Eberhard Jüngel, Menschlich bis in den Tod hinein. Weihnachten ist das Fest des liebenden Gottes (1971): „Ganz und gar Liebe — das ist unser Leben nicht. Und das mag denn am Christfest besonders deutlich werden: uns fehlt, was gefeiert wird; es mangelt unserer Welt an Liebe. Doch hätte man nicht vom Weihnachtsengel vernehmen können, dass ein anderer in dem reich ist, worin wir arm sind? Dieser Reichtum ist nicht auf Kosten anderer entstan­den. Liebe ist ursprünglicher Überfluß. Sie kommt aus sich selbst und strömt über – oder sie wäre nicht Liebe. Als Empfänger dieser überströmenden Liebe ist der Mensch geschaffen. Kein Mensch kann von sich aus lieben, sowenig er von sich aus sprechen und lachen kann. Der Mensch zehrt von einem Plus, das nicht erst er geschaffen hat. Von diesem Plus redete der Weihnachtsengel, als er aller Welt große Freude verkündete.“

Menschlich bis in den Tod hinein. Weihnachten ist das Fest des liebenden Gottes (1971) Von Eberhard Jüngel I Es sei … Mehr

Eberhard Jüngel, Predigt über Matthäus 11,2-6 (1968): „Liebe Kommilitonen: Jesus hat den Täufer sehr wahrscheinlich enttäuscht. Doch desavouiert hat er ihn nicht. Es bleibt die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. Der Richter wird kommen. Doch er wird uns nicht fremd sein. Der himmlische König wird kommen. Doch er war als der Bettlerkönig schon da. Gott selber wird kom­men. Doch er heisst Jesus Christ. Bevor er Euch fordert, gibt er Euch Gnade. Bevor er sich anbeten lässt, lässt er sich bitten. Bevor es zu spät ist, ist er bei uns zur Stelle – nicht um zu Fall zu bringen, sondern um sich zu den Gefallenen herabzubeugen. Die unten am Boden, die richtet er – auf. Denn das ist Gottes Bewegung: Zu uns hinab und mit uns hinauf. Lasst Euch bewegen! Amen.“

Predigt über Matthäus 11,2-6 Von Eberhard Jüngel Da aber Johannes im Gefängnis von den Werken Christi hörte, sandte er zwei … Mehr

Eberhard Jüngel, Der Tod als Geheimnis des Lebens (1975): „Der Tod kommt also keineswegs nur als das Ende des Lebens in Betracht, sondern er gilt als ein ständig im Leben selber sich bereits vollziehender Konflikt mit dem Leben. So können Krank­heit, Schwachheit, Gefangenschaft, Exil in der Terminologie des Todes beschrieben werden. Tod ist nicht nur das Ereignis am Ende, sondern wo immer das Leben sich selbst entfremdet wird, sieht der Glaube Israels bereits den Tod am Werk. Als Ereignis am Ende des Lebens bringt der Tod nur an den Tag, was im Verlauf des Lebens schon immer möglich ist und auch schon immer geschieht: nämlich die Lädierung und Zerstörung von Lebensverhältnissen. Im Tod kommt heraus, was der Mensch ausgerechnet mit seinem Leben aus dem Leben macht. Mit unserem Leben verletzen wir das Leben.“

Der Tod als Geheimnis des Lebens[1] Von Eberhard Jüngel Für die Theologie – als Rede von Gott – stellt sich … Mehr

Eberhard Jüngel, Evangelischer Indikativ. Untergang oder Renaissance der Religion?: „Als Sachwalterin des Evangeliums hat die Kirche also für das ambivalente Phänomen der Zivilreligion eine aus­gesprochen diakritische Funktion. Sie hat die Zivilreligion in jedem Fall »aufzuheben«: entweder in dem von Hegel beschriebenen bekannten drei­fachen Sinn oder aber in dem einfa­chen Sinne, daß sie ihr als einem Exzeß von Aberglauben, so gut sie es kann, ein schnelles Ende macht. In beiden Fällen wäre das der Dienst, die die (als Teilsystem der Gesellschaft existierende) Kirche dem Ganzen der Gesellschaft, dem Staat und dem Volk, das in diesem Staate lebt, schul­det.“

Evangelischer Indikativ. Untergang oder Renaissance der Religion? (1995) Von Eberhard Jüngel Die Kirche hat gegenüber der Zivilreligion eine unterscheidende Funktion: … Mehr

Eberhard Jüngel, Leben nach dem Tod? Gegen das theologische Schweigen vom ewigen Leben (1989): „Die christliche Hoffnung entwirft sich ja nicht von einem indifferenten Nullpunkt aus in eine leere und unbestimmte Zukunft. Wenn der Glaube zu hoffen beginnt, dann kommt er bereits von einer ganz bestimmten Vergangenheit her, einer Vergangenheit, die die Zukunft in sich hat und die über Zeit und Ewigkeit entscheidet. Denn alles, was wir Christen erhoffen, ist begründet in der Geschichte Jesu Christi, in seinem irdischen Leben, seinem Tod und seiner Auferstehung.“

Leben nach dem Tod? Gegen das theologische Schweigen vom ewigen Leben Von Eberhard Jüngel Wer dahin unter­wegs ist, für den … Mehr

Eberhard Jüngel, Die Barmer Theologische Erklärung als Bekenntnis der Kirche (1934): „Vermag man jedoch die in der Barmer Theologischen Erklärung formulierten «evangelischen Wahrheiten» auch heute zu erkennen und zu bekennen, dann wird man, wie bei jedem rechten Bekenntnis, zu prüfen haben, zu welchen Entscheidungen die Sätze von Barmen die Kirche heute herausfordern. Dazu ist es freilich unerläßlich, sich des theologischen Sinnes und der kirchlichen Absicht des Barmer Bekenntnisses möglichst präzis zu vergewissern.“

Die Barmer Theologische Erklärung als Bekenntnis der Kirche Von Eberhard Jüngel In Form eines Not- und Freudenschreis hat die Bekennt­nissynode … Mehr

Eberhard Jüngel, Leben aus Gerechtigkeit. Gottes Handeln und menschliches Tun (1988): „Gibt es eine Rechtfertigung des Sünders, dann also nicht an Gottes Gericht vorbei, sondern durch die Gnade seines Richtens hindurch. Dieser Aspekt ist nicht zuletzt deshalb von erheblicher Bedeutung, weil er in das Zentrum des Evangeliums von der Rechtfertigung des Sünders führt. In seinem Zen­trum ist das Evangelium ja das Wort vom Kreuz (1. Korinther 1,18). Das heißt, dass Gottes Gerechtig­keit mit der Ungerechtigkeit dieser Welt keine Kompromisse macht, sondern sie in der Person Jesu Christi zum Vergehen verurteilt hat. Sein Tod ist eben deshalb der Tod des Sünders. In ihm, der selber von keiner Sünde wusste, sind wir mitgekreu­zigt worden und mitgestorben – das ist die eine Seite der neutestamentlichen Behauptung, dass Christus für uns, nämlich an unserer Stelle, den Tod des Sünders gestorben ist.“

Leben aus Gerechtigkeit. Gottes Handeln und menschliches Tun Von Eberhard Jüngel Am Evangelium von der Rechtfertigung des Sünders scheiden sich … Mehr

Eberhard Jüngel, Mut zur Angst. Dreizehn Aphorismen zum Jahreswechsel (1978): „Allein gelassene Angst setzt sich allerdings gern absolut. Darin gleicht sie der dem angstfreien Dasein verpflichteten Aufklärung. Doch indem sie einander auszuschließen trach­ten, werden beide abstrakt. Und so verhindern sie den ein­zig möglichen Weg zur Überwindung der Angst, zu einem wenigstens auf Zeit angstfreien Dasein und dem ihm ent­sprechenden Handeln. Angst allein macht keinen Mut zur Angst, sondern macht eher mutlos ängstlich. Aufklärung allein macht ebenfalls keinen Mut zur Angst, sondern eher Angst vor der Angst. Der Mut zur Angst muß von wo­anders her kommen. Er hat sicherlich mancherlei Quellen. Eine von ihnen ist der Mensch gewordene Gottessohn, der die Angst überwunden hat. Er ermutigt zugleich zu einer Bestimmung des Verhältnisses von Angst und Aufklärung.“

Mut zur Angst. Dreizehn Aphorismen zum Jahreswechsel Von Eberhard Jüngel 1. Noch ist es nicht Angst, noch ist es nur … Mehr

Eberhard Jüngel, Wege und Aporien der evangelischen Kirchen in der DDR (1993): „Eine Kooperation mit dem Staatssicherheitsdienst unter den Zielsetzungen des Staatssicherheitsdienstes konnte für eine theologisch verantwortungsbewusste Kirche unter keinen Umständen in Betracht kommen. Galt doch für den Staatssicherheitsdienst in gesteigertem Maße, was Georg Lukacs für die kommunistische Ethik generell behauptet hatte: nämlich, dass sie die Aner­kennung der Notwendigkeit, Böses zu tun, zur höchsten Pflicht mache, und dass die Erfüllung dieser Pflicht das größte Opfer sei, das die Revolution ihren Anhängern abverlange. Der Kirche konnte dergleichen nur als verwerflicher Aberglaube erscheinen. Dennoch ist es zu höchst problematischen, zum Teil auch verwerflichen Kontakten mit dem Staatssicherheitsdienst gekommen.“

Wege und Aporien der evangelischen Kirchen in der DDR (1993) Von Eberhard Jüngel Herr Landtagspräsident, Herr Ministerpräsident, Herr Vorsitzender, meine … Mehr