Eberhard Bethges Predigt zum 20. Juli, Das neue Alphabet – Gesichtspunkte für das Verständnis des modernen Märtyrers: „Es ist aber ein neuer Typus des christlichen Märtyrers in unsere Zeit eingetreten. Es handelt sich bewusst nicht mehr um einen heilig heroischen, sondern um den schuldbedeckten Zeugen für das Humanum; einen Typus, der sich nicht fernhält von der Welt in exemplarischer Reinheit, sondern bei denen aushält, die verantwortlich oder verloren in Hoffnungen und Bosheiten dieser Welt verwickelt sind.“

Das neue Alphabet – Gesichtspunkte für das Verständnis des modernen Märtyrers

Von Eberhard Bethge

Ein einsamer Protestant des vergangenen Jahrhunderts, durch seine mecklenburgischen luthe­rischen Behörden von Katheder und Kanzel relegiert, weil er in seiner Bibel mehr über die Revolution für das Humane als für die das Bestehende sanktionierende Staatskirche geschrie­ben fand, Michael Baumgarten, Professor für Altes Testament in Rostock (1812-1889), schrieb in seinen Tagen: „Es gibt Zeiten, in denen Reden und Schriften nicht mehr ausreichen, um die notwendige Wahrheit verständlich zu machen. In solchen Zeiten müssen Taten und Leiden der Heiligen ein neues Alphabet schaffen, um das Geheimnis der Wahrheit neu zu enthüllen.“ (2) Solche Zeiten sind gekommen. Protestanten und Katholiken in Deutschland sind überraschend und gemeinsam in den Besitz eines „neuen Alphabets“ gelangt. Das heißt freilich nicht, dass sie schon wüssten, wie sie es nachbuchstabieren können und ob sie das schon gemeinsam tun dürfen. Wir stehen an der Schwelle eines neuen Wende­punktes in der langen Geschichte christlicher Märtyrer. Protestanten und Katholiken haben zum ersten Mal ein partnerschaftliches Martyrium gemeinsam erfahren. Der Jesuitenpater Delp beschwor vor seinem gewaltsamen Tod den evangelischen Zellennachbarn: „Sorge dafür, dass unsere Kir­chen in ihrer Uneinigkeit unserem gemeinsamen Herrn nicht mehr Schande machen. Wir haben es so lange getan. Es soll und muss ein Ende haben.“ Den Perio­den des Gegeneinander und des Nebeneinander folgt nun die des Miteinander im Marty­rium. Aus Gottesliebe haben sich Zeugen beider Lager gemeinsam für die Menschenlie­be aufgeop­fert. Damit ist eine neue Stunde angebrochen. Die Autorität der Opfer zwingt, nicht wieder hinter sie zurückzufallen, sondern nun zusammen an dem „neuen Alphabet“ zu buchstabieren. Diese Aufgabe hat das Siegel gemeinsam durchlittener Todesstunden.

Das neue, gemeinsam aufgegebene Problem besteht wohl in der Akzentverschiebung dessen, was den Märtyrer ausmacht. Wo es früher um die einfache Bezeugung des Namens Christi vor einer feindlichen Umwelt ging oder um das Festhalten am rechten gegen die verfälschten Na­men, da differenziert sich heute das Opfer: Die Bezeugung Christi bedeutet nun letztes Ein­treten für ein bedrohtes Humanum; die Hingabe dafür, dass Menschen die geraubte Würde und menschliches Leben zurückgegeben werde. Was für ein Typus aber ist dieser Märtyrer? Was macht ihn dazu? Wie eng oder weit ist der Kreis zu ziehen? Erschöpft sich das Phäno­men modernen Märtyrertums noch immer im Gottesgehorsam des Makkabäers vor König Antiochus? Noch immer in der reinen Standhaftigkeit der Bekenner aus dem zweiten Jahrhun­dert im römischen Zirkus? Deckt es sich noch mit der Weigerung von Johann Hus oder Tho­mas Morus zu widerrufen? Wie verhält sich modernes Engagement zu solch klassischem Märtyrertum? Auch das klassische hat es ja in unseren Tagen gegeben, wie etwa das von Paul Schneider auf evangelischer und das von Josef Metzger auf katholischer Seite. Wie steht es aber mit Simon Weil, wie mit Henry Perrin, Märtyrern einer Solidarisierung mit Schuldver­strickten und Ausgestoßenen? Wie mit politischen Verschwörern wie Delp, Moltke oder Bonhoeffer? Also mit Märtyrern um eines befleckten und befleckenden Humanums willen? Wie mit Märtyrern wie Rosa Luxemburg, Jan Pallach, Namenlosen?

Hier wird das Urteil unsicher oder man retuschiert und stilisiert die Lebensbilder. Der pro­testantischen Seite mangeln noch die Kategorien, das Phänomen zu fassen. Jörg Erbs Kalen­der gibt Ludwig Richter, dem idyllischen Maler, einen Gedenktag, aber nicht Pater Delp. Heinrich Forck, Vertreter der bis zuletzt kompromisslos gebliebenen vorläufigen Leitung der Bekennenden Kirche im Dritten Reich, betonte in jenem Gedenkbuch von 1949, das er im offiziellen Auftrag des Bruderrates der Evangelischen Kirche in Deutschland herausgab: „Alle, von denen in diesem Buch die Rede ist, und mit ihnen alle Männer und Frauen, die in gleicher Bedrängnis und Anfechtung standen, haben ihre Leiden nicht darum auf sich ge­nommen, weil sie mit der Politik des Dritten Reiches nicht einverstanden waren und in ihr ein Verhängnis für unser Volk erkannten, sondern nur und ganz ausschließlich aus dem Grunde, weil sie das Bekenntnis der Kirche angegriffen sahen und es, gelte es auch den Einsatz ihres Lebens, um der Treue zu Christus willen zu wahren hatten.“ (3) Wie fatal klingt jetzt das kleine Wörtchen „nur“ in diesem Text. Was ist denn das für ein „ganz ausschließ­liches Be­kenntnis der Kirche“, das da so teuer verteidigt worden ist? Hat dieses selbst denn ein so impertinentes Interesse an der Abgrenzung des Evangeliums, so dass es sich auch noch 1949 von der „Politik des Dritten Reiches“ in dieser Weise distanzieren musste und die Erkenntnis ihres „Verhängnisses“ im Blick auf ein christliches Gedenkbuch für irrelevant erklären konn­te? Hier haben die „Taten und Leiden der Heiligen noch nicht das neue Alpha­bet geschaffen“ (Baumgarten), das buchstabiert werden will. Wenn dieser Text stimmt, sind Männer wie Bonhoeffer, Koch und Perela eben doch nur aufgrund eines Missverständnisses in dieses Gedenkbuch geraten. Man spürt ja Forck und Erb auch ab, dass sie Schwierigkeiten haben, die Realität und ihr eigenes Koordinatensystem zur Deckung zu bringen.

Aber was wären denn angemessene Koordinaten, die das Besondere dieser Märtyrer sichtbar machen? Ich schlage vor, die Sache unter fünf Gesichtspunkten zu betrachten, nach denen die­sen Männern und Frauen etwas wie der Rang christlichen Märtyrertums tatsächlich zu­kommt. Diese Gesichtspunkte entspringen zum Teil Maßstäben, die schon in der alten Kirche galten. In ihrer Vermischung mit Umständen unserer Zeit gewinnen sie jedoch ein neues Profil und weiterführende Aussagekraft. Es handelt sich um die Gesichtspunkte

  1. des freigewählten Leidens,
  2. des nicht selbstgewählten Martyriums,
  3. der Schuldsolidarisierung,
  4. des authentisch christlichen Charakters und
  5. der Autorität dieses Todes.

Zunächst jedoch: Gegen die Hervorhebung christlicher Toter als Märtyrer erhebt sich heute ein Einspruch, der das „Gedenken und Ehren“ fast zum Verstummen bringt. Das ist der Ein­spruch von Auschwitz. Diese alle Vorstellung transzendierende Märtyrer-Passion übertönt in ihrer Stummheit jedes christliche Wort. Deshalb wird hier wohl vor allen anderen Maßen gelten müssen: Wenn diejenigen, deren Blutzeugnis wir uns dienen lassen wollen, nicht in einem Zusammenhang mit dieser jüdischen Passion gesehen werden können und ihr Opfer nicht dafür erbracht ist, werden die Christen mit ihnen besser im privaten Winkel bleiben und keine universale Bedeutung für sie beanspruchen.

1. Das freigewählte Leiden.

Dennoch lässt sich gerade an jenem monströsen ausgesetzt Sein von Menschen, an dem jüdi­schen Erleiden, etwas Besonderes im Blick auf die wenigen modernen christlichen Märtyrer ablesen. Die vielen von Auschwitz sind nichts als Opfer gewesen. Sie waren bereits durch Geburt und Namen dem Verderben überantwortet, gleichgültig, was sie dann auch noch taten oder unterließen; total Entmündigte, ohne Wahl des Entrinnens, nur noch Kollektiv zum Zweck, ausgelöscht zu werden. Den wenigen anderen aber war ein Moment der freien Wahl geblieben. Ihre Passion ruhte auf einem Rest von freiem Entschluss. Sie hätten ja auch kolla­borieren können, sich entziehen, unterlassen und damit überleben. Nicht jede Flucht ist in christlicher Überlieferung schon Verleugnung. So gehörte zu diesem Martyrium die peinvoll verlockende Frage, ob dieses Eintreten denn wirklich notwendig sei, ob denn wirklich vorge­treten werden müsse „aus dem Rahmen des damals Üblichen“ – wie Bonner Professoren im Fall Moser kürzlich formulierten. Und wenn es denn für den einen oder anderen notwendig erschienen sein mag, ob es dann auch gerade für mich geboten wäre. Dass man eben auch anders hätte können – und das konnten Auschwitzopfer nicht –, das verlieh ihrem Martyrium dieses Moment der freien Einwilligung. Und das gehört wesentlich zum „martyria“-Zeugnis-Charakter. Es gibt offenbar Tode, die bezeugen Tod, und Tode, die bezeugen Leben. Das Auschwitzsterben bleibt voll vernichtender Anklage. Es verkündet überwältigend den Tod jedes Humanums. Die freie Einwilligung in den Opfertod aber verkündet, auch noch in aller vieldeutigen Schwäche, gerade die Zukunft des Humanums. Wo jeder Glaube vernichtet und erwürgt wird, da erweckt sie die verletzliche Pflanze des Glaubens zum Leben. Deshalb kla­gen Auschwitz und Warschau ungedeckt an. Und deshalb gehen vom Tode der Scholls, Delp und Moltke Tröstungen aus. Bei ihnen ist in Freiheit Verantwortlichkeit übernommen und das Blutopfer zu einer glaubensschöpferischen Aussage erhoben. Dieses Element ist es, welches diesen Tod von sinnlosem Mord, von lähmendem Unglücksfall, vom vietnamesi­schen oder nigerianischen Vernichtungstod – und eben auch vom anklagenden Ausmerzungs­tod der Juden unterscheidet.

2. Das nicht selbstgesuchte Martyrium.

Die frühen Christen wussten nun aber etwas davon, wie es darauf ankommt, dieses freige­wählte Opfer vom selbstgesuchten Martyrium abzuheben. Sie warnten vor der überhand neh­menden Martyriumssehnsucht und entschieden, dass ihr jede Verheißung mangelte. Diese alte Unterscheidung trennt auch das christliche von allem respektablen heroischen Martyrium. Wir brauchen nicht zu bestreiten, dass zu allen Zeiten heroische und freudige Opfer für erhabene Ideen oder für politische Idole gebracht worden sind. Wir brauchen nicht einmal zu verklei­nern, dass auch für Hitler relativ reine Seelen in feindliche Maschinengewehrgarben gelaufen sind und sich mit fanatischem Gruß für den vermeintlichen Erfüller ihrer Träume opferten. Aber sie besaßen die Zustimmung der Nation, und ihre Todesstunde begleiteten Befehl und Beifall des Idols. Echte christliche Märtyrer gehen jedoch durch die Agonie allgemeiner Ver­werfung. Öffentliche Schmach bereitet ihnen eine physische und psychische Isolation. Stumm und verkannt müssen sie sich verschlingen lassen und ohne fremde Rechtfertigung allein Gott befohlen. Keine allgemeine Meinung, kein Befehl noch Beifall erleichtern das Mehrdeutige ihres Endes. Sie tragen auch Verurteilung durch die Gesellschaft. Aber das alles wäre noch religiöser Titanismus, wenn dabei irgendein Selbstangebot vorläge. Was „im Apostolikum mit dem einen Wort ‚gelitten’ bezeichnet wird, das kann kein Mensch aus eigener Wahl wollen. Es kann sich keiner selbst rufen, sagt Jesus“. (4) Diese Märtyrer sind aber lange Wege gegan­gen. Auf ihnen haben sie sich öfter zu entziehen versucht, als sie am Ende selbst verantworten mochten. Dann vollzog es sich im Zwielicht politischer Verschwörung und unter dem er­drückenden Gefühl, wie spät dieser Einsatz käme. Und dann kam es eben nicht zum öffentli­chen Bekenntnis auf dem Markt oder im Kolosseum, nicht zu eindeutigen heroischen Akten, sondern alles vollzog sich dann im schweigenden Inkognito der Lager und Keller.

3. Die Schuldsolidarisierung.

Damit sind wir beim dritten Merkmal. Und dies hebt die neuen Märtyrer am spürbarsten vom klassisch überlieferten Bild ab. Es ist das Merkmal der Solidarisierung mit der Schuld. Im Hintergrund steht die Geschichte von Kirchen (einschließlich der Ökumene), die ohne Ent­scheidungen oder ohne Treue gegenüber ihren Entscheidungen sich auf ihren Sektor beschrän­ken ließen; von Politikern, die ressortbeflissen sich die Eigenverantwortung entwinden ließen; dahinter die parallele Geschichte der Deklassierung eines Volksteils, bis er zur Vernichtung reif schien, und die akute Bedrohung fremder Länder, bis ihre Grenzen überschritten werden konnten. So akzeptierten einige Christen und Amtsträger der Kirchen eines Tages, enttäuscht von Schwäche, erschrocken über Unfähigkeit, die Situation, mit Christen und Nichtchristen der Maskerade einer Verschwörung eingeordnet zu werden – nicht nur, um Akteuren das Gewissen zu befreien, sondern um deren Tun und Schicksal ganz zu teilen. Damit ist aber ein neuer Typus des christlichen Märtyrers in unsere Zeit eingetreten. Es handelt sich bewusst nicht mehr um einen heilig heroischen, sondern um den schuldbedeckten Zeugen für das Humanum; einen Typus, der sich nicht fernhält von der Welt in exemplarischer Reinheit, sondern bei denen aushält, die verantwortlich oder verloren in Hoffnungen und Bosheiten dieser Welt verwickelt sind. An eben dieser Stelle fällt es den Kirchen aber schwer, der Wandlung des Märtyrerbildes zu folgen. Die Möglichkeit eines Untergehens im schuldver­strickten Inkognito ist groß und damit das Missverständnis nahe liegend, hier hätten Christen ihre christliche Identität weggeworfen.

4. Der authentisch christliche Charakter.

Aber handelt es sich wirklich um bloße, schwächliche Anpassung, um Kumpanei? Geht es nicht vielmehr um das Stärkste, die Solidarisierung Christi? „Wir sind schuldig geworden am Leben der schwächsten und wehrlosesten Brüder Jesu Christi“, schrieb Bonhoeffer 1940. Mit dieser Motivation erfüllten sie nicht ein dogmatisches Soll, wie eine ängstliche Sorge um die christliche Identität es haben will und dann auch in diese Märtyrer hineininterpretiert. Es han­delt sich vielmehr um eine Art beschämter Entdeckung und Befreiung, dass das Humanum Ziel und Wahrheit der Botschaft von Christus ist. Verborgen gehaltene oder zuweilen auch offen bekannte Identität des „um Christi Willen“ führte zum Schritt in die Identifikation mit den um ihr Menschsein Gebrachten. Fast nie trugen sie aber ihr Christ-Sein, ihre Identität, als etwas zu Demonstrierendes vor sich her. Das konnte auch nicht so sein. Nicht nur, dass diese behauptete Identität kompromittiert worden war – die lange Geschichte ihrer Kompromittie­rung hatte eben noch eine zu peinliche Steigerung erfahren –, sondern die Kraft und der Schritt zur Identifikation büßen ihren Wert in dem Maße ein, in welchem sie sich vorzeitig und laut selbst interpretieren. Demonstrative christliche Selbstbestätigung wird zum Exhibi­tionismus und – wie deutlich ist das den Juden gegenüber – schwächt die Aussage dieser Märtyrer. Gerade wo das Geheimnis dieser Märtyrer am stärksten ist, gerade dort darf von ihm am zurückhaltendsten geredet werden. Viele von ihnen haben jedenfalls mitten im Soli­darisieren mit den „schwächsten Brüdern Christi“ die Gabe ihrer christlichen Identität wohl gehütet, sich dieser Begabung nicht gerühmt und sogar die Verkennung des Gebers ihrer Identität willig geteilt. Wir haben diese Märtyrer wahrlich nicht zu messen, sie messen uns. Wir dürfen sie nicht umprägen, sie sind gegeben zu prägen. Und wir sind es zuerst, die ge­prägt werden sollen, nicht andere jenseits unserer Konfessionsgrenzen. Die Frage ist nicht, ob etwa die Kirche oder die Armee diese Märtyrer aufnehmen kann in das jeweilige Traditions­bewusstsein, sondern ob diese Märtyrer nicht ihrerseits diese Frage des Annehmens und Hin­nehmens zu stellen hätten.

5. Die Autorität des Todes.

Gültigkeit und Autorität wird ihrem Tod nicht durch unsere Kategorien und Kritiken – auch nicht durch diese „Gesichtspunkte“ – verliehen. Sondern umgekehrt, sie haben ihren Tod zu Exemplum und Vorbild gemacht; oder: Sie haben mit dem Tod ihrem Zeugnis für das Huma­num Autorität verliehen. Und das ist eine einzigartige Autorität, die sich von der Autorität von Synodalentscheidungen und von Amtsvollmachten unterscheidet. Ihre Autorität ist zu „beden­ken und zu ehren“, weil sie mit dem Opfer etwas endgültig und eindeutig besiegelt haben, was sonst im Leben mit allen Aussagen zweideutig und rückfallfähig bleibt. Sie hat sich aller Stüt­zen, Hilfsmittel, sogar der Möglichkeit der Rückfragen und der Überwachung begeben. Sie beschränkt sich allein auf die Macht der Beschämung. Die aber kann schöpfe­risch werden. In allen Jahrhunderten hat es heiße Kämpfe gegeben, ob es in der Kirche mehr auf die Verkündi­gung oder mehr auf den Verkündiger ankäme. Überwiegend entschied man sich dafür, dass alles am Vorrang der Verkündigung läge; sie dürfe nicht abhängig werden von ihren gebrech­lichen Boten. Bei den Märtyrern sah man es anders. Sie erhob die Kirche in den Rang von Aposteln und Propheten. Denn bei ihnen haben sich Verkündigung und Ver­kündiger untrenn­bar verknüpft und eins das andere mit einem endgültigen Siegel versehen. Jetzt wird der Bote seine Botschaft vom Humanum um Christi willen nie mehr widerrufen oder korrumpieren. Die Autorität der Aussage ist vom Sagenden selbst gedeckt.

Ein neues Alphabet für die Wahrheit des Evangeliums ist vorgelegt, damit es buchstabiert werde. Zeuge und Zeugnis vom Humanum Christi haben sich so intensiv verbunden, dass sie Eigensinn vernichten und Einsicht schaffen mögen. Kierkegaard hat einmal von der Macht des Märtyrertums gesagt: „Es wird aber, um die Ewigkeit wiederzugewinnen, Blut gefordert werden, aber Blut von einer anderen Art; nicht jenes der tausendweis totgeschlagenen Schlachtopfer, nein, das kostbare Blut der Einzelnen der Märtyrer; dieser mächtigen Verstor­benen, die vermögen, was kein Lebender, der Menschen tausendweis niederhauen lässt, ver­mag; – was diese mächtigen Verstorbenen selbst nicht vermochten als Lebende, sondern nur vermögen als Verstorbene: eine rasende Menge in Gehorsam zu zwingen.“

Predigt gehalten am 20. Juli 1969 in der Kirche Maria Regina Martyrum, Berlin.

Hier die Predigt als pdf.

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