Gebetsgottesdienst anlässlich drohender Kriegsgefahr am 30. September 1938: „Herr unser Gott, wir armen Sünder bekennen vor Dir die Sünde unserer Kirche, ihrer Leitung, ihrer Gemeinden und ihrer Hirten. Durch Lieblosigkeit haben wir den Lauf Deines Wortes oft gehindert, durch Menschenfurcht Dein Wort oft unglaubwürdig gemacht. Wir haben ein fal­sches Evangelium nur zu sehr geduldet.“

Als im September 1938 ein Angriffskrieg des Deutschen Reichs gegenüber der Tschecheslowakei bevorstand, ordnete die Vorläufige Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche kurzfristig am 27. September einen Gebetsgottesdienst anläßlich drohender Kriegsgefahr für den 30. September 1938 an. Dazu wurde folgende Liturgie vorgegeben, die von Hans Asmussen erstellt worden war. Mit dem Münchner Abkommen vom 30. September wurde der Gebetsgottesdienst hinfällig.

Gebetsgottesdienst anlässlich drohender Kriegsgefahr am 30. September 1938

Für den angesetzten Gebetsgottesdienst wurde von der Vorläufigen Leitung der Deutschen Evangelische Kirche folgende Liturgie vorgegeben:

1. Lied 140: Aus tiefer Not,

2. Liebe Gemeinde! In den großen Nöten, die uns betroffen haben, werden wir uns von Her­zen zu Gott, der unsere Zuversicht und Stärke ist, um sein Wort zu hören und zu ihm zu beten. So höret denn Gottes Wort, wie es geschrieben steht im 32. Psalm:

Wohl dem Menschen, dem der Herr die Missetat nicht zurechnet, in des Geist kein Falsch ist …

3. Gebet: Lasset uns Gott unsere Sünde bekennen und im Glauben an unsere Herrn Jesum Christum um Vergebung bitten:

Herr unser Gott, wir armen Sünder bekennen vor Dir die Sünde unserer Kirche, ihrer Leitung, ihrer Gemeinden und ihrer Hirten. Durch Lieblosigkeit haben wir den Lauf Deines Wortes oft gehindert, durch Menschenfurcht Dein Wort oft unglaubwürdig gemacht. Wir haben ein fal­sches Evangelium nur zu sehr geduldet. Wir haben nicht so gelebt, daß die Leute unsere guten Werke sehen und Dich preisen konnten. Wir bekennen vor Dir die Sünden unseres Volkes. Dein Name ist in ihm verlästert, Dein Wort bekämpft, Deine Wahrheit unterdrückt worden, öffentlich und im Geheimen ist viel Unrecht geschehen. Eltern und Herren wurden verachtet, das Leben verletzt und zerstört, die Ehe gebrochen, das Eigentum raubt und die Ehre des Nächsten angetastet. Herr, unser Gott, wir klagen vor Dir diese unsere Sünden und unseres Volkes Sünden. Vergib uns und verschone uns mit Deinen Strafen. Amen.

4. Lied 34: O Lamm Gottes.

5. Schriftverlesung: In diesen Zeitläufen, da der Kriegslärm die ganze Welt erfüllt, laßt uns auf Gottes Wort hören und zu Herzen nehmen, daß Gott ein Herr über Krieg und Frieden ist. Höret Gottes Wort, wie es geschrieben steht im 85. Psalm:

Herr, der Du bist vormals gnädig gewesen Deinem Lande und hast die Gefangenen Ja­kobs erlöst …

6. Gebet: So laßt uns denn Gott darum bitten, daß er uns und unser Land gnädiglich vor Krieg bewahre (vom Krieg erlöse) und uns und unseren Kindern Frieden schenke!

Stille.

Herr, unser Gott, wende den Krieg von uns ab! Lenke Du den Regierenden in allen Völ­kern das Herz. Gib, o Gott, daß sie ihr Land zum Frieden regieren! Amen.

7. Lied 92: Es wolle Gott uns gnädig sein.

8. Schriftverlesung: Wenn (Weil) aber Gott in seinem unerforschlichen Rat uns mit Krieg straft, so wollen wir uns seiner Verheißung getrosten. Höret Gottes Wort, wie es geschrieben steht im 91. Psalm:

Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt …

9. Gebet: Wir gedenken vor Gott aller derer, die zu den Waffen gerufen sind. Gott wolle sie stärken, wenn sie Heimat und Herd, Weib und Kind verlassen müssen, wenn sie unter man­cherlei Entbehrungen vor dem Feinde liegen, wenn sie verwundet werden oder er­kranken, wenn sie in Gefangenschaft geraten oder wenn der Tod sie ereilt.

Stille (2 Minuten).

Herr, unser Gott, nimm Dich aller unserer Soldaten in Gnaden an. Lenke ihr Geschick. Stärke sie an Leib und Seele. Behüte sie in Gefahr. Gib ihnen gute Kameraden. Verlaß sie nicht mit Deinem Wort. Mache Du selbst unter ihnen Menschen willig und fähig, die von Deinem Wor­te und Deinem Heil zeugen. Amen.

10. Lied 305: Mitten wir im Leben sind …

11. Schriftverlesung: Wir wissen, daß ein Krieg auch für die ganze Heimat viel Sorgen und Gefahren mit sich bringt. Wir wollen uns dafür trösten lassen mit göttlichem Trost. Höret Gottes Wort, wie es geschrieben steht im Evangelium Matthäus im 6. Kapitel, Vers 25-34:

Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet …

12. Gebet: Wir gedenken der Mütter, die um ihre Söhne bangen, der Frauen, die auf ihren Gatten warten, der Kinder, denen der Vater fehlt. Wir bitten für die Arbeiter und Arbeiterin­nen in den Kriegsbetrieben, für alle, die für des Volkes täglich Brot sorgen wollen, auch für alle Einsamen, deren Schicksal vergessen wird.

Stille (2 Minuten).

Herr, unser Gott, nimm Dich der Heimat gnädig an. Sei Du selbst der Verlassenen Vater und Berater. Erhöre die Gebete derer, die zu Dir schreien. Gib unserem Lande Frieden, O Gott. Amen.

13. Lied 211: Wenn wir in höchsten Nöten sein …

14. Schriftverlesung: Unser Herz ist voller Sorge, wenn wir der Versuchungen geden­ken, wel­che jeder Krieg mit sich bringt. Wir vernehmen darum mit Ernst die göttlichen Gebote, weil Gott sein Recht nicht mit Füßen treten lassen will. Höret Gottes Wort, wie es geschrieben steht im 94. Psalm, Vers 1-15:

Herr Gott, der die Rache ist, Gott, des die Rache ist, erscheine …

15. Gebet: Wir gedenken vor Gott der Jungen und Alten, die aus ihrem geordneten Lebensgang gerissen werden. Wir gedenken der einsamen Männer und Frauen, der unbe­hüteten Knaben und Mädchen. Wir gedenken aller, die in Versuchung stehen, grausame Rade zu üben und vom Haß überwältigt zu werden. Wir gedenken der Menschen, deren Land der Krieg bedroht, und beten für sie alle zu Gott. – Stille.

Herr unser Gott, nimm Dich gnädig aller Gefährdeten an. Führe uns nicht in Versuchung und erlöse uns und alle Menschen von allerlei Übel Leibes und der Seele.

16. Lied 520: Es ist gewißlich an der Zeit …

17. In diesen Zeitläufen hat Gott der Herr der Kirche besondere Aufgaben gegeben. Wehe jedem Volk, in welchem jetzt die Kirche ihre Pflicht nicht tut. Darum höret Gottes Wort, was es uns vom Ende aller Dinge zu sagen hat. Es steht geschrieben beim Evan­gelisten Lukas im 21. Kapitel, Vers 25-36:

Und es werden Zeichen geschehen an der Sonne und Mond und Sternen …

18. Gebet: Wir gedenken der heiligen christlichen Kirche unter allen Völkern. Wir bitten für ihre Ältesten und ihre Hirten, die das Evangelium auch jetzt ohne Scheu zu sagen haben. Wir bitten für die Kirchenleitungen, die darüber wachen sollen, daß die Wahrheit des Wortes Gottes nicht verfälscht wird. Wir bitten für die Gemeinden, daß sie in der Gemeinschaft des Wortes Gottes mit allen Christen fest bleiben. Wir bitten für alle, die um Christi willen verfolgt werden. – Stille.

19. Vater unser (gemeinsam gesprochen). – Der Herr selbst läßt es uns bezeugen: Offen­barung 21, 1,4: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde verging und das Meer ist nicht mehr. Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, zubereitet als eine ge­schmückte Braut ihrem Manne. Und hörete eine große Stimme von dem Stuhl, die sprach: Siehe da, eine Hütte Gottes bei den Menschen: und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein. Und Gott wird abwisdien alle Tränen von ihren Augen und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein. Denn das erste ist vergangen.“ Jesus Christus spricht: Solches habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi …

20. Lied 311: Wachet auf, ruft uns die Stimme …

(anschließend Feier des heiligen Abendmahles).

Quelle: Joachim Beckmann (Hrsg.), Kirchliches Jahrbuch für die evangelische Kirche in Deutschland 1933-1944, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 21976, S. 256-258.

Hier die Gebetsliturgie als pdf.

1 Kommentar

  1. Wir sind alle
    der unteilbaren
    Menschenwürde

    kein Wort
    das sich
    zwischen böse
    und gut
    als Vermittler
    setzen kann

    wir müssen
    uns alle
    tagtäglich

    für das Bessere
    entscheiden

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