Jürgen Moltmann über die Auferstehung Jesu: „Christi Ende war sein wahrer Anfang. Das erlebe ich mit meinen 92 Jahren immer wieder: Im Ende der Anfang.“

Höllenfahrt Christi (russische Ikone 16. Jahrhundert)
Höllenfahrt Christi (russische Ikone aus dem frühen 16. Jahrhundert)

„Wage es, mit der Gewissheit der Auferstehung zu leben“

Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift das baugerüst widmet sich dem Thema „Was bedeutet eigentlich Ostern?“ Darin ist auch ein Interview mit Jürgen Moltmann enthalten, das Wolfgang Noack und Rainer Brandt geführt haben:

Ist die leibliche Auferstehung eine oberflächliche Betrachtung von Ostern?

Moltmann: Nein, das ist die wirkliche Betrachtung, sonst wüssten wir von Jesus nichts und ohne die Auferstehung gäbe es kein Christentum.

Deswegen ist das Grab leer.

Das Grab war leer, sonst hätten die Jünger die Auferstehung Jesu Christi nicht verkündigen können. In Jerusalem hätten die Juden darauf verwiesen: Da liegt er doch im Grab, er ist nicht auferstanden.

Jesus ist als Mensch mit Fleisch und Körper auferstanden? Oder wie können wir uns das vorstellen?

Der Leichnam wurde auferweckt und ist wieder lebendig geworden.

Jesus ist also der gleiche Mensch, der er vorher war.

Ja. Sonst hätten die Jünger ihn nicht erkannt. Und sie erkennen ihn an seiner Stimme und an den Wundmalen.

Sie schrieben einmal, dass Verstorbene nicht in ein jenseitiges Todesreich eingehen, sondern in einer zweiten Gegenwart gegenwärtig sind. Trifft das so auch für Jesus zu?

Jesus ist in der ersten Gegenwart den Jüngern erschienen und in der zweiten Gegenwart uns. Im Wort der Verkündigung und im Sakrament ist er gegenwärtig.

Warum ist das für Menschen heute alles so schwer nachvollziehbar?

Das kann ich schwer sagen. Für mich bedeutet dies: im Ende der Anfang. Christi Ende war sein wahrer Anfang. Das erlebe ich mit meinen 92 Jahren immer wieder: Im Ende der Anfang.

Haben Sie das immer so gesehen oder hat sich das entwickelt?

Das hab ich erlebt, als ich ohne Hoffnung war, in dem ersten Jahr meiner Gefan­genschaft nach dem 2. Weltkrieg. Da habe ich in meinem Ende den Anfang mit Christus erlebt.

Führt der Glaube an die Auferstehung aus der Welt hinaus oder in die Welt hinein? Anders gefragt: Wird diese große Hoffnung umgemünzt mit der Vertröstung auf den St.-Nimmerleins-Tag?

Wenn ich gewiss bin, dass ich vom Tode auferweckt werde in das ewige Leben, dann kann ich mich hier in diesem Leben voll ausleben. Ich muss nicht meine Seele festhalten und muss mich nicht an irgendwelche Dinge klammern. Ich bin gewiss, wie Paulus [sic!] sagt, das Korn muss in die Erde und muss sterben, dann wird es viel Frucht bringen.

Hier der Text des Interviews als pdf.

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