Hans Joachim Iwand über die Kirche und Israel (Predigtmeditation zu Epheser 2,19, 1946): „Es war schon längst ein Haus Gottes, ein Volk Gottes da, es war längst Gott offenbar in seinem Willen und seiner Verheißung, es war längst Of­fenbarung geschehen, es war, wie Luther gern sagt, Kirche da seit Beginn der Welt. Es war ein Volk da, das sich Gott zum Eigentum erwählt hatte und das er wunderbar ge­führt, mit dem er sich in einzigartiger Weise verbunden hatte.“

Predigtmeditation zu Epheser 2,19 (Wochenspruch 7. Sonntag nach Trinitatis)

Von Hans Joachim Iwand

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mit­bürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. (Epheser 2,19)

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge – also das wäre eigentlich unsere natürliche Situation dem Vol­ke Israel gegenüber, nicht etwa umgekehrt, wir sind als die Heiden hin­zu­gekommen, es war schon längst ein Haus Gottes, ein Volk Gottes da, es war längst Gott offenbar in seinem Willen und seiner Verheißung, es war längst Of­fenbarung geschehen, es war, wie Luther gern sagt, Kirche da seit Beginn der Welt. Es war ein Volk da, das sich Gott zum Eigentum erwählt hatte und das er wunderbar ge­führt, mit dem er sich in einzigartiger Weise verbunden hatte, und alle diese Verheißungen, diese Namen und ho­hen göttlichen Prädikate sollen nun – euer sein.

Ihr tretet nun ein in eine besondere, neue, ganz und gar euch fremde Welt, in die Welt, da Gott mit seinen Knech­ten redet, handelt, sich ihnen naht und ganz nahe, ganz freundlich und barmherzig mit ihnen umgeht. Ihr tretet ein in die Welt Abrahams und Davids, in die Welt, aus der heraus der Psalter gebetet wurde, ihr tretet in die Welt, aus der Maria kam, aus der der Messias selbst als Herr dieses ganzen Hauses hervortrat.

Darum dürft ihr euch hier daheim fühlen, seid nicht mehr … Fremdlinge in diesem Heiligtum, seid nicht mehr nur zu Gaste, wie wenn ein fremdes, schönes Land bereist wird und man doch weiß, daß man hier kein Hei­matrecht hat, nein, alles dies ist euer. Denn ihr seid als Menschen, die den Ruf des Evangeliums vernommen ha­ben, die vom Kreuz und vom offenen Grab herkommen, durch Gottes Gnade nun auch hier beheimatet. Es ist dar­um kein Wunder, wenn euch die Geschichte des alten Bundes neu und gegenwärtig aufgehen wird, wenn ihr die Frucht pflücken dürft, die unter so viel Not und Dunkel gereift ist, es ist kein Wunder, wenn ihr, trotzdem euch alle sonstigen geschichtlichen, geistigen, rituellen Grundla­gen fehlen, doch hier daheim seid, denn der Herr des Hau­ses hat euch selbst geladen, von den Gassen und Zäunen, gut und böse, so wie ihr seid, denn zu diesem Volk gehört man nicht durch den Adel der Geburt, sondern allein durch den gnadenvollen Ruf des Evangeliums.

Quelle: Hans Joachim Iwand, Predigtmeditationen, Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1963, S. 21. Wieder abgedruckt in: Christa Charlotte Lauther, Morgenröte der Verheißung. Texte zum Kirchenjahr von Hans Joachim Iwand, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1990, S. 74f.

Hier der Text als pdf.

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