Da gibt es nichts zu beschönigen, was Martin Luther zum Umgang mit Suizidenten empfiehlt. Obwohl er zugesteht, dass ein Suizident – teufelsbestimmt – sich nicht freien Willens tötet, soll im Falle seines Todes der Leichnam verbrannt werden – als Abschreckungsmaßnahme vor potentiellen Nachahmern :
Von denen, die sich selbst ums Leben bringen
Von Martin Luther
Diejenigen, welche sich selbst erhängen oder sonst töten, leiden Gewalt vom Teufel, wie der, welcher von einem Räuber getötet wird. Sie sind ihrer selbst nicht mächtig. Deshalb kann ich sie nicht verdammen, obgleich man dies dem Volke nicht sagen soll. Und der Teufel muss zu Zeiten so hart sein, und solche Beispiele müssen den Menschen vor Augen gestellt werden, sonst würde niemand Gott fürchten. Oh, man muss hart mit solchen Gedanken (nämlich des Selbstmordes) umgehen, dass man sie überwinde, wie man auch mit solchen Toten hart umgehen muss, sie verbrennen usw., damit die Welt (davon ab)geschreckt werde. [WA.TR 2597]
Ich bin nicht der Meinung, dass die ganz und gar zu verdammen seien, die Selbstmord begehen. Mein Grund dafür: sie tun es nicht gern, sondern werden von der Macht des Teufels überwältigt – wie (wenn) jemand in einem Wald von einem Wegelagerer ermordet würde. Dennoch darf das dem Volk nicht so gesagt werden, damit dem Satan nicht Gelegenheit geboten wird, ein Blutbad anzurichten. Ich bin auch der Meinung, dass man an den Bräuchen (in Bezug auf die Selbstmörder) streng festhalten soll. Sie sind ihrer selbst nicht mächtig, sondern unser Herrgott richtet sie hin, wie er einen durch einen Straßenräuber hinrichtet. Die Obrigkeit soll gleichwohl streng in dieser Sache sein, wenn auch die Seele nicht einfach verdammt ist. Es gibt aber Beispiele dafür, dass uns unser Herrgott damit beweisen will, dass der Teufel ein (mächtiger) Herr sei, ebenso dass man fleißig beten soll. Gäbe es nämlich solche Beispiele nicht, so würden wir Gott nicht fürchten; also muss er uns so lehren. [WA.TR 222]
Quelle: Luther Deutsch. Die Werke Luthers in Auswahl, hrsg. v. Kurt Aland, Bd. 9: Die Tischreden, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 41983, S. 252.