Ende Februar sind Robert Spaemanns lesenswerte Meditationen über die Psalmen 1 bis 51 bei Klett Cotta erschienen. In seiner Einleitung weist er auf den Christus-Bezug des christlichen Psalmgebets hin, ohne damit die jüdische Auslegung in Abrede zu stellen: „Die christliche Aneignung des Alten Testaments ist niemandes »Enteignung«. In den letzten Jahrzehnten wurden die Juden von den Christen oft unter dem ehrwürdigen Bild des »älteren Bruders« gefasst. Der ältere Bruder im Gleichnis vom verlorenen Sohn ist immer beim Vater geblieben, während sich der jüngere so lange draußen herumgetrieben hat, bis ihm nur noch der Weg zurück nach Hause bleibt. Der Vater, der für den Heimgekehrten ein Fest feiert, nimmt dessen älterem Bruder nichts weg. Aber das Fest ist nicht, was es sein könnte, solange der ältere nicht mitfeiert und die »versprengten Kinder Gottes« ( Joh 11,52) als »Anbeter im Geist« (Joh 4,24) im durch Christus erneuerten Israel willkommen heißt.“ Der Text der Einleitung und die Meditation von Psalm 1 finden sich hier.