Paul Schempp wider das Konfirmationsgelöbnis 1937: „Es gehört zum eindeutigen Bestandteil christlicher Unterweisung in allen reformatorischen Kirchen, dass der Glaube Geschenk und Werk des Heiligen Geistes ist und dass das kleinste Zugeständnis an eine aktive Beteiligung des Menschen hinsichtlich des Ereignisses der Offenbarung Gottes in Christus eine Preisgabe des sola gratia, eine Entehrung Christi, einen Abbruch an der Totalität der Gnade als Befreitwerden von der anders unbe­zwinglichen Macht der Sünde, des Todes und der Hölle, also schlechthin Werkgerechtigkeit bedeutet.

Paul Schempps erste Konfirmation in Iptingen, März 1934

Das ist eine theologische Frage, die es zu bedenken gilt: Darf bei der Konfirmation von den Konfirmanden ein Versprechen bzw. ein Gelöbnis in Sachen Glauben und Kirche eingefordert werden? Paul Schempp hatte seinerzeit dies 1937 in der Zeitschrift Evangelische Theologie verneint und einen Alternativentwurf geliefert:

Konfirmationsgelöbnis?

Von Paul Schempp

„Die Konfirmation, eine herrliche Erfindung, wenn man ein Dop­peltes annimmt: daß der Gottesdienst darauf ausgeht, Gott für Narren zu halten, und daß er hauptsächlich Anlaß zu Familienfeiern geben soll … ‚Das zarte Kind‘, sagt die Christenheit, ‚kann ja das Taufge­lübde nicht persönlich übernehmen, dazu gehört eine wirkliche Persön­lichkeit‘. So hat man denn… das Knabenalter dazu gewählt. Diese wirkliche Person, da ist gar nichts im Wege, sie ist Manns genug, das für das Kindlein abgelegte Taufgelübde persönlich zu übernehmen. Ein Junge mit 15 Jahren! Handelte es sich um 10 Taler, so würde der Vater sagen: ‚Nein, mein Junge, das kann man dir nicht überlassen, dafür bist du hinter den Ohren noch nicht trocken genug.‘ Wo es sich aber um die ewige Seligkeit handelt und wo eine wirkliche Persönlichkeit hergehört, welche die Verpflichtung des Kindleins (die doch eigentlich nicht ernst gemeint sein konnte) durch ein Gelöbnis mit persönlichem Ernst über­nähme: da ist das Alter von 15 Jahren das passendste.“ Hat Kierke­gaard mit seinem sarkastischen Angriff auf die Konfir­mation als den Versuch, „die ganze Gesellschaft meineidig zu machen“, recht? Es ist keine Frage, daß die sog. Konfirmationsnot immer in irgend einer Weise um das Zugeständnis kreist, daß Kierkegaards Einwand nicht restlos zu entkräften ist. Es sollen hier nicht die vie­lerlei Versuche und Vor­schläge, die volkskirchliche Sitte, das Gelöbnis und die Forderung der Ehrlichkeit in erträgliche Eintracht zu bringen, um einen weiteren ver­mehrt werden, sondern es soll nur die Frage grundsätzlich erwogen werden, ob die evangelische Kirche von den Konfirmanden, ja ob sie überhaupt ein Gelübde des Glaubens fordern kann und darf[1].

Zuerst muß mit Nachdruck betont werden, daß die Konfirmation nicht zu den „unaufgebba­ren“ Gütern der Kirche gehört. Die Kirche kann nur auf die Wortverkündigung der biblischen und von der Kirche je und je durch Bekenntnisse gegen Irrlehre abgegrenzten Offenbarung und auf die Spendung der Sakramente nie verzichten, alles andere muß ihr grundsätzlich ent­behrlich sein, oder sie weiß nichts von der Freiheit der Kinder Gottes; sie muß aber auch jederzeit bereit sein, alles von sich aus abzutun, was und sobald es die Reinheit der Verkündi­gung ge­fährdet oder dem Mißbrauch der Sakramente Vorschub leistet. Die Konfirmation gehört also zu den freien Zeremonien, die nicht nötig sind zur wahren Einigkeit der Kirche. Damit ist gesagt, daß keine Kirche den einzelnen Gemeinden die Sitte der Konfirmation als Zwang auf­erlegen darf, denn es könnte durchaus wohlgetan sein, wenn eine Ge­meinde etwa, um offensichtlich zur Sitte gewordenen Mißbrauch des Konfirmandenabendmahls zu begeg­nen, die Konfirmation selber ab­schaffte. Mit der Bezeichnung der Konfirmation als freier Zeremonie ist aber auch gesagt, daß die Gestaltung der Feier nicht einem landes­kirchlichen Zwang unterliegt und darum die Einheitlichkeit nur durch freie Zustimmung der Gemeinden erreicht werden kann, denn alle kirch­liche Ordnung hat nur der Verkündigung des Evangeli­ums und der Ver­waltung der Sakramente zu dienen, und wo sich eine Agende als diesem Zweck hinderlich erweist, da kann kein Kirchengesetz und keine Amts­verpflichtung ihren Gebrauch erzwingen. Damit ist weder pfarrerlicher Willkür oder theologischem Individualis­mus noch gemeindlichem Independentismus das Wort geredet, da nur ein klarer Beweis, daß eine Konfirmationsagende dem genannten Zweck der kirchlichen Ordnun­gen widerspricht, ihre Änderung oder Ersetzung durch eine andere rechtfertigt. Die Beweisgründe können ent­weder in der Feststellung objektiver Lehrirrtümer gegeben sein — ein Beispiel dafür ist die Be­zeichnung der Konfirmation als Erneuerung des Taufbundes, die sich in der württembergi­schen Agende findet, — oder (und in diesem Fall dürfte immer ein Lehrirrtum im Hintergrund stehen) in der Unverein­barkeit der agendarischen Formeln mit dem vorfindlichen Tatbestand bzw. mit der Begrenztheit menschlichen Urteils über das Ereignis des Glaubens — so ist es z. B. eine unerträgliche Zumutung, wenn die baye­rische Agende im Eingangsgebet jede Ge­meinde zum Dank verpflichtet „für deine große Güte, daß du diese unsre Kinder solcher Er­kenntnis gewürdigt hast, durch die sie deinen Sohn Jesum Christum und die Wahrheit des Evangeliums … von Herzen glauben …“. Hätte man mehr von der christlichen Freiheit gegen­über den Zeremonien in der Konfirmationspraxis Gebrauch gemacht, so wäre einerseits der viel­fachen Überschätzung der Konfirmation in den Gemeinden, als wäre sie ein drittes Sakra­ment oder mindestens eine notwendige Vervollständigung des Taufsakramentes, wirksam begegnet worden, und hät­ten andererseits die kirchlichen Obrigkeiten mehr Anlaß gehabt, Agen­den zu schaffen, die sachlicher Prüfung standhalten, keine Gewissens­not erzeugen und darum den Anspruch auf einhellige und freiwillige Annahme erheben können.

Zweitens ist es nötig festzustellen, daß die Konfirmation mit Schul­entlassung, Reifezeit, Hinaustreten „ins Leben“, überhaupt mit der Wichtigkeit eines bestimmten Alters oder Le­bensabschnittes restlos nichts zu tun hat. Wenn eine Gemeinde irgendwelche Bedeutsamkei­ten des Lebens und der Geschichte zum Anlaß besonderer Gottesdienste machen will, so bleibt ihr das unbenommen, sofern nicht irgend eine Weihe, sondern die Verkündigung von Gottes Wort die Absicht ist, aber das Alter hat für die Konfirmation nur soviel Relevanz, als es ein Mit­bestimmungsfaktor für die Unterrichtbarkeit des jungen Menschen ist, und darum darf die Konfirmation auf keinen Fall mit irgend einem Pubertätsritus auch nur verglichen, geschweige denn teilweise dazu ge­macht werden. Wenn ein Pfarrer oder Lehrer kindlich genug den Ka­techismus erklären und ein zehnjähriges Kind ihn lernen kann, so könnte dieses Kind genau so gut konfirmiert werden wie ein Erwach­sener. Confirmatio est catechesis — und nicht Festigung oder Fürbitte für einen bestimmten „kritischen“ Lebensabschnitt. Festi­gung „für das Leben“, d. h. also für den Kampf gegen Fleisch, Welt und Satan, gibt allein der Heilige Geist, und darum ist das Hören und Lernen des Wor­tes Gottes stets die dringendste Aufgabe, bei der die beliebte Formel „heute mehr als je“ sinnlos ist, und wer in der Konfirma­tion einen Fürbittegottesdienst für die Schulentlassenen sieht, der muß sich schon den Ver­dacht gefallen lassen, daß er einer Sache, in der er sich anders nicht mehr zu raten weiß, durch Beilegung eines neuen Sinnes noch aufhelfen will. Die ganze pädagogische Betrachtungs­weise der Feierlichkeit als solcher („ein Halt fürs Leben“, „Vermittlung von bleibenden Ein­drücken“) ist nur eine milde Abart der pietistischen Theorie, nach der die christliche Unter­weisung ihre Fruchtbarkeit in einem möglichst sicht­baren Bekehrungsakt zu beweisen und die Konfirmation diese Bekeh­rung entweder zu bestätigen oder vollends auszulösen hat.

Dabei stehen wir bei der grundsätzlichen Verkennung der Konfir­mation als eines Bekenntnis- und Gelöbnisaktes der Kinder, durch den sie in die Vollgliedschaft der Kirche aufgenommen werden und das Recht der Teilnahme am Abendmahl erhalten. Es ist völlig richtig, daß die Konfirmation nur in der Ausrichtung von der Taufe über die Un­terweisung zum Abendmahl ihren Ort und ihre Wesensbestimmung hat, aber es ist falsch, die Gliedschaft zur Kirche Jesu Christi in Stufen ein­zuteilen, so wie etwa ein weltliches Kollektiv Anwärter, ordentliche und außerordentliche und vielleicht gar Ehrenmitglieder hat, so ver­lockend es scheinen mag, die Einordnung in die Kirche stufenweise auf­zubauen und so die Kirche selber wieder in konzen­trischen Kreisen zu schauen als Kirche der Getauften, der Unterwiesenen, der „Kirchlich-Ge­sinnten“, der Tischgemeinde des Herrn und endlich der Erwählten. Wer zur Gliedschaft der Kirche, also zur Gemeinschaft der Gläubigen gehört, darüber entscheidet das Urteil des Herrn allein; die Kirche selber ist da, wo das Evangelium und die Sakramente sind, verkündigt und gereicht, gehört und empfangen werden, und darum sind die ge­tauften Kinder ganz und gar Glieder der Kirche, und was sie später hören, ist nichts anderes, als was ihnen mit der Taufe schon zugesagt und versprochen ist, und was sie im Abendmahl empfangen, ist nichts ande­res, als was das Wort von der Versöhnung auch anbietet: Heben, Kindschaft Gottes, Gnade, Seligkeit und Verdammung und Tötung des Fleisches und der Sünde. Wo man natürlich bei der heiligen Taufe die Praxis übt, wahllos eben zu taufen, auch wo man von offener Ab­lehnung des Evangeliums durch Eltern und Paten weiß, wo die Geist­lichen beauftragt sind, jedem nachzurennen und ihm die Taufe seines Kindes aufzudrängen, und man so die Perlen vor die Säue wirft, da wird man auch wohl einen Heilsweg in die Kirche hinein konstruieren, aber dann um so sicherer demselben Irrtum verfallen wie bei der Taufe und alles tun, um nur ja alle Getauften zu „Vollmitgliedern“ der Kirche zu machen. Freilich muß das dritte Gebot unermüdlich gepredigt wer­den, weil es mit der Taufe uns schon gegeben ist, d. h. die Taufe invol­viert die christliche Unterweisung, weil die Eltern die Geistlichen ihres Hauses und weil die Paten die „Ältesten“, die von der Gemeinde dem Hause beigegebenen Räte sind, aber es ist ein Mißstand von ungeheu­rer Tragweite, wenn man die christliche Unterweisung[2] auf die Schule und heute gar auf das Minimum des Religionsunterrichtes beschränkt und die Eltern nur insoweit wieder mehr dazu verpflichtet werden, als der Schul- und der Religionsunterricht in Bezug auf christliche Unterweisung zeitlich und inhaltlich verkürzt erscheinen. Es ist nicht so, daß die Eltern heute „mehr als je“ für die christliche Unterweisung verant­wortlich seien, sondern sie sind es immer ganz, sofern sie als Gemein­deglieder immer auf nichts mehr zu achten haben als darauf, daß sie und ihre Kinder das lautere Wort Gottes zu hören bekommen. Gegen die Auflösung der christlichen Lehre auf hohen und niederen Schulen durch „kirchli­che“ Lehrer hat sich die Kirche nicht gewehrt, man hat im Gegenteil mit Vorliebe die zu Reli­gionslehrern gemacht, die am anpas­sungsfähigsten mit Gottes Wort umzugehen verstanden, und neben den Religionsunterricht setzte man den Konfirmandenunterricht als not­wendige Stufe zur Verkirchlichung der Unterweisung mit fest umgrenz­ter Stundenzahl, und wer ihn durchlief, hat ein Anrecht auf die Kon­firmation und mit ihr das Anrecht auf Abendmahls­empfang. Aber um nun sicher zu gehen, daß die Vollmitgliedschaft und das Abendmahls­recht redlich erworben sind, mußte man nun auch den vollen Erfolg der Unterweisung bzw. der angeblich christlichen „Erziehung“ offenbar machen, und das geschieht bis heute in der Form des Bekennens und Ge­lobens der Kinder.

Es gehört zum eindeutigen Bestandteil christlicher Unterweisung in allen reformatorischen Kirchen, daß der Glaube Geschenk und Werk des Heiligen Geistes ist und auch die geringste Einräumung an den freien Willen oder an die Natur, sich für dieses Geschenk würdig zu machen, sich dafür aufzuschließen, darauf vorzubereiten, ihm entge­genzukommen, das kleinste Zugeständnis an eine aktive Beteiligung des Menschen hinsichtlich des Ereignisses der Offenbarung Gottes in Christus eine Preisgabe des sola gratia, einen Rückfall in die katho­lische Lehre über Natur und Gnade, eine Verfälschung der Erbsün­denlehre, eine Entehrung Christi, einen Abbruch an der Totalität der Gnade als Befreitwerden von der anders unbe­zwinglichen Macht der Sünde, des Todes und der Hölle, also schlechthin Werkgerechtigkeit bedeutet. Ist das Verdienen der Gnade ausgeschlossen, so ist auch das nachträgliche Abver­dienen, d. h. die Heiligung als eine die Begnadi­gung nachträglich rechtfertigende menschliche Leistung ausgeschlossen. Kann sich der Christ nur seines Herrn rühmen, weil es der Geist und die Kraft Gottes allein ist, durch welche der Glaube gute Werke tut, so ist es Raub an der Ehre Gottes und Anmaßung, sich selber die Fähigkeit zuzusprechen, „den Glauben festzuhalten bis ans Ende“ und also Früchte des Glaubens hervorzubringen. Das geschieht aber, wo gelobt oder versprochen wird, das Gesetz zu halten, es zu erfüllen durch Leben, Leiden und Sterben nach Gottes Wort und Willen. Das zu geloben oder zu versprechen, heißt nicht bloß Unmögli­ches geloben, sondern das eigene Bekenntnis selber wieder aufheben. Wenn ich doch beken­ne, daß wir täglich viel sündigen und wohl eitel Strafe verdienen, so darf ich nicht im Wider­spruch, zu diesem Bekenntnis versprechen, nicht mehr zu sündigen. Wenn die Taufe das Leben zu einer täglichen Buße macht, so kann die erschütterndste Bekehrung nicht mit dem Gelöbnis verbun­den sein, Jesus von nun an ganz gewiß treu zu sein. Nicht etwa nur die Tat­sache, daß mit gutem Grund von vielen Konfirmanden angenommen werden muß, daß sie ihr Versprechen nicht erst später, sondern im Akt des Versprechens selber schon nicht mehr ernst nehmen, sondern das sola gratia, das evangelische Bekenntnis, das Wesen des Glaubens und der Buße und des neuen Lebens schließen ein Konfirmationsgelöbnis oder -versprechen schlechterdings aus. Das Verfahren des Petrus „und wenn ich mit dir sterben müßte, so will ich dich nicht verleugnen“ war gewiß ernst gemeint, aber es war Widerspruch gegen die Gna­de als Gnade, es war Überheblichkeit. Versprechen oder Geloben, mit wel­chem Grad von Feierlichkeit es auch geschehen mag, ist sinnvoll nur, wo grundsätzlich mit der Möglichkeit des Haltens gerechnet wird. Es gibt also Gelübde gegen Gott, aber nur in der Begrenzung bestimmten Tuns oder Nichttuns, also das Gelübde bestimmter Almosen oder Opfer oder Enthaltsamkeiten, Gelübde, wie sie das Alte Testament vielfach kennt und deren „Bezahlung“ es fordert, oder wie auch Paulus sie kannte und auf sich nahm. Wo aber Umstände, auf die mein Wille keinen Einfluß hat, das Halten verhindern, habe ich mein Versprechen nicht gebrochen, denn alles Versprechen steht unter der Beschränkung: soviel an mir liegt. Aber eben wo es um den Glauben geht, geht es um Gottes Zusage eines Geschehens, das schlech­thin nur durch Gott ge­schieht, wo also gerade geleugnet wird, daß auch nur das Geringste meinerseits dazu- oder davongetan wird. Israel kommt über das Rote Meer, weil Gott es versprochen hat, und nicht, soviel an ihm liegt; wir werden auferstehen, weil Christus für uns auferstanden ist, und nicht, soviel an uns liegt; wir glauben, daß Gott uns bewahren wird un­sträf­lich bis auf den Tag Christi, und nicht, daß wir unsträflich sein wer­den, soviel an uns liegt. Soviel an uns liegt, können wir nur die Treue brechen, nur sündigen, nur sterben, nur verloren gehen.

Gegen die These, Gott den Glauben für die Zukunft zu versprechen, sei nicht nur ein unmögli­ches, sondern ein glaubenswidriges Verspre­chen, wird wohl zunächst eingewandt werden: Das gibt der Glaubende doch zu, daß er ohne Gott nichts vermag, dieses Versprechen ist ja ge­rade darum ein Versprechen im Glauben, weil auf Gottes Hilfe gebaut, weil ihm geglaubt wird, er werde seines Geistes Gnade und Kraft da­zu geben; auf Grund seiner Treue wird ihm Treue versprochen. Dage­gen ist zu sagen: Gottes Treue ist Treue gegenüber Untreuen, ist Er­barmen über den Schuldigen, und wo ihr geglaubt wird, da ist freilich die Verpflichtung zum Kampf gegen die Sünde, die Verpflichtung zur Sündlosigkeit und zur Vollkommenheit aner­kannt, aber gerade nicht als eine Aufgabe, der wir nun auch nur im geringsten selber gewach­sen wären, nicht als ein Werk, das uns nun gelingen müßte, nicht als ein Gesetz, dessen Erfül­lung nun in unserer Kraft läge. Wir glauben nun gewiß nicht mehr an die Macht der Sünde, der Welt, des Todes, des Teufels, nicht mehr an unsre Ohnmacht und Verlorenheit, aber eben­sowenig an unsern eigenen Sieg, an unsre Macht und unsern Mut und unsre Treue. Die katho­lische und schwärmerische Heiligkeitslehre ist des­halb die große und stete Versuchung der Kirche, weil sie mit Nachdruck das Werk Christi, die Gnade Gottes, die Verheißung des Gei­stes, die Buße voranstellt, aber dann für deren freie Verfügung und Verwen­dung als Gehor­sam ein eigener Heiligkeitscharakter und so für das Fleisch ein inhärierender Geistbesitz in Anspruch genommen wird, auf den sich das Vertrauen des Gläubigen auch noch ausdehnt. So entsteht das Selbstvertrauen der Kirche vom Infallibilitätsdogma bis herunter zur geheimsten Selbstgefälligkeit des demütigsten Bekehrten. Im Geiste angefangen und im Fleisch geendet! Aber der Glaubende glaubt die einmal geschehene Erlösung als ihm jetzt zugeteilte und einst sichtbar werdende: Der Zusammenhang dieses Damals, Jetzt und Einst liegt je­doch aus­schließlich in der ewigen Treue und Wahrhaftigkeit Gottes; so wenig ich um der Erwählung in Christus willen im Glauben rück­wärtsschauend sagen kann: Gott hat mich bisher von allen Sünden bewahrt, sondern an die Vergebung aller meiner Sünden glaube, so wenig kann ich vorwärtsschauend um der Freudigkeit am Tage des Gerichts willen sagen: Gott wird mich künftig vor allen Sünden bewah­ren, sondern ich glaube an die Tötung des Fleisches der Sün­den. Der Glaube ist doch das Eingeständnis, daß Gott mit Recht gerichtet hat, richtet und richten wird; er kann nicht die Bundestreue Gottes befesti­gen durch die Garantie eigener Treue, und er kann gerade nicht aus der Einsetzung zum Haushalter Gottes seine Befähigung zum Treuhänder Gottes ableiten. Weil also die Gewißheit des Glaubens allein in seinem In­halt, im Wort und in der Verheißung Gottes ihren Grund hat und nicht in der Kräftigkeit der Überzeugung von der ewigen Gültigkeit dieses Inhalts, weil schlechterdings keine Adäquat­heit zwischen Gefäß und Inhalt besteht, weil der Glaube dem Glaubenden ein unfaßbares Wunder ist und bleibt, so kann von einem Gelöbnis, Glauben zu halten, schlechterdings keine Rede sein. Damit ist ein Veto eingelegt gegen die meisten Konfirmationsagenden evangeli­scher Kirchen, sofern sie vom Konfirmanden ein Gelöbnis fordern, auch wenn das Gelöbnis sich stützt auf die verheißene Hilfe Gottes, d. h. also auf Gottes Treue. Ist die Treue Gottes die einzige feste Burg, so wird damit die Unzuver­lässigkeit und Brüchigkeit von allem andern, was nicht Er selber ist, behauptet, und es bleibt eben allein beim Glauben an seine Treue; wird aber von seiner Treue die eigene so abgeleitet, daß sie im Herzen oder öffentlich, mit Zuver­sicht oder Furcht versprochen wird, so wird da­mit schon wieder eine Versicherung und Sicherheit für nötig erachtet zum Glauben hinzu, durch die ich vor der Gemeinde und vor Gott mich selber ans Gesetz, an die Werke und Früchte, an den Gehorsam nicht bloß erinnere mit einem „so lasset uns denn ablegen die Sünde“, son­dern mich selber an sie binde, um so besser gegen Untreue geschützt oder der Treue Gottes empfehlenswerter zu sein. Wird die Berufung auf Gottes Hilfe oder Geist oder Kraft oder Gnade oder Verheißung nicht ausgesprochen, so ist mit einem Treuegelöbnis offen der katholisch-schwärmerische Weg beschritten, das sem­per peccator geleugnet; wird aber diese Berufung ausgesprochen, so gelobe ich in Wirklich­keit gar nichts, sondern spreche eine Tautologie aus: wenn Gott mich vor der Sünde bewahrt, so werde ich nicht sündigen, oder: wenn diese Arznei mir helfen wird, so werde ich gesund werden. Die bayrische Agende fragt die Konfirmanden: „Wollet ihr auch zu aller Zeit vor Gott und Men­schen diesen Glauben, darin ihr nach dem Bekenntnis unsrer evange­lisch-lutherischen Kirche unterwiesen seid, bezeugen durch Wort und Wandel und darin verbleiben bis in den Tod?“ Die Kinder antworten: „Ja, durch die Hilfe des Heiligen Geistes.“ Darauf sagt der Geistliche: „Reichet mir nun zur Bekräftigung dieses eures Gelübdes die rechte Hand …“ Die hannoversche Agende: „Gelobet ihr, diesem Glauben gemäß zu wandeln, euch vor Sünden zu hüten und gottselig zu leben, so sprechet: Ja, durch Gottes Gnade.“ Auch die badische Agende und die der altpreußischen Union reden unbedenklich von einem Gelübde der Konfirmanden bzw. ihrem Gelöbnis, während die württembergische diesen Ausdruck nicht gebraucht, sondern nur von „redlichem Vorsatz“, „frommer Entschließung“ und „Ver­sprechen“ redet. Dazu ist zu sagen: Wie immer der Wortlaut der Fragen heißen mag, ist das Ja der Konfirmanden ein Gelöbnis oder Versprechen, so ist immer damit gemeint ein Gelöbnis Gott gegenüber, und zwar inhaltlich das Versprechen der Permanenz des Glaubens und des Lebens aus dem Glauben, also ein Versprechen der Erfüllung des Gesetzes Gottes. Das gilt auch vom Versprechen der Treue gegenüber der Kirche und der Einhaltung ihrer Ordnungen, denn die Kirche, die sich zu Christus be­kennt, kann mit dieser Treue und diesem Gehorsam ja nur Treue und Gehorsam gegen ihren Herrn meinen und nicht bedingungslose Bin­dung an Personen oder Gebräuche oder Gesetze. Dann aber gibt es keinen Konfirmanden, der sein Gelübde oder seine „frommen Ent­schließungen“ wirklich nie außer Kraft gesetzt hätte, und keinen, der in Zukunft sie halten würde, und keinen, der sie überhaupt halten könnte, und kei­nen, der, wo anders er tatsächlich im evangelischen Verständnis des Glaubens unterwiesen ist, auch nur der Meinung sein dürfte, er könnte das halten, was er da verspricht. Christus allein ist der Anfänger und Vollender unsres Glaubens, und er allein hat das Gesetz für uns erfüllt. Gerade im Glauben wissen wir, daß unsre Treue ein leerer Wahn ist und daß wir, gerade wo unser Bekenntnis zu Chri­stus randvoll der Gewißheit, unser Leben voller Zeugnischarakter der Bruderliebe, unsere Bereitschaft, für Christus zu sterben, unerschütter­lich, unsere Hoff­nung keinem Zweifel zugänglich ist, doch für all das nicht für die nächste Stunde und nicht mit dem geringsten Maß auch nur der Wahrscheinlichkeit Gott garantieren können, weil Er nun ein­mal in Christus sich als der alleinige Garant des Bundes mit uns geoffenbart hat und, wenn man schon so sagen will, die Gegenzeichnung im Glauben geschieht, aber nun gerade nicht im Sinne eines Kontrahen­ten, der zur Gültigkeit des Bundes irgend etwas beitragen müßte, könnte oder wollte als eben die Anerkennung der Gültigkeit, den Glauben, der aber selber gerade kein menschlicher Beitrag, sondern widerfahrenes Wunder der Erleuchtung ist. Der Mensch ist und wird nie bundeswürdig oder bundesfähig anders als durch Begnadigung, und der Mensch hat keine Möglichkeit, die Kreditwürdigkeit dessen, der das Bundesangebot macht, irgendwie vorher oder außerhalb des Bundes zu erproben, und keine Möglichkeit, durch die tatsächliche Übernahme von Verpflichtungen Gottes Treue zu binden, und kein Recht, durch die gewiß nicht beabsichtigte, aber auch nicht zu vermeidende eigene Nichterfül­lung dieser Verpflichtung einen Rücktritt Gottes von seinem Bund für beabsichtigt oder für unvermeidlich zu halten, sondern er hat immer nur an Gottes Wahrhaftigkeit, Gottes Treue, Gottes Vorsatz und Entschluß und Absicht zu glauben und damit — sich selbst zu ver­leugnen! Der Glaube bekennt, aber er gelobt nicht Standhaftigkeit, er gehorcht, aber er verspricht nicht Gehorsam, er ist frei für den Augen­blick, für das Jetzt, weil die Vergangenheit bereinigt, die Schuld be­deckt ist; er ist wach und bereit für die Zukunft des Herrn, aber er ge­lobt nicht das Ausharren bis ans Ende.

Nun wird das Konfirmationsgelöbnis meist begründet mit der ei­genen Übernahme des Tauf­gelöbnisses. Die bayrische Agende z. B. sagt: „Bereitet euch, vor Gott und dieser christlichen Gemeinde das Bekenntnis eures christlichen Glaubens abzulegen und das Gelöbnis eures Tauf­bundes zu erneuern“ und nachher: „So erkläre ich hiermit euer Taufgelübde für bestätigt …“ In einer Fassung der Agende der Alt­preußischen Union wird geradezu die Abrenuntia­tionsformel der Taufe aufgenommen und gefragt: „Wollt ihr nun im Vertrauen auf Gottes Gnade den Weg des Glaubens gehen, wider die Sünde ritterlich kämpfen und im Gehorsam gegen Gott und euren Herrn Jesus Christus wan­deln, so bezeugt das mit den Worten eures Taufgelöbnisses.“ Konfir­manden: „Ich entsage dem Bösen (Teufel) und allen seinen Werken und allem seinem Wesen und ergebe mich dir, du dreieiniger Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist, im Glauben und Gehorsam dir treu zu sein bis an mein letztes Ende.“ Die Hannover­sche Agende: … „eure Paten ha­ben an eurer Statt euren Glauben bekannt und in eurem Namen dem Teufel und allem seinen Wesen und allen seinen Werken abgesagt … Nun aber seid ihr … bereit …, selbst … vor Gott und dieser christ­lichen Gemeinde zu bekennen und zu geloben“ … Hier ist rundweg zu verneinen, daß es ein Taufgelöbnis gibt. Die Abrenuntiation ist frei­lich einfach die unablösbare Kehrseite des Glaubensbekenntnisses, gleich­sam die negative For­mulierung des Credo, unausgesprochen in ihm ent­halten; daß sie gerade bei der Taufe beson­ders ausgesprochen wird, hat seinen guten Sinn. Hier wird dem Menschen ja bezeugt, daß Christus ihn aus des Teufels Macht erlöst und für sich erworben und gewonnen hat. Glaubens­bekenntnis und Absagung an den Satan werden von Er­wachsenen als von Gliedern der so und nicht anders sich zu Christus und gegen den Satan bekennenden Gemeinde und damit auch für die nun für diese Gemeinde bestimmten und von ihr in diesem Bekenntnis zu unterweisenden Kinder bejaht. Aber wie das Bekenntnis kein Ge­löbnis ist, so auch nicht die Abrenuntiation. Es sind beides präsentische Aussagen und nicht futurische Versprechen, durch die der Glaube dann doch wieder ein Diensteid würde, der die Freiheit des Willens zur Vor­aussetzung hat. Gott hat geschworen, gelobt, ja, sich in Christus verlobt mit der Gemeinde, mit der Hure, die durch ihren Glauben rein und heilig ist. Aber die Gemeinde ist Braut und nicht Frau, die Hochzeit des Lammes steht noch aus. Die Braut braucht gar nicht zu schwören, so gewiß sie sich bereit macht zur Hochzeit; sie glaubt und weiß sich ver­sprochen, verlobt und nach antiker Sitte sogar gekauft. Wann wird der falsche Enthusiasmus des Weitergleitens vom Glauben und Bekennen ins Schwören und Geloben aus den Agenden und Gesangbüchern ver­schwin­den! Wer von einem Taufgelöbnis von Seiten des Täuflings redet, wird freilich auch bei der Konfirmation ein Gelöbnis fordern, aber muß er da nicht schließlich dem Vorschlag eines Katholiken seine Zustim­mung geben, die Kirche solle die Firmung zu einer christlichen Jugend­weihe gestalten durch „Ritterschlag für einen Lebensbund mit dem Hei­ligen Geiste“? Man muß geradezu sagen: nur wo das Bekennen nicht mit einem Treueschwur verwechselt oder verbunden wird, ist an der Verpflichtung zur Treue, zur Beständigkeit des Glaubens, zur Sündlosigkeit und Heiligkeit nichts abgebrochen, ist das Glaubensbekenntnis zugleich Schuldbekenntnis und Gebet und beides eben nur so in der Gewißheit der Vergebung und Erhörung, daß weder der Grad der Reue noch der Grad des Wunsches und Vorsatzes auch nur die geringste Nebenstütze für diese Gewißheit bildet. Gerade eine gelobende „Be­kräftigung“ des Bekenntnisses dagegen ist in Wirklichkeit seine Ent­kräftung.

Entwurf eines Konfirmations-Formulars

Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Unsre Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. O Herr hilf! o Herr, laß wohlgelingen! Amen.

Liebe Gemeinde unseres Herrn Jesus Christus! Durch die heilige Taufe sind diese unsre Kin­der Eigentum unseres Herrn und Heilandes geworden. Gott hat uns allen durch dieses Sakra­ment bezeugt, daß er unser gnädiger Gott und Vater sein wolle, uns alle Sünde vergebe und uns an Kindes Statt annehme. Damit wir dieser seligen Berufung gewiß seien und solcher väterlichen Gnade und Verheißung uns täglich erinnern, hat uns Gott sein Wort reichlich kundgetan und uns befohlen, es allenthalben zu predigen, zu hören und zu lernen. Darum sind auch diese Kinder unterwiesen worden im Wort der Wahrheit, wie es uns in der Heiligen Schrift gegeben und im Bekenntnis unsres christlichen Glaubens zusammengefaßt ist. Gott weiß wie viel wir alle in der Gemeinde, besonders die Eltern, Paten, Lehrer und Prediger, unsern Kindern schuldig geblieben sind an treuer Fürbitte, ernster Zucht und Vermahnung zum Herrn und wie oft unser Wort und Wandel sie zum Bösen versuchte und verführte; aber Seine Treue ist groß und Sein Wort bleibet in Ewigkeit.

Nun sind heute diese Kinder unter uns versammelt, um Rechenschaft zu geben von dem, was sie gelernt haben, damit wir aus ihrem Munde das Bekenntnis des evangelischen Glaubens hören. So vermahne ich denn die ganze Gemeinde: ihr wollet euch ernstlich prüfen, ob ihr in diesem Glauben stehet, damit wir einmütig den wahren lebendigen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist preisen als das Volk seiner Herde und die Schafe seiner Weide. Diese Kinder aber befehlen wir unseren Herrn und Hirten Jesus Christus, der auch für sie gekreuzigt und auferstanden ist, daß Er sie erhalte bei seinem Wort und seinen Sakramenten und sie tüch­tig mache zum Erbteil der Heiligen im Licht. In seinem Namen erbitten wir den Segen des Vaters über sie und nach seinem Befehl laden wir sie zur Gemeinschaft seines Tisches, daß wir alle durch sein gnadenreiches Mahl erneuert, geheiligt und gestärkt werden als Ein Leib und wachsen in allen Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus.

Lasset uns beten! Lieber himmlischer Vater! Wir danken dir, daß du uns und unsre Kinder in dein Reich berufen, in deine Kindschaft aufgenommen und zu Miterben deines lieben Sohnes gemacht hast. Herr, was ist der Mensch, daß du sein gedenkst, und des Menschen Kind, daß du dich sein annimmst! Du weißt, wie so gar nichts an uns ist, das uns solcher Ehre würdig machen könnte, und weil du allein um unsres Herrn Jesus Christus willen uns diese Gnade erwiesen hast, so bitten wir dich: hilf doch, daß wir unsere Zuversicht allein auf deine Barm­herzigkeit setzen, die du in deinem Sohne geoffenbart hast und deiner Gemeinde im Wort und in den Sakramenten kundtust. Ach bewahre uns und unsre Kinder vor Leichtsinn und Ver­stockung und gib uns deinen Heiligen Geist, daß er uns zur Buße leite und im Glauben regiere und im Leiden tröste und wir alle wachsen in der Erkenntnis deiner Wahrheit und im Gehor­sam gegen deine Gebote. Herr, der du Herzen lenkst wie Wasserbäche, laß dir diese Kinder befohlen sein, daß dein Wort auch unter ihnen viel Frucht bringe und sie stark mache wider alle Versuchungen des Bösen. Verbanne alle Heuchelei aus unserer Mitte und mach unser Herz fest und unsern Gang gewiß in deinem Wort, daß wir einmütig als deine Gemeinde fest­halten am Bekenntnis der Hoffnung und nachjagen dem Kleinod unsrer himmlischen Beru­fung. Nimm uns in deine väterliche Zucht, daß wir dankbar werden in allen Stücken und treu und tüchtig zu allem guten Werk, auf daß dein Name bei uns geheiligt werde, deine Ehre unter uns wohne und deine Gnade gepriesen werde von Geschlecht zu Geschlecht. Amen.

Und nun lasset uns hören, was euch als Bekenntnis der christlichen Kirche bezeugt wurde.

Hier folgt das Konfirmationsbüchlein der evangelischen Kirche Württembergs; 66 Fragen und Antworten, gegliedert nach den 6 Hauptstücken: Taufe, Glaube, Gebet, Gebote, Abendmahl, Schlüsselamt. Hierauf vom Lied 21 des Württembergischen Gesangbuches (Nun lob mein’ Seel den Herren) V. 4: „Die Gottesgnad alleine –“

Ihr habt das Bekenntnis unseres evangelischen Glaubens inmitten der Gemeinde wiederholt, und da ihr auf den Namen des dreieinigen Gottes getauft und auch im Glauben an ihn unterwiesen seid, so frage ich euch nun: Ist es euer Wunsch und Wille, Glieder der Kirche Jesu Christi zu sein und zu bleiben? — Antwort: Ja (oder: Ja, dazu helfe uns Gottes Gnade!)

Da die Kirche Jesu Christi die Herde dessen ist, der für uns gestorben und auferstanden ist, so frage ich euch:

Wollet ihr dessen eingedenk sein, daß Jesus Christus der alleinige Herr und Helfer und Hirte ist und der Glaube an ihn unser einziger Trost im Leben und im Sterben? Antwort: Ja (oder: Ja, dazu helfe uns die Gnade unseres Herrn Jesu Christi!).

Da Christus durch sein Wort und Sakrament die Herrschaft seines Geistes unter uns aufrich­tet, so frage ich euch:

Seid ihr bereit, mit uns getreulich auf die frohe Botschaft des Wortes Gottes nach den Schrif­ten des Alten und Neuen Testamentes zu achten und am Abendmahl unseres Herrn teilzuneh­men? Antwort: Ja (oder: Ja, dazu helfe uns die Gnade des Heiligen Geistes!)[3].

Hierauf Lied 21, V. 5: „Sei Lob und Preis mit Ehren.“

Liebe Kinder! Der Herr Christus will euch seine Gnade und Macht bestätigen, und auch ihr sollt hinfort mit seiner Gemeinde teilnehmen dürfen an den Gaben seines heiligen Mahles, durch das er selber wahrhaftig und gegenwärtig uns speist und tränkt zum ewigen Leben. Er will uns damit trösten und stärken in aller Anfechtung, damit wir seiner Barmherzigkeit froh werden und auch einander herzlich lieben, wie Er uns geliebet hat bis in den Tod. So ermah­nen wir euch mit den Worten des Apostels: Seid nüchtern und setzet eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch angeboten wird durch die Offenbarung Jesu Christi, als gehorsame Kin­der.

Wir alle aber wollen wie die ersten Jünger beständig bleiben in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. Denn dieweil wir einen großen Hohenprie­ster haben Jesum, den Sohn Gottes, der gen Himmel gefahren ist, so lasset uns halten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unsern Schwachheiten, sondern der versucht ist allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde. Darum lasset uns herzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf daß wir Barmher­zigkeit empfangen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hilfe not sein wird. Er, der treue Herr, hat uns verheißen, daß wir nicht umsonst seinen Namen anrufen werden, und Er gibt uns auch die Vollmacht, einander zu segnen in seinem Namen. Darum, ihr Kinder, reichet mir nun ein jedes die Hand und empfanget den Segen des Herrn.

(Es folgt die Einsegnung)

Lasset uns beten! Herr, unser Gott! Lieber himmlischer Vater! Du bist Licht und wohnst in einem Licht, da niemand zukommen kann.

Aber du hast der Welt in deinem Sohne den Glanz deiner Herrlichkeit und das Ebenbild dei­nes Wesens kundgetan und hast in ihm dein Volk besucht und erlöst und auch uns berufen von der Finsternis zu deinem wunderbaren Licht. O Herr, wir und alle unsre Väter haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen vor dir und hätten es verdient, daß du das Licht dei­nes Wortes von uns nehmest und wir behalten werden auf den Tag des Gerichts; aber noch dürfen wir den Ruf deiner Barmherzigkeit hören und läßt du unter uns aufgehen das helle Licht deines Evangeliums. Wir bitten dich, erhalte uns bei deinem Wort und erleuchte, regiere und führe uns durch deinen Heiligen Geist, daß wir uns nicht ärgern an der Armut und Schwachheit deiner Kirche. Behüte du uns vor des Teufels Reich, vor falscher Lehre und allen sündlichen Lüsten des Fleisches und lehre uns halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens. Du treuer Gott, der seinen Bund und die Barmherzigkeit hält denen, die dich lieben und deine Gebote halten, in tausend Glieder, wir bitten dich für unsre Kinder: Erhalte sie bei dem Einen, daß sie deinen Namen fürchten! Rüste sie frühe mit deiner Gnade und laß sie mit uns beharrlich kämpfen und mit Geduld laufen nach dem Kleinod unsrer himmlischen Berufung, bis wir den Sieg gewinnen und uns deiner ewigen Hilfe rühmen in der Offenbarung deines Reiches in Christus Jesus, unserm Herrn. Amen. —

Vaterunser und Segen.

Ursprünglich veröffentlicht in Evangelische Theologie 4, 1937, S. 81-96.

Quelle: Paul Schempp, Gesammelte Aufsätze, TB 10, München: Chr. Kaiser, 1960, S. 107-121.


[1] Vgl. dazu: W. Niesel, Die Konfirmation nach einem reformatorischen Formular, Ev. Theol. I 1934, S. 296 ff.
[2] Man sagt besser nicht „christliche Erziehung“, weil heute mit dem Wort Er­ziehung mehr gesagt ist, als sich mit dem Beiwort christlich verträgt, sofern man nämlich meint, die Herzen lenken zu können, was Gott allein zu­steht, während christliche Erziehung nur das Amt des Gesetzes meinen kann, das freilich, wo es Gott gefällt, in der Freiheit des Evangeliums enden kann.
[3] Die Dreizahl der Fragen ist nur um des Herkommens willen als Möglichkeit beibehalten; grundsätzlich sollte die erste genügen; die Antwort auf sie ist kein Versprechen, sondern das Bekenntnis, das der Bitte entspricht: „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort!“

Hier Schempps Text als pdf.

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