Luthers Predigt über Jesu Sturmstillung (Matthäus 8,23-27) von 1530: „Wenn das Schifflein auch im Abgrund versänke, so ist der im Schiff, der aus dem Wasser ein Gewölb machen kann.“

Köder - Sturmstillung
Sieger Köder – Sturmstillung

Martin Luther hat über Matthäus 8,23-27 (Jesu Sturmstillung) mehrfach gepredigt. In seiner Predigt vom 30. Januar 1530 geht er in besonderer Weise auf die Schwachheit des Glaubens ein:

Predigt über Matthäus 8,23-27

Von Martin Luther

Und er trat in das Schiff und seine Jünger folgeten ihm. Und siehe, da erhub sich ein groß Ungestüm im Meer, also, daß auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward. Und er schlief· lind die Jünger traten zu ihm und weckten ihn aus und sprachen: Herr, hilf uns, wir verder­ben! Da sagt er zu ihnen: ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? und stand auf und be­drohte den Wind und das Meer. Da ward es ganz stille. Die Menschen aber verwunder­ten sich und sprachen: was ist das für ein Mann, daß ihm Wind und Meer gehorsam ist?

Hier hört ihr, wie die lieben Jünger in große Angst und Not geführt werden. Sie folgen dem Meister, da er ins Schiff tritt und aufs Meer fährt. Das ist ein allerhöchstes Beispiel der Lehre vom Glauben, die wir lehren und die eine Lehre für fromme Seelen ist und nicht für solche, die das Wort nicht annehmen. Denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding, nur wenige wissen von ihm.

So sehet ihr hier, wie das Unwetter den Jüngern auf den Hals kommt. Darinnen wird ihr Glau­be versucht und jetzt findet sich, wie stark oder schwach er ist. Ehe sie ins Schifflein gingen, da konnten sie Berge versetzen und Leib und Herz waren voll Glaubens. So ist die ganze Welt voll Glaubens und Vertrauens, und drum ist sie auch so störrig und keck. Aber wenn der Wind anfängt, zu blasen, und die Wellen ins Schifflein schlagen, dann zeigt sich’s, daß es ein fal­scher Wahn gewesen ist.

Freilich sagt der Herr nicht, daß sie keinen Glauben hätten, sondern, daß es nur ein kleiner wäre. Wenn aber ihr Glaube stark gewesen wäre, dann hätt er Wellen und Wind ins Schifflein schlagen lassen und hätte dennoch nichts gesehen als lauter Leben, Seligkeit und Ruhe: und wenn das Schifflein auch im Abgrund versänke, so ist der im Schiff, der aus dem Wasser ein Gewölb machen kann, wie er auch eine Mauer daraus gemacht hat, als er das Volk Israel durchs Rote Meer führte; er hat bald die Ziegelstein gemacht und Kalk dazugesetzt, so daß aus dem Wasser eine Mauer wird. Wär ihr Glaube stark gewesen, so hätten sie so gesprochen. Aber ihr Glaube ist schwach; denn sie sprechen: hilf uns! Es ist ein kleines Blicklein in ihrem Herzen, das lebt und kennt den Heiland. Aber gegen dieses Blicklein stehen Wind, Wellen, Tod und Unwetter. Es ist ein einziges Fünklein gegen das ganze Meer. Wind und Meer hätten die Glut gewißlich bald gelöscht, wenn der Herr nicht aufgestanden wäre und hätte den armen schwachen Glauben gestärkt.

An diesem Exempel des Glaubens können alle Schüler des Glaubens lernen. Da sieht man: wenn der Glaube soll seine Macht beweisen, dann ist er das allerschwächste Ding. Da ist die Verzweiflung da und er empfindet nichts andres. So haben die Jünger in dieser Geschichte wohl Glauben, aber wie er sein Amt und Werk tun soll und nicht verzweifeln, da ist der Un­glaube so groß, daß sie im Herzen nichts fühlen als lauter Unglauben. Ihr Glaube scheint wohl stark und ist auch Glaube da, aber er sieht dem Unglauben viel ähnlicher. Das heißt nu des Glaubens Stärke und Kraft, wenn er so klein ist und dennoch so große Ding ausrichtet. So geht’s auch in unsern Anfechtungen: wenn Tod und Teufel uns angreifen, dann stehn sie als ein großer Türke da und stellen sich gegen das kleine Fünklein. Das sind gewißlich Giganten und Riesen gegen das kleine Fünklein, das im Herzen lebt. Und dennoch soll der kleine schwache Glaube, der viel mehr Unglaube und Verzweiflung ist, so stark werden, daß er jenen Riesen zu Boden wirft. So siegt der Glaube, wie hier die Jünger: wenn nämlich der Herr kommt und dem Sturm befiehlt, dann ist das Unwetter besiegt.

Wodurch aber wird der Glaube so stark gemacht und erhalten, da er doch so gering ist und viel mehr dem Unglauben und der Verzweiflung ähnlich? Durch nichts andres als dadurch, daß der kleine Glaube den Herrn und sein Wort ergreift. Sie greifen nicht die Ruder an, sie schütten das Wasser nicht aus dem Schiff noch tun sie sonst etwas: es wäre alles vergebens. Aber das eine Wort ergreifen sie: Herr, hilf! Sie nennen freilich nur den Namen und sehen noch nicht, wie er schon Helfer ist, sondern haben’s nur gehört, daß er ein solcher sei. Und darum glauben sie: der ist unser Sieg.

Sonst wär auch uns der Satan viel zu stark, auch bei der kleinsten Sünde schon. Aber wenn sich der Glaube an das Wort hängt, wie gering und welch ein Fünklein er auch sei, so müssen ihm dennoch Wind und Meer gehorchen. Wenn die Sünde kommt, dann kommt auch der Satan und kann aus dem allergeringsten Fehler uns eine Sünd und so bang machen und das Gewissen beschweren und Hölle und Gericht vor Augen stellen, daß einer meint, er müsse verzweifeln. So ist’s einem Christen ein unmöglich Ding, auch nur der allergeringsten Sünde zu widerstehen. Das haben wir auch erfahren: wenn wir nur den Mund aufgetan haben oder es ist uns ein Tropfen Weins aus Unachtsamkeit auf die Kutte gefallen, so war’s eine große Sünde, desgleichen wenn wir den Kelch nur angerührt hatten. Und doch war solche Sünde nichts, ist nicht zu rechnen und soll ein Stäublein sein. Und dennoch kann der Satan einem Menschen um dessetwillen die Hölle auftun und den Himmel verschließen. Und so kann’s auch in andern Dingen geschehen. Da zappelt der Glaube wohl, aber er hält sich ans Wort Christi, daß der ein Helfer sei. Wenn er das erschnappen kann, dann muß die Sünde um des Wortes willen dem Glauben weichen. Den Glauben sichten und durchs Rumpelfaß führen kann der Satan wohl, aber wenn sich der Glaube ans Wort hängt, dann wird alles still, denn Christus kommt und spricht zu Wind und Meer. Diese Geschichte mußt du auf alle Anfech­tungen und Mühen beziehen, die der Glaube hat. Wenn das Gewissen spricht: es ist um mich verloren, – das ist, als hätten die Jünger gesagt: was sollen wir rufen? es ist doch keine Hilfe hier. Dann wären sie gewißlich untergegangen und er allein wäre übriggeblieben; denn dann wäre lauter Verzweiflung in ihnen gewesen und kein Fünklein mehr, so hätten sie das Wort fahren lassen. So mögen wir drum schwach sein, wenn wir nur das Wort festhalten, so ist keine Anfechtung so groß, sie muß weichen. Wiederum, wenn wir vom Wort gefallen sind und diese Erkenntnis der Jünger nicht haben, dann ist keine Sünde so gering, sie bringt uns zu Fall, wie ich gesagt habe von Sünden, die keine sind. Was soll aber erst geschehn, wenn die großen Sünden uns vor Augen gehalten werden: du hast Gott gehaßt! Aber wenn du das Wort ergreifst, das Christus einen Helfer heißt und ihn festhält, dann mögen die Sünden so groß sein, daß sie den Weltkreis erfüllen, sie müssen dennoch weichen und ins Meer versinken.

Dies Wort ist unser Sieg und unser gleißendes Schwert des Geistes [Eph. 6,17]. Die Leute fürchten des Papstes Bann, aber hier ist Gottes Wort, das verheißene Evangelium, in dem er verspricht, daß er helfen werde. Wenn du das ergreifst, so hast du ein Schwert in Händen, das haut hinweg Sünde, Tod, Teufel und alle Übel.

Dies ist das erste Stück vom Glauben. Und jeder, der sich im Glauben üben will, soll sich’s merken und die Kunst gut lernen, daß nämlich der Glaube zweierlei Stunden und Zeiten hat. Die eine Stunde ist, wenn es ihm gut geht und er triumphiert, da liegt er oben; wenn er gesiegt hat und die Feinde hinweg sind, dann fürchtet er nichts. Zur Zeit des Krieges aber ist der Glaube dem Unglauben und der Verzweiflung ähnlich. Da mußt du lernen, daß du keinen Glauben hast. Da sprichst du: ich kann nicht glauben! Aber sprich nicht so, sondern: ich glau­be, doch schwach, ich bin nu in der andern Stunde des Glaubens. In der einen Stunde, wenn Ruhe und Sicherheit ist, da danke Gott und brauche sie recht. In der andern Stunde aber sprich: ich fühle wohl, daß mein Glaube der Verzweiflung ähnlich ist und sich stellt, als wollt er verzweifeln, aber er richtet eben sein Amt und Werk aus, nämlich zu fechten und zu strei­ten gegen Tod, Sünde, Armut, Teufel und alles Unglück. Wenn jemand im Kriege ist, so ist er nicht fröhlich. Tanzen und Streiten find zweierlei Ding. Wenn man tanzt, ist kein Zeichen der Traurigkeit vorhanden. Beim Streiten aber ist Furcht und Mühe da, da geht’s mit Winden zu, und dennoch ist der Streiter noch nicht tot und verloren. So soll niemand verzweifeln, wenn er fühlt, daß sein Glaube gering ist; denn da liegt der Glaube zu Feld und muß der Schläge des Teufels und der Sünde gewärtig sein. Da sehe er nach dem Wort und laß es sich nicht neh­men. Dann werden Verzweiflung, Unglaube, Unwetter weichen. Das ist die andere Stunde des Glaubens, in der er Arbeit hat und sein Amt verrichtet, nämlich zu kämpfen mit Tod, Sünde und Hölle, die er alle wohl fühlt.

Was war es auch gewesen, wenn die Jünger im Schiff keinen Wind gesehen und empfunden hätten? Dann hätte ihr Glaube nicht gekämpft und auch nicht gesiegt.

Aber wo das Wort hinwegfällt, da ist’s um den Glauben geschehen. Wenn es aber da ist, und wär der Glaube noch so schwach, so schaden Verzweiflung, Mißtrauen, Unglauben dennoch nichts. Das sag ich darum, damit ihr das äußerliche Wort in hohen Ehren haltet. Der Satan haßt es aufs höchste; denn er kennt die Spitze wohl, die da heißt Schwert des Geistes; weil er denn so oft damit gehauen ist, so kommt er nicht gerne dahin, wo er sie sieht. Drum ist er all­zeit darauf aus, das Wort hinwegzunehmen. Wenn du dem Feind das Schwert nimmst, dann ist gut streiten. Wenn der Teufel das Wort hinwegnimmt, kann auch die kleinste Sünde nicht überwunden werden. Drum richtet er Ratten an und macht das Papsttum oder macht uns laß und faul und undankbar, so daß wir’s nicht fleißig lesen und hören, – alles nur, damit er uns vom Worte bringe. Wenn wir’s aber gerne hören und dem Herzen einbläuen und das Schwert gebrauchen, dann können wir sicher sein. Und wenn der Teufel uns angreift und wird nur des Wortes gewahr, das ich gebrauche, so trollt er sich bald; denn das ist der einzige Sieg über den Teufel, den es gibt: durch das Schwert des Geistes.

Das lerne, damit du wissest: unsere Macht und Stärke steht nicht in unsern Werken und im Glauben, sondern nur, wenn du den Glauben an das Wort hängst: das ist unsere Heiligkeit und unser Sieg. Darum sind die Narren, die die Christen richten wollen und sprechen: zuvor im Papsttum war Sicherheit und Ruhe. Solche Narren wollen sich unterstehn, zu erkennen, wo die Christen sind. Aber mit irdischen Augen kann man das nicht richten, und wenn man alle Brillen der Welt aufsetze. Solche Leute nennen den einen Christen, der in grauen Röcken ein­hergeht wie die Mönche. Sie messen die Christen nach ihren Werken und Verdiensten und nach ihrer Stärke. Ja, das wär dir ein Schweiß! Du wirst es aber vielmehr so finden, wie es hier im Schifflein ist. Wo sind da die Christen? Sie können ja doch nicht glauben. Um einen Christen zu erkennen, dazu gehören höhere Augen als die der Welt und aller Gelehrten. Es heißt: ich glaube an eine heilige Kirche; was man glaubt, sieht man aber nicht, spricht Paulus [2.Kor. 5,7]. Da sieht der Glaube dem Mißtrauen so ähnlich wie nichts anderem und ein Christ gleicht einem Ungläubigen; du siehst ja wie hier die Jünger verzweifeln. Ein Christ kennt sich selber nicht. Drum richte dich nicht nach dem, wie du fühlst und wie es dein Herz dir sagt. Ob du ein Christ bist, erkenne vielmehr daran, daß du das Wort ergreifst, das Gott gesprochen hat, daß du es gern hörst und in der Stunde des Krieges dich dran hältst. So sind die Jünger im Schiff wohl auch verzagt, du siehst nichts von christlicher Tugend in ihnen, wenn du sie nach ihren Werken mißt; aber davon heißen sie doch Christen, daß sie sprechen: Herr hilf! Darum sind’s Christen, da ist ihre Heiligkeit, Leben und Macht. Der Herr hat es alles zu sich genommen, es soll in uns nicht stecken. Darum sind’s die närrischsten Narren, die die Christen messen an ihrem Werk und ihrer Stärke. Daß man die Menschen äußerlich fein zieht, das geht Eltern und Bürgermeister an. Aber es macht keinen Christen, sondern einen Christen macht das, daß er das Wort ergreift; das aber ergreift man nur im Glauben. Wenn sie drum auch zweifeln und zappeln und bei sich selber fühlen, als wären sie Unchri­sten, – wenn die Lust da ist, das Wort zu ergreifen, und sie lassen’s nicht fallen, dann sind’s Christen; und wenn sie den verzweifeltsten am ähnlichsten sind, dann sind’s die allerbesten und schönsten; denn in solcher Verzweiflung halten sie fest am Wort in ihrer Schwachheit. Wie auch Paulus spricht [2.Kor. 12,10]: ihre Kraft beweist sich in der Schwachheit. So steht auch der Christen Heiligkeit nicht in ihnen selbst, sondern außer ihnen im Wort. Drum kann niemand einen Christen sehen als nur ein Christ. Ein irdischer Mensch sieht gewißlich nicht, ob ein Mensch am Worte hält. Er sieht mich wohl zappeln oder fröhlich sein; aber daß ich im Zappeln hange am Wort, das sieht er nicht. Drum ist die Christenheit ein verborgenes Ding, nur die den Glauben haben, erkennen’s. Das sag ich darum, daß ihr nicht verzweifelt, wenn es bei den Christen so schwach zugeht. Die allerbesten in der Welt wollen, daß es so fein soll zugehen und man bei den Christen nichts Böses finde. Aber einen solchen Menschen, wie du ihn dir ausmalst, gibt es nicht; wie könnt einer auch so fein, wenn Teufel, Fleisch und Welt auf ihm liegen; du hast gut sagen, wenn du ihn nach dir messen willst und leidest doch nichts dergleichen. Wenn das Fleisch sicher ist, dann meint es wohl, es glaube, und einen andern Menschen, der in Sünden und Anfechtungen Mühe und Arbeit hat, hält’s für einen Ungläubi­gen; es weiß nichts von der Kriegsstunde.

Drum sehe jeder zu, daß er des Glaubens Art und Amt lerne, damit er wisse: wenn er auch verzweifelt, so ist doch nicht aller Glaube weg, sondern er soll das Wort ergreifen, daß Chri­stus Helfer ist. Das ,,wir verderben“ ist wohl da und ist das Wort des Unglaubens, aber das Wort des Glaubens heißt: Hilf, Herr! So spricht ein Christ wie ein verzagter Unchrist, aber doch ist auch das andre Wort da „Herr hilf“, wenn er’s auch kränklich redet; aber doch hängt sein Herz an der Hilfe. So ist Gottes Wort stärker als des Teufels Wort, der die Verzweiflung ist: was stärker ist, das muß hinunter, und was schwächer ist, das kommt auf. Das ist eine Pre­digt für Christen.

Das andre Stück ist, daß der Wind eben dann anhebt, wenn der Herr und die Jünger aufs Meer kommen. Zuvor war’s still, aber da er nu aufs Meer kommt, tobt’s. So sprechen auch die Weltweisen: seit das Evangelium kommen ist, ist solcher Unfriede gekommen; wenn wir’s nur wiederum in die alte Ordnung bringen könnten. So ist’s des Evangeliums Schuld, daß die Menschen bös sind und daß es Schwärmer gibt. Gegen solche Lästerer dient diese Geschichte. Gewißlich war’s zuvor still, aber da nu Christus kommt, geht’s an. So wär’s auch fein still, wenn wir widerriefen. Aber wenn das Evangelium in die Welt kommt, dann will’s der Satan nicht hören und reizt den Papst und alle Fürsten. Wessen Schuld ist’s? Sie sprechen: des Evangeliums Schuld. Den Teufel auf deinen Kopf! wenn sie das Evangelium annähmen und niemand gegen es stritte, dann bliebe Friede; denn es tut guten Kindern kein Leid und läßt auf Erden alles stehen. Es greift allein den Satan im Herzen an und wollte dich gerne recht erzie­hen. Darum ist’s deine Schuld. Und dennoch wird’s dem Evangelium aufgeladen. Und du mußt doch selber sagen, daß es dir kein Leid tut. So könnt ein Dieb auch sprechen: warum führt man mich zum Galgen? wenn der Henker nicht wäre, könnt ich in Frieden bleiben! Ja freilich, Lieber, wenn man dich stehlen ließe und dich drum nicht dem Richter und Henker übergäbe! So könnt ein Dieb auch sagen: ja, wem die mich nicht angegriffen hätten! So muß denn Richter und Henker schuldig sein. Und doch ist’s deine Schuld, wenn du Eltern und Obrigkeit nicht gehorchst. Desgleichen wenn das Evangelium den Unglauben straft und das Herz rein machen will und du willst’s nicht annehmen, so ist’s deine Schuld. Darum spricht Christus gegen solche Lästermäuler: freilich bleibt’s still, bis Christus kommt! Christus spricht [Matth. 10,34]: ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern Schwert und Feuer. Ein jeder Schalk hätt es gern, daß man seine Untugend nicht anrührte. Und doch würde so einer den andern fressen. Drum ist’s nicht die Schuld Christi, daß sich der Sturm erhebt; denn er schläft ja, drum erregt er ihn nicht, er rührt ja keinen Finger. Der Satan ist’s, der ist dem Schifflein feind und dem, der in ihm ist. Man könnt wohl sagen: wären die Jünger doch nicht eingestiegen! Ich habe von Schiffsleuten gehört: wenn einer unter ihnen ein Heiligtum oder das Evangelium Johannis bei sich hatte, dann hatten sie kein Unglück; sie warfen das Heiligtum ins Meer, und es ward still. So war’s vordem. Wie ist es jetzt? Wenn das Meer wütet, so ist’s drum nicht Christi und der Jüngers Schuld, sondern dein Haß und Neid richtet solch Ungestüm an, weil du Christus nicht leiden kannst. Und dennoch gibst du Christus und den Jüngern die Schuld und nicht dem Satan, der dazu treibt. So sprechen sie auch heut: das Evangelium hat so viel Unglück augerichtet, wenn man’s nicht gepredigt hätte, wäre Ruhe geblieben. Aber es ist des Teufels Schuld und deine, nicht des Evangeliums Schuld, welches vielmehr an sich selber ruhig ist und alle Gute lehrt. So könntest du auch deinem Nächsten all sein Hab und Gut stehlen und dann sprechen: warum schläfst du nicht und machst mir Be­schwerde und läßt mich nicht stehlen? Darum lerne, daß es die Schuld der gottlosen Leute ist, die sie dann dem Evangelium ausladen. Schweig du einmal, wenn der Dieb kommt und dir Tisch und Kasten ausschließt und wenn er dir Vorwürfe macht, daß du ihn störest! Es ist das Meer wohl still, bis daß Christus kommt. Ist aber das Unwetter da, so wird gewiß Christus aufs Meer kommen. Und dann werden Wind und Meer ihm gehorchen, und wenn du toll und töricht werden solltest mit deinem Lästermaul. Das Evangelium soll bleiben und Wind und Wetter überwinden.

Zum ersten hast du also gehört, daß du deinen Glauben nicht nach dir selber messen, sondern das Wort ergreifen sollst. Zum andern, daß sich niemand dran stoße, wenn es wüst und wild zugeht, als wäre Christus schuld daran. Es ist nicht Christi Schuld, sondern der Welt. Wenn das Evangelium und Christus in die Welt kommen, so wird das Meer wild. Desgleichen wenn auch Christus da ist, so werden wir doch kleingläubig und können nicht überwinden, wenn wir nicht das Wort ergreifen.

Rörer- bzw. Lauterbach-Nachschrift einer Predigt vom 30. Januar 1530, 4. Sonntag nach Epiphanias (WA 32,8-16)

Hier Luthers Predigt als pdf.

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