Jürgen Habermas, Ziviler Ungehorsam – Testfall für den demokratischen Rechtsstaat (1983): „Ziviler Ungehorsam ist ein moralisch begründeter Protest, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Eigeninteressen zugrunde liegen dürfen; er ist ein öffentlicher Akt, der in der Regel angekündigt ist und von der Polizei in seinem Ablauf kalkuliert werden kann; er schließt die vorsätzliche Verletzung einzelner Rechtsnormen ein, ohne den Gehorsam gegenüber der Rechtsordnung im Ganzen zu affizieren; er verlangt die Bereitschaft, für die rechtlichen Folgen der Normverletzung einzustehen; die Regelverletzung, in der sich ziviler Ungehorsam äußert, hat ausschließlich symbolischen Charakter – daraus ergibt sich schon die Begrenzung auf gewaltfreie Mittel des Protests.“

Ziviler Ungehorsam – Testfall für den demokratischen Rechtsstaat. Wider den autoritären Legalismus in der Bundesrepublik

Von Jürgen Habermas

Das tonangebende bayerische Duo der Bundesregierung, die Herren Zimmermann und Spranger, singt den Refrain auf den Vers, der ihm seit Monaten von der FAZ vorgespielt wird: »Gewaltloser Widerstand ist Gewalt.« Hingegen steht der Justizminister so sehr im Schatten des Innenministers – und der Liberalismus der einstmals Freien Demokraten schon so sehr mit dem Rücken zur Wand –, daß aus dieser Ecke nur noch Tautologien zu vernehmen sind: auch gewalt­loser ziviler Ungehorsam sei ungesetzlich. Die Anwälte einer Verschärfung des Demonstrationsstrafrechtes haben in der Diskussion der letzten Monate die Tendenz verfolgt, den juristischen Begriff der Gewalt über Tatbestände der Ge­walttätigkeit hinaus auf unkonventionelle Formen der politi­schen Willensbildung auszudehnen.

Aus der Psychologie ist der Zwang, in Alternativen zu den­ken, bekannt; wie so oft verschanzt sich das zwanghafte Denken auch diesmal hinter juristischen Formeln. Als ein­zige Alternative zum Störer und Unruhestifter, zum krimi­nellen Gewalttäter erscheint der friedliche Demonstrant – ein Bürger, der aus Pflicht und Gewohnheit zur Wahlurne geht, vielleicht Versammlungen der eigenen Partei besucht und gelegentlich an einer Kundgebung, sei es zum 1. Mai oder zum 20. Juli teilnimmt. Aus der Perspektive einer Ob­rigkeit, die für Ruhe und Ordnung zu sorgen hat, zeigt die demokratische Willensbildung des präsumptiven Souveräns ein bleiches, eingeschüchtertes, zahnloses Antlitz. Demon­strationen sollten aus polizeilichen Gründen am besten im Saale stattfinden, jedenfalls nicht abweichen vom Normal­bild des geordneten Umzugs erwachsener und reinlich ge­kleideter Bürger mit abschließender Ansprache vor dem Rat­haus. Das Alternativdenken sucht Sicherheit in der falschen Eindeutigkeit gewaltsam hergestellter Dichotomien. Der friedlich demonstrierende »Landfriedensbrecher«, der sich nach der ersten polizeilichen Aufforderung nicht schleunigst nach Hause begibt und gleichwohl nicht nachweisen kann, den originellen Tatbestand des »Abwiegelns« erfüllt zu ha­ben, ist ein Produkt dieses Denkens.

Die veränderte Protestszene

In der Tat hat sich die Protestszene der Bundesrepublik seit den Ostermärschen der frühen sechziger Jahre verändert. Wir haben die Studentenproteste in Erinnerung, deren Funke von Berlin auf westdeutsche Universitäten überge­sprungen ist, als Benno Ohnesorg ohne erkennbaren Anlaß von einem Polizisten erschossen wurde. Die neuen, oft phantasievollen, manchmal gewalttätigen Formen dieser Protestbewegung waren von amerikanischen Vorbildern in­spiriert, unmittelbar von jenem exemplarischen Fall zivilen Ungehorsams in Ann Arbor, wo 39 Studenten der Univer­sity of Michigan am 15. Oktober 1965 aus Protest gegen das militärische Eingreifen der USA in Vietnam das Büro der örtlichen Einberufungsbehörde besetzt hielten und zwei Stunden nach Dienstschluß abgeführt werden mußten. Der anschließende Prozeß löste eine lebhafte Debatte aus und erhielt dadurch weltweite Publizität.[1] Noch deutlicher – und noch stärker von Emotionen besetzt – ist unsere Erinnerung an die terroristischen Untergrundaktionen der RAF, die sehr schnell den Unterschied zwischen kriminellen Handlungen und zivilem Ungehorsam klar gemacht haben – endlich auch in den Köpfen, in denen diese Begriffe noch nach Jahren intern geführter, harter Diskussionen eigentümlich diffus ge­blieben waren.

Seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre hat sich eine neue Protestbewegung formiert, in anderer Zusammenset­zung, mit neuen Zielen und mit einer bunten Palette aber­mals gewandelter, differenzierter Formen der Willensäuße­rung. Beispiele sind die Bonner Großdemonstrationen, die eine ganze Stadt in den Rhythmus und den Wirbel einer von Subkulturen getragenen, expressiv-beschwingten Massen­veranstaltung hereingezogen haben; der bundesweite An­sturm auf ein von der Polizei abgeriegeltes Kernkraftgelände wie in Brokdorf; die lautstarke Gegendemonstration gegen das Spektakel eines öffentlich vorexerzierten Großen Zap­fenstrei­ches wie in Bonn oder Bremen; die vorübergehende Blockade von Bauarbeiten und die Besetzung von Bauplät­zen wie in Wyhl; das Anti-Atomdorf in Grohnde, das Hüt­tendorf an der Startbahn West, die die geplanten Großpro­jekte mit einer alternativen Lebensform konfrontieren soll­ten; schließlich die Hausbesetzungen in Kreuzberg und an­derswo, die eine breitere Öffentlichkeit auf den Skandal der rücksichtslosen Spekulation mit begehrten und erhaltungs­würdigen Altbauwohnungen aufmerksam gemacht haben. Allen diesen Aktionen ist gemeinsam, daß sie von spontan gebildeten, heterogen zusammengesetzten, weitverstreuten und dezentralisiert arbeitenden Basisinitiativen ausgehen. Dieses Amalgam von Friedens-, Umweltschutz- und Frau­enbewegung ist nichts, was man wie eine Partei verbieten könnte.

Nun sind für die Herbstmonate entschiedene und varia­tionsreiche Demonstrationen gegen die erwartete Aufstel­lung von Cruise Missiles und Pershing II-Raketen angekün­digt worden, unter anderem Blockaden, verkehrsbehin­dernde Menschenketten, die-ins und andere Äußerungen des zivilen Ungehorsams. Das Schlagwort vom »heißen Herbst« ist in Umlauf und erhitzt die Gemüter im voraus. Die Presse berichtet über diese Pläne wie über die Kriegsvorbereitungen eines Angreifers, der die nationale Sicherheit bedroht. Nach­richten über die Protestszene werden wie geheimdienstliche Erkenntnisse über feindliche Truppenbewegungen gehan­delt. Friedenscamps gewinnen das Aussehen von Partisanen­nestern. Und in den Polizeihauptquartieren werden Einsätze generalstabsmäßig nach bekannten Szenarios durchgespielt. Jeder neue Krawall, der sich, wie in Krefeld, an unauffällig verlaufende Demonstrationen anhängt, bestärkt in der Öf­fentlichkeit den fatalen Eindruck, daß ausgerechnet die Frie­densbewegung dem im Zuge der Terrorismusbekämpfung ausgebauten und aufgerüsteten staatlichen Kontroll- und Eingriffsapparat neue Ziele bietet. So entsteht eine Perspek­tive, aus der die Delikte von kleinen, aber mobilen Stoß­trupps gewalttätiger Randalierer mit Handlungen des mora­lisch begründeten zivilen Ungehorsams verschmelzen. Aus diesem verengten Blickwinkel kann an den heute praktizier­ten und in Aussicht gestellten Protestformen genau jenes Element nicht mehr wahrgenommen werden, welches die neuen sozialen Bewegungen auszeichnet. Wie der Vergleich mit der Studentenbewegung lehrt, gibt die gegenwärtige Pro­testbewegung zum erstenmal die Chance, auch in Deutsch­land zivilen Ungehorsam als Element einer reifen politischen Kultur begreiflich zu machen. Jede rechtsstaatliche Demo­kratie, die ihrer selbst sicher ist, betrachtet den zivilen Un­gehorsam als normalisierten, weil notwendigen Bestandteil ihrer politischen Kultur.

Nach meinen Erfahrungen war in den Jahren der Studen­tenrevolte das Selbstverständnis vieler Akteure durch falsche revolutionäre Vorbilder inspiriert. Jedenfalls fehlte die Iden­tifikation mit den Verfassungsgrundsätzen einer demokra­tischen Republik, die nötig ist, um eine Protesthandlung auch dann, wenn sie die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschreitet, in ihrem ausschließlich symbolischen Charak­ter zu begreifen. Damals sind einige Studentenführer zu Tak­tikern einer Scheinrevolution geworden, weil sie ihren poli­tischen Widerstand zwischen Protest und Kampfhandlung in der Schwebe halten wollten. Eben diese Unklarheit kann ich in der Friedensbewegung weit und breit nicht entdecken. Aus den mir bekannten Äußerungen geht mehr als ein nur taktisches Bekenntnis zur Gewaltfreiheit hervor, nämlich die Überzeugung, daß Protesthandlungen, auch wenn sie kalku­lierte Regelverletzungen darstellen, nur symbolischen Cha­rakter haben können und allein in der Absicht ausgeführt werden dürfen, an die Einsichtsfähigkeit und den Gerechtig­keitssinn der jeweiligen Mehrheit zu appellieren.[2] Niemand bildet sich heute ein, die Raketenaufstellung – wenn über­haupt noch – auf andere Weise als dadurch verhindern zu können, daß die Masse der deutschen Bevölkerung für die politisch-moralische Ablehnung einer Entscheidung von exi­stentieller Tragweite gewonnen und mobilisiert wird. Nur ein drohender Legitimationsverlust kann die Regierung um­stimmen.

Gewiß, von gewaltfreiem Widerstand ist die Rede, obwohl mindestens die Wortführer der Bewegung wissen könnten, daß heute die in GG Art. 20 Abs. 4 festgelegten Bedingun­gen für eine Ausübung des verfassungsgemäßen Wider­standsrechts ersichtlich nicht erfüllt sind. Aber kann man eine soziale Bewegung auf einen juristisch begründeten Sprachgebrauch verpflichten? Kann man sie, wie Günter Frankenberg sagt, »terminologisch enteignen«? Der popu­läre Sprachgebrauch will mit dem Ausdruck ›Widerstand‹ nur die Dringlichkeit des Protestanliegens zum Ausdruck bringen. Das Wort wird nicht einmal metaphorisch verwen­det, wenn es Äußerungen zivilen Ungehorsams bezeichnet – also Akte, die ihrer Form nach illegal sind, obwohl sie unter Berufung auf die gemeinsam anerkannten Legitimations­grundlagen unserer demokratisch-rechtsstaatlichen Ord­nung ausgeführt werden. Wer auf diese Weise Protest ein­legt, sieht sich in einer Situation, wo ihm in einer Gewissens­frage nur noch drastische, mit persönlichen Risiken belastete Mittel zur Verfügung stehen, um die Bereitschaft zur erneu­ten Beratung und Willensbildung über eine geltende Norm oder eine rechtskräftig beschlossene Politik zu wecken und den Anstoß für die Revision einer Mehrheitsmeinung zu ge­ben. Wer sich zu zivilem Ungehorsam entschließt, will sich angesichts der Tragweite einer für illegitim gehaltenen Rege­lung nicht damit zufrieden geben, daß die institutionell vor­gesehenen Revisionsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Warum sollte das Handeln desjenigen, der aus diesen Grün­den das Risiko einer Strafverfolgung in Kauf nimmt, nicht Widerstand heißen dürfen?

John Rawls’ Theorie der Gerechtigkeit

Aus dieser Motivation lassen sich die wichtigsten Bestim­mungen für zivilen Ungehorsam im demokratischen Rechts­staat ableiten. Der amerikanische Moralphilosoph John Rawls hat in seiner bekannten Theorie der Gerechtigkeit die folgende Definition vorgeschlagen: ziviler Ungehorsam äu­ßert sich in »einer öffentlichen, gewaltlosen, gewissensbe­stimmten, aber gesetzwidrigen Handlung, die gewöhnlich eine Änderung der Gesetze oder der Regierungspolitik her­beiführen soll«.[3] Rawls nennt drei Bedingungen, die für ge­rechtfertigten zivilen Ungehorsam erfüllt sein müssen: der Protest muß sich gegen wohlumschriebene Fälle schwerwie­gender Ungerechtigkeit richten; die Möglichkeiten aus­sichtsreicher legaler Einflußnahme müssen erschöpft sein; und die Aktivitäten des Ungehorsams dürfen kein Ausmaß annehmen, welches das Funktionieren der Verfassungsord­nung gefährdet. Rawls Theorie wird auch unter deutschen Juristen inzwischen lebhaft diskutiert.[4]

Unstrittig sind die zentralen Bestimmungen, die sich aus dem Zweck des Appells an die Einsichtsfähigkeit und den Gerechtigkeitssinn einer Mehrheit von Staatsbürgern erge­ben. Ziviler Ungehorsam ist ein moralisch begründeter Pro­test, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Ei­geninteressen zugrundeliegen dürfen; er ist ein öffentlicher Akt, der in der Regel angekündigt ist und von der Polizei in seinem Ablauf kalkuliert werden kann; er schließt die vor­sätzliche Verletzung einzelner Rechtsnormen ein, ohne den Gehorsam gegenüber der Rechtsordnung im ganzen zu affizieren; er verlangt die Bereitschaft, für die rechtlichen Folgen der Normverletzung einzustehen; die Regelverletzung, in der sich ziviler Ungehorsam äußert, hat ausschließlich sym­bolischen Charakter – daraus ergibt sich schon die Begren­zung auf gewaltfreie Mittel des Protestes. Das Prinzip der Gewaltfreiheit versucht Günter Frankenberg folgenderma­ßen festzulegen: Zivil ist nur eine Regelverletzung, die nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Protestzweck steht und die insbesondere die physische und psychische Integrität des Protestgegners oder unbeteiligter Dritter wahrt. Gewalt­freiheit schließt auch nach Dreiers Auffassung Momente der Nötigung nicht in jedem Falle aus, sie ist mit »psychischem Druck und Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit Dritter« vereinbar.[5]

Der Streit um eine hinreichend präzise Bestimmung des Gewaltbegriffs sollte aber nicht von der eigentlichen Provo­kation der Rawlsschen Theorie ablenken. Wer in diesen Ta­gen auf den Tenor der Presseverlautbarungen von Regierun­gen und Parteien, der Fernsehdiskussionen und Leitartikel lauscht und die herrschende Meinung der Juristen zu Rate zieht, wird sich über die »Gesetz ist Gesetz«-Mentalität nicht täuschen können. Das Dogma der staatstragenden Kräfte steht auf festen Beinen: Wer unter Berufung auf sein Gewissen Gesetze bricht, nimmt sich Rechte heraus, die un­sere demokratische Rechtsordnung um der Sicherheit und der Freiheit aller Bürger willen niemandem einräumen kann. Wer im Rechtsstaat zivilen Ungehorsam leistet, setzt mit dem Rechtsfrieden eine der höchsten und verletzbarsten kul­turellen Errungenschaften aufs Spiel. Er legt, so meint Geiss­ler, »die Axt an die Demokratie«.

Demgegenüber behauptet nun Rawls, daß der zivile Unge­horsam geradezu einen Prüfstein für das angemessene Ver­ständnis der moralischen Grundlagen der Demokratie dar­stellt und – so können wir im Hinblick auf die Bundesrepu­blik hinzufügen – einen Prüfstein für den Reifezustand der ersten demokratischen Republik auf deutschem Boden, die von allen sozialen Schichten getragen wird: »Das Problem des zivilen Ungehorsams, wie ich es verstehe, entsteht nur in einem mehr oder weniger gerechten demokratischen Staat für die Bürger, die die Verfassung anerkennen. Das Problem besteht in einem Pflichtenkonflikt. An welchem Punkt ist die Pflicht, sich den von einer Gesetzgebungsmehrheit beschlos­senen Gesetzen (oder den von ihr unterstützten Handlungen der ausführenden Gewalt) zu fügen, angesichts des Rechts zur Verteidigung seiner Freiheit und der Pflicht zum Wider­stand gegen Ungerechtigkeit nicht mehr bindend? Diese Frage rührt an den Sinn und die Grenzen der Mehrheitsre­gel.«[6] Warum soll im demokratischen Rechtsstaat, und ge­rade in diesem, ziviler Ungehorsam berechtigt sein?

Ich möchte auf diese Frage keine juristische, sondern eine rechtsphilosophische Antwort zu geben versuchen, von der ich nicht genau weiß, wie weit sie mit der von Rawls gege­benen übereinstimmt. Das Problem, um das es geht, kann nur entstehen, wenn wir davon ausgehen, daß der moderne Verfassungsstaat einer moralischen Rechtfertigung sowohl bedarf wie auch fähig ist. Ich gehe von dem ungewöhnlich hohen Legitimationsanspruch des Rechtsstaates aus: er mu­tet seinen Bürgern zu, die Rechtsordnung nicht aus Furcht vor Strafe, sondern aus freien Stücken anzuerkennen. Die Treue zum Gesetz soll sich aus einer einsichtigen und darum freiwilligen Anerkennung jenes normativen Anspruches auf Gerechtigkeit ergeben, den jede Rechtsordnung erhebt.

Diese Anerkennung stützt sich normalerweise darauf, daß ein Gesetz von den verfassungsmäßigen Organen beraten, beschlossen und verabschiedet worden ist. Damit erlangt das Gesetz positive Geltung und legt fest, was in seinem Gel­tungsbereich als legales Verhalten zählt. Das nennen wir Le­gitimation durch Verfahren. Diese gibt freilich keine Ant­wort auf die Frage, warum das legitimierende Verfahren selbst, warum das regelrechte Tätigwerden verfassungsmäßi­ger Organe, warum letztlich die Rechtsordnung Im ganzen legitim ist. Der Hinweis auf das legale Zustandekommen po­sitiv geltender Normen hilft hier nicht weiter. Die Verfas­sung muß aus Prinzipien gerechtfertigt werden können, de­ren Gültigkeit nicht davon abhängig sein darf, ob das posi­tive Recht mit ihnen übereinstimmt oder nicht. Deshalb kann der moderne Verfassungsstaat von seinen Bürgern Ge­setzesgehorsam nur erwarten, wenn und soweit er sich auf anerkennungswürdige Prinzipien stützt, in deren Licht dann, was legal ist, als legitim gerechtfertigt – und gegebe­nenfalls als illegitim verworfen werden kann.

Wer in normativer Absicht Legalität von Legitimität unter­scheiden möchte, muß sich freilich zutrauen, diejenigen legi­timierenden Verfassungsprinzipien auszuzeichnen, die gute Gründe für sich haben und Anerkennung verdienen. Wie können aber solche Grundnormen, beispielsweise die Grundrechte, die Garantie der Rechtswege, die Volkssouve­ränität, die Gleichheit vor dem Gesetz, das Sozialstaatsprin­zip usw. gerechtfertigt werden? Dafür sind in der Tradition des Vernunftrechts und der Kantischen Ethik eine Reihe von Vorschlägen ausgearbeitet worden. Sie alle folgen der Intui­tion, daß nur solche Normen gerechtfertigt sind, die ein ver­allgemeinerungsfähiges Interesse zum Ausdruck bringen und daher die wohlerwogene Zustimmung aller Betroffenen finden könnten. Und zwar wird diese Zustimmung an eine Prozedur vernünftiger Willensbildung gebunden; deshalb schließt dieser Begründungsmodus den heute beliebten Rückgriff auf eine historisch eingelebte materiale Wertord­nung aus. Wie man sich zu diesen Moraltheorien auch stellen mag, ein demokratischer Rechtsstaat kann, weil er seine Le­gitimität nicht auf schiere Legalität gründet, von seinen Bür­gern keinen unbedingten, sondern nur einen qualifizierten Rechtsgehorsam fordern. Dem trägt auch das Grundgesetz in Art. 1 Abs. 2 mit einem Bekenntnis zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten Rechnung. Wie Er­hard Denninger herausgearbeitet hat, soll der Charakter des Bekenntnisses zum Ausdruck bringen, daß die Grundrechte auch die übergesetzliche Geltung legitimierender Verfas­sungsprinzipien genießen.[7] Auch die im Grundgesetz (Art. 20 Abs. 3) getroffene Unterscheidung von »Gesetz« und »Recht« legt diesen Schluß nahe. Mit dem Begriffspaar Legalität/Legitimität ist viel Unfug getrieben worden; das erklärt die Zurückhaltung vieler Juristen. Demgegenüber meine ich, daß die Idee des Rechtsstaates selber dazu anhält, das Spannungsverhältnis dieser beiden aufeinander verwiese­nen Momente zu durchdenken.

Der Hüter der Legitimität

In den Institutionen der rechtsstaatlichen Demokratie ver­körpert sich das Mißtrauen gegen die fallible Vernunft und die korrumpierbare Natur des Menschen. Dieses Mißtrauen reicht über die Kontrollen und Gegengewichte, die sich in­stitutionalisieren lassen, hinaus. Denn weder die Einhaltung des Rechtsweges noch die Autorität der wissenschaftlichen Jurisprudenz bieten vor der moralischen Entwurzelung einer der Form nach intakten Rechtsordnung und Rechtswissen­schaft einen automatischen Schutz. Das bedarf im Jahre der 50. Wiederkehr des 30. Januar 1933 keiner weiteren Erklä­rung. Der Rechtsstaat, der mit sich identisch bleiben will, steht vor einer paradoxen Aufgabe. Er muß das Mißtrauen gegen ein in legalen Formen auftretendes Unrecht schützen und wachhalten, obwohl es eine institutionell gesicherte Form nicht annehmen kann. Mit dieser Idee eines nicht­institutionalisierbaren Mißtrauens gegen sich selbst ragt der. Rechtsstaat über das Ensemble seiner jeweils positiv gesetz­ten Ordnungen hinaus. Das Paradox findet seine Auflösung in einer politischen Kultur, die die Bürgerinnen und Bürger mit der Sensibilität, mit dem Maß an Urteilskraft und Risi­kobereitschaft ausstattet, welches in Übergangs- und Aus­nahmesituationen nötig ist, um legale Verletzungen der Le­gitimität zu erkennen und um notfalls aus moralischer Ein­sicht auch ungesetzlich zu handeln.

Der Fall des zivilen Ungehorsams kann nur unter Bedin­gungen eines im ganzen intakten Rechtsstaates eintreten. Dann darf aber der Regelverletzer die plebiszitäre Rolle des unmittelbar souverän auftretenden Staatsbürgers nur in den Grenzen eines Appells an die jeweilige Mehrheit überneh­men. Im Unterschied zum Resistance-Kämpfer erkennt er die demokratische Legalität der bestehenden Ordnung an. Die Möglichkeit des berechtigten zivilen Ungehorsams er­gibt sich für ihn allein aus dem Umstand, daß auch im de­mokratischen Rechtsstaat legale Regelungen illegitim sein können – illegitim freilich nicht nach Maßgabe irgendeiner Privatmoral, eines Sonderrechts oder eines privilegierten Zu­gangs zur Wahrheit. Maßgebend sind allein die für alle ein­sichtigen moralischen Prinzipien, auf die der moderne Ver­fassungsstaat die Erwartung gründet, von seinen Bürgern aus freien Stücken anerkannt zu werden. Es geht nicht um den Extremfall der Unrechtsordnung, sondern um einen Nor­malfall, der immer wieder eintreten wird, weil die Verwirk­lichung anspruchsvoller Verfassungsgrundsätze mit univer­salistischem Gehalt ein langfristiger, historisch keineswegs geradlinig verlaufender, vielmehr von Irrtümern, Widerstän­den und Niederlagen gekennzeichneter Prozeß ist. Die euro­päische Geschichte der Grundrechte beispielsweise läßt sich als ein solcher, von Rückschlägen unterbrochener kollektiver Lernprozeß verstehen.[8] Wer will behaupten, daß diese Lern­prozesse abgeschlossen sind? Auch heute dürfen wir uns nicht nur als die glücklichen Erben fühlen. Der Rechtsstaat im ganzen erscheint, aus dieser geschichtlichen Perspektive, nicht als ein fertiges Gebilde, sondern als ein anfälliges, irri­tierbares Unternehmen, das darauf angelegt ist, unter wech­selnden Umständen eine legitime Rechtsordnung sei es her­zustellen oder aufrechtzuerhalten, zu erneuern oder zu er­weitern. Weil dieses Projekt unabgeschlossen ist, sind auch die Verfassungsorgane von dieser Irritierbarkeit keineswegs ausgenommen.

Zudem sind es die Mühseligen und Beladenen, die Unrecht als erste am eigenen Leibe erfahren. Die, die Unrecht am ehesten spüren, sind in der Regel nicht mit Befugnissen oder auch nur mit privilegierten Einflußnahmen ausgestattet – sei es über die Zugehörigkeit zu Parlamenten, Gewerkschaften und Parteien, sei es über den Zugang zu Massenmedien oder über das Drohpotential derer, die bei Wahlkämpfen mit ei­nem Investitionsstreik winken können. Auch aus diesen Gründen ist der plebiszitäre Druck des zivilen Ungehorsams oft die letzte Möglichkeit, Irrtümer im Prozeß der Rechts­verwirklichung zu korrigieren oder Neuerungen in Gang zu setzen. Die Tatsache, daß in unsere Rechtsordnung viele Me­chanismen der Selbstkorrektur eingebaut sind, von der drei­maligen Lesung einer parlamentarischen Gesetzesvorlage bis zum Instanzenweg der Gerichte, spricht ja nur dafür, daß der Rechtsstaat mit einem hohen Revisionsbedarf rechnet, und nicht dafür, daß weitere Revisionsmöglichkeiten ausge­schlossen werden sollen. Auch der Oxforder Rechtstheoreti­ker Ronald Dworkin siedelt den zivilen Ungehorsam an die­ser Nahtstelle an. Was prima facie Ungehorsam ist, kann sich, weil Recht und Politik in steter Anpassung und Revi­sion begriffen sind, sehr bald als Schrittmacher für überfäl­lige Korrekturen und Neuerungen erweisen. In diesen Fällen sind zivile Regelverletzungen moralisch begründete Experimente, ohne die sich eine vitale Republik weder ihre Inno­vationsfähigkeit noch den Legitimationsglauben ihrer Bür­ger erhalten kann.[9] Wenn die Repräsentativverfassung vor Herausforderungen versagt, die die Interessen aller berüh­ren, muß das Volk in Gestalt seiner Bürger, auch einzelner Bürger, in die originären Rechte des Souveräns eintreten dürfen. Der demokratische Rechtsstaat ist in letzter Instanz auf diesen Hüter der Legitimität angewiesen.

Zurückhaltung auf beiden Seiten

Natürlich können sich auch die, die moralische Einsichten zwar nicht als Privileg, aber als entschuldigende Begründung für ihren punktuellen Ungehorsam in Anspruch nehmen, ir­ren. Die Narren von heute sind nicht immer die Helden von morgen, viele bleiben auch morgen die Narren von gestern. Der zivile Ungehorsam bewegt sich oft im Zwielicht der Zeitgeschichte; dieses erschwert dem Zeitgenossen die poli­tisch-moralische Bewertung. Der klargeschnittene Fall des aktiven Widerstandes ist leichter zu beurteilen – und dies nicht erst aus der Retrospektive. Es bedurfte nicht des histo­rischen Abstandes, um zu sehen, was die Stammheimer Rechtsprechung von den Urteilen eines Volksgerichtshofes prinzipiell unterscheidet. Auch die Legitimität von Wider­standshandlungen läßt sich keineswegs schon am sittlichen Ernst der Motive ablesen. Mangel an Gewissen war es wohl nicht, was Ulrike Meinhoff von Sophie Scholl getrennt hat – und doch war mit Händen zu greifen, daß die schwarze Rose von der weißen Rose durch eine Welt geschieden war. Situa­tionen des aktiven Widerstandes haben eben eine unver­gleichlich größere Prägnanz als solche des zivilen Ungehor­sams.

Dieser Mangel an Eindeutigkeit verpflichtet beide Seiten. Der Regelverletzer muß skrupulös prüfen, ob die Wahl spektakulärer Mittel der Situation wirklich angemessen ist und nicht doch nur elitärer Gesinnung oder narzißtischem Antrieb, also einer Anmaßung entspringt. Andererseits muß sich auch der Staat eines Urteils historischer Natur enthalten und noch denen gegenüber Respekt wahren, die heute unge­setzlich handeln und vielleicht morgen im Unrecht bleiben. Er kann um so eher darauf verzichten, sein Sanktionspoten­tial auszuschöpfen, weil durch zivilen Ungehorsam die Exi­stenz und der Sinn der Rechtsordnung insgesamt nicht in Frage gestellt werden. Wie es in einer politischen Kultur aussieht, wenn diese Zurückhaltung auf beiden Seiten fehlt, zeigt die in ihren Voraussetzungen und Mitteln undurch­dachte Demonstration des Abgeordneten Schwalba-Hoth, zeigt freilich deutlicher noch die unsägliche Suada, die die sogenannte »Blutsudelei« ausgelöst hat. Wenn es in dieser Geschichte, abgesehen von der atavistischen Ordensbrust des Generals, etwas Blutrünstiges gegeben hat, dann war es der Schrei nach Strafe für »das scheußliche Blutattentat«.[10]

Diese hemmungslosen Reaktionen auf einen mißglückten Versuch zivilen Ungehorsams lassen Schlimmes befürchten. Sie machen den Versuch kritischer Juristen immerhin ver­ständlich, einen Tatbestand zu legalisieren, der sich mit Mit­teln des positiven Rechts sowenig zähmen läßt wie die Re­sistance durch das ins Grundgesetz aufgenommene Wider­standsrecht. Gewiß, es sind gute Gründe für eine Legalisie­rung vorgetragen worden: die einen möchten den zivilen Ungehorsam auf dem Wege der radikalen Auslegung des Demonstrations- und Versammlungsrechtes verrechtlichen;[11] die anderen versuchen dasselbe auf dem Wege der Überset­zung moral- und rechtstheoretischer Begründungen in juri­stisch anwendbare Rechtfertigungsformeln.[12] Gegen die Le­galisierung des Tatbestandes zivilen Ungehorsams spricht aber schon der unerwünschte Normalisierungseffekt. Wenn jedes persönliche Risiko entfällt, wird die moralische Grund­läge des regelverletzenden Protestes fragwürdig; auch dessen Appellwirkung wird entwertet. Der zivile Ungehorsam muß zwischen Legitimität und Legalität in der Schwebe bleiben; nur dann signalisiert er die Tatsache, daß der demokratische Rechtsstaat mit seinen legitimierenden Verfassungsprinzi­pien über alle Gestalten ihrer positiv-rechtlichen Verkörpe­rung hinausweist. Weil dieser Staat in letzter Instanz darauf verzichtet, von seinen Bürgern Gehorsam aus anderen Grün­den als dem einer für alle einsichtigen Legitimität der Rechts­ordnung zu verlangen, gehört ziviler Ungehorsam zu dem unverzichtbaren Bestand einer reifen politischen Kultur.

Rawls und Dworkin halten in Fällen zivilen Ungehorsams eine modifizierte Strafverfolgung für angemessen. Die Be­hörden haben hinreichend Spielraum bei der Entscheidung, ob Anklage erhoben und das Hauptverfahren eröffnet wer­den soll, ob eine Verurteilung nötig ist und wie gegebenen­falls die Strafe zu bemessen ist.[13] In jedem Fall sollten aber die Gerichte erkennen lassen, daß ziviler Ungehorsam keines der üblichen Delikte ist. Der demokratische Rechtsstaat geht in seiner Legalordnung nicht auf. Für den Ausnahmefall des Versagens der Repräsentativverfassung stellt er seine Legali­tät denen zur Disposition, die dann noch für seine Legitimi­tät sorgen können. Wann dieser Fall gegeben ist, kann logi­scherweise nicht wiederum von Feststellungen eines Verfas­sungsorgans abhängig gemacht werden. Der zivile Ungehor­sam bezieht seine Würde aus diesem hochgesteckten Legiti­mationsanspruch des demokratischen Rechtsstaats. Wenn Staatsanwälte und Richter diese Würde nicht respektieren, den Regelverletzer als Kriminellen verfolgen und mit den üblichen Strafen belegen, verfallen sie einem autoritären Le­galismus. In den Begriffen eines konventionellen, aus vormo­dernen Rechtsverhältnissen stammenden Staatsverständnis­ses verkennen und verkürzen sie die moralischen Grundla­gen und die politische Kultur eines entwickelten demokra­tischen Gemeinwesens.

Die Anwälte des autoritären Legalismus berufen sich vor­zugsweise auf Carl Schmitt. Dieser hat immer wieder das Hobbessche Gespenst der konfessionellen Bürgerkriege be­schworen, um zu suggerieren, daß die friedensstiftende Funktion des weltanschaulich neutralen Staates den Gehor­sam der Bürger gegenüber einem übergeordneten Souverän erfordert. Seine These wird in vielen Variationen durchge­spielt; sie wird nicht überzeugender dadurch, daß man an­stelle des Reichspräsidenten oder des Führers dem Parlament oder dem Bundesverfassungsgericht die Rolle des überge­ordneten Souveräns zuschiebt.[14] Der demokratische Rechts­staat ist gewiß neutral gegenüber den grundrechtlich ge­schützten subjektiven Glaubensgewißheiten seiner Bürger; keineswegs neutral verhält er sich gegenüber den intersub­jektiv anerkannten moralischen Grundlagen der Legalität und des Rechtsgehorsams. Das Gewissen des Staatsbürgers erstreckt sich auch auf das, was alle angeht. Deshalb kann es keine Instanz geben, die ultimativ dem Streit um Einhaltung oder Verwirklichung der legitimierenden Verfassungsprinzi­pien enthoben wäre – und dies um so weniger, je tiefer der Interventionsstaat mit seinen Politiken in die gesellschaftli­chen Lebensgrundlagen eingreifen muß. Der gewissenhaft begründete zivile Ungehorsam weiß sich dem Verfassungs­konsens verpflichtet und darf nicht mit der Durchsetzung privater Glaubensgewißheiten verwechselt werden. Das hi­storische Beispiel der Konfessionskriege ist ganz und gar schief; denn diese haben einem konfessionellen Staat reli­giöse Toleranz, d. h. das Grundrecht auf ungehinderte Reli­gionsausübung erst abgerungen. Demgegenüber haben Tho­reau und Martin Luther King, indem sie sich gegen Sklaven­herrschaft und Menschenrechtsverletzung zur Wehr setzten, nicht ihre privaten Überzeugungen verabsolutiert, sondern geltende Verfassungsprinzipien eingeklagt. In diese Tradi­tion stellen wir vielleicht morgen mit größerer Selbstver­ständlichkeit als heute die Brüder Berrigan und alle jene, die für die rechtswirksame Ächtung aller Massenvernichtungs­mittel den zivilen Gehorsam aufkündigen.

Wo liegt das Unrecht heute?

Gleichwohl steht die prinzipielle Frage auf einem anderen Blatt als die konkrete Frage, ob denn hier und heute eine Situation gegeben ist, in der Regelverletzungen als ziviler Ungehorsam gerechtfertigt werden können. Bei der zu er­wartenden Aufstellung von Raketen handelt es sich offen­sichtlich nicht um jenen Typus von Unrecht, gegen das Mar­tin Luther King und die amerikanische Bürgerrechtsbewe­gung angegangen sind, d. h. um eine offensichtliche Verlet­zung von Grundrechten. Jedenfalls dürfte es nicht einfach sein, eine rüstungspolitische Maßnahme, die die Regierung in Ausführung ihrer erklärten Verteidigungs- und Außenpo­litik trifft bzw. zuläßt, als Verletzung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit oder des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu interpretieren. Ebensowenig handelt es sich um jenen Typus von Unrecht, gegen den sich seinerzeit der Anti-Vietnam-Protest gerichtet hat. Der Bundesregierung kann nicht unterstellt werden, daß sie die Pflicht zur Wahrung des internationalen Friedens verletzt. Wenn man die polemisch zugespitzten, aber wohlerwogenen Argumente Erhard Epplers, eines der einflußreichsten und ernsthaftesten Protagonisten der Friedensbewegung, als Bei­spiel heranzieht, ergibt sich allerdings eine Situationsdeu­tung, aus der sich andere Gründe für zivilen Ungehorsam ableiten lassen. Eppler argumentiert in seinem jüngsten Buch etwa so:

Erstens: Die USA haben ihre Abschreckungsstrategie in den letzten Jahren grundsätzlich verändert. Während bis zu Carters Regierungszeit die bewußt in Kauf genommene Ver­wundbarkeit beider Seiten die paradoxe Bedingung für die aussichtsreiche Verhütung eines Atomkrieges gewesen ist, erstrebt die US-Regierung heute die Fähigkeit, einen be­grenzten Atomkrieg gewinnen zu können – natürlich nicht, um ihn zu führen, sondern um dieses Drohpotential für eine Kriegsverhütung zu den Bedingungen einer Pax Americana einsetzen zu können.

Zweitens: Die auf dem Boden der Bundesrepublik aufzu­stellenden Pershing II-Raketen sollen im Rahmen dieses Konzepts die Stelle von zielgenauen Erstschlagwaffen über­nehmen. Sie eignen sich dazu, innerhalb weniger Minuten die sowjetische Befehlsstruktur auszuschalten. Es geht der amerikanischen Seite nicht in erster Linie um ein Gegenge­wicht gegen die sowjetischen SS 20-Raketen, sondern um die glaubhafte Drohung, den Gegner im nuklearen Duell zu »enthaupten«. Deshalb haben die Amerikaner kein Interesse an einer Vereinbarung, die den vorgesehenen Waffenmix von Pershing II und Marschflugkörpern berühren würde.

Drittens: Die qualitativ neue Bedrohung zwingt die Sowjets dazu, Pershing II-Raketen, die in der Bundesrepu­blik aufgestellt sind, in ihrem Zielkatalog die höchste Priori­tät zu geben. Dadurch erhöht sich das Risiko, das die Bun­desrepublik als riesiges Waffendepot ohnehin schon auf sich gezogen hat – sowohl als Ziel eines Präventivschlages wie auch als potentielle Geisel.

Viertens: Über den konkreten Anlaß hinaus bestätigt die Stationierung neuer Raketen wiederum die Unfähigkeit der Großmächte, die Spirale der Aufrüstung auch nur zum Still­stand zu bringen. Die inzwischen angesammelten Vernich­tungskapazitäten stellen auch dann, wenn man nur techni­sche Fehler und menschliches Versagen berücksichtigt, eine akute Bedrohung der Existenzgrundlagen Europas und der Welt dar. Deshalb müssen die Prämissen, unter denen die Abrüstungsverhandlungen bisher gestanden haben, verän­dert werden – jene naturgeschichtlich tief verwurzelte Men­talität der Selbstbehauptung, die sich in der »tödlichen Uto­pie der Sicherheit« manifestiert.[15]

Man muß Epplers Situationsdeutung nicht in allen Punk­ten teilen, man kann sie aus der Sicht der Regierung sogar für abenteuerlich halten – sie ist immerhin so gut belegt und so weit durchdacht, daß man sie als Hintergrund für die Recht­fertigung zivilen Ungehorsams ernst nehmen muß. Gewiß, niemand wird einer Regierung das Recht streitig machen, ihre Politik auf eine andere Interpretation zu stützen, dafür Mehrheiten zu gewinnen und diese Politik mit allen legalen Mitteln zu verfolgen – wie verhängnisvoll ihre Entscheidun­gen und Maßnahmen im einzelnen auch sein mögen. Wenn man Epplers Situationsdeutung zugrundelegt, kann man aber die Frage stellen, ob sicherheitspolitische Grundsatz­entscheidungen, die mit eminenten Risiken verbunden sind und tief in das Leben jedes einzelnen, sogar in die Überle­benschancen ganzer Völker eingreifen, von der dünnen Le­gitimationsdecke einer einfachen Bundestagsmehrheit getra­gen werden dürfen. Plausibel ist dieser Zweifel jedenfalls für den angenommenen Fall einer Umstellung »von einer Kriegsverhinderungs- auf eine Kriegführungsstrategie« (Gert Bastian).

Wie wir aus Umfragen wissen, hat die Meinung der Bürger zum NATO-Doppelbeschluß für den Wahlsieg der jetzigen Regierungsparteien im März dieses Jahres nicht den Aus­schlag gegeben. Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, drän­gen sich die Fragen auf, die der Bundesverfassungsrichter Helmut Simon auf dem letzten Kirchentag in Hannover ge­stellt hat: »Darf denn stationiert werden, ohne daß darüber der Bundestag nach einem öffentlichen Willensbildungspro­zeß durch förmliches Gesetz beschließt? Darf der Bund un­ter Beschränkung seiner Souveränität in die äußerst gefährli­che Stationierung von Waffen einwilligen, über deren Ein­satz allein der Präsident der USA entscheidet? … Reicht das Prinzip der einfachen Mehrheit (außerhalb des unabstimmbaren Bereichs) wirklich stets aus? Genügt es auch für fol­genschwere Entscheidungen irreversibler Natur, d. h. für solche die bei einem Mehrheitswechsel nicht mehr einfach rückgängig zu machen sind und die tödliche Folgen für je­dermann haben können, wenn sie falsch sind?« Im Lichte der gültigen Verfassungsprinzipien zieht Simon aus den politi­schen Zielen der Friedensbewegung die rechtliche Schlußfolgerung, daß über die technische Entwicklung und die strate­gische Einsatzplanung von Massenvernichtungsmitteln nicht nach dem Mehrheitsprinzip entschieden werden dürfte – ja, daß »der Gebrauch von Massenvernichtungsmitteln – ebenso wie früher einmal die Sklaverei – zum Gegenstand des Unabstimmbaren« gemacht werden sollte.

Wann funktioniert die Mehrheitsregel?

Es geht also um die Frage, ob nicht wesentliche Geltungsbe­dingungen der Mehrheitsregel verletzt werden, wenn über die strategische Einsatzplanung von Massenvernichtungs­mitteln mit einfachen Mehrheiten (oder überhaupt durch Majorisierung) entschieden wird. Neben der von Simon er­wähnten Irreversibilität der bevorstehenden Entscheidung über die Raketenstationierung läßt sich eine weitere Gel­tungsbedingung nennen, die heute nicht mehr unproblema­tisch erfüllt zu sein scheint.

Die von Eppler zusammengefaßte strategische Kritik an der Sicherheitsmentalität der nur auf äußere Sanktionen eingespielten, rein instrumentell denkenden Selbstbehaup­tungssysteme ist ja nur ein Argumentationsfaden in einem weitverzweigten Netz von Bedenken und Distanzierungen, denen die Friedensbewegung Ausdruck verschafft. Die hete­rogenen Gruppen, die sich in dieser Bewegung zusammen­schließen, sagen nicht nur ein plebiszitäres Nein zu Atomra­keten, vielmehr aggregieren sich in dieser Bewegung viele Neins: das Nein zu Atomwaffen mit dem Nein zu Atom­kraftwerken, zur Großtechnologie überhaupt, zur chemi­schen Umweltverschmutzung, zu Apparatemedizin, Stadtsa­nierung, Waldsterben, Frauendiskriminierung, Fremdenhaß, Asylantenpolitik usw. Der Dissens, der in diesem kom­plexen Nein zu Wort kommt, zielt nicht gegen diese oder jene Maßnahme, diese oder jene Politik; er wurzelt in der Ablehnung einer Lebensform, und zwar jener zum Normal­vorbild stilisierten Lebensform, die auf die Bedürfnisse einer kapitalistischen Modernisierung zugeschnitten, auf possessi­ven Individualismus, auf Werte der materiellen Sicherheit, des Konkurrenz- und Leistungsstrebens usw. programmiert ist und die auf der Verdrängung von Angst und Todeserfah­rung beruht. Ob nun eine Republik Wendland gegründet oder eine Großdemonstration zum Volksfest ausgestaltet wird, schon an der Art des Protestes läßt sich ablesen, daß es heute um die Konfrontation verschiedener Lebensformen geht. Wenn sich aber gemeinsame kulturelle Überlieferungen und kollektive Identitäten aufspalten und wenn gleichwohl das Mehrheitsprinzip in lebenswichtigen Fragen weiterhin regiert, kommt es, wie im Falle nationaler, ethnischer und konfessioneller Minderheiten, zu Abspaltungen, d. h. zu ei­nem Separatismus, der anzeigt, daß wesentliche Funktions- und Geltungsbedingungen des Mehrheitsprinzips verletzt sind.

Die Soziologie der Mehrheitsentscheidung hat ernüch­ternde Evidenzen zusammengetragen, die zeigen, wie weit die politischen Einigungsprozesse von jenen angenommenen Bedingungen tatsächlich abweichen, unter denen die Mehr­heitsregel Verständigungsprozesse unter Entscheidungs­druck vernünftig operationalisiert.[16] Trotzdem halten wir an der von Minderheiten respektierten Mehrheitsentscheidung als dem Königsweg der demokratischen Willensbildung fest. Daran will auch heute niemand ernstlich rütteln. Aber be­stimmte minimale Voraussetzungen müssen erfüllt sein, wenn die Mehrheitsregel ihre legitimierende Kraft behalten soll. So darf es keine geborenen Minderheiten geben, bei­spielsweise aufgrund gespaltener kultureller Überlieferungen und Identitäten. Ebensowenig darf die Mehrheit irreversible Entscheidungen treffen. Die Mehrheitsregel funktioniert nur in bestimmten Kontexten überzeugend. Ihr Wert muß sich an der Idee messen lassen, wie weit sich die Entscheidungen, die sie unter Bedingungen knapper Zeit und begrenzter In­formationen ermöglicht, von den idealen Ergebnissen eines diskursiv erzielten Einverständnisses oder eines präsumptiv gerechten Kompromisses entfernen. Deshalb hat Claus Offe eine reflexive Handhabung der Mehrheitsregel angeregt, nämlich in der Weise, daß die Gegenstände, Modalitäten und Grenzen der Anwendung des Mehrheitsprinzips selbst zur mehrheitlichen Disposition gestellt werden. In dieser Di­mension vermute ich die Rechtfertigung für den zivilen Un­gehorsam, der sich einer demokratisch unzureichend legiti­mierten Aufstellung von Pershing II-Raketen widersetzt.[17]

Die erzwungenen Eindeutigkeiten

Ich halte es für ein Anzeichen der Reife der politischen Kultur in der Bundesrepublik, daß die Empfindlichkeit der Bürger für die Legitimität weitreichender politischer Ent­scheidungen heute unverkennbar größer ist als noch in der Adenauerzeit. Dafür spricht der Protest gegen die Art eines legalen, aber eben als illegitim empfundenen Regierungs­wechsels, auch der Protest gegen die Durchführung einer in Ziel und Verfahren nicht hinreichend transparent gemachten Volkszählung. In den letzten Monaten öffnet sich indessen die Schere zwischen diesen wachsenden Legitimationsforde­rungen und der Tendenz zu einem verhärteten Legalismus. Die von der Regierung beschlossene Änderung des Demon­strationsstrafrechts, die Art und Weise, wie sich CDU-regierte Länder den Gesetzesvorbehalt in Art. 8 Abs. 2 GG zunutze machen, und das von der CSU betriebene Vermum­mungsverbot bringen die staatsbürgerliche Wahrnehmung von Grundrechten in die Nähe der gebührenpflichtigen Aus­übung einer staatlichen Lizenz. Ein Staatssekretär denkt, im Hinblick auf den »heißen Herbst«, öffentlich über die An­wendung der Notstandsgesetze nach; und die FAZ denun­ziert, noch bevor sie die Urteilsbegründung kennt, nament­lich einen Amtsrichter, der Teilnehmer an einer Blockade freigesprochen hat.[18] Es ist an der Zeit, ohne Nachgiebigkeit klarzumachen, in welchem Sinne ziviler Ungehorsam be­rechtigt ist.

Das ist etwas anderes als ein Aufruf zu zivilem Ungehor­sam. Die Entscheidung, ein solches Risiko einzugehen, muß jeder für sich selber treffen. Das »Recht« auf zivilen Unge­horsam bleibt aus guten Gründen in der Schwebe zwischen Legitimität und Legalität. Aber der Rechtsstaat, der zivilen Ungehorsam als gemeines Verbrechen verfolgt, gerät auf die schiefe Ebene eines autoritären Legalismus. Die von Juristen ausgegebene, von Journalisten verbreitete, von Politikern aufgenommene Parole, Gesetz ist Gesetz, Nötigung ist Nö­tigung, entspringt derselben Mentalität wie die Überzeugung jenes ehemaligen NS-Marinerichters, der meinte, daß, was einmal Recht war, auch Recht bleiben müsse. Denn der zivile Ungehorsam im Rechtsstaat verhält sich zum aktiven Wider­stand gegen den Unrechtsstaat wie der autoritäre Legalismus im Rechtsstaat zur pseudolegalen Repression des Unrechts­staates. Was nach 1945 vielleicht eine Binsenweisheit gewe­sen wäre, hat heute Schwierigkeiten Gehör zu finden. Der Positivismus des gegen äußere und innere Feinde gerichteten Sicherheitsdenkens kann sich inzwischen auf einen in der Struktur ähnlichen Positivismus des Geschichtsdenkens stützen. Seitdem die neokonservativen Vordenker Einstim­mung auf positive Vergangenheiten zur nationalen Pflicht erhoben haben, finden die falschen Positivitäten der Gegen­wart an denen der Vergangenheit ein historisches Unter­pfand. Es ist die gleiche Geisteshaltung, im Militärischen wie im Historischen, und erst recht im Juristischen, die sich um so sturer an Eindeutigkeiten klammert, je mehr der Boden unter den Füßen schwankt. Dabei hat die Zweideutigkeit niemals eine handgreiflichere Existenz angenommen als in jenen Waffen, die perfektioniert werden, um niemals zum Einsatz zu gelangen. Wenn es wahr ist, daß die Supermächte sich nun anschicken, auch im Atomzeitalter zur Eindeutig­keit gewinnbarer Kriege zurückzukehren, wiederholt sich in dieser Utopie der Sicherheit die gleiche Denkstruktur wie in jenem rechtspositivistischen Mißverständnis der wehrhaften Demokratie, das mit der Zweideutigkeit zivilen Ungehor­sams aufräumen will. Der autoritäre Legalismus verleugnet die humane Substanz des Nicht-Eindeutigen genau dort, wo der demokratische Rechtsstaat von dieser Substanz zehrt.

Quelle: Peter Glotz (Hrsg.), Ziviler Ungehorsam im Rechtsstaat, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1983, S. 29-53.


[1] C. Cohen, Law, Speech and Disobedience, in: H. A. Bedau (ed.), Civil Disobedience, New York 1969, S. 165 ff.

[2] Zuletzt W. D. Narr, Zwölf Thesen zur Gewalt, in: R. Steinweg (Red.), Faszination der Gewalt, Frankfurt/M. 1983, S. 30 ff.

[3] J. Rawls, Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt/M. 1975, S. 401.

[4] R. Dreier, Widerstandsrecht im Rechtsstaat, in: Festschrift H. U. Scupin, Berlin 1983, 573 ff.; G. Frankenberg, Ziviler Ungehorsam und rechtsstaatliche Demokratie, Ms. Cambridge 1983. Diesem Manuskript verdanke ich mehr Anregungen, als ich durch Hinweise deutlich machen kann. Vgl. auch G. Frankenberg, Der neue Unge¬horsam, in: Süddeutsche Zeitung vom 1./2. Oktober 1983.

[5] Dreier, Widerstandsrecht (s. Anm. 4), S. 587.

[6] Rawls, Theorie der Gerechtigkeit (s. Anm. 3), S. 400.

[7] E. Denninger, in: Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz, Darmstadt/Neuwied (im Erscheinen).

[8] G. Frankenberg, U. Rödel, Von der Volkssouveränität zum Minderheitenschutz, Frankfurt/M. 1981.

[9] R. Dworkin, Civil Disobedience, in: ders., Taking Rights Seriously, Cambridge, Mass. 1977, S. 206 ff. vgl. auch den Titelaufsatz desselben Bandes S. 184 ff. (Deutsche Übersetzung: Bürgerrechte ernstgenommen, Frankfurt/M. 1984, im Erscheinen.)

[10] F. K. Fromme in der FAZ vom 13. August 1983.

[11] Th. Blanke, D. Sterzel, Demonstrationsrecht und Demonstrationsfreiheit in der BRD, in: Komitee für Grundrechte und Demokratie (Hg.), Demonstrationsrecht und gewaltfreier Widerstand, Sensbachthal, S. 71 ff.

[12] Dreier, Widerstandsrecht (s. Anm. 4), S. 593: »Wer allein oder gemeinsam mit anderen öffentlich, gewaltlos und aus politisch-moralischen Gründen den Tatbestand von Verbotsnormen erfüllt, handelt grundrechtlich gerechtfertigt, wenn er dadurch gegen schwerwiegendes Unrecht protestiert und sein Protest verhältnismäßig ist.« Vgl. aber Dreiers einschränkende Bemerkungen in diesem Band.

[13] Vgl. den Beitrag von H. Schüler-Springorum in diesem Band.

[14] Chr. v. Krockow, Die Versuchung des Absoluten, Die Zeit, 2. 9. 1983.

[15] E. Eppler, Die tödliche Utopie der Sicherheit, Hamburg 1983; A. Mechtersheimer, P. Barth (Hg.), Den Atomkrieg führbar und gewinnbar machen? Hamburg 1983.

[16] C. Offe, Politische Legitimation durch Mehrheitsentscheidung, Ms. Bielefeld 1983, erw. Fassung eines unter gleichem Titel erschienenen Aufsatzes in Journal für Sozialforschung 1982, S. 311 ff.

[17] Den Einwand, daß auch die Ostpolitik seinerzeit von der sozialliberalen Koalition mit knappen Mehrheiten durchgesetzt worden sei, betrachte ich nicht als stichhaltig. Ließe sich der Abschluß der Ostverträge in eine ähnliche historisch-moralische Perspektive rücken wie die Durchsetzung von Bürgerrechten oder die Ächtung von Massenvernichtungsmitteln ?

[18] In der Ausgabe vom 5. August 1983.

Hier der Text als pdf.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s