Des Katechismi Summa und Inhalt (Tischreden)
Von Martin Luther
Der Katechismus ist die rechte Laienbibel, darinne der ganze Inhalt der christlichen Lehre begriffen ist, so einem jeden Christen zu der Seligkeit zu wissen vonnöten. Wie das Hohelied Salomonis ein Gesang über alle Gesäng, canticum canticorum, genannt wird, also sind die zehn Gebot Gottes doctrina doctrinarum, eine Lehre über alle Lehren, daraus Gottes Wille erkannt wird, was Gott von uns haben will und was uns mangelt.
Zum andern, so ist das Symbolum oder das Bekenntnis des Glaubens an Gott, unsern Herrn Jesum Christum usw. historia historiarum, eine Historie über alle Historien oder die allerhöchste Historia, darinnen uns die unermeßlichen Wunderwerk der göttlichen Majestät von Anfang bis in Ewigkeit vorgetragen werden, wie wir und alle Kreaturen erschaffen sind von Gott; wie wir durch den Sohn Gottes (vermittelst seiner Menschwerdung, Leidens, Sterbens und Auferstehung) erlöset; wie wir auch durch den Heiligen Geist erneuert, geheiliget und eine neue Kreatur, und allesamt zu einem Volk Gottes versammelt, Vergebung der Sünde haben und ewig selig werden.
Zum dritten, so ist oratio dominica, das Vater Unser, ein oratio orationum, ein Gebet über alle Gebete, das allerhöchste Gebet, welches der allerhöchste Meister gelehret und darinnen alle geistliche und leibliche Not begriffen hat, und der kräftigste Trost ist in allen Anfechtungen, Trübsal und in der letzten Stunde.
Zum vierten sind die hochwürdigen Sakramenta ceremoniae ceremoniarum, die höchsten Zeremonien, welche Gott selber gestiftet und eingesetzet bat und uns darinne seiner Gnaden versichert. Derhalben sollen wir ja den Katechismum lieb und wert halten und der Jugend mit Fleiß einbilden, denn darinnen ist die rechte alte, wahre, reine, göttliche Lehre der heiligen christlichen Kirche zusammengefasset, und was dem entgegen ist, für Neuerung und falsche Lehre und Irrsal halten, es habe auch so lange gewähret und so ein großen Schein und Ansehen, als es immer wolle, es sei alt oder neue; davor sollen wir uns hüten.
WA.TR 5., Nr. 6228.