Das ist eine theologische Frage, die es zu bedenken gilt: Darf bei der Konfirmation von den Konfirmanden ein Versprechen bzw. ein Gelöbnis in Sachen Glauben und Kirche eingefordert werden? Paul Schempp hatte seinerzeit dies 1937 in der Zeitschrift Evangelische Theologie verneint und einen Alternativentwurf geliefert:
Von Paul Schempp
„Die Konfirmation, eine herrliche Erfindung, wenn man ein Doppeltes annimmt: daß der Gottesdienst darauf ausgeht, Gott für Narren zu halten, und daß er hauptsächlich Anlaß zu Familienfeiern geben soll … ‚Das zarte Kind‘, sagt die Christenheit, ‚kann ja das Taufgelübde nicht persönlich übernehmen, dazu gehört eine wirkliche Persönlichkeit‘. So hat man denn… das Knabenalter dazu gewählt. Diese wirkliche Person, da ist gar nichts im Wege, sie ist Manns genug, das für das Kindlein abgelegte Taufgelübde persönlich zu übernehmen. Ein Junge mit 15 Jahren! Handelte es sich um 10 Taler, so würde der Vater sagen: ‚Nein, mein Junge, das kann man dir nicht überlassen, dafür bist du hinter den Ohren noch nicht trocken genug.‘ Wo es sich aber um die ewige Seligkeit handelt und wo eine wirkliche Persönlichkeit hergehört, welche die Verpflichtung des Kindleins (die doch eigentlich nicht ernst gemeint sein konnte) durch ein Gelöbnis mit persönlichem Ernst übernähme: da ist das Alter von 15 Jahren das passendste.“ Hat Kierkegaard mit seinem sarkastischen Angriff auf die Konfirmation als den Versuch, „die ganze Gesellschaft meineidig zu machen“, recht? Es ist keine Frage, daß die sog. Konfirmationsnot immer in irgend einer Weise um das Zugeständnis kreist, daß Kierkegaards Einwand nicht restlos zu entkräften ist. Es sollen hier nicht die vielerlei Versuche und Vorschläge, die volkskirchliche Sitte, das Gelöbnis und die Forderung der Ehrlichkeit in erträgliche Eintracht zu bringen, um einen weiteren vermehrt werden, sondern es soll nur die Frage grundsätzlich erwogen werden, ob die evangelische Kirche von den Konfirmanden, ja ob sie überhaupt ein Gelübde des Glaubens fordern kann und darf[1].
Zuerst muß mit Nachdruck betont werden, daß die Konfirmation nicht zu den „unaufgebbaren“ Gütern der Kirche gehört. Die Kirche kann nur auf die Wortverkündigung der biblischen und von der Kirche je und je durch Bekenntnisse gegen Irrlehre abgegrenzten Offenbarung und auf die Spendung der Sakramente nie verzichten, alles andere muß ihr grundsätzlich entbehrlich sein, oder sie weiß nichts von der Freiheit der Kinder Gottes; sie muß aber auch jederzeit bereit sein, alles von sich aus abzutun, was und sobald es die Reinheit der Verkündigung gefährdet oder dem Mißbrauch der Sakramente Vorschub leistet. Die Konfirmation gehört also zu den freien Zeremonien, die nicht nötig sind zur wahren Einigkeit der Kirche. Damit ist gesagt, daß keine Kirche den einzelnen Gemeinden die Sitte der Konfirmation als Zwang auferlegen darf, denn es könnte durchaus wohlgetan sein, wenn eine Gemeinde etwa, um offensichtlich zur Sitte gewordenen Mißbrauch des Konfirmandenabendmahls zu begegnen, die Konfirmation selber abschaffte. Mit der Bezeichnung der Konfirmation als freier Zeremonie ist aber auch gesagt, daß die Gestaltung der Feier nicht einem landeskirchlichen Zwang unterliegt und darum die Einheitlichkeit nur durch freie Zustimmung der Gemeinden erreicht werden kann, denn alle kirchliche Ordnung hat nur der Verkündigung des Evangeliums und der Verwaltung der Sakramente zu dienen, und wo sich eine Agende als diesem Zweck hinderlich erweist, da kann kein Kirchengesetz und keine Amtsverpflichtung ihren Gebrauch erzwingen. Damit ist weder pfarrerlicher Willkür oder theologischem Individualismus noch gemeindlichem Independentismus das Wort geredet, da nur ein klarer Beweis, daß eine Konfirmationsagende dem genannten Zweck der kirchlichen Ordnungen widerspricht, ihre Änderung oder Ersetzung durch eine andere rechtfertigt. Die Beweisgründe können entweder in der Feststellung objektiver Lehrirrtümer gegeben sein — ein Beispiel dafür ist die Bezeichnung der Konfirmation als Erneuerung des Taufbundes, die sich in der württembergischen Agende findet, — oder (und in diesem Fall dürfte immer ein Lehrirrtum im Hintergrund stehen) in der Unvereinbarkeit der agendarischen Formeln mit dem vorfindlichen Tatbestand bzw. mit der Begrenztheit menschlichen Urteils über das Ereignis des Glaubens — so ist es z. B. eine unerträgliche Zumutung, wenn die bayerische Agende im Eingangsgebet jede Gemeinde zum Dank verpflichtet „für deine große Güte, daß du diese unsre Kinder solcher Erkenntnis gewürdigt hast, durch die sie deinen Sohn Jesum Christum und die Wahrheit des Evangeliums … von Herzen glauben …“. Hätte man mehr von der christlichen Freiheit gegenüber den Zeremonien in der Konfirmationspraxis Gebrauch gemacht, so wäre einerseits der vielfachen Überschätzung der Konfirmation in den Gemeinden, als wäre sie ein drittes Sakrament oder mindestens eine notwendige Vervollständigung des Taufsakramentes, wirksam begegnet worden, und hätten andererseits die kirchlichen Obrigkeiten mehr Anlaß gehabt, Agenden zu schaffen, die sachlicher Prüfung standhalten, keine Gewissensnot erzeugen und darum den Anspruch auf einhellige und freiwillige Annahme erheben können.
Zweitens ist es nötig festzustellen, daß die Konfirmation mit Schulentlassung, Reifezeit, Hinaustreten „ins Leben“, überhaupt mit der Wichtigkeit eines bestimmten Alters oder Lebensabschnittes restlos nichts zu tun hat. Wenn eine Gemeinde irgendwelche Bedeutsamkeiten des Lebens und der Geschichte zum Anlaß besonderer Gottesdienste machen will, so bleibt ihr das unbenommen, sofern nicht irgend eine Weihe, sondern die Verkündigung von Gottes Wort die Absicht ist, aber das Alter hat für die Konfirmation nur soviel Relevanz, als es ein Mitbestimmungsfaktor für die Unterrichtbarkeit des jungen Menschen ist, und darum darf die Konfirmation auf keinen Fall mit irgend einem Pubertätsritus auch nur verglichen, geschweige denn teilweise dazu gemacht werden. Wenn ein Pfarrer oder Lehrer kindlich genug den Katechismus erklären und ein zehnjähriges Kind ihn lernen kann, so könnte dieses Kind genau so gut konfirmiert werden wie ein Erwachsener. Confirmatio est catechesis — und nicht Festigung oder Fürbitte für einen bestimmten „kritischen“ Lebensabschnitt. Festigung „für das Leben“, d. h. also für den Kampf gegen Fleisch, Welt und Satan, gibt allein der Heilige Geist, und darum ist das Hören und Lernen des Wortes Gottes stets die dringendste Aufgabe, bei der die beliebte Formel „heute mehr als je“ sinnlos ist, und wer in der Konfirmation einen Fürbittegottesdienst für die Schulentlassenen sieht, der muß sich schon den Verdacht gefallen lassen, daß er einer Sache, in der er sich anders nicht mehr zu raten weiß, durch Beilegung eines neuen Sinnes noch aufhelfen will. Die ganze pädagogische Betrachtungsweise der Feierlichkeit als solcher („ein Halt fürs Leben“, „Vermittlung von bleibenden Eindrücken“) ist nur eine milde Abart der pietistischen Theorie, nach der die christliche Unterweisung ihre Fruchtbarkeit in einem möglichst sichtbaren Bekehrungsakt zu beweisen und die Konfirmation diese Bekehrung entweder zu bestätigen oder vollends auszulösen hat.
Dabei stehen wir bei der grundsätzlichen Verkennung der Konfirmation als eines Bekenntnis- und Gelöbnisaktes der Kinder, durch den sie in die Vollgliedschaft der Kirche aufgenommen werden und das Recht der Teilnahme am Abendmahl erhalten. Es ist völlig richtig, daß die Konfirmation nur in der Ausrichtung von der Taufe über die Unterweisung zum Abendmahl ihren Ort und ihre Wesensbestimmung hat, aber es ist falsch, die Gliedschaft zur Kirche Jesu Christi in Stufen einzuteilen, so wie etwa ein weltliches Kollektiv Anwärter, ordentliche und außerordentliche und vielleicht gar Ehrenmitglieder hat, so verlockend es scheinen mag, die Einordnung in die Kirche stufenweise aufzubauen und so die Kirche selber wieder in konzentrischen Kreisen zu schauen als Kirche der Getauften, der Unterwiesenen, der „Kirchlich-Gesinnten“, der Tischgemeinde des Herrn und endlich der Erwählten. Wer zur Gliedschaft der Kirche, also zur Gemeinschaft der Gläubigen gehört, darüber entscheidet das Urteil des Herrn allein; die Kirche selber ist da, wo das Evangelium und die Sakramente sind, verkündigt und gereicht, gehört und empfangen werden, und darum sind die getauften Kinder ganz und gar Glieder der Kirche, und was sie später hören, ist nichts anderes, als was ihnen mit der Taufe schon zugesagt und versprochen ist, und was sie im Abendmahl empfangen, ist nichts anderes, als was das Wort von der Versöhnung auch anbietet: Heben, Kindschaft Gottes, Gnade, Seligkeit und Verdammung und Tötung des Fleisches und der Sünde. Wo man natürlich bei der heiligen Taufe die Praxis übt, wahllos eben zu taufen, auch wo man von offener Ablehnung des Evangeliums durch Eltern und Paten weiß, wo die Geistlichen beauftragt sind, jedem nachzurennen und ihm die Taufe seines Kindes aufzudrängen, und man so die Perlen vor die Säue wirft, da wird man auch wohl einen Heilsweg in die Kirche hinein konstruieren, aber dann um so sicherer demselben Irrtum verfallen wie bei der Taufe und alles tun, um nur ja alle Getauften zu „Vollmitgliedern“ der Kirche zu machen. Freilich muß das dritte Gebot unermüdlich gepredigt werden, weil es mit der Taufe uns schon gegeben ist, d. h. die Taufe involviert die christliche Unterweisung, weil die Eltern die Geistlichen ihres Hauses und weil die Paten die „Ältesten“, die von der Gemeinde dem Hause beigegebenen Räte sind, aber es ist ein Mißstand von ungeheurer Tragweite, wenn man die christliche Unterweisung[2] auf die Schule und heute gar auf das Minimum des Religionsunterrichtes beschränkt und die Eltern nur insoweit wieder mehr dazu verpflichtet werden, als der Schul- und der Religionsunterricht in Bezug auf christliche Unterweisung zeitlich und inhaltlich verkürzt erscheinen. Es ist nicht so, daß die Eltern heute „mehr als je“ für die christliche Unterweisung verantwortlich seien, sondern sie sind es immer ganz, sofern sie als Gemeindeglieder immer auf nichts mehr zu achten haben als darauf, daß sie und ihre Kinder das lautere Wort Gottes zu hören bekommen. Gegen die Auflösung der christlichen Lehre auf hohen und niederen Schulen durch „kirchliche“ Lehrer hat sich die Kirche nicht gewehrt, man hat im Gegenteil mit Vorliebe die zu Religionslehrern gemacht, die am anpassungsfähigsten mit Gottes Wort umzugehen verstanden, und neben den Religionsunterricht setzte man den Konfirmandenunterricht als notwendige Stufe zur Verkirchlichung der Unterweisung mit fest umgrenzter Stundenzahl, und wer ihn durchlief, hat ein Anrecht auf die Konfirmation und mit ihr das Anrecht auf Abendmahlsempfang. Aber um nun sicher zu gehen, daß die Vollmitgliedschaft und das Abendmahlsrecht redlich erworben sind, mußte man nun auch den vollen Erfolg der Unterweisung bzw. der angeblich christlichen „Erziehung“ offenbar machen, und das geschieht bis heute in der Form des Bekennens und Gelobens der Kinder.
Es gehört zum eindeutigen Bestandteil christlicher Unterweisung in allen reformatorischen Kirchen, daß der Glaube Geschenk und Werk des Heiligen Geistes ist und auch die geringste Einräumung an den freien Willen oder an die Natur, sich für dieses Geschenk würdig zu machen, sich dafür aufzuschließen, darauf vorzubereiten, ihm entgegenzukommen, das kleinste Zugeständnis an eine aktive Beteiligung des Menschen hinsichtlich des Ereignisses der Offenbarung Gottes in Christus eine Preisgabe des sola gratia, einen Rückfall in die katholische Lehre über Natur und Gnade, eine Verfälschung der Erbsündenlehre, eine Entehrung Christi, einen Abbruch an der Totalität der Gnade als Befreitwerden von der anders unbezwinglichen Macht der Sünde, des Todes und der Hölle, also schlechthin Werkgerechtigkeit bedeutet. Ist das Verdienen der Gnade ausgeschlossen, so ist auch das nachträgliche Abverdienen, d. h. die Heiligung als eine die Begnadigung nachträglich rechtfertigende menschliche Leistung ausgeschlossen. Kann sich der Christ nur seines Herrn rühmen, weil es der Geist und die Kraft Gottes allein ist, durch welche der Glaube gute Werke tut, so ist es Raub an der Ehre Gottes und Anmaßung, sich selber die Fähigkeit zuzusprechen, „den Glauben festzuhalten bis ans Ende“ und also Früchte des Glaubens hervorzubringen. Das geschieht aber, wo gelobt oder versprochen wird, das Gesetz zu halten, es zu erfüllen durch Leben, Leiden und Sterben nach Gottes Wort und Willen. Das zu geloben oder zu versprechen, heißt nicht bloß Unmögliches geloben, sondern das eigene Bekenntnis selber wieder aufheben. Wenn ich doch bekenne, daß wir täglich viel sündigen und wohl eitel Strafe verdienen, so darf ich nicht im Widerspruch, zu diesem Bekenntnis versprechen, nicht mehr zu sündigen. Wenn die Taufe das Leben zu einer täglichen Buße macht, so kann die erschütterndste Bekehrung nicht mit dem Gelöbnis verbunden sein, Jesus von nun an ganz gewiß treu zu sein. Nicht etwa nur die Tatsache, daß mit gutem Grund von vielen Konfirmanden angenommen werden muß, daß sie ihr Versprechen nicht erst später, sondern im Akt des Versprechens selber schon nicht mehr ernst nehmen, sondern das sola gratia, das evangelische Bekenntnis, das Wesen des Glaubens und der Buße und des neuen Lebens schließen ein Konfirmationsgelöbnis oder -versprechen schlechterdings aus. Das Verfahren des Petrus „und wenn ich mit dir sterben müßte, so will ich dich nicht verleugnen“ war gewiß ernst gemeint, aber es war Widerspruch gegen die Gnade als Gnade, es war Überheblichkeit. Versprechen oder Geloben, mit welchem Grad von Feierlichkeit es auch geschehen mag, ist sinnvoll nur, wo grundsätzlich mit der Möglichkeit des Haltens gerechnet wird. Es gibt also Gelübde gegen Gott, aber nur in der Begrenzung bestimmten Tuns oder Nichttuns, also das Gelübde bestimmter Almosen oder Opfer oder Enthaltsamkeiten, Gelübde, wie sie das Alte Testament vielfach kennt und deren „Bezahlung“ es fordert, oder wie auch Paulus sie kannte und auf sich nahm. Wo aber Umstände, auf die mein Wille keinen Einfluß hat, das Halten verhindern, habe ich mein Versprechen nicht gebrochen, denn alles Versprechen steht unter der Beschränkung: soviel an mir liegt. Aber eben wo es um den Glauben geht, geht es um Gottes Zusage eines Geschehens, das schlechthin nur durch Gott geschieht, wo also gerade geleugnet wird, daß auch nur das Geringste meinerseits dazu- oder davongetan wird. Israel kommt über das Rote Meer, weil Gott es versprochen hat, und nicht, soviel an ihm liegt; wir werden auferstehen, weil Christus für uns auferstanden ist, und nicht, soviel an uns liegt; wir glauben, daß Gott uns bewahren wird unsträflich bis auf den Tag Christi, und nicht, daß wir unsträflich sein werden, soviel an uns liegt. Soviel an uns liegt, können wir nur die Treue brechen, nur sündigen, nur sterben, nur verloren gehen.
Gegen die These, Gott den Glauben für die Zukunft zu versprechen, sei nicht nur ein unmögliches, sondern ein glaubenswidriges Versprechen, wird wohl zunächst eingewandt werden: Das gibt der Glaubende doch zu, daß er ohne Gott nichts vermag, dieses Versprechen ist ja gerade darum ein Versprechen im Glauben, weil auf Gottes Hilfe gebaut, weil ihm geglaubt wird, er werde seines Geistes Gnade und Kraft dazu geben; auf Grund seiner Treue wird ihm Treue versprochen. Dagegen ist zu sagen: Gottes Treue ist Treue gegenüber Untreuen, ist Erbarmen über den Schuldigen, und wo ihr geglaubt wird, da ist freilich die Verpflichtung zum Kampf gegen die Sünde, die Verpflichtung zur Sündlosigkeit und zur Vollkommenheit anerkannt, aber gerade nicht als eine Aufgabe, der wir nun auch nur im geringsten selber gewachsen wären, nicht als ein Werk, das uns nun gelingen müßte, nicht als ein Gesetz, dessen Erfüllung nun in unserer Kraft läge. Wir glauben nun gewiß nicht mehr an die Macht der Sünde, der Welt, des Todes, des Teufels, nicht mehr an unsre Ohnmacht und Verlorenheit, aber ebensowenig an unsern eigenen Sieg, an unsre Macht und unsern Mut und unsre Treue. Die katholische und schwärmerische Heiligkeitslehre ist deshalb die große und stete Versuchung der Kirche, weil sie mit Nachdruck das Werk Christi, die Gnade Gottes, die Verheißung des Geistes, die Buße voranstellt, aber dann für deren freie Verfügung und Verwendung als Gehorsam ein eigener Heiligkeitscharakter und so für das Fleisch ein inhärierender Geistbesitz in Anspruch genommen wird, auf den sich das Vertrauen des Gläubigen auch noch ausdehnt. So entsteht das Selbstvertrauen der Kirche vom Infallibilitätsdogma bis herunter zur geheimsten Selbstgefälligkeit des demütigsten Bekehrten. Im Geiste angefangen und im Fleisch geendet! Aber der Glaubende glaubt die einmal geschehene Erlösung als ihm jetzt zugeteilte und einst sichtbar werdende: Der Zusammenhang dieses Damals, Jetzt und Einst liegt jedoch ausschließlich in der ewigen Treue und Wahrhaftigkeit Gottes; so wenig ich um der Erwählung in Christus willen im Glauben rückwärtsschauend sagen kann: Gott hat mich bisher von allen Sünden bewahrt, sondern an die Vergebung aller meiner Sünden glaube, so wenig kann ich vorwärtsschauend um der Freudigkeit am Tage des Gerichts willen sagen: Gott wird mich künftig vor allen Sünden bewahren, sondern ich glaube an die Tötung des Fleisches der Sünden. Der Glaube ist doch das Eingeständnis, daß Gott mit Recht gerichtet hat, richtet und richten wird; er kann nicht die Bundestreue Gottes befestigen durch die Garantie eigener Treue, und er kann gerade nicht aus der Einsetzung zum Haushalter Gottes seine Befähigung zum Treuhänder Gottes ableiten. Weil also die Gewißheit des Glaubens allein in seinem Inhalt, im Wort und in der Verheißung Gottes ihren Grund hat und nicht in der Kräftigkeit der Überzeugung von der ewigen Gültigkeit dieses Inhalts, weil schlechterdings keine Adäquatheit zwischen Gefäß und Inhalt besteht, weil der Glaube dem Glaubenden ein unfaßbares Wunder ist und bleibt, so kann von einem Gelöbnis, Glauben zu halten, schlechterdings keine Rede sein. Damit ist ein Veto eingelegt gegen die meisten Konfirmationsagenden evangelischer Kirchen, sofern sie vom Konfirmanden ein Gelöbnis fordern, auch wenn das Gelöbnis sich stützt auf die verheißene Hilfe Gottes, d. h. also auf Gottes Treue. Ist die Treue Gottes die einzige feste Burg, so wird damit die Unzuverlässigkeit und Brüchigkeit von allem andern, was nicht Er selber ist, behauptet, und es bleibt eben allein beim Glauben an seine Treue; wird aber von seiner Treue die eigene so abgeleitet, daß sie im Herzen oder öffentlich, mit Zuversicht oder Furcht versprochen wird, so wird damit schon wieder eine Versicherung und Sicherheit für nötig erachtet zum Glauben hinzu, durch die ich vor der Gemeinde und vor Gott mich selber ans Gesetz, an die Werke und Früchte, an den Gehorsam nicht bloß erinnere mit einem „so lasset uns denn ablegen die Sünde“, sondern mich selber an sie binde, um so besser gegen Untreue geschützt oder der Treue Gottes empfehlenswerter zu sein. Wird die Berufung auf Gottes Hilfe oder Geist oder Kraft oder Gnade oder Verheißung nicht ausgesprochen, so ist mit einem Treuegelöbnis offen der katholisch-schwärmerische Weg beschritten, das semper peccator geleugnet; wird aber diese Berufung ausgesprochen, so gelobe ich in Wirklichkeit gar nichts, sondern spreche eine Tautologie aus: wenn Gott mich vor der Sünde bewahrt, so werde ich nicht sündigen, oder: wenn diese Arznei mir helfen wird, so werde ich gesund werden. Die bayrische Agende fragt die Konfirmanden: „Wollet ihr auch zu aller Zeit vor Gott und Menschen diesen Glauben, darin ihr nach dem Bekenntnis unsrer evangelisch-lutherischen Kirche unterwiesen seid, bezeugen durch Wort und Wandel und darin verbleiben bis in den Tod?“ Die Kinder antworten: „Ja, durch die Hilfe des Heiligen Geistes.“ Darauf sagt der Geistliche: „Reichet mir nun zur Bekräftigung dieses eures Gelübdes die rechte Hand …“ Die hannoversche Agende: „Gelobet ihr, diesem Glauben gemäß zu wandeln, euch vor Sünden zu hüten und gottselig zu leben, so sprechet: Ja, durch Gottes Gnade.“ Auch die badische Agende und die der altpreußischen Union reden unbedenklich von einem Gelübde der Konfirmanden bzw. ihrem Gelöbnis, während die württembergische diesen Ausdruck nicht gebraucht, sondern nur von „redlichem Vorsatz“, „frommer Entschließung“ und „Versprechen“ redet. Dazu ist zu sagen: Wie immer der Wortlaut der Fragen heißen mag, ist das Ja der Konfirmanden ein Gelöbnis oder Versprechen, so ist immer damit gemeint ein Gelöbnis Gott gegenüber, und zwar inhaltlich das Versprechen der Permanenz des Glaubens und des Lebens aus dem Glauben, also ein Versprechen der Erfüllung des Gesetzes Gottes. Das gilt auch vom Versprechen der Treue gegenüber der Kirche und der Einhaltung ihrer Ordnungen, denn die Kirche, die sich zu Christus bekennt, kann mit dieser Treue und diesem Gehorsam ja nur Treue und Gehorsam gegen ihren Herrn meinen und nicht bedingungslose Bindung an Personen oder Gebräuche oder Gesetze. Dann aber gibt es keinen Konfirmanden, der sein Gelübde oder seine „frommen Entschließungen“ wirklich nie außer Kraft gesetzt hätte, und keinen, der in Zukunft sie halten würde, und keinen, der sie überhaupt halten könnte, und keinen, der, wo anders er tatsächlich im evangelischen Verständnis des Glaubens unterwiesen ist, auch nur der Meinung sein dürfte, er könnte das halten, was er da verspricht. Christus allein ist der Anfänger und Vollender unsres Glaubens, und er allein hat das Gesetz für uns erfüllt. Gerade im Glauben wissen wir, daß unsre Treue ein leerer Wahn ist und daß wir, gerade wo unser Bekenntnis zu Christus randvoll der Gewißheit, unser Leben voller Zeugnischarakter der Bruderliebe, unsere Bereitschaft, für Christus zu sterben, unerschütterlich, unsere Hoffnung keinem Zweifel zugänglich ist, doch für all das nicht für die nächste Stunde und nicht mit dem geringsten Maß auch nur der Wahrscheinlichkeit Gott garantieren können, weil Er nun einmal in Christus sich als der alleinige Garant des Bundes mit uns geoffenbart hat und, wenn man schon so sagen will, die Gegenzeichnung im Glauben geschieht, aber nun gerade nicht im Sinne eines Kontrahenten, der zur Gültigkeit des Bundes irgend etwas beitragen müßte, könnte oder wollte als eben die Anerkennung der Gültigkeit, den Glauben, der aber selber gerade kein menschlicher Beitrag, sondern widerfahrenes Wunder der Erleuchtung ist. Der Mensch ist und wird nie bundeswürdig oder bundesfähig anders als durch Begnadigung, und der Mensch hat keine Möglichkeit, die Kreditwürdigkeit dessen, der das Bundesangebot macht, irgendwie vorher oder außerhalb des Bundes zu erproben, und keine Möglichkeit, durch die tatsächliche Übernahme von Verpflichtungen Gottes Treue zu binden, und kein Recht, durch die gewiß nicht beabsichtigte, aber auch nicht zu vermeidende eigene Nichterfüllung dieser Verpflichtung einen Rücktritt Gottes von seinem Bund für beabsichtigt oder für unvermeidlich zu halten, sondern er hat immer nur an Gottes Wahrhaftigkeit, Gottes Treue, Gottes Vorsatz und Entschluß und Absicht zu glauben und damit — sich selbst zu verleugnen! Der Glaube bekennt, aber er gelobt nicht Standhaftigkeit, er gehorcht, aber er verspricht nicht Gehorsam, er ist frei für den Augenblick, für das Jetzt, weil die Vergangenheit bereinigt, die Schuld bedeckt ist; er ist wach und bereit für die Zukunft des Herrn, aber er gelobt nicht das Ausharren bis ans Ende.
Nun wird das Konfirmationsgelöbnis meist begründet mit der eigenen Übernahme des Taufgelöbnisses. Die bayrische Agende z. B. sagt: „Bereitet euch, vor Gott und dieser christlichen Gemeinde das Bekenntnis eures christlichen Glaubens abzulegen und das Gelöbnis eures Taufbundes zu erneuern“ und nachher: „So erkläre ich hiermit euer Taufgelübde für bestätigt …“ In einer Fassung der Agende der Altpreußischen Union wird geradezu die Abrenuntiationsformel der Taufe aufgenommen und gefragt: „Wollt ihr nun im Vertrauen auf Gottes Gnade den Weg des Glaubens gehen, wider die Sünde ritterlich kämpfen und im Gehorsam gegen Gott und euren Herrn Jesus Christus wandeln, so bezeugt das mit den Worten eures Taufgelöbnisses.“ Konfirmanden: „Ich entsage dem Bösen (Teufel) und allen seinen Werken und allem seinem Wesen und ergebe mich dir, du dreieiniger Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist, im Glauben und Gehorsam dir treu zu sein bis an mein letztes Ende.“ Die Hannoversche Agende: … „eure Paten haben an eurer Statt euren Glauben bekannt und in eurem Namen dem Teufel und allem seinen Wesen und allen seinen Werken abgesagt … Nun aber seid ihr … bereit …, selbst … vor Gott und dieser christlichen Gemeinde zu bekennen und zu geloben“ … Hier ist rundweg zu verneinen, daß es ein Taufgelöbnis gibt. Die Abrenuntiation ist freilich einfach die unablösbare Kehrseite des Glaubensbekenntnisses, gleichsam die negative Formulierung des Credo, unausgesprochen in ihm enthalten; daß sie gerade bei der Taufe besonders ausgesprochen wird, hat seinen guten Sinn. Hier wird dem Menschen ja bezeugt, daß Christus ihn aus des Teufels Macht erlöst und für sich erworben und gewonnen hat. Glaubensbekenntnis und Absagung an den Satan werden von Erwachsenen als von Gliedern der so und nicht anders sich zu Christus und gegen den Satan bekennenden Gemeinde und damit auch für die nun für diese Gemeinde bestimmten und von ihr in diesem Bekenntnis zu unterweisenden Kinder bejaht. Aber wie das Bekenntnis kein Gelöbnis ist, so auch nicht die Abrenuntiation. Es sind beides präsentische Aussagen und nicht futurische Versprechen, durch die der Glaube dann doch wieder ein Diensteid würde, der die Freiheit des Willens zur Voraussetzung hat. Gott hat geschworen, gelobt, ja, sich in Christus verlobt mit der Gemeinde, mit der Hure, die durch ihren Glauben rein und heilig ist. Aber die Gemeinde ist Braut und nicht Frau, die Hochzeit des Lammes steht noch aus. Die Braut braucht gar nicht zu schwören, so gewiß sie sich bereit macht zur Hochzeit; sie glaubt und weiß sich versprochen, verlobt und nach antiker Sitte sogar gekauft. Wann wird der falsche Enthusiasmus des Weitergleitens vom Glauben und Bekennen ins Schwören und Geloben aus den Agenden und Gesangbüchern verschwinden! Wer von einem Taufgelöbnis von Seiten des Täuflings redet, wird freilich auch bei der Konfirmation ein Gelöbnis fordern, aber muß er da nicht schließlich dem Vorschlag eines Katholiken seine Zustimmung geben, die Kirche solle die Firmung zu einer christlichen Jugendweihe gestalten durch „Ritterschlag für einen Lebensbund mit dem Heiligen Geiste“? Man muß geradezu sagen: nur wo das Bekennen nicht mit einem Treueschwur verwechselt oder verbunden wird, ist an der Verpflichtung zur Treue, zur Beständigkeit des Glaubens, zur Sündlosigkeit und Heiligkeit nichts abgebrochen, ist das Glaubensbekenntnis zugleich Schuldbekenntnis und Gebet und beides eben nur so in der Gewißheit der Vergebung und Erhörung, daß weder der Grad der Reue noch der Grad des Wunsches und Vorsatzes auch nur die geringste Nebenstütze für diese Gewißheit bildet. Gerade eine gelobende „Bekräftigung“ des Bekenntnisses dagegen ist in Wirklichkeit seine Entkräftung.
Entwurf eines Konfirmations-Formulars
Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Unsre Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. O Herr hilf! o Herr, laß wohlgelingen! Amen.
Liebe Gemeinde unseres Herrn Jesus Christus! Durch die heilige Taufe sind diese unsre Kinder Eigentum unseres Herrn und Heilandes geworden. Gott hat uns allen durch dieses Sakrament bezeugt, daß er unser gnädiger Gott und Vater sein wolle, uns alle Sünde vergebe und uns an Kindes Statt annehme. Damit wir dieser seligen Berufung gewiß seien und solcher väterlichen Gnade und Verheißung uns täglich erinnern, hat uns Gott sein Wort reichlich kundgetan und uns befohlen, es allenthalben zu predigen, zu hören und zu lernen. Darum sind auch diese Kinder unterwiesen worden im Wort der Wahrheit, wie es uns in der Heiligen Schrift gegeben und im Bekenntnis unsres christlichen Glaubens zusammengefaßt ist. Gott weiß wie viel wir alle in der Gemeinde, besonders die Eltern, Paten, Lehrer und Prediger, unsern Kindern schuldig geblieben sind an treuer Fürbitte, ernster Zucht und Vermahnung zum Herrn und wie oft unser Wort und Wandel sie zum Bösen versuchte und verführte; aber Seine Treue ist groß und Sein Wort bleibet in Ewigkeit.
Nun sind heute diese Kinder unter uns versammelt, um Rechenschaft zu geben von dem, was sie gelernt haben, damit wir aus ihrem Munde das Bekenntnis des evangelischen Glaubens hören. So vermahne ich denn die ganze Gemeinde: ihr wollet euch ernstlich prüfen, ob ihr in diesem Glauben stehet, damit wir einmütig den wahren lebendigen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist preisen als das Volk seiner Herde und die Schafe seiner Weide. Diese Kinder aber befehlen wir unseren Herrn und Hirten Jesus Christus, der auch für sie gekreuzigt und auferstanden ist, daß Er sie erhalte bei seinem Wort und seinen Sakramenten und sie tüchtig mache zum Erbteil der Heiligen im Licht. In seinem Namen erbitten wir den Segen des Vaters über sie und nach seinem Befehl laden wir sie zur Gemeinschaft seines Tisches, daß wir alle durch sein gnadenreiches Mahl erneuert, geheiligt und gestärkt werden als Ein Leib und wachsen in allen Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus.
Lasset uns beten! Lieber himmlischer Vater! Wir danken dir, daß du uns und unsre Kinder in dein Reich berufen, in deine Kindschaft aufgenommen und zu Miterben deines lieben Sohnes gemacht hast. Herr, was ist der Mensch, daß du sein gedenkst, und des Menschen Kind, daß du dich sein annimmst! Du weißt, wie so gar nichts an uns ist, das uns solcher Ehre würdig machen könnte, und weil du allein um unsres Herrn Jesus Christus willen uns diese Gnade erwiesen hast, so bitten wir dich: hilf doch, daß wir unsere Zuversicht allein auf deine Barmherzigkeit setzen, die du in deinem Sohne geoffenbart hast und deiner Gemeinde im Wort und in den Sakramenten kundtust. Ach bewahre uns und unsre Kinder vor Leichtsinn und Verstockung und gib uns deinen Heiligen Geist, daß er uns zur Buße leite und im Glauben regiere und im Leiden tröste und wir alle wachsen in der Erkenntnis deiner Wahrheit und im Gehorsam gegen deine Gebote. Herr, der du Herzen lenkst wie Wasserbäche, laß dir diese Kinder befohlen sein, daß dein Wort auch unter ihnen viel Frucht bringe und sie stark mache wider alle Versuchungen des Bösen. Verbanne alle Heuchelei aus unserer Mitte und mach unser Herz fest und unsern Gang gewiß in deinem Wort, daß wir einmütig als deine Gemeinde festhalten am Bekenntnis der Hoffnung und nachjagen dem Kleinod unsrer himmlischen Berufung. Nimm uns in deine väterliche Zucht, daß wir dankbar werden in allen Stücken und treu und tüchtig zu allem guten Werk, auf daß dein Name bei uns geheiligt werde, deine Ehre unter uns wohne und deine Gnade gepriesen werde von Geschlecht zu Geschlecht. Amen.
Und nun lasset uns hören, was euch als Bekenntnis der christlichen Kirche bezeugt wurde.
Hier folgt das Konfirmationsbüchlein der evangelischen Kirche Württembergs; 66 Fragen und Antworten, gegliedert nach den 6 Hauptstücken: Taufe, Glaube, Gebet, Gebote, Abendmahl, Schlüsselamt. Hierauf vom Lied 21 des Württembergischen Gesangbuches (Nun lob mein’ Seel den Herren) V. 4: „Die Gottesgnad alleine –“
Ihr habt das Bekenntnis unseres evangelischen Glaubens inmitten der Gemeinde wiederholt, und da ihr auf den Namen des dreieinigen Gottes getauft und auch im Glauben an ihn unterwiesen seid, so frage ich euch nun: Ist es euer Wunsch und Wille, Glieder der Kirche Jesu Christi zu sein und zu bleiben? — Antwort: Ja (oder: Ja, dazu helfe uns Gottes Gnade!)
Da die Kirche Jesu Christi die Herde dessen ist, der für uns gestorben und auferstanden ist, so frage ich euch:
Wollet ihr dessen eingedenk sein, daß Jesus Christus der alleinige Herr und Helfer und Hirte ist und der Glaube an ihn unser einziger Trost im Leben und im Sterben? Antwort: Ja (oder: Ja, dazu helfe uns die Gnade unseres Herrn Jesu Christi!).
Da Christus durch sein Wort und Sakrament die Herrschaft seines Geistes unter uns aufrichtet, so frage ich euch:
Seid ihr bereit, mit uns getreulich auf die frohe Botschaft des Wortes Gottes nach den Schriften des Alten und Neuen Testamentes zu achten und am Abendmahl unseres Herrn teilzunehmen? Antwort: Ja (oder: Ja, dazu helfe uns die Gnade des Heiligen Geistes!)[3].
Hierauf Lied 21, V. 5: „Sei Lob und Preis mit Ehren.“
Liebe Kinder! Der Herr Christus will euch seine Gnade und Macht bestätigen, und auch ihr sollt hinfort mit seiner Gemeinde teilnehmen dürfen an den Gaben seines heiligen Mahles, durch das er selber wahrhaftig und gegenwärtig uns speist und tränkt zum ewigen Leben. Er will uns damit trösten und stärken in aller Anfechtung, damit wir seiner Barmherzigkeit froh werden und auch einander herzlich lieben, wie Er uns geliebet hat bis in den Tod. So ermahnen wir euch mit den Worten des Apostels: Seid nüchtern und setzet eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch angeboten wird durch die Offenbarung Jesu Christi, als gehorsame Kinder.
Wir alle aber wollen wie die ersten Jünger beständig bleiben in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. Denn dieweil wir einen großen Hohenpriester haben Jesum, den Sohn Gottes, der gen Himmel gefahren ist, so lasset uns halten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unsern Schwachheiten, sondern der versucht ist allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde. Darum lasset uns herzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hilfe not sein wird. Er, der treue Herr, hat uns verheißen, daß wir nicht umsonst seinen Namen anrufen werden, und Er gibt uns auch die Vollmacht, einander zu segnen in seinem Namen. Darum, ihr Kinder, reichet mir nun ein jedes die Hand und empfanget den Segen des Herrn.
(Es folgt die Einsegnung)
Lasset uns beten! Herr, unser Gott! Lieber himmlischer Vater! Du bist Licht und wohnst in einem Licht, da niemand zukommen kann.
Aber du hast der Welt in deinem Sohne den Glanz deiner Herrlichkeit und das Ebenbild deines Wesens kundgetan und hast in ihm dein Volk besucht und erlöst und auch uns berufen von der Finsternis zu deinem wunderbaren Licht. O Herr, wir und alle unsre Väter haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen vor dir und hätten es verdient, daß du das Licht deines Wortes von uns nehmest und wir behalten werden auf den Tag des Gerichts; aber noch dürfen wir den Ruf deiner Barmherzigkeit hören und läßt du unter uns aufgehen das helle Licht deines Evangeliums. Wir bitten dich, erhalte uns bei deinem Wort und erleuchte, regiere und führe uns durch deinen Heiligen Geist, daß wir uns nicht ärgern an der Armut und Schwachheit deiner Kirche. Behüte du uns vor des Teufels Reich, vor falscher Lehre und allen sündlichen Lüsten des Fleisches und lehre uns halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens. Du treuer Gott, der seinen Bund und die Barmherzigkeit hält denen, die dich lieben und deine Gebote halten, in tausend Glieder, wir bitten dich für unsre Kinder: Erhalte sie bei dem Einen, daß sie deinen Namen fürchten! Rüste sie frühe mit deiner Gnade und laß sie mit uns beharrlich kämpfen und mit Geduld laufen nach dem Kleinod unsrer himmlischen Berufung, bis wir den Sieg gewinnen und uns deiner ewigen Hilfe rühmen in der Offenbarung deines Reiches in Christus Jesus, unserm Herrn. Amen. —
Vaterunser und Segen.
Ursprünglich veröffentlicht in Evangelische Theologie 4, 1937, S. 81-96.
Quelle: Paul Schempp, Gesammelte Aufsätze, TB 10, München: Chr. Kaiser, 1960, S. 107-121.
[1] Vgl. dazu: W. Niesel, Die Konfirmation nach einem reformatorischen Formular, Ev. Theol. I 1934, S. 296 ff.
[2] Man sagt besser nicht „christliche Erziehung“, weil heute mit dem Wort Erziehung mehr gesagt ist, als sich mit dem Beiwort christlich verträgt, sofern man nämlich meint, die Herzen lenken zu können, was Gott allein zusteht, während christliche Erziehung nur das Amt des Gesetzes meinen kann, das freilich, wo es Gott gefällt, in der Freiheit des Evangeliums enden kann.
[3] Die Dreizahl der Fragen ist nur um des Herkommens willen als Möglichkeit beibehalten; grundsätzlich sollte die erste genügen; die Antwort auf sie ist kein Versprechen, sondern das Bekenntnis, das der Bitte entspricht: „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort!“