„sine vi humana, sed verbo“ – Von der Logokratie in der Kirche Jesu Christi: „Das ist die Herrschaft des Logos in der Kirche, dass er nichts erzwingt, sondern diejenigen, die ihm glauben, zu Kinder Gottes ermächtigt.“

„sine vi humana, sed verbo“ – Von der Logokratie in der Kirche Jesu Christi

Auch wenn das Wort „Logokratie“ in der politischen Theorie negativ konnotiert ist – mit Worten herrschen[1], lässt sich damit treffend zur Sprache bringen, was nach den Bekenntnisschriften über die kirchliche Ge­walt (De potestate ecclesiastica) gesagt ist: Kirchenleitung kann nur als Wortdienst (minste­rium verbi) „sine vi humana, sed verbo[2] zur Geltung kommen. Das Hirtenamt in der Kirche vollzieht sich als Wortgeschehen „hoc est docere verbum seu ecclesiam verbo regere[3]. Der eine Logos (Singular!) steht nicht für Wortge­fechte (logoi), die Washington Irving Anfang des 19. Jahrhunderts in seiner Beschreibung der USA als „Logocracy“ am Werk gesehen hat[4], sondern für „das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Ster­ben zu vertrauen und zu gehorchen haben“, nämlich Jesus Christus[5]. Kommt Gottes Herrschaft in Jesus Christus zu Wort, kann sie nur dort ihre heilvolle Wirkung entfalten, wo dieses Wort im Glauben angenommen wird, so wie dies ja im Prolog des Evangeliums nach Johannes angekündigt ist:

Er [der Logos] war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben.“ (1,10-12, EÜ)

Das ist die Herrschaft des Logos in der Kirche, dass er nichts erzwingt, sondern diejenigen, die ihm glauben, zu Kinder Gottes ermächtigt.


[1] Vgl. dazu Fritz Mauthner in seinem Wörterbuch der Philosophie. Bei Hannah Arendt ist „Logokratie“ sogar eine Signatur des Totalitarismus.
[2] Augsburger Bekenntnis Artikel 28,21; BSLK 124,9.
[3] Tractatus de potestate papae 30, BSLK 480,24f.
[4] So in seinen satirischen Salmagundi-Briefen eines „Mustapha Rub-a-dub Keli Khan to Asem Hacchem principal slave-driver to his highness the Bashaw of Tripoli“: „To let thee at once into a secret which is unknown to these people themselves, their government is a pure, unadulterated LOGOCRACY or government of words. The whole nation does everything viva voce, or, by word of mouth, and in this manner is one of the most military nations in existence. Every man who has, what is here called, the gift of the gab, that is, a plentiful stock of verbosity, becomes a soldier outright, and is forever in a militant state. The country is intirely defended vi et lingua, that is to say, by force of tongues […] In logocracy thou well knowest there is little or no occasion for fire arms or any such destructive weapons. Every offensive or defensive measure is enforced by wordy battle, and paper war; he who has the longest tongue, or readiest quill, is sure to gain the victory — will carry horror, abuse, and ink-shed into the very trenches of the enemy, and without mercy or remorse, put men, women, and children, to the point of the — pen!“ (Salmagundi, No. VII, Saturday, April 4, 1807). Im Übrigen taucht der Begriff logocracy im 18. Jahrhundert in Robert Flemings Christology (1708) auf, wo er die Weltherrschaft des Logos vor der Inkarnation bezeichnet: „Logocracy; or Christ’s government, both of the world, and church of old, as the Logos“. Siehe Christology, or a Discourse concerning Christ; in himself, his Government, his Offices, &c. By the Rev. Robert Fleming, (author of the “Discourse on the Rise and Fall of the Papacy,”) Abridged: in two Parts. By Alexander Cleeve, A.B. Vicar of Wooler, Northumberland. 8vo, 527 pp. 75. Deighton, Cambridge; Cooke, Oxford; Rivingtons, London; Hill, Edinburgh. 1795, S. 2 .
[5] 1. These der Barmer Theologischen Erklärung.

Hier mein Text als pdf.

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1 Kommentar

  1. Und WIE tut der Logos in der Kirche das, wenn er tut, was er tut? (diejenigen, die ihm glauben, zu Kinder Gottes ermächtigen) – Was heißt das: „je zwingender desto göttlicher“? (Den Namen des Theologen, von dem das stammt, will ich nicht nennen.)

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