Sytze de Vries, Dass sein Name daselbst wohne … Biblisch-theologischer Exkurs über den NAMEN Gottes (2008): „Der Name ist Selbstäußerung und Zuwendung zu den Menschen, und die Dynamik dieses Namens geschieht denn auch zwischen Menschen: wenn sie voreinander Gnade finden, wenn Treue und Wahrheit die Wege für ihre Füße sind und sie Barmherzigkeit voneinander erwarten können.“

Dass sein Name daselbst wohne … Biblisch-theologischer Exkurs über den NAMEN Gottes

Von Sytze de Vries

Als junger Pfarrer war ich einmal Gast in einer jüdischen Familie. Da kam die Tochter aus der Schule und teil­te uns mit, was sie in der Schule gelernt hatte. Sie erzählte uns ausführlich die Geschichte von Abraham: Der Abraham hatte einen Freund, der hieß Haschem. Und die beide Freunde redeten viel mit einander. Abraham sprach, und dann sagte Haschern wieder etwas, und so unterhielten sich die beiden den ganzen Tag … Sie waren offenbar ziemlich intim miteinander. Und ich hatte doch gemeint, die ganze Abrahamsgeschichte zu kennen … Es dauerte ein wenig, bis ich erkannte, wer Abrahams Gesprächspartner war: Das Mädchen sprach von ihm, als sei er ein spezieller Freund Abrahams, der den ganzen Tag bei ihm im Zelt war. Aber natürlich: Ha Schem, der Name, Adonai, Gott – Abrahams Freund war der Gott Israels!

Es war meine erste Begegnung mit diesem so prägnanten Gebrauch des Gottesnamens.

Warum der Name?

Es muss jedem Bibelleser auffallen, wie oft in den Schriften Israels von dem Namen Gottes die Rede ist, wie oft dieser Name gesegnet, gelobt und gepriesen sein soll. Nicht nur ihm selbst sollen wir singen, sondern zugleich seinem Namen: Segne den Herrn, meine Seele, und alles in mir seinen heiligen Namen! (Ps 103,1); Danket dem Herrn! Ruft seinen Namen aus! Macht unter den Völkern seine Taten bekannt! (Ps 105,1) Aber wie kann man einen Namen segnen? Für uns hört sich das an wie ein Umweg, eine nur indirekte Annäherung. Auch der christliche Gottesdienst beginnt mit dem Wort aus Psalm 124,8: Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn. Und im 5. Mosebuch wird das dort nie benannte (weil im Lauf der geschilderten Geschichte noch nicht be­kannte) Jerusalem immer wieder umschrieben als der Ort (ha-makom), den ER euer Gott wählen wird, seinen Namen dort einzusetzen (5. Mose 12,5)[1] oder … einwohnen zu lassen (5. Mose 12,11)[2]. Es gibt zahllose Beispiele, in denen von diesem Namen die Rede ist, fast als ob er eine selbstständige Größe wäre.

Handelt es sich hier um eine der vielen Bezeichnungen für die Anwesenheit Gottes, oder will damit etwas anderes und vielleicht auch etwas mehr gesagt werden? Dazu müssen wir uns zunächst vergegenwärtigen, dass die Bibel keine allgemeine Gottes­vorstellung kennt, auch nicht das heutige religiöse Gefühl, das mit einem ‚höheren Wesen’ rechnet. Die biblische Realität ist weithin eine andere: Es gibt viele Götter – elohim ist das hebräische Wort, eine Pluralform, das benutzt wird für „Gott“ und „Götter“. Die Aussage, Judentum und Christentum seien monotheistische Religionen, ist eine phänomenologische Aussage, aber sie trifft nicht die gesamte Welt der Bibel. So sagt z. B. Psalm 82,1: Gott steht auf in der Versammlung der Götter, inmitten der Götter hält er Gericht.

Dieselbe Vorstellung begegnet uns am Anfang des Buches Hiob: Die Göttersöhne kommen vor JHWH (adonai). Aber, so bekennt Psalm 86,8: Unter den Göttern ist keiner wie du. Und ebenso in mehreren Psalmen: JHWH ist ein großer Gott, ein gro­ßer König über alle Götter. Er ist Gott unter den Göttern, aber für uns ist er „Gott der Götter“, weil wir keine anderen Götter neben ihm haben sollen. (2. Mose 20,3)

Die u.a. im Dekalog erwähnte „Eifersucht Gottes“ hat immer damit zu tun, dass er sein Volk nicht mit den anderen Göttern teilen will. Eine solche Aufforderung macht schon deutlich, welche realen Mächte diese Götter sind und wie verführerisch auch ihre Stimmen sind. Viele biblische Erzählungen bezeugen gerade diese Realität. Ob dieser Gott mit diesem Namen unser Gott ist, das ist die Zentralfrage in der Bibel. Deswegen spreche ich lieber nicht von Monotheismus, sondern von ‚Monogamismus‘.

Die Bedeutung eines Namens in biblischer Sicht

Die folgenden Gedanken gehen zum großen Teil auf den niederländischen Theologen Kornelis H. Miskotte zurück, den man wohl den ,Vater einer Theologie des Namens‘ nennen kann.[3] Seine Theologie beruht auf der Überzeugung, dass die Bibel zwar aus vielen Quellen entstanden ist, dass sie aber heute in ihrer Endgestalt als eine bewusst gestaltete Sammlung von Texten und insofern als literarische Einheit zu betrachten ist. Miskotte hat sich dabei stark orientiert an der Hermeneutik von Martin Buber/Franz Rosenzweig, die in den biblischen Texten eine „Dominante des Ganzen“ erfassten. Diese Dominante, der „Tenor“, ist für Miskotte der Name Gottes. Er bringt alle un­terschiedlichen Texte zum Klingen, macht sie zu Musik. Der Name ist das klopfende Herz im TeNaCH; er ist der Eckstein im Wortschatz der Schrift, der die unterschiedli­chen Bausteine zusammenhält.

a) Der Name als Unterscheidung und als Bestimmung

Ich erinnere mich noch an meine Hilflosigkeit, als ich als junger Pfarrer Schulunter­richt geben sollte und die Namen der Kinder noch nicht kannte. Ich konnte sie nur als Ganzes, im allgemeinen anreden und keinem Einzelnen eine Frage stellen, oder – was damals noch nötiger war – keinen Einzelnen ermahnen! Erst als ich sie alle beim Na­men kannte, war auch mein Disziplinproblem gelöst: Ich konnte sie unterscheiden.

Der Name kann in der Bibel auch die Bestimmung des Menschen ausdrücken: Josua (= Jeho­shua = Jesus) Gott befreit. Manchmal ändert sich der Name, wenn ein Mensch eine neue Bestimmung erhält: So wird Jakob zu Israel (1. Mose 32). Abram wird zu Abraham; sein neu empfangener Name sagt, was er wird und wer er wird: Vater vieler Völker. Dagegen sagt Noomi zu den Einwohnern von Bethlehem: Nennt mich jetzt Mara (die Bittere), weil der Allmächtige mir viel Bitteres angetan hat. (Rut 1,20)

b) Der Name als Ausdruck des Wesens

In der Bibel bezeichnet der Name eines Menschen meist auch sein Wesen. So ist schon ha-adam (Adam) der menschliche Prototyp, und ist Eva die „Mutter aller, die da leben“. Jakob bedeutet „Fersengreifer“, d.h. Betrüger. So bringt auch der Eigenname des Gottes Israels sein Wesen zum Ausdruck. Zugleich unterscheidet er ihn von allen anderen Göttern, von den Göttern der antiken Welt wie von denen der modernen. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Gott und seinem Namen: Der Name wird geheiligt, wenn der Mensch in seinen Taten Gottes Gebote beantwortet; der Name wird entheiligt, wenn der Mensch (kultisch und ethisch) fremde Götter anbetet. So ist es also der Name, mit dem dieser Gott sich unterscheidet, es ist der Name, der ihn einzig macht.

Weitere Namen, mit denen er genauer genannt wird, sind: „Gott“ (el oder elohim). Hier ist der Gattungsname zum Eigennamen geworden; obwohl es viele Götter gibt, wird nur dieser eine Gott als Gott ernst genommen.

Es gibt Namen, die zum Ausdruck bringen, wie die Menschen Gott anschauen und von ihm reden. Er ist der Große, der Erhabene (El Shaddai), der Mächtige (Herr Zebaoth) oder auch der Nahe (Vater). Die letztgenannte, intime Anrede ist selten. Sie findet sich im Mund des Gesalbten Israels, des Königs, denn der Messias ist zuallererst „sein Sohn“, aber auch in der Tora und bei den Propheten.

c) Der Name als Selbstäußerung

Am häufigsten begegnet in den biblischen Erzählungen der Eigenname, mit dem sich Gott selbst bekannt macht: Der Name als Selbstäußerung. Das ist dann auch der heili­ge Name, der im Lauf der Zeit unaussprechlich wurde. In der Schrift kann er nur mit den vier Buchstaben JHWH angedeutet werden, beim Sprechen und Vorlesen wird er ersetzt durch den Titel Adonai (Herr). Dieser Ersatzname ist auch ins Deutsche gewan­dert.[4] Mit diesem Titel wird dann dieser eine und einzige Gott bekannt gemacht und von Menschen gekannt, erkannt und genannt.

Aber wie ihn dann anreden? Vielleicht könnte eine Betonung, die anders ist als die heute übliche, daran erinnern, dass es sich tatsächlich um einen Namen handelt: „der Herr, unser Gott“ oder „Gott, (nämlich) der Herr“. Oder auch: „Unsere Hilfe ist der Name des Herrn“.

Die Offenbarung des Namens

In 2. Mose 3 wird erzählt, wie Mose in der Wüste die Schafe hütet. Es scheint eine Pro­be zu sein: Kann er auch Menschenhirt werden? Bei dem so genannten Berg Gottes, dem Horeb, empfangt er eine Gottesoffenbarung. Uns beeindruckt diese Geschichte am meisten wegen des brennenden Dombuschs, es geht aber um die Antwort auf die Frage von Mose: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mich fragen: wie ist sein Name? Was soll ich ihnen sagen? Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. So sollst du den Israeliten sagen: ‚Ich werde sein‘, der hat mich zu euch gesandt. (2. Mose 3,13-14)

Die zentrale Frage lautet: Wie ist Sein Name? In der Antwort auf die Frage des Mose proklamiert sich Gott als der Anwesende, der Nahe.

Dennoch bleibt die Frage, ob die Antwort ontologisch oder dynamisch gemeint ist: Offenbart sie, was und wer Gott ist, oder sagt sie was er tut?

Ausführlicher wird der Name Gottes ausgemalt in 2. Mose 33 und 34: Mose kommt zum zweiten Male zum Horeb, jetzt als Hüter und Hirte der Schafe Israels. Der Tanz um das goldene Kalb ist beendet, der erste große Riss im Bund mit seinem Volk un­widerruflich entstanden. Gott distanziert sich, will nicht mehr weiter mit dem Volk gehen, hält aber an seiner Verheißung fest: Zieh von dannen, du und das Volk, das du (nicht länger: das ich\) aus Ägyptenland geführt hast …und ich will dich bringen in das Land, darin Milch und Honig fließt, aber ... ich selbst will nicht mit dir hinaufziehen… Er zürnt, will aber zugleich vor der verzehrenden Hitze seiner Wut verschonen: … sonst möchte ich unterwegs dich vernichten[5]/ich würde dich unterwegs vertilgen.[6] (2. Mose 33,1-5)

Doch Mose fängt an zu verhandeln (2. Mose 33,12-19). Er schließt mit einer Bitte: Lass mich deine Herrlichkeit sehen. Aber Gott antwortet ihm: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des Herrn: WEM ICH GNÄDIG BIN, DEM BIN ICH GNÄDIG UND WESSEN ICH MICH ERBARME, DESSEN ERBARME ICH MICH.

Nicht das Angesicht Gottes (wie er aussieht, wer er ist) wird Mose gezeigt, sondern Seine vorübergehende Güte. In diesem Zusammenhang gibt der Name die Möglich­keit, Gott ‚persönlich‘ kennen zu lernen, obwohl er für Menschen unsichtbar ist. Der Name sagt, was Gott im Vorübergehen tut: Er ist gnädig und erbarmt sich.

Noch deutlicher wird das in Kapitel 34: Mose steigt aufs neue auf den Berg Sinai, mit den beiden steinernen Tafeln, auf denen die Erneuerung des Bundes festgelegt werden soll. Und dann kommt Adonai hernieder in einer Wolke und ruft selbst seinen Namen aus:

Da kam der Herr hernieder in einer Wolke
und Mose trat daselbst zu ihm
und rief den Namen des Herrn an.
Und der Herr ging vor seinem Angesicht vorüber
und er rief aus:

Herr, Herr,
Gott, barmherzig und gnädig
und geduldig
und von großer Gnade und Treue,
der da Tausenden Gnade bewahrt
und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde,

aber ungestraft lässt er niemand,
sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern
bis ins dritte und vierte Glied.

Und Mose neigte sich eilends zur Erde
und betete an
und sprach:

Habe ich, Herr, Gnade vor deinen Augen gefunden,
so gehe der Herr in unserer Mitte …

„Ausrufen eines Namens“ (kara ha-schem) ist eine feste biblische Redewendung. Sie bezeichnet einen Akt, der nach der Geburt eines Kindes stattfindet. Dieses Ausrufen hat gesellschaftliche Bedeutung: Jedermann soll den Namen hören, damit der/die so Genannte auch gekannt und erkannt werden kann.[7]

Ebenso ‚sozialisiert‘ Gott sich selbst durch das Ausrufen seines eigenen Namens. So will er beteiligt sein am gesellschaftlichen Leben Israels: als dialogischer Gott, der an­gerufen werden will. Sein Name macht deutlich, dass er an seinen Taten erkannt wird. Nicht das Sein Gottes, sondern das Handeln, das Tun Gottes prägt den Herzschlag von TeNaCH.

Die Frage Wie ist dein Name? ist daher die Frage nach der Zuwendung Gottes zu den Menschen. Sie lässt erkennen, dass dieser Name eine Gegebenheit ist – keine von Menschen erdachte Anrede wie andere Gottesnamen.

Der Name und die Eigenschaften

In 2. Mose 34,6 wird der Name bestimmt durch Eigenschaften Gottes, die sein Han­deln betonen. Die Eigenschaftsworte begegnen als gleichbleibende Formel an sieben anderen Stellen des Altes Testaments:

Ich will mich mit dir verloben für alle Ewigkeit,
ich will mich mit dir verloben
in Gerechtigkeit und Recht,
in Gnade und Barmherzigkeit,
ja, in Treue will ich mich mit dir verloben
und du wirst JHWH erkennen.
(Hosea 2,21)

Zerreißet eure Herzen und nicht eure Kleider
und bekehret euch zu JHWH eurem Gott!

Denn er ist gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte
und es gereut ihm bald die Strafe.
(Joel 2,13)

Und Jona betete zu JHWH und sprach:
(…) denn ich wusste,
dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist
und lässt dich des Übels gereuen.
(Jona 4,2)

Aber du, Gott, vergabst
und warst gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte
und verließest sie nicht.
(Nehemia 9,17)

Denn du, Herr,bist gut und gnädig,
von großer Güte
allen, die dich anrufen.
(Psalm 86,7)

Lobe JHWH meine Seele,
und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:
der dir alle Sünde vergibt
und heilet alle deine Gebrechen,
der dein Leib vom Verderben erlöst
der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit.

Er hat seine Wege Mose wissen lassen,
die Kinder Israels sein Tun:
barmherzig und gnädig ist JHWH,
geduldig und von großer Güte.
Er wird nicht für immer hadern,
noch ewig zornig bleiben.
(Psalm 103,1.7)

Zwei wichtige Wortpaare, die sich zusammen als Gottes Kerneigenschaften verste­hen lassen, bestimmen hier die Hauptfarbe: gnädig und barmherzig und gut und treu (Martin Buber: Huld und Treue). In 2. Mose 34 steht „Barmherzigkeit“ an erster Stelle. Dieses Wort bezeichnet die einseitige Solidarität Gottes, die sich immer wieder zeigt, wenn das Volk seiner Erwählung nicht mehr treu ist und auf eigenen Wegen ins Dunkel geraten ist. Die Namenskundgabe zeigt, dass Gott sich vor allem an seiner Barmher­zigkeit erkennen lassen will.

Ausführlicher noch wird das bei Nehemia entfaltet: Im neunten Kapitel hören wir die ganze biblische Geschichte, und dort klingt sechs Mal das Wortpaar gnädig und barm­herzig. Das ist der rote Faden in Israels Erfahrungen: Immer wieder wenn es sich abgekehrt hat und in seinem Elend Gott anruft, reagiert er mit befreienden Taten nach seiner großen Barmherzigkeit. Das ist das Wichtigste, was von ihm gesagt werden kann. In der tiefsten Tiefe, nämlich im Exil, haben sie das Zeichen seiner Barmherzig­keit erfahren (Neh 9,30): Und du hattest viele Jahre Geduld mit ihnen und warntest sie durch deinen Geist in deinen Propheten, aber sie nahmen ’s nicht zu Ohren. Darum hast du sie gegeben in die Hand der Völker in den Ländern. Aber nach deiner großen Barmherzigkeit hast du mit ihnen nicht ein Ende gemacht noch sie verlassen; denn du bist ein gnädiger und barmherziger Gott.

Exodus und Exil sind die beiden großen Brennpunkte der Schrift: die Erzählungen vom rettenden Auszug aus Ägypten und von der Rückkehr aus dem Exil. Es sind pa­rallele Paradigmata. In diesen Geschichten erhält der Gottesname seine Füllung und Farbe, und so wird er auch unter den Völkern bekannt.

Derselbe Zusammenhang zeigt sich auch im Neuen Testament: Maria preist in ihrem Lobgesang, dem Magnificat (Lk 1), der Tradition ihres Volkes entsprechend, den Na­men Gottes. In ihrem Gesang zeichnet sie einen Grundriss der Geschichte mit dem Gott Israels von ihren eigenen Erfahrungen bis zurück zu Abraham. Auch hier zeigt sich der heilige Name als „Barmherzigkeit“. Das Wort umklammert die Verse 40 bis 55 und färbt so die ganze Geschichte Israels: Gott beweist seine Barmherzigkeit durch barmherzige Taten bei denen, die ihn fürchten. So spielt auch das Magnificat auf 2. Mose 34,6 an.

Der unaussprechliche, heilige Name ‚spricht‘ in diesen Geschichten. Gott geschieht in und mit seinem Namen.

Das Geschehen des Namens

Der Name ist Selbstäußerung und Zuwendung zu den Menschen, und die Dynamik dieses Namens geschieht denn auch zwischen Menschen: wenn sie voreinander Gnade finden, wenn Treue und Wahrheit die Wege für ihre Füße sind und sie Barmherzigkeit voneinander erwarten können. „Ob Gott existiert“, so sagte mir einmal ein Rabbiner, „ist für uns keine wichtige Frage. Vielleicht gibt es keinen Gott, aber getan werden muss er!“

Der Name ist richtungweisend für Gott selbst: Er handelt ‚um seines Namens willen‘. Aber der Name ist auch wegweisend für Israel: Es soll den Namen heiligen, d.h. ihm seine Füllung geben, ihn nicht leer (‚eitel‘) lassen. Gesegnetes Leben ist Leben, auf das dieser Name gelegt ist: Denn ihr sollt meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne. (4. Mose 6,27)

Derselbe Name wird in der Taufe auf die Christen gelegt. Hier wäre über das bisher Gesagte hinaus noch eine andere Geschichte zu erzählen: die Geschichte dessen, der diesen Namen den Menschen kundgetan hat und kundtun wird. (Joh 17,26)

Quelle: Arbeitsstelle Gottesdienst. Zeitschrift der GAGF 22, Nr. 2 (2008), Dem NAMEN singen, S. 17-23.


[1] Luther 84: die Stätte, die der HERR euer Gott erwählen wird, (…) dass er seinen Namen daselbst wohnen lässt.

[2] Luther 84: dass sein Name daselbst wohne.

[3] In Deutschland am meisten bekannt durch: Wenn die Götter schweigen. Vom Sinn des Alten Testa­ments, München 1963, mehrere Nachdrucke.

[4] Ein Rabbiner hat mir diese Unaussprechlichkeit einmal so erklärt: „Weil der Mund des Menschen so un-heilig und so un-rein ist!”

[5] Übersetzung Buber-Rosenzweig.

[6] Übersetzung Martin Luther.

[7] Vgl. zum Beispiel wie die Großmutter Noomi ihr Enkelkind auf ihren Schoß nimmt und ihre Nachbarinnen seinen Namen rufen: Obed. Vgl. auch Ps 105,1 Ruft aus seinen Namen, verkündet sein Tun. Rühmet seinen heiligen Namen. Die übliche Übersetzung Ruft an (so Luther) ist wohl nicht richtig.

Hier der Text als pdf.

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