
Mensch Adam, zeig Dich! Besinnung zum Beginn der Fastenzeit
„Und sie hörten die Schritte des HERRN, Gottes, wie er beim Abendwind im Garten wandelte. Da versteckten sich der Mensch und seine Frau vor dem HERRN, Gott, unter den Bäumen des Gartens. Aber der HERR, Gott, rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? Da sprach er: Ich habe deine Schritte im Garten gehört. Da fürchtete ich mich, weil ich nackt bin, und verbarg mich.“ (1Mose 3,8-10 Zürcher)
Nachdem der Mensch (hebräisch „Adam“ = „Erdling“) vom Baum der Erkenntnis gegessen hatte, sind ihm die Augen über die eigene Nacktheit aufgegangen. Fortan hält er sich nicht nur gegenüber dem kritischen Blick seiner Mitmenschen feigenblättlich bedeckt, sondern sucht sich vor dem göttlichen Angesicht zu verstecken. Aber wie soll man im eigenen Lebensversteck auf Dauer sich selbst überleben? Wer sich vor seinem Schöpfer im Verborgenen halten will und nicht als Sünder zu sich stehen kann, wird schlussendlich eingeerdet werden. Zu Beginn der Fastenzeit gilt daher der Bußruf: „Auf, zeig dich, tritt hervor!“ Nackt und bloß und doch unverschämt vor dem HERR Gott dastehen kehrt uns dem Evangelium Jesu Christi zu:
Ich steh vor dir in Leere, arm und bang,
fremd ist dein Name, spurlos deine Wege.
Du bist mein Gott, Menschengedenken lang –
Tod ist mein Los, hast du nicht andern Segen?
Bist du der Gott, der meine Zukunft hält?
Ich glaube, Herr, was stehst du mir entgegen?
Mein Alltag wird von Zweifeln übermannt,
mein Unvermögen hält mich eingefangen.
Steht denn mein Name noch in deiner Hand,
hält dein Erbarmen leise mich umfangen?
Darf ich lebendig sein in deinem Land,
darf ich dich einmal sehn mit neuen Augen?
Sprich du das Wort, das mich mit Trost umgibt,
das mich befreit und nimmt in deinen Frieden.
Öffne die Welt, die ohne Ende ist,
verschwende menschenfreundlich deine Liebe.
Sei heute du mein Brot, so wahr du lebst –
Du bist doch selbst die Seele meines Betens.
Huub Osterhuis, „Ik sta voor U“ (1969) in der Übersetzung von Alex Stock. Vergleiche Lothar Zenettis Fassung „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“ (GL 422 / EG 382).