Fridolin Stier über Martin Buber: „Nach dem Essen zog sich Mutzi – wie gewohnt – in den Bettkasten zurück, um Mittagsschlaf zu halten, Martin Buber auf der Couch davor. Die Katze schmiegte sich an den Schlafenden – eine schwarze Pfote im weißen Bart.“

Über Martin Buber und die Katze Mutzi

Von Fridolin Stier

Wenn ich an Martin Buber denke, fällt mir Mutzi ein. Schwarz – selbstbewusst – verspielt – kontaktfreudig – eigenwillig – charmant: un­sere Katze. Sie hatte ihr eigenes Maß im Umgang mit Menschen. (…) Wählerisch nicht nur in dem, was sie fraß, ebenso wählerisch in ihrem Um­gang. Besucher wurden kritisch betrachtet – an­genommen oder abgelehnt.

Mutzi hatte ein gutes Gedächtnis; sie er­kannte die Gäste auch nach längerer Zeit wie­der. Die einmal getroffene Entscheidung galt. Martin Buber begegnete Mutzi in unse­rem lan­gen, ein wenig dämmerigen Flur. Die beiden standen sich in gebührendem Abstand gegen­über. Mutzi zögerte, ob sie dem Fremden den Weg freigeben sollte.

Martin Buber sprach sie an; er sagte: ›Ich weiß, du und deinesgleichen – ihr habt eure ei­genen Gedanken.‹ Da war der Bann gebrochen. Mutzi drehte sich um und ging dem Gast mit er­hobenem Schwanz voran ins Zimmer. Nach dem Essen zog sich Mutzi – wie gewohnt – in den Bettkasten zurück, um Mittagsschlaf zu halten, Martin Buber auf der Couch davor. Die Katze schmiegte sich an den Schlafenden – eine schwarze Pfote im weißen Bart.

Quelle: Ich führe ein Gespräch. Ein Martin Buber Lesebuch, hrsg. von Eleonore Beck und Gabriele Müller, Hildesheim: Bernward, 1993, S. 53.

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