namen und nicht den Namen selbst. Das ist auch ein schrecklicher Mißbrauch, worüber man vor Gott Rechenschaft ablegen muß. – Mancher spricht den Namen Gottes aus und nimmt des Herrn Wort zur Hand, lernt und lehrt andere daraus, bloß um sich selbst zu behaupten, wie das samaritische Weib, bloß, um die Pein des Gewissens, den inneren Unfrieden zu stillen, während dem er nicht loslassen will, was er loslassen sollte zur Errettung seiner Seele. Das ist auch ein Mißbrauch des Namens Gottes; – und noch greulicher ist der, welcher in unserer Stadt so häufig gefunden wird, daß man die Gottseligen aufsucht, sich fromm gebärdet, die Einfältigen dadurch betrügt, und das alles nur aus ganz anderen Beweggründen, z. B. um ein Stück Geldes, weil man zu faul ist, um zu arbeiten, weil man das Verdiente in Liederlichkeit und in Trunk verschwendet, oder zu faul ist, um Gott anzurufen! Da hat man wohl Glauben, andere um ihr Geld und ihren guten Ruf zu bringen, aber keinen Glauben zu Dem, der den Elenden herrlich hilft und ruft die Dinge, welche nicht sind, als wären sie da. – Und so versuchen andere wiederum Gott, indem sie mit Hintansetzung des Gesetzes Gottes, aus Ehrgeiz getrieben, Dinge unternehmen, wie es heißt, zur Ehre des Namens Gottes; sie suchen aber nur ihren eigenen Namen, werden darüber zuschanden und sind dann Ursache, daß der Name Gottes gelästert wird. – Viele folgen ihrer Lust, wollen sich selbst nicht verleugnen, reden dabei von Vertrauen auf Gott, treiben üble Wirtschaft, bestärken ihr Tun mit Überglauben, und geben der Welt Anlaß, Gottes Namen zu entheiligen, indem sie am Ende selbst mitmachen mit denen, gegen welche sie früher eiferten. Andere wiederum schreiben dem Namen ihres Gottes etwas Ungereimtes zu oder lästern Ihn im Herzen und mit dem Munde, weil es ihnen nicht nach Wunsch geht. Und wiederum andere wollen doch behaupten, daß sie den Namen Gottes heiligen, obschon sie die vorige Welt wieder liebgewonnen. – Es gibt noch allerlei Art Mißbrauch des Namens Gottes: daß man mit dem Worte der Treue und Gnade Gottes im Munde seine Seele ersticken läßt in den Sorgen dieses Lebens, – oder daß man betet, singt und die Lehre vernimmt ohne Herz und Andacht, – oder daß man betet, lehrt und zeugt, mehr um von andern als vollgültig angesehen zu werden, als mit gebeugten Knieen des Herzens und in wahrhaftiger Demut und in dem Gefühl seiner Unwürdigkeit vor Gott, mehr weil man sich selbst gefällt, als aus Liebe des Nächsten. Mit dem Namen Gottes in dem Munde bringt man des Gerechten Weg und Benehmen in Verdacht, verurteilt und verdammt ihn; mit dem Namen und dem Worte Gottes in dem Munde fährt man über seinen gerechten Nächsten her und tötet ihn mit den Lippen, so oft aus Eifer um Gott ohne Verstand, so oft aus Bosheit, aus Geiz, so oft angeregt durch die niedrigsten Leidenschaften. – Mit dem Namen Gottes im Munde, mit Seinem Wort auf den Lippen kann man wetterwendisch sein, das Gebot fahren lassen, und, um nicht in Gefahr zu geraten, gibt man „in Gottes Namen“ der Schlechtigkeit, der Ungerechtigkeit nach und führt so über sich und andere Gottes Drohung und Strafe herbei, nach dem alten Sprichwort: „Alles Unglück beginnt in Gottes Namen“. – Das Gebot ist weit, und das menschliche Herz ein trotziges und verzagtes Ding.
Nenne mir einige Aussagen aus der Schrift, aus welchen erhellt, wie der Herr von je her die Übertretung dieses Gebotes gestraft hat, wie Er sie straft und strafen wird.
3. Mose 24,10-16: „Es ging aber aus eines israelitischen Weibes Sohn, der eines ägyptischen Mannes Kind war, unter den Kindern Israel, und zankte sich im Lager mit einem israelitischen Manne, und lästerte den Namen und fluchte. Da brachten sie ihn zu Mose, (seine Mutter aber hieß Selomith, eine Tochter Dibris vom Stamm Dan), und legten ihn gefangen, bis ihnen klare Antwort würde durch den Mund des Herrn. Und der Herr redete mit Mose und sprach: Führe den Flucher hinaus vor das Lager, und laß alle, die es gehöret haben, ihre Hände auf sein Haupt legen, und laß ihn die ganze Gemeine steinigen. Und sage den Kindern Israel: Welcher seinem Gott fluchet, der soll seine Sünde tragen. Welcher des Herrn Namen lästert, der soll des Todes sterben; die ganze Gemeine soll ihn steinigen. Wie der Fremdling, so soll auch der Einheimische sein; wenn er den Namen lästert, so soll er sterben“. Psalm 50,16-22: „Aber zu dem Gottlosen spricht Gott: Was verkündigst du Meine Rechte, und nimmst Meinen Bund in deinen Mund, so du doch Zucht hassest, und wirfst Meine Worte hinter dich? Wenn du einen Dieb siehest, so läufst du mit ihm, und hast Gemeinschaft mit den Ehebrechern. Dein Maul lässest du Böses reden, und deine Zunge treibet Falschheit. Du sitzest und redest wider deinen Bruder, – deiner Mutter Sohn verleumdest du. Das tust du, und Ich schweige; da meinest du, Ich werde sein gleich wie du. Aber Ich will dich strafen, und will dir’s unter Augen stellen. Merket doch das, die ihr Gottes vergesset, daß Ich nicht einmal hinreiße, und sei kein Retter mehr da.“ Sacharja 5,3.4: „Und er sprach zu mir: Das ist der Fluch, welcher ausgehet über das ganze Land; denn alle Diebe werden nach diesem Briefe fromm gesprochen, und alle Meineidige werden nach diesem Briefe fromm gesprochen. Aber Ich will es hervorbringen, spricht der Herr Zebaoth, daß es soll kommen über das Haus des Diebes und über das Haus derer, die bei Meinem Namen fälschlich schwören; und soll bleiben in ihrem Hause, und soll es verzehren samt seinem Holz und Steinen“. Maleachi 3,5: „Und Ich will zu euch kommen, und euch strafen, und will ein schneller Zeuge sein wider die Zauberer, Ehebrecher und Meineidigen, und wider die, so Gewalt und Unrecht tun den Tagelöhnern, Witwen und Waisen, und den Fremdling drücken, und Mich nicht fürchten, spricht der Herr Zebaoth“.
Was wird die Frucht sein, wenn wir diese Lehre und Bestrafung zu Herzen nehmen, indem Gott unsere unerkannten Sünden ins Licht stellt?
Daß wir, hinschwindend vor Gottes Drohung und Strafe, verlegen und bekümmert fragen: „Wie wird dieses Gebot erfüllt? Wie gebrauche ich den Namen des Herrn, meines Gottes, recht? Wie heilige ich Ihn?“
Und was ist dann die Antwort auf diese Frage?
Dieses Gebot wird erfüllt, wenn wir, wie der Heidelberger Katechismus lehrt, „den heiligen Namen Gottes anders nicht, denn mit Furcht und Ehrerbietung gebrauchen, auf daß Er von uns recht bekennet, angerufen und in allen unsern Worten und Werken gepriesen werde“. Das können wir aber von uns selbst so wenig tun, als wir es können bleiben lassen, unseres Gottes Namen zu mißbrauchen. Das Gesetz ist geistlich, und das Wie seiner Erfüllung ist ein großes, aber geoffenbartes Geheimnis der Gottseligkeit. Auch in Bezug auf dieses Gebot haben wir einzugestehen, daß es durch uns muß erfüllet werden, so wir anders nicht wollen getroffen sein von des Herrn furchtbarer Drohung und Strafe. Gestehen wir es ein, daß wir alle gehalten und verpflichtet sind, den Namen unseres Gottes nach Seinem heiligen Willen und nicht anders zu gebrauchen, so kommt’s mit uns zum Schreien: „Gehe nicht ins Gericht mit mir, sei mir gnädig!“ – so kommt das Bedürfnis nach Versöhnung mit Gott in dem Blute Christi, das Verlangen nach Vergebung der Sünden, nach der Bekleidung mit der Gnade und der Gerechtigkeit Christi; so kommt durch die Liebe Gottes der Glaube, ein Sich-Ergeben dem Herrn, ein Sich-Verlassen auf den Bund Seines Friedens, auf das ewig gültige Opfer Christi; so entsteht Kampf und Streit auch wider die Sünde gegen dieses Gebot; in diesem Kampf und Streit ein Ächzen und Klagen: „Ich weiß nicht, was ich tue; das Böse liegt mir bei!“ Ein solcher Streit erweckt ein tiefes Gefühl von Ohnmacht, erweckt Ratlosigkeit; aber in dieser Ratlosigkeit läßt der Geist der Gnade, des Glaubens und des Gebetes einen nicht stecken, sondern Er treibt ihn rein von dem Gesetze ab, rein Christo zu, daß man an Ihm seine Frucht bringe. Da ist es denn aus mit unserer Gerechtigkeit und unserm Ruhm, mit der Gerechtigkeit und dem Ruhm alles Fleisches. An und für sich ein Sünder, erfunden in Christo Jesu, – was hat man da im Himmel und auf Erden noch sonst, als den Namen seines Heilandes, seines großen Gottes und Erretters? So ist denn der Glaube da, – und, wo der Glaube ist, da wird der Name des Herrn und Sein Wort allein geehrt von Predigern und Zuhörern, so daß nur Christus, nur Seine Gnade, nur die Liebe Gottes recht bekannt, geehrt und gepriesen wird in Gemeinschaft des Geistes. Wo aber der Glaube ist, wo Christus ist, da machen sich Sünde, Teufel und Welt auf, da kommt denn Not und Anfechtung allerlei Art; wo aber Not und Anfechtung ist, da ist auch alsbald das rechte Anrufen dieses Namens; wo das Anrufen ist, da wird dieser allein heilige Name, der schon in der heiligen Taufe auf uns gelegt worden ist, auch in allen unsern Worten und Werken gepriesen, so daß man herausfährt und prediget Gottes Gerechtigkeit trotz aller Feindschaft der Menschen, und läßt Gut, Leib und Leben, Weib, Kind, Haus und Hof um dieses Namens willen fahren. Gottes Freund, traun, ist aller Welt Feind; und wer den Namen des Herrn, seines Gottes, heiliget, hat es zu erwarten, daß sein Name von allen als böse geschändet, verachtet und verworfen wird; denn Gottes Namen heiligen wir nicht, wenn wir es bloß mit dem Munde tun, sondern wenn wir – und da gibt’s Streit – Gottes freie Gnade, Namen und Ehre, und daß Er uns allein selig gemacht hat nach Seiner großen Barmherzigkeit, mit der Tat, in Handel und Wandel bekennen.
Dazu verhelfe uns unser erhöhter Heiland, der uns beten lehrte: „Dein Name werde geheiliget!“ und der Sich Selbst für uns geheiliget hat und uns Seinen Geist erteilt, auf daß wir, geheiliget in Wahrheit, Seinen Namen heiligen und recht gebrauchen gegen Teufel und Welt, recht gebrauchen gegen die Sünde, die in uns wohnt, ihn heiligen in aller Trübsal, in Not und Tod! Amen.
Quelle: Hermann Friedrich Kohlbrügge, Schriftauslegungen, Heft 8: 2. Mose 19; 20,1-11, Elberfeld 1907.
Weitere Schriften von Kohlbrügge finden sich auf der Webseite http://www.licht-und-recht.de