Dürfen Bedienstete der Kirche, also Pfarrer bzw. Pastoren ein Gehalt beziehen? François Turrettinis Antwort in seiner Institutio theologiae elencticae (1685): „Es ist eine Sache, den Dienst um der Bezahlung und des Gewinns willen anzutreten; eine andere, Lohn zu verlangen und zu vereinbaren, dass er den Dienst angemessen ausübt. Ersteres kennzeichnet Söldner, die es nur tun, um aus dem Evangelium Gewinn zu ziehen. Letzteres aber kennzeichnet die wahren Pastoren.“

Dürfen Bedienstete der Kirche, also Pfarrer bzw. Pastoren ein Gehalt beziehen? Diese Frage ist von der Täuferbewegung aufgeworfen worden und im Allgemeinen verneint worden. So hat man sich dann in der lutherischen wie auch der reformierten Orthodoxie dieser Frage annehmen müssen. Hier die Antwort des Genfer reformierter Theologe François Turrettini (1623-1687) in seiner Institutio theologiae elencticae:

Die Gehälter der Pfarrer bzw. Pastoren (Institutio theologiae elencticae, Bd. 3, 1685)

Von François Turrettini

Achtundzwanzigste Frage über die Gehälter der Pfarrer bzw. Pastoren und die kirchlichen Güter: Steht den Pfarrern bzw. Pastoren der Kirche ein Gehalt zu? Wir bekräftigen, dass wir gegen die Wiedertäufer sind.

I. Diese Frage wurde schon früher von den Täufern aufgewühlt, die meinten, das Evangelium solle unentgeltlich gepredigt werden, entweder von den reicheren Leuten, die genügend Mittel zum Leben haben, oder auch von den ärmeren, die sich ihren Unterhalt und das Lebensnotwendige durch irgendeine mechanische Kunst und durch ihre eigene Arbeit verschaffen, nach dem Beispiel des Paulus, der sich mit dem Zeltmachen beschäftigte und mit seinen eigenen Händen arbeitete (1 Kor 4,12). Und sie betrachteten die reformierten Geistlichen nicht als wahre Geistliche, sondern als Söldner, die das Amt als Geschäft betreiben und gewohnt sind, ihre Arbeit denen zu widmen und zu vermieten, die den höchsten Lohn bieten. Sie erkennen zwar an, dass die Kirche verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass die von ihr berufenen Geistlichen mit dem Notwendigen versorgt werden (Artikel 78, Protokoll des gesprecks tho Emdden in Oistfrieszlandt [1579], S. 233-36). Aber nur in diesem Fall – wenn sie keine Mittel haben, mit denen sie ihre Familien ehrlich ernähren können, weder aus einem Erbe noch aus einem Geschäft und Handel und anderen Berufen dieser Welt. Aber über diesen Fall hinaus sind sie der Meinung, dass die Geistlichen verpflichtet sind, aus Liebe und unentgeltlich zu predigen.

II. Die Rechtgläubigen behaupten so: Der Pfarrer kann nicht nur von seinem Amt leben, sondern soll es auch tun. Und obgleich er im Falle der Notwendigkeit, nämlich wenn er weder von der bedienten Gemeinde noch von anderen getragen werden kann, das Evangelium ohne Kosten (adapanon) verkünden kann, ja sogar über den Fall der Notwendigkeit hinaus aus gewichtigen Gründen der Liebe und christlichen Klugheit einer beliebigen Gemeinde diese Schuld erlassen und sie so durch ihre Almosen für eine Zeit oder für immer wieder aufleben lassen kann, so sind sie doch nicht durch ein göttliches und menschliches Recht gebunden, sondern die Gemeinde ist im Gegenteil absolut zur Sorge und Zahlung eines gerechten Gehalts verpflichtet.

III. Die Gründe sind: (1) aus der Stelle des Paulus (1. Korinther 9, 4-19), wo der Sitz dieser Lehre ist und der Apostel für sich und alle Amtsträger nicht nur dieses Recht auf den gebührenden Lohn und diese Vollmacht beansprucht, sondern es durch verschiedene Argumente aus dem göttlichen und natürlichen Recht und durch bewährte Beispiele bestätigt. Das erste wird von den Aposteln angeführt. „Haben wir nicht Macht, eine Schwester, eine Frau, zu leiten, wie auch andere Apostel? Oder ich allein und Barnabas, haben wir nicht die Macht, die Arbeit zu unterlassen?“ (V. 5, 6). Die zweite aus der Analogie des Soldaten, des Bauern, des Hirten, dem die natürliche Gerechtigkeit und die Vernunft lehren, dass der Lohn zusteht: „Wer zieht in den Krieg auf eigene Rechnung, wer pflanzt einen Weinberg und isst nicht von seiner Frucht, oder wer weidet eine Herde und isst nicht von der Milch der Herde?“ (V. 7). Drittens aus der Vorschrift des Gesetzes über den Ochsen, der das Korn zertritt, vom Kleinen zum Großen, denn das Maul des Ochsen, der das Korn zertritt, darf nicht mundtot gemacht werden (Dtn 25,4). So wie Gott es verbietet, den arbeitenden Ochsen von der Krippe wegzutreiben, wie viel weniger sollten die Diener der Kirche der Frucht ihrer Arbeit beraubt werden. Denn mit diesem Gesetz hat er nicht so sehr die Ochsen als vielmehr die Menschen bedacht, damit sie nicht um den gerechten Lohn ihrer Arbeit betrogen werden: „Kümmert sich Gott um die Ochsen? Oder sagt er es ganz und gar um unsertwillen? Dass der, der pflügt, in Hoffnung pflügt“ (V. 9.10). Die vierte, aus einem Vergleich von Ungleichem, der Arbeit und dem Lohn: „Wenn wir euch geistliche Dinge gesät haben, ist es dann eine große Sache, wenn wir eure fleischlichen Dinge ernten werden?“ (V. 11). Die fünfte, von der göttlich eingesetzten Ordnung, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament: „Wisst ihr nicht, dass die, die an heiligen Dingen Dienst tun, von den Dingen des Tempels leben? Diejenigen, die am Altar dienen, sind des Altars teilhaftig. So hat auch der Herr bestimmt, dass die, die das Evangelium verkündigen, vom Evangelium leben“ (V. 13, 14).

IV: (2) Aus dem Gebot Christi, als er die Apostel aussandte, um das Evangelium in Judäa zu verkünden, verbot er ihnen, etwas auf den Weg mitzunehmen (nicht einmal Lebensmittel), sondern wollte, dass sie auf Kosten derer lebten, zu denen sie gesandt wurden (Mt. 10,10; Lk. 10,7). Dafür gibt er eine sehr gerechte Begründung (nämlich: „Der Arbeiter ist seiner Speise und seines Lohnes wert“). Das zeigt, dass den Verkündigern des Evangeliums eine Unterstützung (ta biotika) von ihren Zuhörern nicht weniger zusteht als dem Angestellten ein Lohn für seine Mühe und Arbeit. Auch gegen die Worte Christi („Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebt“, Mt. 10,8) ist nichts einzuwenden. Es ist klar, dass er dort nicht von der Verkündigung des Wortes spricht, sondern von den Gnaden und Wundergaben der Heilung und der Kräfte, für die er verbietet, einen Preis zu nehmen, geschweige denn sie zu verkaufen, wie Simon Magus behauptete (Apg 8,18). „Heilt die Kranken“, sagt er, „reinigt die Aussätzigen, weckt die Toten auf, treibt die Teufel aus; umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebt“ (Mt 10,8). Dass dies nicht auf den gerechten Lohn der Amtsträger ausgedehnt werden kann, beweisen die in V. 10 zitierten Worte. Denn warum will er, dass die Apostel von ihren Zuhörern unterhalten und unterstützt werden, weil der Arbeiter seiner Speise würdig ist, wenn sie verpflichtet sind, unentgeltlich zu predigen?

V. (3) Von den Gehältern der heiligen Diener im Alten Testament (Num 18,8-12), denen gewöhnlich Opfer, Zehnten, Erstlingsfrüchte und andere ähnliche Dinge gegeben wurden, außer bestimmten Städten und Vorstadtfeldern (Num 35,1-8). Obwohl wir im Neuen Testament nicht an diese Gesetze gebunden sind, was das besondere Material angeht, aus dem und auf welche Weise der Lohn gegeben wurde, so bleiben sie doch in Bezug auf die Art und Analogie bestehen, wie aus der bereits zitierten Stelle hervorgeht (1. Korinther 9,13).

VI. (4) Aus dem Beispiel Christi und der Apostel, die sich nicht weigerten, von den Gläubigen das Nötige für ihren Unterhalt zu nehmen. Christus nahm von den Frauen von ihrem Vermögen (ta hyparchonta, Lk. 8,3), wie auch Paulus von den Philippern (Phil. 4,10.15.16). Und in 2 Kor 11,8 sagt er, dass er von anderen Gemeinden Lohn (opsonion) nahm, um den Korinthern zu dienen, damit er ihnen das Evangelium Gottes umsonst verkündigen konnte (d.h. um den Vorwurf der Habgier und des schmutzigen Gewinns zu vermeiden, mit dem die falschen Apostel ihn zu bedrängen versuchten).

VII. (5) Von den Drohungen, die auf die Vorenthaltung des Gehalts folgen. Denn die Nichtbezahlung der Gehälter der Geistlichen gehört zu den schwersten Sünden der Ungerechtigkeit gegenüber dem Nächsten und der Untreue gegenüber Gott, auf die Gott Strafe androht und denen, die das Gegenteil tun, seinen Segen verheißt (Mal 3,8.10.12; Neh 13,10.11; Gal 6,6.7). „Gott lässt sich nicht spotten“, sagt der Apostel, „denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten.“

VIII. (6) Aus den folgenden Absurditäten und Nachteilen. Da die Notwendigkeit der Besoldung verneint wird, würde daraus folgen, (a) dass bei der Wahl der Geistlichen die Eigenschaften und Vorrechte des Fleisches berücksichtigt werden müssten und diejenigen bevorzugt werden sollten, die aus eigenen Mitteln unterhalten werden können und unentgeltlich predigen. Dies würde dazu führen, dass die Besten und Verdienstvollsten bei einer Wahl oft übergangen würden. b) Es würde eine höchst gefährliche Unterscheidung zwischen den Geistlichen geben. Einige könnten das Evangelium ohne Kosten (adapanon) aus Liebe und Gewissen gegenüber Gott verkünden; andere würden die Gemeinde mit ihrer Notwendigkeit belasten und so weniger geachtet und unangenehmer und weniger erfreulich sein, (c) Gehälter würden so in Almosen umgewandelt und man würde annehmen, dass die Amtsträger von Almosen leben (was falsch ist) und ihr Zustand würde verächtlich gemacht. Daher wurde in der Ordnung der reformierten Kirchen Frankreichs klugerweise vorgesehen, dass jedem Pfarrer ein Gehalt zugewiesen werden sollte und dass niemand ohne dieses Gehalt in sein Amt eingesetzt werden sollte (vgl. „The Discipline of the Reformed Churches of France“, Canon 42 in Quick, Synodicon [1692], Lxxiv).

IX. (7) Aus natürlicher Gerechtigkeit und Billigkeit, auf deren Regel der Apostel hinweist (2. Korinther 8,13.14), die es nicht zulässt, dass ein Vorteil zum Schaden des anderen erlangt wird so dass einer belastet wird, während die ganze Gemeinde entlastet wird. Nein, die Gerechtigkeit verlangt, dass diejenigen, die gelehrt werden, die Lehrer mit ihrem Vermögen unterstützen (Gal 6,6; Tit 3,13), und dass diejenigen, die geistliche Dinge von jemandem empfangen, ihm wenigstens zeitliche Dinge geben.

X. Es ist eine Sache, kein Recht zu haben, Löhne zu fordern und zu verlangen, eine andere, aus bestimmten Gründen nicht davon Gebrauch machen zu wollen. Für das verbleibende Recht kann die Ausübung und Nutzung hier und jetzt unterbrochen werden. Paulus hätte das Letztere tun können und hat es aus gewichtigen Gründen auch getan (Apg 20,33; 2 Thess 3,8.9). Aber er stellt weder für sich selbst noch für andere Amtsträger eine Regel auf, die sie ständig zu befolgen hätten, denn wir lesen an anderer Stelle, dass er von diesem Recht Gebrauch gemacht hat.

XI. Der Lohn (misthophoria) ist eine Sache, die Liebe zum Geld (philargyrid) eine andere. In Mic. 3,11 werden die Priester getadelt, „die um Lohn lehren, und die Propheten, die um Geld weissagen“ (d.h. die Falsches lehren, um Geld von den Reichen zu bekommen, die Angenehmes reden und dem Staat einen glücklichen Zustand versprechen, um einen reicheren Lohn zu erhalten). Umso strenger sollen sie die Sünden ihrer Zuhörer zurechtweisen und sie durch Strafandrohung zur Umkehr ermahnen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es ungesetzlich ist, Besoldung zu empfangen, denn Gott hat in seinem Gesetz für den großzügigen Unterhalt gerade dieser Priester gesorgt, die des Geizes angeklagt werden.

XII. Es ist eine Sache, den Dienst um der Bezahlung und des Gewinns willen anzutreten; eine andere, Lohn zu verlangen und zu vereinbaren, dass er den Dienst angemessen ausübt. Ersteres kennzeichnet Söldner, die es nur tun, um aus dem Evangelium Gewinn zu ziehen. Letzteres aber kennzeichnet die wahren Pastoren. Denn wenn ihnen für die Arbeit, die sie verrichten, kein Lohn zustünde, wenn es sich um eine wirklich willkürliche und unentgeltliche Sammlung handelte (wie bei den Almosen), dann wäre es nicht rechtmäßig, einen Lohn zu vereinbaren, und eine solche Vereinbarung wäre schäbig und einfältig. Weil er aber nach der Vorschrift Gottes und Christi auf das Gerechteste zusteht, ist es rechtmäßig, ihn zu fordern, wenn er nicht anders und auf angemessene Weise zu erlangen ist. Darin liegt auch kein Makel oder Verdacht auf Söldnertum, vorausgesetzt, es ist mäßig, nicht zu beschwerlich für die Herde und ausreichend für den ehrlichen Unterhalt des Pastors und seiner Familie. Die Art und Weise dieser Besoldung soll durch den Rat der Besonnenen und die gemeinsame Zustimmung der Gemeinde bestimmt werden. Wer dies hartnäckig, böse und undankbar (nicht aus Armut) verweigert, ist der Verkündigung des Wortes Gottes nicht würdig und soll von seinen Pastoren verlassen werden.

XIII. Wenn ein Amtsträger in der Lage ist, sich und seine Familie aus seinem Vermögen angemessen und ehrlich zu ernähren, soll er deshalb nicht um den Lohn seines Dienstes gebracht werden. Sie sollen auch nicht, es sei denn aus einem besonderen Grund, auf den Lohn ihrer Arbeit verzichten (1 Kor 9,18), damit sie nicht den Anschein erwecken, nach dem Ruhm einer gewissen überlegenen Heiligkeit zu trachten oder ihre ärmeren Kollegen in Verruf zu bringen, und damit nicht das Volk, das durch diese Immunität verführt wird, Geiz hegt zum großen Nachteil der Nachfolger und der ganzen Kirche, die nicht immer einen Dienst ohne Kosten (adapanon) sichern kann. Da aber jeder Herr über den Lohn seiner Arbeit ist, ist es gerecht, dass er nach seinem eigenen und nicht nach dem Willen eines anderen für die Armen und für andere Zwecke ausgibt, was ihm am besten erscheint.

XIV. Diese Löhne können jedoch auf verschiedene Weise bezahlt werden: entweder durch freiwillige Gaben der Gläubigen, die sie aus christlicher Liebe und Gerechtigkeit großzügig von ihren Gütern zum gemeinsamen Nutzen der Kirche beisteuern (wie es die ersten Christen zur Zeit der Apostel und einige Zeitalter danach taten); oder durch eine gegenseitige Übereinkunft und die gemeinsame Besoldung von Einzelpersonen, die sich zusammengeschlossen haben; oder aus der öffentlichen Kasse durch den christlichen Magistrat; oder aus dem Zehnten; oder schließlich aus den jährlichen Erträgen und Erträgen von Feldern und Höfen, die der Kirche geschenkt und überlassen werden, und anderem kirchlichen Eigentum. Auf welche Weise es nun auch immer beschafft wird, es macht wenig oder gar keinen Unterschied, was die Sache selbst betrifft, vorausgesetzt, dass den Dienern des Evangeliums ein ausreichendes Gehalt gewährt wird. Ein Maß sollte dabei beachtet werden, dass es nicht zu klein und weniger ist, als für den ehrlichen Unterhalt des Pastors und seiner Familie ausreicht, noch zu groß, was zu Luxus und Stolz verleitet, mehr als das, was ausreichend und notwendig ist. Denn beide Extreme sind gleich gefährlich und müssen vermieden werden, damit sie nicht entweder von einem undankbaren Volk wegen zu knapper häuslicher Sparsamkeit verachtet werden oder wegen einer zu teuren und prächtigen Einrichtung (wie es im Papsttum der Fall war) verschwenderisch werden und sich dem Luxus, der Bequemlichkeit und der eitlen Prahlerei hingeben.

XV. Obgleich ein Pfarrer in gewissen Fällen verpflichtet ist, unentgeltlich zu arbeiten, wenn er die Mittel dazu hat, wenn die Gemeinde sehr arm oder gerade erst gegründet und noch schwach ist (die das Evangelium nur unentgeltlich annehmen will); oder wenn die Sekten dies tun und unseren Pfarrern vorwerfen, dass sie es nicht tun, folgt daraus nicht, dass ihnen dieses Recht nicht zusteht. Wenn die Kirche ausreichend reich ist, aber entweder aus Geiz oder aus Verachtung und Geringschätzung seines Dienstes nicht bereit ist, das nötige Gehalt zu geben, ist es rechtmäßig, dass er diese Kirche verlässt (nachdem alle anderen Mittel versucht worden sind) und sich dem Dienst einer anderen Kirche anbietet. Denn eine so große Beleidigung eines Amtsträgers (ich will nicht sagen, ein Verbrechen) veranlasst und erlaubt die Abwanderung.

XVI. Wenn man fragt, was von den unentgeltlichen Diensten der Mönche und besonders der Jesuiten zu halten ist (die ihnen, wie wir lesen, von Ignatius, dem Ordensgründer, vorgeschrieben worden sind; vgl. Die Konstitutionen der Gesellschaft Jesu, Pkt. VI. 2.7 [566] [trans. G.E. Ganss, 1970], S. 256), so ist die Antwort leicht: Es ist nicht nur unverschämte Heuchelei, sondern eine ebenso unverschämte wie verräterische Lizenz, alles zusammenzukratzen. Denn was sie auch immer vorgeben mögen, um unentgeltlich zu lehren, so sind sie doch gewohnt, die erlesensten Ländereien, die reichsten Bauernhöfe und unermessliche Erträge, die ihnen durch unentgeltliche Gaben oder Almosen zuteil werden, am schnellsten zu erhalten. Und so bezahlen sie ihre Arbeit nicht unentgeltlich, adverbial oder frei (dorean), sondern aus Gefälligkeit, nominell (d.h. von denen, die die Freundlichkeit dankbar anerkennen und entlohnen).

XVII. Was das kirchliche Vermögen anbelangt, so ist es, um etwas über seinen Ursprung und seine Vermehrung sagen zu können, sicher, dass es schon zur Zeit Christi durch die frommen Gaben und Widmungen der Gläubigen und besonders der Frauen, deren Namen in Lk. 8,2.3 genannt werden, entstanden ist. Die Verwaltung dieses Geldes wurde Judas anvertraut, der es teils zum Nutzen Christi und der Apostel, teils zum Nutzen der Armen ausgeben musste (wie es in Joh 12,5.6 erklärt wird). Nach der Himmelfahrt Christi versammelte sich die erste Gemeinde der Christen in Jerusalem, teils um ein Zeugnis der Liebe abzulegen, teils um den Angriffen der Feinde weniger ausgesetzt zu sein und besser zur Wanderung und Flucht bereit zu sein. Sie legten alles, was sie besaßen, in eine gemeinsame Kasse, wobei die Reicheren die Not der Ärmeren sogar durch den Verkauf ihrer Felder lindern konnten (Apg 2,44.45; 4,32.34.35). Aber diese Gütergemeinschaft (nicht zum Besitz [kata ktesin], sondern zum Gebrauch [kata chresin]) gab es weder in anderen Gemeinden außer der in Jerusalem, noch bestand sie dort für lange Zeit. So hatten die einzelnen Kirchen ihre eigenen Schatzkammern, in die jeder seine Spende einwarf, und es wurden Sammlungen durchgeführt (wie aus den Verteidigungen von Justin und Tertullian hervorgeht).

XVIII. Die Schriftsteller sind sich nicht einig, wann die Kirche zum ersten Mal begann, Ländereien und große Ländereien zu besitzen. Sicher ist, dass die Kirchen schon vor Konstantin Ländereien und Bauernhöfe erworben hatten und dass die römische Kirche vor allen anderen mit den reichsten Schenkungen bereichert worden war. Diese reichten nicht nur für den Unterhalt des Klerus und der Armen, sondern auch für die Unterstützung anderer Kirchen. Aber die üppigen Zuwendungen (durch die die reiche Kirche so stark anschwoll) setzten sich schließlich im Zeitalter Konstantins durch. Denn dieser Kaiser gab in seinem Eifer für die christliche Religion den Kirchen zurück, was ihnen von seinen Vorgängern entzogen worden war, und teilte ihnen einen Teil der Zölle, Abgaben und des öffentlichen Getreides zu und machte ihnen die prächtigsten Geschenke aus den goldenen und silbernen Statuen der zerstörten Götzen. Was aber die Verleihung des Westreiches an die Stadt Rom betrifft, die ihm zugeschrieben wird („Decreti“, Pt. I, Dist. 96.13 Corpus Juris Qmonici [1959], 1:342), so ist dies bereits durch unüberwindliche Argumente gelehrter Männer im Papsttum selbst als falsch und anmaßend bemerkt und bewiesen worden: Petrus de Vinea, Dante, Marsilius von Padua, (Nikolaus von) Cusa, Valla, Otho Friesingen, Volaterranus, Nauclerus; ja, sogar von Aeneas Sylvius (Papst Pius II.) selbst. Daher scheint es, dass dieses Geschenk (was auch immer es war) eher Pepin (III.) als Konstantin zugeschrieben werden muss (obwohl auch er nicht so viele und so große Geschenke gemacht hat, wie gemeinhin angenommen wird). Es kommt der Wahrheit viel näher, dass die Päpste (Italien war von inneren Kriegen zerrissen) mit Gewalt und Betrug nicht wenige Städte und Herrschaften besetzten und nun die Schenkung von diesem oder jenem suchten.

XIX. Später, als der Aberglaube zunahm (der das gemeine Volk faszinierte, weil es glaubte, es gäbe keine Schlechtigkeit, die so abscheulich und kein Verbrechen so niederträchtig wäre, dass sie nicht durch Spenden dieser Art gesühnt werden könnte), konnte die Kraft der überbordenden Großzügigkeit durch keine Dämme aufgehalten werden, wodurch die Kirche wie durch eine ungeheure Flut überschwemmt und zerstört wurde und ihre geistliche Herrlichkeit zum Glanz und Luxus einer profanen Monarchie verkommen ist. Mit allzu großer Wahrheit wurde gesagt: „Die Religion brachte Reichtum hervor, aber die Tochter verschlang ihre Mutter.“ Wer mehr über die Entstehung und Vermehrung der kirchlichen Güter wissen will, möge Hospinian („De Templis“, 5 [„De origine … et bonorum ecclesiasticorum“] Opera Omnia [1681], 1:397-443), Voetius (Politicae Ecclesiasticae, Pt. I [1666], Bk. IV, Tract. II, S. 595-797) und das goldene Traktat des Italieners Paul Sarpi aus Venedig (Treatise on Matters of Beneficiary [1686]) konsultieren.

Quelle: François Turrettini, Institutio theologiae elencticae, Band 3, hrsg. v. Robert Carter, Edingburgh: Lowe, 1847, S. 228-232.

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