
Einführung in das Apostolische Glaubensbekenntnis – Teil 2: „Ich glaube an Gott, den Allmächtigen“
Beim Apostolischen Glaubensbekenntnis, das wir sonntäglich im Gottesdienst sprechen, kommt es auf die richtige Ordnung der Worte an. Wenn es eingangs heißt „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen …“, entspricht dies nicht dem lateinischen Urtext „Credo in Deum, Patrem omnipotentem“. Wir glauben nicht an den „Allmächtigen“, sondern an den Gott Vater. Seine Geschichte mit Israel und mit seinem Sohn Jesus Christus erschließt sich uns in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments. Von diesem Gott Vater bekennen wir, dass er allmächtig ist. Die deutsche Fassung ist insofern problematisch, als sie zu einer selbständigen Vorstellung eines „Allmächtigen“ führen kann. So hatte sich gerade Adolf Hitler in seinen Reden und Schriften häufig auf den „Allmächtigen“ berufen, um für seine verbrecherische Politik eine göttliche Vorsehung zu beanspruchen.
Gottes Allmacht ist kein Schicksal, auf dessen Vorsehung man sich berufen kann. Nicht alles, was in unserer Welt geschieht, ist aus seiner Allmacht gewirkt. Andernfalls müssten wir glauben, dass alles Geschehen in dieser Welt – ob freudig oder furchtbar – gottgewollt sei. Wir würden uns dann wie fadenabhängige Marionetten oder fingergeführte Handpuppen durch den „Allmächtigen“ geführt wissen. Oder aber man würde – wie Adolf Hitler – beanspruchen, dass alle eigenen Vorhaben und Unternehmungen göttlich gewollt seien.
Der Rede vom „Allmächtigen“ hat der Theologe Karl Barth (1883-1968) entschieden widersprochen: „Nicht der «Allmächtige» ist Gott, nicht von einem höchsten Inbegriff von Macht aus ist zu verstehen, wer Gott ist. Und wer den «Allmächtigen» Gott nennt, der redet in der furchtbarsten Weise an Gott vorbei. Denn der «Allmächtige» ist böse, wie «Macht an sich» böse ist. Die heilige Schrift redet von Gottes Macht, ihren Erweisungen und ihren Siegen nie abgelöst vom Begriff des Rechtes: Die Macht Gottes ist von Haus aus die Macht des Rechtes. Sie ist nicht bloße potentia, das heißt Vermögen, sondern potestas, also legitime, im Recht begründete Macht. Gottes Macht ist darin und so die Macht des Rechtes, dass sie die Allmacht Gottes des Vaters ist.“ (Dogmatik im Grundriss, 6. A., Zürich 1983, 54f)
Daher beten Christen im Vaterunser zu Gott Vater: „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.“ Gottes rechtschaffende Macht will also nach Jesu Worten für die Zukunft erbeten sein. Wenn wir uns zur gottväterlichen Allmacht bekennen, geht es also nicht um ein namenloses Schicksal, das fatalistisch als „es kommt wie es kommt“ hinzunehmen ist. Im Gebet gehen wir vielmehr den Gott mit seiner Handlungsmacht an, damit unter seiner Herrschaft Bedrängendes abgewehrt, Leidvolles geheilt, Verlorenes wiedergefunden und Gutes uns wie auch anderen Menschen bewahrt wird. Unser Bekenntnis zu Gottes rechtschaffender Allmacht ermöglicht es, ihm solche Gebetsanliegen ernsthaft und leidenschaftlich zuzusprechen.
Bei der göttlichen Allmacht geht es eben nicht um die Schicksalsbestimmung unseres Lebens. Vielmehr wendet Gott in seiner Allmacht sich unserem Leben heilsam zu, selbst dort, wo diese Zuwendung uns als Strafe erscheint. Davon ist im Buch der Propheten Jesaja in den Kapiteln 40 bis 55 die Rede, wenn es dort heißt:
„Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt. Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem HERRN verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«? Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ (Jesaja 40,26-31)
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