Am Mittwoch, 3. Oktober 2012 fand an verschiedenen Orten der Christustag Bayern statt. Er stand unter dem Motto: „Wer uns wirklich hilft: Christus allein“. Im Folgenden zwölf Thesen zu meinem Vortrag in Neuendettelsau „Christus allein – warum multireligiöse Heilswege hoffnungslos sind“:
1. Einwände gegen das Zeugnis „Christus allein“ basieren im Wesentlichen auf der modernen Universalidee „menschliche Religion“.
2. Wenn wir „Christus allein“ bezeugen, vertreten wir damit keine religiöse Weltanschauung, sondern bekennen eine lebensentscheidende Zugehörigkeit.
3. Es gilt nicht etwa ein religiöser Absolutheitsanspruch des Christentums, sondern der Exklusivanspruch Jesu Christi auf unser Leben.
4. Christen besitzen weder Heil noch Wahrheit, sondern erhalten diese immer wieder neu zugesagt im Glauben an das Evangelium Jesu Christi.
5. Christen haben selbst nicht einfach Recht, sondern werden als Sünder gerechtfertigt im Glauben an die stellvertretende Lebenshingabe Jesu am Kreuz.
6. Für Christen gibt es keine namenlosen Heilsgüter, die man sich selbst auswählen kann. Rettung und Heil sind im besonderen Namen „Jesus“ allein (und nicht etwa in einer allgemeinen Gottesidee) enthalten.
7. Der Name „Jesus“ umfasst das einmalige Geschehen mit dem Mensch gewordenen Gottessohn. Was mit Jesus geschehen und durch ihn ausgesprochen worden ist, lässt für unsere Zukunft hoffen. Taten schaffen Vertrauen.
8. Menschenmögliche „Heilswege“ lassen Menschen im Denken bei sich selbst bleiben oder aber suchen das Heil in der Auflösung des eigenen Lebens.
9. Der christliche Glaube ist weder Weltanschauungs- noch Selbstgewissheitsglaube, sondern Zugehörigkeits- und Vertrauensglaube. Ohne den Namen „Jesus Christus“ geht er ins Leere. Glaube, der bei sich selbst bleibt, ist schlussendlich hoffnungslos.
10. Ein entschiedener Christusglaube bedingt schmerzliche Toleranz gegenüber menschenmöglichen Weltanschauungen und eigenmächtigen Lebenswegen.
11. Toleranz ist weder mit Akzeptanz noch mit Indifferenz gleichzusetzen. Sie erwächst nicht aus einer inneren, geistigen Unabhängigkeit, sondern ergibt sich aus der eigenen Zugehörigkeit bzw. Bindung.
12. In der Wiederkunft Christi wird der besondere Namen Jesu weltweit geltend gemacht.
Hier mein Vortrag in einer gekürzten Fassung:
Christus allein – warum multireligiöse Wege hoffnungslos sind
Wer uns wirklich hilft: Christus allein, er der Herr, dem wir – um mit der 1. These der Barmer Erklärung zu sprechen – im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Dieses Bekenntnis gilt an allen Orten, zu allen Zeiten und für alle Menschen. Manche Theologen haben damit freilich Schwierigkeiten. Wer „Christus allein“ sagt, wird schnell als intolerant angesehen. Fragen werden gestellt: Wie können Christen einen absoluten Wahrheitsanspruch gegenüber anderen Religionen vertreten? Da gibt es doch eigene religiöse Erfahrungen; und was es gibt, muss auch irgendwie gelten, oder? Und wenn wir von universalen Geltungsansprüchen reden, muss das nicht zu religiöser Militanz führen? Provoziert man da nicht gewaltsame Konflikte?
Viele gehen darum heute andere Wege: Ist es nicht besser, in einen friedensstiftenden Dialog der Religionen zu treten? Soll man es nicht sogar wagen, gemeinsam interreligiös zu beten? Und wenn wir von Ökumene sprechen – können wir da nicht auch diese weiter fassen – eine Ökumene der „abrahamitischen Religionen“, also mit Judentum und Islam?
Christus allein – diesen Anspruch müssen wir nochmal neu ins Spiel bringen. Stellen Sie sich dazu folgendes Bild vor: Mehrere Stühle in einer Reihe aufgestellt stehen für verschiedene Religionen, dahinter der eine Altar. Wer drum herum in einer Beobachterposition sitzt und nicht auf einem Stuhl der Religionen, mag sagen: All diese Religionen haben einen gemeinsamen Ursprung oder Urgrund. Christen sprechen vielleicht von „Gott“, Moslems von „Allah“, Philosophen von dem „einen unbedingten Sein“. Wer als Beobachter außen vor bleiben will, mag der Kirche eine Absage erteilen: Ich komme am Sonntag nicht in den Gottesdienst, ich weiß ja, dass es einen letzten Sinn im Universum gibt – zu dem kann ich in unterschiedlichen Weisen und an je eigenen Orten beten; dafür muss ich auf keinen dieser vorgegebenen Stühle setzen.
Von stuhlreihengleichen Religionen mit Altarblick zu reden erübrigt es einem selbst Platz zu nehmen. Sobald wir sagen, es gehe im Wesentlichen um verschiedene Religionen, haben wir selbst den eigenen Glauben verloren. Wenn wir „Christus allein“ bezeugen, vertreten wir damit keine frei wählbare religiöse Weltanschauung, sondern bekennen die eine lebensentscheidende Zugehörigkeit. Das Entscheidende für uns Christen ist nicht, wie wir die Welt anschauen, sondern zu wem wir uns zugehörig bekennen. So legt uns ja Martin Luther in seinem Kleinen Katechismus den zweiten Glaubensartikel aus: „Ich glaube, dass Jesus Christus … sei mein Herr, der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels; nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben; damit ich sein eigen sei und in seinem Reich unter ihm lebe und ihm diene in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit gleichwie er ist auferstanden vom Tode, lebet und regieret in Ewigkeit“.
Diese Worte haben es in sich, jede Wendung sticht. Da geht es um Gehorsam; aber dieser Gehorsam ist ein einzigartiger Anspruchsgehorsam, kein Befehlsgehorsam wie beim Militär. Christus erhebt einen Anspruch auf unser ganzes Leben und sucht unseren Gehorsam, weil er sich ganz für uns hingegeben hat. Christus erteilt keine Kommandos von einem Feldherrnhügel aus, sondern sagt sich uns in seiner ganzen Person zu: Ich habe dein Leben angenommen, ich habe deine Sünde auf mich genommen, ich habe mich für dich ganz hingegeben, deswegen beanspruche ich dich. Es gilt nicht etwa ein religiöser Absolutheitsanspruch des Christentums, sondern der Exklusivanspruch Jesu Christi auf unser Leben.
Unser Heil ist allein in Jesus Christus, weil er eben nicht von oben herab befiehlt. Keine Stimme ertönt aus dem Himmel, die uns sagt, wie wir selbst zu funktionieren haben. Der Gottessohn setzt sich vielmehr in Beziehung zu uns – als wahrer Mensch. Und nur deswegen kann und darf er uns auch ganz für sich beanspruchen.
Als Heiland stellt Christus infrage, was Menschen für sich selbst unter Heil verstehen. Heil kann uns so vieles bedeuten – Befreiung aus einem schädlichen oder negativen Verhältnis, der Erlass einer Strafe. Heil mag auch eine besondere Kraft von oben sein, mit der ich mein eigenes Leben selbst gestalten kann. Vielleicht sagt auch einer: Heil ist für mich dort, wo die ganze Welt sinnhaft zusammengefügt ist, wenn ich selbst den höheren Sinn dahinter erkannt habe. Da haben Menschen ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Vorstellungen von Heil. Und schon können wir, wenn wir an unser Bild mit den verschiedenen Religionsstühlen denken, fragen: Welches Heil hätten Sie denn gerne?
Das Problem ist, dass in diesem Fall Heil als Gabe oder Gut verstanden wird, das ich mir selber beanspruchen und vereinnahmen kann. Das aber ist nicht gemeint, wenn Jesus Christus von sich selbst spricht: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ (Johannes 11,25) Er sagt nicht: Bei mir gibt es die Auferstehung und das Leben als Gut zum Mitnehmen. Heil ist für Christen allein in der bleibenden Gemeinschaft mit Jesus zu haben.
Das Heil ist Jesus Christus selbst. Christen besitzen weder Heil noch Wahrheit, sondern erhalten diese immer wieder neu zugesagt im Glauben an das Evangelium. Könnten wir selbst das Heil mit nach Hause nehmen, würde sich für uns die Gemeinschaft der Gläubigen erübrigen. Wenn wir das Heil besäßen, könnten wir gar behaupten, das Kreuz sei für uns längst Vergangenheit ohne Geltung für unser gegenwärtiges Leben. Doch Rettung und Heil sind im Namen Jesus andauernd enthalten. Jesus, auf Hebräisch Jeschua, heißt: ER, der HERR, JHWH, ist Rettung, der HERR hilft.
Ohne den Namen Jesu kann kein Heil für uns zur Sprache gebrachten werden. Dann könnten wir niemanden ansprechen oder anrufen. Wenn ich Jesus Christus mit Namen anrufe, sage ich: Du bist doch der Gottessohn, der Mensch geworden ist, der mein Leben angenommen hat, mit Fleisch und Blut, der meine Sünden getragen hat, der für mich gestorben ist, der für mich auferstanden ist – ich gehöre zu dir.
Im Namen Jesu Christi ist unser ganzes Heil verdichtet. Da wird das Heil für uns glaubwürdig. Wir müssen aufpassen, dass wir beim Glauben nicht in eine Weltanschauung zurückfallen. Es gibt Leute, die sagen, sie seien auch gläubig, aber der Glaube wird dabei häufig als eigener Besitz verstanden – „mein Glaube“. Doch Luther sagt zu Recht in seiner Auslegung zum Galaterbrief, dass der Glaube nicht in uns selbst besteht: „Das Evangelium heißt uns, nicht unsere guten Taten und Vollkommenheiten anzusehen, sondern Gott, der der Verheißende ist, Christus, der Mittler. (…) Dies ist also der Grund, warum unsere Theologie voller Gewissheit ist: Sie reißt uns von uns selbst los und stellt uns außerhalb von uns, so dass wir uns nicht auf unsere Kräfte, nicht auf unser Gewissen, unser Wahrnehmungsvermögen, unseren Charakter und unsere Werke, sondern auf das verlassen, was außerhalb von uns ist: auf die Verheißung und die Wahrheit des Gottes, die nicht trügen können.“
Christlicher Glaube ist also kein Weltanschauungsglaube, auch kein Selbstgewissheitsglaube, sondern Zugehörigkeitsglaube: Der ist mein Herr, dem vertraue ich. Ohne den Namen Jesu geht mein Glaube in die Leere. Der Glaube, der bei sich selbst bleibt, ist eine hoffnungslose Angelegenheit.
Im Buch der Offenbarung wird es am Schluss ganz augenfällig. Da geht es nicht allgemein um Seelen- oder Lebensheil, sondern um die Seligkeit in der Gegenwart des dreieinigen Gottes. Wir haben das Bild des Thrones und des Lammes vor Augen (Offenbarung 21-22): Schon jetzt vertrauen wir darauf, dass es am Ende der Zeiten durch das Gericht hindurch einen Ort gibt, wo die Seligkeit geschieht, aber nicht als anonyme Seligkeit, kein Aufgehen unseres Lebens als Tropfen in einem unendlichen Meer. Nein, am Ende der Tage kommt es vielmehr zu der Begegnung, bei der mein Leben in der göttlichen Annahme schlussendlich getröstet wird, bei der Gott alle meine Tränen abwischen wird. Das heißt: Mein ganzes gelebtes Leben wird von ihm umgriffen – das ist die intimste Begegnung, die eben keine Idee ist.
Wenn Menschen sagen, es gibt ein Urprinzip, es gibt ein göttliches Wesen, und ich kann mich schon jetzt über mein Denken in Beziehung zu diesem Wesen setzen – dann bleibt mein Leib außen vor. Meinen Leib kann ich einem namenlosen Gott nicht andenken. Geistig mögen wir uns mit einer solchen Idee verbinden können. Aber das ganze Leben, der ganze Schmerz, die ganzen Enttäuschungen, das was uns unter die Haut gegangen ist, dieses ganze Leben, ist in dem Augenblick hinfällig, wenn Heil nur gedacht ist. Geist zu Geist, und unser leibliches Leben belanglos? Menschenmögliche „Heilswege“ lassen Menschen im Denken bei sich bleiben oder aber suchen das Heil in der Auflösung des eigenen Lebens.
Wenn wir bekennen „Christus allein ist das Heil“, müssen wir auf die Toleranz zu sprechen kommen. Zuallererst geht es dabei um die Toleranz Gottes: Der Gott duldet keine Sünde, sondern erduldet unsere Sünde am Kreuz Christi. Toleranz bedeutet dem lateinischen Wortsinn nach: Ertragen, erdulden, nicht etwa akzeptieren – wer toleriert, akzeptiert nicht. Wenn ich etwas akzeptiere, dann nehme ich es für mich an und muss es nicht mehr ertragen. Das andere wäre Indifferenz oder Gleichgültigkeit. Wenn mir etwas gleichgültig ist, dann berührt es mich nicht. Wer tolerant ist, erträgt das, was er nicht annehmen kann, was ihm selbst zu schaffen macht, was ihm nicht gleichgültig sein kann. Christen haben menschenmögliche Weltanschauungen zu tolerieren; sie müssen ertragen, wenn Mitmenschen andere Lebenswege gehen. Um die Toleranz kommen wir nicht herum. Denn wir wissen ja: Der Glaube an das Evangelium kann nicht aufgezwungen werden, er lässt sich nicht manipulieren. Wollte ich anderen diesen Glauben auferlegen oder gar aufzwingen, wäre dies ein Joch, das das Evangelium zerstört! So haben wir es also zu tolerieren, wenn ein anderer Menschen aus welchen Gründen auch immer „Nein“ zu Jesus Christus sagt.
Es gilt für uns tolerant zu sein und dennoch dabei Christus bezeugen: Immer wieder neu auf Christus zeigen, weil wir selbst eben nicht die Wahrheit besitzen. Wenn Christus sagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, heißt das doch: kein Mensch kann Christus besitzen – er kann ihn nur bezeugen, er kann ihm nur glauben, nur auf ihn zeigen. Wir besitzen das Heil nicht, aber wir vertrauen dem Heil. Was wiederum heißt: Wir Christen haben keinen privilegierten Besitz, sondern ein besonderes Vertrauen und ein besonderes Zeugnis. Wir wissen, auf wen wir im Leben und Sterben zeigen können: Auf Jesus und sein Kreuz. Und das ist wahrlich kein Grund für Hochmut, nein – vor dem Kreuz bleiben wir Zeit unseres Lebens demütig, aber voller Hoffnung.
Zum Ausdruck findet sich der Vortrag hier: Teuffel – Christus allein