
„Buße“ im ursprünglichen Sinne heißt „Besserung“ und nicht „Umkehr“. Es ist kein evangelisches Wort, sondern als Fehlübersetzung von „metanoia“ den germannischen Stammeskonversionen im Frühmittelalter geschuldet. Dort wurde das Christentum als Besserungsanstalt für die gemeinschaftliche Wohlfahrt instrumentalisiert. Zurecht haben die katholische Einheitsübersetzung wie auch die neue Zürcher Bibel den Bußbegriff aus dem Vokabular genommen. Mir scheint, dass die Sozialdisziplinierung des Christentums auf eine vorfindliche obrigkeitliche Gemeinschaft hin das Beziehungsgeschehen des Evangeliums semantisch nachhaltig entstellt hat. Die Übersetzung des Evangeliums in die Lebenswelt einer germanischen Stammesgemeinschaft hat Missverständnisse generiert, die bis heute nachwirken. Wir haben von Sünde, Buße bzw. Reue ein gesellschaftliches Vorverständnis, das dem Evangelium als unverhoffter Botschaft unserer Annahme durch Jesus Christus kaum eine Chance lässt. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn allein kann keine semantische Korrektur leisten. Müsste man nicht vielleicht doch das ganze „altdeutsch-christliche“ Vokabular einer Revision unterziehen?
Grundsätzlich finde ich diese(n) Gedanken sympathisch. Er erinnert mich an diverse Überlegungen im Kontext der Emerging Conversation. Was ich mich aber auch frage: Wo fängt man dann an? Was sind die Kriterien? Schließlich sind wir durch und durch durch unsere deutsche Sprache geprägt. Da ist es gar nicht so einfach, einen Standpunkt „außerhalb“ einzunehmen – und dementsprechend willkürlich können Entscheidungen dann ausfallen. Oder?
Ich finds gut. Es wird Zeit, dass die Lutherübersetzung nicht dem Wort nach lutherisch bleibt, sondern immer wieder dem Sinn nach lutherisch wird …