Der Glaube an den dreieinigen Gott (Predigt am Sonntag Trinitatis 1531)
Von Martin Luther
Ich glaube an Gott Vater, den Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erde. Ich glaube an Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes, unsern Herrn. Ich glaube an den Heiligen Geist.
»Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.«
Die Bedeutung des Dreieinigkeitsfestes für die Kirche.
Das heutige Fest heißt der Sonntag von der heiligen Dreifaltigkeit, und die christliche Kirche hat aus starken und zwingenden Gründen angeordnet, dieses Fest jährlich zu halten, damit durch diesen Tag dieser Artikel erkannt und erhalten werde. Denn wir glauben, daß der eine Gott sei Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und dieser Artikel ist unser Hauptstück, wie wir beten: »Ich glaube an Gott Vater, den Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erde; und an Jesus Christus seinen Sohn, unsern Herrn; und an den Heiligen Geist Und wenn ein Artikel davon fehlt, so ist alles verloren.
Vorzeiten, in den Tagen des Arius, hat’s damit große Not gehabt: alles, was heilig und mächtig war, Kaiser, Könige und Bischöfe, war der Irrlehre erlegen: kaum zwei Bischöfe lehrten noch rein, alle anderen hingen dem Arius an. Denn es geht einem überaus gut ein und ist der Vernunft gemäß, daß es nur einen Gott gebe, was ja auch wahr ist. Aber das kann sie nicht fassen, daß es nur einen Gott gibt und du doch hinzufügst, daß er den Sohn und den Heiligen Geist bei sich habe. Da schreien sie, man mache aus einem Gott drei Götter. Und sie führen die Heilige Schrift an, z. B. 5 Mose 6,4: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist ein einiger Herr!«. Überall in der Schrift werde von den Propheten gepredigt, man solle nicht weitere Götter aufrichten, sondern bei dem einen bleiben. Solches kann die Vernunft sich auf der Stelle aneignen. Jenen Artikel aber kann sie nicht ertragen. Darum bieten Türken und Juden uns Trotz und sagen, es gebe keine schändlicheren Leute auf Erden als die Christen, die wohl von einem Gott predigen und doch drei Götter anbeten. Sie dagegen rühmen sich: »Wir sind das wahre Volk Gottes.« Und sie sagen, es gehe nicht zusammen, sowenig wie in einem Haushalt drei Hausväter sein können. So verspotten uns die Juden; einige von ihnen haben sich wohl bekehrt und sich den Anschein gegeben, als ob sie Christen werden wollten, aber schließlich sind sie doch bei ihrer alten Meinung geblieben.
Darum ist dieses Fest von der Kirche dazu verordnet, daß man heute von diesem Artikel handeln solle, damit er bei den Christen in Kraft bleibe. Wenn das nicht der Fall wäre und man ihn nicht immer wieder predigte, so könnte es alsbald geschehen, daß wir durch falsche Propheten zum türkischen Glauben verführt würden. Und es wird auch wieder soweit kommen. Wenn uns Satan nicht durch den Papst und durchs Schwert übertäuben wird, so wird er es darauf absehen, daß er schändliche, böse Prediger hereinbringt, die diesen Artikel angreifen, wie auch jetzt schon etliche tun. Früher, als das Wort unterdrückt war,[1] ließ er’s geschehen, daß man diesen Artikel predigte. Aber jetzt, wo ihm so großer Schaden zugefügt worden ist,[2] wird er danach trachten, uns aufs neue Unruhe zu machen, wenn auch dieser Artikel nicht mehr so furchtbar zerfleischt werden wird wie einst im Kampf gegen Arius. So haben umgekehrt die Sakramente früher auch Anfechtungen zu leiden gehabt; trotzdem waren diese Angriffe nicht so furchtbar wie heute.[3] Aber in der Offenbarung heißt’s vom Lamm: »Es wird sie überwinden«.[4]
- Der Glaube an den Dreieinigen steht allein auf dem Worte Gottes. Vernünftelnde Erwägungen verführen uns zum Unglauben.
Zum ersten ist vor allem nötig, daß man die Vernunft ausschließe und nicht mit ihrer Hilfe nach diesen Artikeln trachte. Denn die Ketzer haben’s begreifen wollen, wie es möglich sei, daß in der einen Gottheit drei Personen sind, und so haben sie Gott verloren. Auf diese Weise hält einem Satan Gottes Wort vor und fragt: ›Wie reimt sich das?‹ So hat er’s bei Eva gemacht,[5] indem er ihr einflüsterte: »Sollte Gott gesagt haben, daß ihr nicht von allen Bäumen im Garten essen sollt?« Da war Eva eine Mutter, die sich nicht um Gottes Wort kümmerte; danach tat ihr der Satan die Augen auf mit der Frage, warum denn Gott verbieten sollte, von diesem Baum zu essen. So dachte sie über die Sache nach und wollte mit dem Teufel darüber disputieren, und alsbald glückte es ihm sie zu verführen. Darum laßt uns nicht so klug sein wollen; und darum soll niemand darüber vernünfteln. Denn in diesem Artikel soll nichts gehört und gesagt werden als Gottes Wort, so wie er selbst davon redet. In diesem Sinn sagt Hilarius ›Wer kann besser von Gott reden als er selbst?‹ Er weiß selbst am besten, was er ist und was er nicht ist. Wer besser davon reden will, der macht’s entweder dunkler und ärger, oder bringt er es dahin, daß andere noch weniger davon verstehen. Es ist wahrlich niemand auf Erden, der wüßte, was Gott will und was er in sich selber ist. Darum müssen wir’s von ihm selbst hören und es mit seinen eigenen Worten sagen. Wenn wir aber wissen wollen, wie sich’s reime, so sind wir verloren mit Eva und allen Ketzern. Darum stillgeschwiegen mit der Vernunft und kurzum die Ohren hergehalten und auf das gehorcht, was Gott sagt!
Auch die Gelehrten unterstehen dem Zeugnis der Schrift
Die Gelehrten freilich, die mit den Ketzern zu kämpfen haben, müssen das Evangelium des Johannes und die Briefe des Paulus lesen. Dort hören sie, daß nur ein Gott ist, daß er jedoch ein solches Wesen hat, daß er als Vater den Sohn Lund den Heiligen Geist bei sich hat. Der Sohn wie auch der Heilige Geist ist eine Person mit ihm, d. h. in ihm; sie sind nicht wie Gott und Kreatur voneinander geschieden, sondern sind Gott in sich selber. So gibt er das Wort heraus:[6]8 denn sonst hätte niemand erfahren, was inwendig im göttlichen Wesen ist. o hören wir, er habe diese Gestalt, daß Vater, Sohn und Heiliger Geist der eine Gott ist, und daß es keinen andern Gott gibt als diesen einen. Der aber hat drei Personen,[7] die doch unzertrennt sind und dasselbe Wesen haben.[8] Gottes Wesen bleibt unzertrennt, außer daß es drei unterschiedene Personen sind, die aber den einen und gleichen Namen behalten und das eine und gleiche Werk tun. Joh 5,21 heißt’s: »Wie der Vater Tote lebendig macht, welche er will, also auch der Sohn.« Diese Worte beweisen gewaltig, daß der Sohn Gott ist; denn er vollbringt das Werk, daß er Tote lebendig macht. Das haben die Juden richtig verstanden, daß er sich damit Gott gleich machte; darum wollten sie ihn steinigen.[9] Denn Leben in sich selbst zu haben, ist ein Werk, das von Natur nur Gott zugehört. Ebenso macht der Heilige Geist lebendig; So sagt ja Paulus: »Der Geist, der in euch wohnt, wird eure sterblichen Leiber lebendig machen.«[10] Satan kann töten, aber lebendig machen und erschaffen kann weder ein Engel noch eine Kreatur. Ähnliche Stellen werden die Gelehrten noch viele in der Schrift finden, aus denen hervorgeht, daß die Namen und Werke der drei Personen der Gottheit ungeteilt und ungeschieden sind.
Der schlichte Laie halte sich an den Wortlaut des Bekenntnisses.
Aber statt in die göttliche Majestät hineinschauen zu wollen, sollen wir darauf horchen, was er selbst sagt. Hört nicht auf die Schwärmer! Das befehle ich den Gelehrten an; die sollen unsern Glauben verteidigen. Auch die Laien mögen’s tun, wenn sie’s können. Aber es genügt für den einfachen Christen, daß er sagt: ›Ich glaube an Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist.‹
Mit demselben Glauben, mit dem du an den Vater glaubst, sollst du auch an den Sohn glauben, und mit demselben, mit dem du an den Sohn glaubst, sollst du an den Heiligen Geist glauben. Das soll deine Rüstung sein. Sie ist die einfachste und stärkste, gegen die niemand etwas sagen kann. Denn der Text[11] bringt hier gewaltig zum Ausdrucke, daß du gleichermaßen an den Sohn glaubst wie an den Vater. Und trotzdem gilt: Niemand verdient Glauben als der eine Gott; denn die ganze Schrift sagt, man solle an keinen Menschen glauben, insbesondere auf keinen Vertrauen setzen, daß er dir zum ewigen Leben helfen könne. Man soll den Menschen lieben und viel von ihm ertragen. Aber das ewige Leben und die Vergebung der Sünden sollst du allein dadurch haben, daß du an den Vater, Sohn und Heiligen Geist glaubst. Dieser Glaube gibt dir alles, was im Glaubensbekenntnis verheißen ist. Denn wenn der Sohn und der Heilige Geist nicht Gott wäre, so hättest du weder Vergebung der Sünden noch ewiges Leben. Da nun das allen drei zugeschrieben wird, so sind sie alle drei Gott. Und da du mit demselben Glauben den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist anbetest, darum ist’s ein Glaube, ein ewiges Leben, eine Taufe.[12] Also ist’s ebenso ein Gott; denn die Ehre, daß er Sünden vergebe und vom Tod erwecke, kannst du niemand anders geben als allein dem wahren Gott; denn weder ein Engel noch Satan wird dir’s geben, noch steht geschrieben, daß du das von Menschen erwarten sollst, was im Glaubensbekenntnis von Gott geschrieben steht.
2 Der Glaube an den Dreieinigen ist in Kirche und Taufe verwurzelt. Tür das Bekenntnis zeugt sein Fortbestand in der Kirche.
Das ist das einträchtige Bekenntnis der ganzen Kirche nun über 1500 Jahre lang gewesen, und obwohl durch den Papst der Glaube[13] verdunkelt worden ist, so sind doch die Worte stehengeblieben, um deren willen, die recht im Glauben geblieben sind. Da es nun solang in der Christenheit geblieben und nicht erschüttert worden ist, so hast du hier einen festen Grund, auf dem du stehen kannst. Arius ist dagegen aufgestanden, dazu alle Könige, Kaiser und Fürsten: sie liegen am Boden; aber dieser Artikel, der so gestoßen und geschwächt worden ist, ist stehengeblieben und wird stehenbleiben. Darum sei dies dein Fundament, daß du sagen kannst: »Mein Glaube, den ich bekenne, sagt: »Ich glaube an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist um des ewigen Lebens, um der Auferstehung von den Toten und um der Vergebung der Sünden willen.« Ich erwarte das alles vom Vater, Sohn und Heiligen Geist; denn so spricht Gott von sich selbst. Auf diese Weise bleibst du dabei und kannst damit umgehen. Du kannst dir sagen: ›So wird in der ganzen Christenheit und in so langer Zeit gebetet,[14]? und dabei haben sich so viele – fast ein Schock Ketzer – gegen diesen Glauben erhoben samt allen Mächtigen und Weisen dieser Welt; darum was die christliche Kirche so lange und so treulich bewahrt hat, das will ich ihr glauben.‹
Ebenso bezeugt die Taufformel den dreieinigen Gott.
Die zweite (Bekräftigung für diesen Glauben an den dreieinigen Gott nimm aus der Taufe. (In ihr empfangen wir von Gott, der Vater, Sohn und Heiliger Geist heißt, Vergebung der Sünden. So haltet ihr’s ja bei der Taufe, daß alle Kinder auf diese Weise getauft werden: »Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Das ist gemeinsamer Brauch in der ganzen Gemeinschaft der Christenheit; von allem Anfang an ist das geblieben und hat sich erhalten, daß alle in dem Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft worden sind. Darum sprich: »Darauf steht meine Taufe: sie ist nicht bloß im Namen des Vaters, auch nicht bloß im Namen des Vaters und des Sohnes, sondern im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes geschehen; denn so lautet die Taufformel. Das ist nur ein Gott, ein Schöpfer, ein Herr und König, und trotzdem sind zugleich drei unterschiedliche Personen in dem einen Wesen und Namen. Wenn der Sohn und der Heilige Geist nicht Gott wäre, so wäre Gott gelästert und geschändet, weil ja dann der göttliche Name und das göttliche Werk einem andern als Gott zugeschrieben würde. Denn so heißt’s bei Jesaja:[15] »Gott will seine Ehre und seinen Namen keinem andern lassen«; und doch überläßt er beides dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Daraus schließe ich: Entweder muß die Christenheit geirrt haben oder jene drei Personen sind der eine Gott, weil, wie der Vater in der Taufe lebendig macht, so auch der Sohn und so auch der Heilige Geist.
Du hast also hier zwei gute Hilfen gegen den Satan. Fürs erste mußt du ihm sagen: »Ich disputiere nicht mit dir; sonst treibst du mich dazu, daß ich über das Evangelium und das Wort Gottes vernünftle; sondern ich bin getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes; ich bleibe bei dem, was mm so lange Zeit schon Bestand gehabt hat. Zweitens steht mein Glaube, den ich bekenne, fest: »Ich glaube an den Vater, an den Sohn, an den Heiligen Geist.« In diesem Glauben bekomme ich die Vergebung der Sünden und die Auferstehung von den Toten; denn das kann niemand wirken als allein Gott. Geschieht’s auch an mir durch Taufe und Predigt, so wirkt er’s gleichwohl ganz allein. Den Satan überwinden und ewiges Leben geben, das sind also göttliche Werke; wer solches gibt, ist Gott; nun gibst du’s, der du Vater, Sohn und Heiliger Geist bist! – Disputiere also nicht, sondern halte dich an das Wort! Und zum andern hast du zwei starke Zeugen: erstens das Glaubensbekenntnis, zweitens die Taufe. Damit wehre dich; dann wirst du dem Satan widerstehen. Das sei nun genug von diesem Stück!
Gehalten am 5. Juni 1532.
WA 34/I, S. 498-504.
Quelle: Martin Luther, Predigten über die Christusbotschaft, Calwer Luther-Ausgabe Bd. 5, hrsg. v. Wolfgang Metzger, München-Hamburg: Siebenstern Taschenbuch Verlag 1966, 247-253.
[1] Unter der Herrschaft des Papstes.
[2] Durch die Ausbreitung des reformatorischen Evangeliums.
[3] In der Sakramentslehre stand Luther nicht bloß gegen die katholische Theologie, sondern auch gegen Zwingli, die Schwärmer und die Wiedertäufer.
[4] Offenbarung 17,14.
[5] 1 Mose 3,1 ff.
[6] Johannes 1,14.
[7] Der Ausdruck ›Personen‹ ist heute eine mißverständliche Bezeichnung für das, was die alte Kirche und Luther damit meinten. ›Person‹ bedeutet ursprünglich die Maske, die der Schauspieler trägt, die Rolle, in der er auftritt, die Weise, wie er sich der Welt zeigt.
[8] Im Athanasianischen Glaubensbekenntnis heißt es: »… das ist der rechte christliche Glaube, daß wir einen einigen Gott in drei Personen und drei Personen in einiger Gottheit ehren, und nicht die Personen ineinandermengen, noch das göttliche Wesen zertrennen …«
[9] Johannes 1,18.
[10] Römer 8,11.
[11] Der Text des Apostolischen Glaubensbekenntnisses.
[12] Vgl. Epheser 4,4-6.
[13] ›Glaube‹ bedeutet hier das Apostolische Glaubensbekenntnis.
[14] Luther gebraucht das Wort »beten«, da es sich im Bekennen des Glaubens um ein lobpreisendes Tun handelt.
[15] Jesaja 42,8.
zum Thema „Sünde“:das Wünschen sollte erlaubt bleiben—zum Thema Disput:das Gespräch und der Gedankenaustausch ebenso Don Bosco:das Beste,was wir auf Erden tun können,ist Gutes tun,fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen.