
Reinhold Krauses zweistündige Rede auf der Kundgebung der Deutschen Christen am 13. November 1933 im Berliner Sportpalast ist ein bedrückendes Zeugnis dafür, wie zu Beginn der nationalsozialistischen Diktatur das Evangelium in Deutschland antisemitisch entstellt werden konnte und damit den „völkischen“ Beifall gefunden hatte:
Rede bei der Sportpalastkundgebung
Deutsche Volksgenossen! In dem gewaltigen Erleben des gestrigen Tages[1] ist eines offenbar geworden, was Feinde und Verräter als Schlimmstes befürchtet haben und was die sehnende Seele der alten und jungen Kämpfer für ein neues Deutschland inbrünstig erhoffte: die Deutschen sind ein Volk geworden. (Beifall.) Was einem Jahrtausend deutscher Geschichte nicht gelang, was auch Bismarck nicht erreichen konnte, das hat Gott durch die Kraft unseres Führers Adolf Hitler wahr werden lassen. Stolz und dankerfüllt sind unsere Herzen, daß wir dieses Volkwerden nicht nur miterleben, sondern als Kämpfer in langen Jahren der Schmach langsam mitgestalten konnten. „Ein Volk, ein Führer“, so leuchtete es von den Transparenten über den Straßen und aus den Gesichtern der Volksgenossen, und wir deutschen Christen hätten dazu noch schreiben mögen: ein Gott und eine Kirche! Aber der Weg dahin ist noch weit, und der Führer hat es immer wieder abgelehnt, Reformator zu sein. Heißt das für uns, diesen Weg überhaupt nicht gehen? Keineswegs! Steht da nicht gerade in diesen Tagen vor uns die Gestalt des Mannes von Wittenberg, nicht ein vollendeter Heiliger, dessen Werk man nur geschichtlich betrachten kann, sondern der lebendige Luther, der uns auf unserem Weg zum deutschen Gott und zur deutschen Kirche Führer sein will, der uns ein kostbares Vermächtnis hinterlassen hat: die Vollendung der deutschen Reformation im Dritten Reich! (Sehr starker Beifall.) Wenn die Nachfolger Martin Luthers in ihrer beschränkten Bekenntniskirchlichkeit nicht verstanden haben, daß sein Werk eine Aufgabe für seine Deutschen war, die er nicht lösen konnte, weil er noch kein deutsches Volk hatte, so wird uns in diesen Tagen der Volkwerdung des Reformators völkische Sendung Erlebnis. Nicht der Theologe Luther, noch weniger der Theologieprofessor, interessiert uns heute, Luther, der deutsche Volksprediger steht vor uns (Beifall), der aus tiefster Seele rufen konnte: „Für meine lieben Deutschen bin ich geboren, ihnen will ich dienen“. Sein religiöser Kampf freilich war zunächst seine persönliche Angelegenheit. Aber wie Adolf Hitler war er nicht damit zufrieden, nur für sich den Weg in die Freiheit gefunden zu haben. Er mußte seinen deutschen Volksgenossen auch Führer werden, ein Befreier der deutschen Seele, der über alles geschriebene und gelehrte Wort hinaus, allein in dem Gewissen, in dem Gott in uns, die letzte Bindung sieht. Der deutsche Kämpfer Luther ist immer eingetreten für die Werte deutschen Volkstums in Sprache und Sitte, in Haus und Familie, in Dichtung und Musik. Das alles, meine Volksgenossen, war ihm genau wie die Natur Gottes Werk, und Gottes Geschenk.
Aber Luther konnte diese völkische Sendung nicht vollenden.
Der Sturm der nationalsozialistischen Revolution hat auch vor den Türen der Kirche nicht halt gemacht. Schon ist manches Morsche auch in der Kirche Luthers gebrochen. Das werdende Volk will eine neue Kirche formen, und so rufen wir in diesen Tagen den Feuergeist des Dr. Martinus, daß er uns helfe, sein Werk zu vollenden, zu schaffen: nicht eine lutherische, nicht eine reformierte, nicht eine unierte, nicht eine synodale oder konsistoriale, nicht eine Bischofs- oder Generalsuperintendenten-Kirche, sondern diese eine gewaltige neue, alles umfassende: die deutsche Volkskirche. (Sehr starker Beifall.)
Diese Aufgabe konnte erst gelöst werden, nachdem der Nationalsozialismus nicht mehr den Kampf um die Macht in Deutschland zu führen hatte, sondern um die Seele des deutschen Volkes. (Beifall.) Da diese Seele restlos dem neuen Staat gehört, so kann der Totalitätsanspruch des nationalsozialistischen Staates auch vor der Kirche nicht halt machen (Beifall), vor der Kirche, die er nicht zertrümmern, sondern aus seinem Geist erneuern und neu gestalten will. Und dieser Geist ist Gottes Geist, wenn Adolf Hitler der gottgesandte Befreier und Erretter ist. Die neue Kirche kann niemals neben dem Staat, sondern nur in ihm wachsen, und für sie gelten restlos die gleichen Lebensgesetze. (Beifall.) […]
Und so war es der rechte Weg, wenn wir in unseren Richtlinien die Richtung angaben, aber kein neues Dogma schufen. Wir haben die Richtung zum Marschieren für diese neue Kirche. Und da liegt in diesem alten Programm so Manches, was auch gerade jetzt emporleuchtet und uns die Fackel sein kann auf dem Wege in diese neue Kirche. Ich denke nur an dies Beides, das in diese Kirche getragen werden soll: eine heldische Frömmigkeit aus dem Geiste Luthers und ein artgemäßes Christentum. […]
Der Strom der in die Kirche Zurückkehrenden muß erst gewonnen werden. Dazu ist Heimatgefühl notwendig, und der erste Schritt zu diesem Heimischwerden ist Befreiung von allem Undeutschen im Gottesdienst und im Bekenntnismäßigen, Befreiung vom Alten Testament mit seiner jüdischen Lohnmoral, von diesen Viehhändler- und Zuhältergeschichten. Mit Recht hat man dieses Buch als eines der fragwürdigsten Bücher der Weltgeschichte bezeichnet. Es geht nicht an, daß Pastoren der Deutschen Christen erklären: wir stehen nach wie vor auf dem Boden des Alten Testaments, und auf der anderen Seite steht in den Richtlinien: „artgemäßes Christentum“. Eins schließt das andere praktisch aus. […] Wenn wir heute den Geist Martin Luthers beschwören, dann wollen wir Luthers Stellung zum Alten Testament und zu den Juden nicht unterschlagen, wenn er schreibt: „Darum lasse man Mose der Juden Sachsenspiegel sein und uns Heiden unverworren damit! Das Gesetz Moses geht allein die Juden an. Das Alte Testament ist nicht aus Gottes Gnade, sondern stammt aus Menschenwerk.“ Die Juden aber sind nicht Gottes Volk. Hierbei gehört auch, daß unsere Kirche keine Menschen judenblütiger Art mehr in ihren Reihen aufnehmen darf. Wir haben nicht nur die Judenmission bekämpft, sondern wir haben immer wieder betont: judenblütige Menschen gehören nicht in die deutsche Volkskirche (starker Beifall), weder auf die Kanzel, noch unter die Kanzel. Und wo sie auf den Kanzeln stehen, haben sie so schnell wie möglich zu verschwinden. (Bravorufe, Beifall.)
Es wird aber auch notwendig sein, daß unsere Landeskirche sich damit beschäftigt, daß alle offenbar entstellten und abergläubischen Berichte des Neuen Testaments entfernt werden, und daß ein grundsätzlicher Verzicht auf die ganze Sündenbock- und Minderwertigkeitstheologie des Rabbiners Paulus ausgesprochen wird, der eine Verfälschung jener Botschaft begangen hat, dieser schlichten Frohbotschaft: „Liebe deinen Nächsten als dich selbst“, halte diesen Nächsten als deinen Bruder und Gott als deinen Vater. Und es ist unnationalsozialistisch, wenn man sich an einen Heilsegoismus klammert, wo doch der Nationalsozialismus sagt: „Du Einzelner, bist nichts, dein Volk ist alles, nicht um deine Seligkeit geht es, sondern um die deines Volkes.“ Die reine Jesuslehre muß wieder die Grundlage der Kirche bilden. Wenn wir aus den Evangelien das herausnehmen, was zu unseren deutschen Herzen spricht, dann tritt das Wesentliche der Jesuslehre klar und leuchtend zutage, das sich – und darauf dürfen wir stolz sein – restlos deckt mit den Forderungen des Nationalsozialismus. Wenn Luther heute lebte, wir dürften sicher sein, daß er der Vorkämpfer dieser deutschen Volkskirche wäre. In der Volksgemeinschaft des Dritten Reiches wird die Glaubensgemeinschaft, das heißt die Gemeinschaft der sich mit Gott verbunden Fühlenden, unaufhaltsam wachsen.
Und wir werden erleben, wie eng sich dann die Verwandtschaft des nordischen deutschen Geistes mit dem heldischen Jesusgeist zeigt. Es wird dann offenbar werden, daß die Vollendung der Reformation Martin Luthers der endgültige Sieg des nordischen Geistes über orientalischen Materialismus bedeutet. Heil!
Rede (gekürzt) des DC-Gauleiters von Berlin, Dr. Reinhold Krause, am 13. 11. 1933 anläßlich der DC-Sportpalastkundgebung in Berlin.
[1] Gemeint ist die Reichstagswahl vom 12. November 1933 verbunden mit der Volksabstimmung über den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund.
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