Ordnung der christlichen Kirchenzucht für die Kirchen im Fürstentum Hessen – Ziegenhainer Kirchenzuchtordnung von 1539: „Es sollen die Ältesten und Prediger auch darauf sehen, dass die Kinder, die nun durch den Katechismus-Un­terricht im christlichen Verständnis so weit gebracht sind, dass man sie billig zum Tisch des Herrn zulassen sollte, auf ein hohes Fest wie Ostern, Pfing­sten und Weihnachten vor aller Ge­meinde dem Pfarrer an dazu verord­netem Ort von ihren Eltern und Paten vorgestellt werden; dabei sollen die Ältesten und alle anderen Diener des Wortes um ihn stehen. Da soll der Pfarrer diese Kinder über die wichtig­sten Stücke des christlichen Glau­bens befragen.“

Ordnung der christlichen Kirchenzucht für die Kirchen im Fürstentum Hessen – Ziegenhainer Kirchenzuchtordnung von 1539

Apostelgeschichte 20,28

So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der heilige Geist gesetzt hat zu Bischö­fen, zu weiden die Gemeinde Gottes, die er durch sein eigenes Blut erwor­ben hat.

1539

Allen getreuen Hirten und Seelsor­gern, auch allen gläubigen und got­tesfürchtigen Gemeinden Christi Jesu, unseres Herrn, im Fürstentum Hessen usw. Gnade und Friede von Gott, unserem himmlischen Vater, und unserem Heiland Jesus Christus.

Einleitung

a. Vom Hirtendienst in der Kirche

Unser Amt und unsere Pflicht, liebe Herren und Brüder, erfordert insbesondere, daß wir über die Herde Christi, unseres Herrn, stetig wachen und mit höchster Treue darauf sehen, daß allem Einfall der höllischen Wölfe zeitig begegnet und gewehrt werde, und was auch immer aus angeborener Schwachheit an Gebrechen und Mangel entstehen will, daß dem alsbald mit gebührendem Rat gesteuert und abgeholfen und bei dem Völklein Christi alles zu gewisser und steter Besserung eingerichtet und gefördert werde. Uns hat der Herr ja dazu gesetzt und verordnet, daß wir ihm seine Schäflein so weiden, daß sie vor allem Unrecht und Verderben ewigen Lebens durch die gesunde Lehre, durch getreue Vermahnung und heilsame Zucht immer völliger haben und genießen, damit sie im recht christlichen Leben immer ferti­ger und stärker werden; zur Heiligung seines Namens und zur Erweiterung seines Reiches.

b. Von der Versammlung in Ziegenhain

Dies haben wir, wie wir schuldig sind und wie auch der durchlauchtige hochgeborene Fürst, unser gnädiger Herr, mit teuerster Vermahnung von uns gefordert hat, zu Herzen geführt und bedacht, als wir jüngst zu Ziegen­hain auf Befehl und Gebot dieses unseres gnädigen Herrn deshalb mit den hochgelehrten, edlen und ehren­festen, achtbaren und weisen Räten seiner fürstlichen Gnaden und den Gesandten der Städte versammelt gewesen sind. Und nachdem wir nun längst genugsam erfahren, daß der Satan, nicht allein durch allerlei Rotten und Sekten, sondern auch durch die fleischliche Üppigkeit und gottverlassenes Wesen eben viele arme Leute von der Gemeinde Christi zum Teil ganz entfremdet und abhält, zum Teil so viele abzieht und fernhält, daß sie sich in die wahre und ganze Gemeinschaft der Lehre, der Sakra­mente und der Zucht Christi nicht begeben, haben wir uns im Herrn befragt und beraten, wie wir solchen irrigen Schäflein wieder in den Schaf­stall und zu dieser Hut und Weide Christi gänzlich verhelfen, auch die, die noch nicht weggeführt sind, in diesem Schafstall und bei dieser Hut und Weide behalten und zu ihrem Heil seliglich versehen und weiden könnten. Als wir aber die ganze Lage, die Mängel und Fehler unserer Kirchen und Gemeinden erwogen und gegen das gehalten hatten, was in aller Schrift und in dem Beispiel unseres lieben Herrn Jesus, des Erz­hirten und Bischofs unserer Seelen, und seiner lieben Apostel von dem Hirtendienst und rechter Seelsorge uns vorgeschrieben ist, haben wir uns auf eine christliche Verbesse­rung unseres gnädigen Herrn und eines jeden recht verständigen Chri­sten nach folgender Ordnung bedacht und entschlossen:

1. Von den Superintendenten

Zum ersten: Daß, wie der heilige Geist so ernstlich gebietet und unser gnädiger Fürst und Herr hiervor auch in höchster Treue gefordert hat, die würdigen hoch und wohl gelehrten Herren und Brüder, die Superinten­denten samt anderen getreuen Dienern der Kirche und der Obrigkeit eine recht fleißige und eifrige Aufsicht haben über alle ihre Kirchen und Ge­meinden, damit diese mit recht ge­lehrten, verständigen, beschei­denen, eifrigen und frommen Predi­gern bestellt und genugsam erhalten werden. Diese sollen nicht allein zu den Gemeinden predigen, sondern auch zu dem besonderen Unterwei­sen, Vermahnen und Strafen gegen­über allen fleißig und fähig sein, auch ihren Katechismus-Unterricht und alles, was zur Seelsorge gehört, mit aller Treue und Ernst halten‘ und üben.

2. Von den Ältesten

Zum anderen: Weil des Herrn Befehl ist, alle Getauften ihr ganzes Leben lang zu unterrichten und zu halten lehren, was er befohlen hat, ja auch zu suchen und zum Heil in ihm zu bringen, was verdorben ist, weil es aber den Dienern des Wortes nicht möglich ist, allein auf jedermann nach allem Bedarf zu sehen und auch einen jeden allemal mit Frucht zur Besserung zu vermahnen, zu strafen und zu warnen, haben wir es anders nicht erkennen können, als daß der hohe Bedarf unserer Kirche erfordert, daß wir die alte Ordnung des heiligen Geistes, wie wir sie in den apostoli­schen Schriften haben, bei uns wieder aufrichten und zu den Dienern des Wortes in jeder Kirche, je nachdem, ob sie groß oder klein an Leuten ist, etliche Presbyter, das ist: Älteste, verordnen, nämlich die aus jeder Gemeinde, welche die verständigsten, bescheidensten und eifrig­sten im Herrn und auch bei der Ge­meinde die bestvertrautesten und wohlangesehensten sind, die man in jeder Gemeinde haben kann.

Diese Ältesten soll jede Kirche wie auch die Diener des Wortes mit ge­treuem Achten auf den Maßstab des Paulus wählen. Und es wäre auch gut, daß man sie in der Kirche mit öf­fentli­chem Gebet und Vermahnung an sie, die Ältesten, ihres Amtes fleißig zu warten, und an die Gemein­de, diesen Ältesten im Herrn herzlich zu gehorchen, bestätigte und Ihr Amt so heiligte. Deren Amt und Dienst soll auch die Obrigkeit getreulich ehren und darauf achten als auf den not­wendigsten und heilsamsten Dienst und Amt, das nach dem Amt der Lehre in der Kirche sein kann. Und es könnte besserlich sein, daß solche Ältesten einesteils aus den Rats- oder Gerichtsherren, einesteils aus der Gemeinde gewählt würden.

Diese Ältesten sollen vor allem eine besonders fleißige Aufsicht über die Prediger haben, damit diese ihres Amtes recht warten in Lehre und Leben, und wo sie das tun, sie gegen das falsche Verleumden treulich ver­teidigen. Wo aber darin bei ihnen Mangel gefunden würde, sollen diese Ältesten daran sein, daß solches durch sie oder auch durch die Obrig­keit gebessert werde. Und wo die christliche Lehre gegen jemanden zu verteidigen wäre oder irrige Leute zu berichtigen wären oder etwas anderes Wichtiges vorfallen würde, das wegen der Kirche zu verhandeln wäre, so sollen allewege die Ältesten dabei sein und ihren getreuen Rat und Hilfe dazu nach ihrem besten Vermögen beweisen, damit in der Kirche alles desto ordentlicher, ver­trauter und zu größerer Besserung verrichtet werde.

Diesen Ältesten nun soll neben und mit den Dienern des Wortes die allge­meine Seelsorge und der Hirten- dienst in allen Kirchen auferlegt und befohlen werden, daß sie nämlich nach ihrem besten Vermögen dazu raten und helfen, daß alle Getauften, jung und alt, im christlichen Glauben und Leben zeitig und genugsam gelehrt und dazu vermahnt und ange­halten werden. Und wo jemand daran etwas fehlt, soll solchem Fehlen auch zeitig und auf rechte Weise begegnet werden, es sei gleich an der Lehre oder am Leben.

3. Vom Katechismus-Unterricht und der Konfirmation

Zum dritten sollen die Ältesten der Kirche samt den Dienern des Wortes einrichten und daran sein, daß alle Kinder, wenn sie des Alters wegen fähig sein können, zu dem Katechis­mus-Unterricht geschickt werden. Diesen Katechismus-Unterricht kann man auch an jedem Ort gut zu solcher Zeit halten, daß ein jeglicher unbe­schwert sein würde, seine Kinder dazu zu schicken. Es ist auch die Obrigkeit schuldig, daß sie auch durch Ihr Amt alle dazu anhalte; denn wenn sie einem jeden Menschen die Seinen in seine Gewalt und Gehor­sam bringen und darin halten soll, wie viel mehr gebührt ihr, darauf zu sehen, daß Christus dem Herrn die, die durch ihn erschaffen und darüber hinaus ihm auch in der heiligen Taufe übergeben und eingeleibt sind, durch sie zugeführt und in ihm zu leben auferzogen werden.

Es sollen die Ältesten und Prediger auch darauf sehen, daß die Kinder, die nun durch den Katechismus-Un­terricht im christlichen Verständnis so weit gebracht sind, daß man sie billig zum Tisch des Herrn zulassen sollte, auf ein hohes Fest wie Ostern, Pfing­sten und Weihnachten vor aller Ge­meinde dem Pfarrer an dazu verord­netem Ort von ihren Eltern und Paten vorgestellt werden; dabei sollen die Ältesten und alle anderen Diener des Wortes um ihn stehen. Da soll der Pfarrer diese Kinder über die wichtig­sten Stücke des christlichen Glau­bens befragen. Und nachdem die Kinder darauf geantwortet, sich da auch öffentlich Christus dem Herrn und seiner Kirche ergeben haben, soll der Pfarrer die Gemeinde ver­mahnen, den Herrn für diese Kinder um Beständigkeit und Mehrung des heiligen Geistes zu bitten und solches Gebet mit einem Kollektengebet beschließen. Nach dem allen soll dann der Pfarrer diesen Kindern die Hände auflegen und sie so im Namen des Herrn konfirmieren und zu christlicher Gemeinschaft bestäti­gen, sie darauf auch zum Tisch des Herrn gehen heißen, mit ange­hängter Vermahnung, sich im Gehor­sam des Evangeliums treulich zu halten und christliche Zucht und Strafe von allen und jeden Christen, vor allem aber von den Seelsorgern allezeit gutwillig aufzunehmen und ihnen gehorsam Folge zu leisten.

4. Vom Ermahnen und Ausschließen

a. Vom Ermahnen

Zum vierten sollen die Seelsorger, beide: Prediger und Älteste, auch allen Fleiß aufwenden und nichts un­terlassen, daß sie zu vollkommener Gemeinschaft Christi in der Lehre, den Sakramenten und der christli­chen Zucht durch freundliches und getreues Ermahnen, Bitten und Flehen alle die bewegen und bringen, die sich von solcher Gemeinschaft noch ganz oder zum Teil fernhalten, aber doch auf den Namen Christi getauft sind, deshalb auch seinen heiligen Namen tragen. Denn leider findet man zu dieser Zeit bei uns noch etliche, die sich ganz von der Ge­meinde Gottes, auch von der Predigt fernhalten: etliche, die wohl zur Predigt gehen, aber nicht zum Tisch des Herrn; etliche, die auch zum Tisch des Herrn kommen, aber nicht leben, wie Christen gebührt, sondern sich so ärgerlich verhalten, daß sie die anderen und vielleicht die ganze Gemeinde verärgern.

Vom Verfahren beim Ermahnen

Deshalb sollen die genannten Älte­sten samt den Dienern des Wortes eine recht väterliche Aufsicht haben über die ganze Gemeinde und einen jeden in dieser besonders. Und wo sie solche finden, die auch die Predigt oder alles christliche Tun meiden, es geschehe nun aus Irrtum in der Reli­gion oder aus fleischlichem, epikuräischen Leben, sollen sie sich gemein­sam beraten, wie und durch wen solche Leute doch erstlich zum Hören des göttlichen Wortes gebracht werden könnten. Das wäre dann, daß einer der Ältesten einen solchen ganz von der christlichen Gemeinde Ent­fremdeten besonders anspräche, oder daß man andere Leute, es wären seine Freunde und Verwand­ten oder solche, die aus anderen Ur­sachen ein Ansehen bei ihm haben könnten, zu ihm schickte, oder daß man ihn vor sämtliche Ältesten und Pfarrer beriefe. Das würde auch ge­genüber einem jeden so von der Kirche Entfremdeten vorzunehmen sein, bei dem die besondere Vermah­nung nicht helfen will.

Es soll auch alle diese Vermahnung bei diesen Leuten allewege mit aller christlichen Sanftmut und Lindigkeit geschehen, auch mit getreuem und freundlichem Vorhalten der so reichen Gnade und des so strengen Gerichts Christi, auch mit dem Aner­bieten freundlichen Berichtigens und Unterweisens durch Gottes Wort in all dem, wo sich einer irren oder stoßen könnte.

Von den Folgen des Ermahnens

Wo dann jemand so verstockt sein würde, daß er dies alles verachten und in seinem gottlosen Tun weiter verharren wollte, den muß man Gott und der Obrigkeit überlassen, doch soll man ihm nichtsdestoweniger alle bürgerlichen und sonst schuldigen Dienste und Gemeinschaft, auch Hilfe in Nöten leisten, solang ihn die Obrigkeit dulden kann. Aber das so, daß die Christen immer dabei Ursache suchen, solche Leute zur Buße zu vermahnen, und sich auch mit dem Sich-fernhalten von unnöti­ger Gemeinschaft mit ihnen als die erweisen, die ein herzliches Leid tragen über solcher Leute ewiges Verderben, worein sie sich durch solches ihr gottloses Wesen selbst stürzen.

Doch soll das Sich-fernhalten ge­schehen allein von der unnötigen und unbesserlichen Gemeinschaft, als das sind die besonderen Einladun­gen und Gesellschaften, welche ein jeder allein mit denen hält, die ihm be­sonders verwandt sind oder an deren Tun er besondere Lust hat oder denen er um empfangener oder verhoffter Guttaten willen besondere Ehre und Liebe beweisen will, wel­cherlei Gemeinschaft oft auch die verwandten Freunde gegeneinander ohne Vorwurf unterlassen. Denn was bürgerliche Dienste und notwendige Hilfen sind oder auch die Gemein­schaft und Dienste, welche die Leute einander nach der Ordnung Gottes leisten sollen wegen der Ehe, Sippe oder Blutsverwandtschaft oder auch wegen anderer Berufung, Ver­wandtschaft oder Verbindung, wie sich das bei allgemeinen Diensten, auf Reisen, beim Beherbergen, auf Hochzeiten und bei anderen allge­meinen Beschäftigungen ergeben kann, wo einer ohne besondere An­liegen zum anderen kommt, dies alles sollen die Christen allen ihren Mitbürgern, Nächsten, Verwandten und Hinzukommenden, ja auch Juden und Heiden mit aller Treue er­zeigen und beweisen.

Von den Anlässen zum Ermahnen

Wo dann solche sind, die wohl zur Predigt, aber nicht zum Tisch des Herrn gehen, die sollen die Prediger und Ältesten gleichen Rats und glei­cher Maßen mit Vermahnen, Warnen und Anbieten christlichen Unterrichts dahin zu bringen versuchen, daß sie sich Christus dem Herrn ganz ergeben und daß sie, wenn dieser sich selbst, sein Leib und Blut, und das zum ewigen Leben im heiligen Sakrament mitteilt, diese himmlische Speise und dies Geschenk des ewigen Lebens doch nicht so verach­ten und meiden wollten zu ihrem ewigen Verderben.

Findet man dann, daß solche Leute wegen irgend eines Irrtums und nicht aus Verachtung das heilige Sakra­ment scheuen und vom Tisch des Herrn fernbleiben, die soll man freundlich unterrichten und einst­weilen dafür halten, wofür man etwa die Katechumenen gehalten hat, nämlich für Jünger des Christen­tums, in das sie sich aber noch nicht völlig ergeben haben.

Bei welchen aber Verachtung gespürt wird, die soll man doch ver­mahnen, sich von den Predigten nicht fernzuhalten, und sie allemal, sooft man hoffen kann, daß das fruchtbar ist, wieder und wieder ansuchen und an die milde Gnade des Herrn, auch an sein strenges Gericht erinnern, das er an allen Verächtern seiner Gnade üben wird. Jedoch solang diese in solcher Verachtung des hei­ligen Sakraments verharren, sollen die Christen sich auch gegenüber ihnen mit recht christlicher und besserlicher Abscheu vor ihrem ungöttlichen Tun als die erzeigen, denen es ein besonderer Schmerz und Leiden ist, daß sie vor der Gemeinschaft des ewigen Lebens in Christus Jesus eine so große Scheu haben. Doch soll diese Abscheu, wie zuvor zwar gesagt, allemal dermaßen ge­schehen, daß man doch gegenüber solchen Leuten überhaupt keinen Dienst, Hilfe oder Gemeinschaft un­terlasse, die man ihnen aus bürgerli­cher oder häuslicher oder irgend einer anderen rechtmäßigen Ver­wandtschaft oder Verbindung immer weiter schuldig ist und mit der man ihnen zur Besserung helfen könnte. Auch soll man allewege alle Mittel und Wege suchen und gebrauchen, sie zur Besserung zu vermahnen und anzureizen.

Wo dann solche sein werden, die wohl zur Predigt und auch zum Tisch des Herrn gehen, aber sträflich leben und in Stücken befunden werden, die jedermann für unrecht erkennt – denn man soll niemanden sonst zu genau untersuchen oder der Dinge wegen vornehmen, die vielleicht gut oder wenigstens ohne schweres Ärgernis und Verletzung des christlichen Glau­bens geschehen können -, da sollen abermals der Pfarrer und die zugehö­rigen Ältesten mit zeitigem Rat durch sich selbst oder andere, einzeln oder gemeinsam, wie sie es allemal als besserlicher erkennen können, solche Leute mit allem Ernst zur Bes­serung vermahnen und das, so oft und lang sie das mit Hoffnung auf Frucht tun können.

b. Vom Ausschließen

Wenn aber einer die Prediger und Äl­testen und so durch sie Christus und die Kirche weiter nicht hören und in seinem offenkundigen Argen verhar­ren wollte, dem sollen sie die Ge­meinschaft des Tisches Christi ab­sprechen und ihn wie für einen Heiden halten, doch dermaßen, wie oben beschrieben, daß ihm besserliche Hilfe und Gemeinschaft nicht versagt werde, solang ihn die Obrig­keit duldet. Sie sollen auch ein solchen nicht eher wieder zulassen, als er mit dem Sich-ergeben zur Bes­serung und auch mit tätlichem Bewei­sen der Besserung um Gnade und Verzeihung bei den Ältesten bittend angesucht hat.

Von den Anlässen zum Ausschließen

Es sind aber dies die Stücke, um deretwillen den Leuten, wenn sie darin über alles Vermahnen hinaus verhar­ren und die Kirche Christi, die sie davon zur Besserung vermahnt, weiter nicht hören wollen, die christli­che Gemeinschaft abzusprechen ist:

Erstlich: falsche Lehre treiben, welche eigentlich dem wahren Ver­ständnis göttlicher Schrift, wie wir es in der Konfession zu Augsburg kai­serlicher Majestät überantwortet haben, entgegen und zuwider ist, und wodurch die Leute vom reinen Glauben, auch von der Einigkeit und Gemeinschaft der Kirche zu Sekten und Rotten weggeführt werden.

Zum zweiten: auch andere Gotteslä­sterung mutwilliglich üben, es sei in ungeistlichem verächtlichem Reden von der Schrift und anderen göttli­chen Dingen oder auch in frevlem Fluchen und Schwören.

Zum dritten: sein Ehegemahl, Kind und Gesinde mit unleidlicher Unbillig­keit übel halten oder ihnen zu offen­baren Schanden und Sünden Ursache geben.

Zum vierten: den Eltern, Vorge­setzten und Oberen mit beharr­lichem Ungehorsam widerspenstig sein.

Zum fünften: gegen den Nächsten öf­fentlich und beharrlich Feindschaft tragen und üben und sich mit ihm nicht wollen versöhnen lassen.

Zum sechsten: den Nächsten mit of­fenkundiger Ungerechtigkeit ver­letzen und beschädigen, es sei an Ehre und gutem Namen durch fal­sches Verleumden und Nachreden oder auch durch öffentliches Schmä­hen und falsches Schelten oder an der Nahrung mit listigem Entziehen oder öffentlichem Rauben der äußeren Güter oder am Leib durch Schlagen, Gefängnis oder andere Pein und Beschwerung oder auch den Tod.

Und insbesondere: die Nächsten mit den geschwinden wucherischen Fi­nanzen wider alle Billigkeit und auch die Ordnung unseres gnädigen Fürsten und Herrn beschweren, es sei in allgemeinem Leihen, Kaufen und Verkaufen oder auch in Zinsen und Gulden.

Zum siebenten: öffentliche Unzucht treiben mit schändlichen Worten oder Werken oder dessen auch nur schweren Argwohn von sich geben und den nicht abstellen wollen.

Zum achten: mit Essen, Trinken und anderem äußerem Tun sich verruch­ter viehischer Unmäßigkeit schuldig machen.

Vom Verfahren beim Ausschließen

Welche nun in solchen öffentlichen und allen Christen höchst abscheulichen Lästern und Ärgernissen über alle Warnung und Vermahnung hinaus, die ihnen insbesondere durch Zeugen und von der Kirche genugs­am und überflüssig geschehen ist, verharren und die heilige Kirche Christi, ja in dieser Christus den Herrn selbst endlich verachten und nicht hören wollen, weil sich diese selbst öffentlich beweisen und be­zeugen, daß sie kein Teil noch Ge­meinschaft in Christus dem Herrn und seinem Reich haben, so sollen auch die recht geordneten Kirchen Christi solchen ihr Urteil verkünden und sie von der Gemeinschaft der Christen – doch dermaßen, wie oben gesagt – ausschließen und für Heiden und Unchristen halten, damit nicht solcher Sauerteig den ganzen Teig des christlichen Volkes versäuere und verderbe, und auch dazu, daß solche womöglich bei sich selbst durch solches Ausschließen und Meiden zuschanden und so desto eher zur Erkenntnis ihrer Sünden und zur Besserung bewegt und angeleitet werden.

Damit aber darin gegen niemanden unzeitig und so unbesserlich gehan­delt werde, soll man auch darauf sehen, daß keine Kirche jemandem den Tisch des Herrn und christliche Gemeinschaft eher abschlage, als dies durch den Superintendenten nach Erkenntnis der Sachen als recht und christlich erkannt und ausge­sprochen ist. Und wo man darauf hoffen könnte, daß solches den Ver­bannten oder den Kirchen zur Besse­rung dienen sollte, da könnte man den Superintendenten dahin rufen, wo einer zu bannen wäre, und ihn auch mit dem, der die Kirche, nicht hören wollte, reden und ihn vermah­nen lassen. Und wenn das bei ihm auch vergeblich sein sollte, ihn in den Bann aussprechen und verkünden lassen, doch im Beisein der Seelsor­ger und Ältesten dieser Kirche.

Durch diese soll alles Verbannen zur Zeit noch geschehen und nicht vor aller Gemeinde. Denn wir können nicht gedenken, daß es zur Zeit noch besserlich sein würde, jemanden vor der ganzen Gemeinde zu bannen; es wäre denn ein allzu großes und offen­bares Laster, worin einer ganz trotzig verharren wollte, als da ist öffentliche Gotteslästerung, Verkehrung christli­cher Lehre oder so ganz grobe, wüste Widerspenstigkeit gegen alles Gute, deretwegen Gott in seinem Gesetz geboten hat, die Leute ganz hinzu­richten. Es würde auch solches Bannen, obgleich es allein vor den Äl­testen geschähe, genugsam in der Gemeinde bekanntwerden, so daß darin ein jeder Gottseliger sich ge­genüber den Verbannten richtig würde zu verhalten wissen.

Dieses Verbannen aber, es gesche­he allein durch die Ältesten oder in der ganzen Kirche, soll allemal ge­schehen mit großer Tapferkeit und ganz ernstlicher Erinnerung an die Gewalt, die der Herr der Kirche gegeben hat, nämlich daß im Himmel soll gebunden sein, was so nach dem Wort und aus dem Geist Christi die Kirche auf Erden bindet usw. Matt­häus 16,18, Johannes 20.

Von den Folgen des Ausschließens

Wo jemand auch den Bann verachten und darin sterben würde, dem soll die Kirche zu seinem Begräbnis ihren be­sonderen Dienst, seine Leiche zur Erde zu bestatten, nicht mitteilen.

Damit aber dies Bannen der Kirche die Leute mehr zur Furcht und Scham über das sündliche lästerliche Tun bewege, ist die Obrigkeit aufgrund göttlichen und kaiserlichen Rechts schuldig, keinen solchen Verächter der Kirche und von Christus Verbann­ten zu irgend einem ehrlichen Amt oder Tun zu gebrauchen.

Wo dann etliche von solchen, die zum Tisch des Herrn gegangen sind, in die ganz groben Sünden fielen wie Mord, Ehebruch und dergleichen, auch wenn diese schon von der Obrigkeit gestraft und auch von ihrem Fall auf­gestanden wären, so sollen sie die Äl­testen dennoch zu ernstlicher Buße, auch der Kirche mit den Werken wahrer Besserung genugzutun und ihre wahre Reue zu beweisen, ver­mahnen und ihnen dazu eine be­nannte Zeit verordnen. Für diese Zeit sollen sie diese auf den Tisch des Herrn zu verzichten heißen, bis sie sie im Namen der Kirche als wahre Büßende wieder zu Gnaden des Herrn und zu aller Gemeinschaft der Christen aufnehmen können.

Es sollen auch die Seelsorger, Predi­ger und Ältesten darauf sehen, daß alle die, welche – wie zuvor gesagt – von den Christen für Heiden zu halten sind, nicht zu Paten bei der heiligen Taufe zugelassen werden. Ihre Kinder aber, weil diese mehr der Kirche als ihnen geboren werden, sollen ihre gläubigen Freunde oder von den Ältesten Verordnete zur Taufe bringen. Und wenn diese Kinder heranwachsen, so daß sie des Katechismus-Unterrichts fähig sind, sollen sie durch die Ältesten und auch durch Anhalten der Obrigkeit zum Katechismus-Unterricht gefordert wer­den. Ja, wo man mit christlichem Fug solche Kinder zu gottseligen Freun­den und Verwandten tun könnte oder zu anderen christlichen Leuten wie ihren Paten, Lehrmeistern oder anderen, wie man dafür Gelegenheit und bequeme Wege finden würde, bei denen sie auch zuhause christli­che Lehre, Zucht und Beispiel hätten, da sollen die Seelsorger, Pfarrer und Ältesten sich diese Kinder als Kinder Gottes und Glieder Christi getreulich lassen befohlen sein und sie zu diesem heiligen Vorteil und zur Bes­serung mit allem Fleiß fordern.

5. Von der Seelsorge bei verschiedenen Anlässen

Zum fünften soll die christliche Be­kanntschaft und Verwandtschaft aller Christen mit ihren Hirten und Seelsor­gern, auch das herzliche Ergeben in den Gehorsam des Evangeliums und zu christlicher Zucht auch damit ge­fördert werden:

a. Bei der Taufe

Wenn der Herr jemandem Kinder be­schert, sollen deren Väter oder Ver­wandte, denen solche Kinder vor allem befohlen sind, wo sie das können, selbst zu den Dienern des Wortes kommen und die so teuren Gaben Christi und den Dienst der Kirche bei der heiligen Taufe mit christlicher Demut begehren. Da sollen dann die Diener der Kirche solche Väter oder Verwandten fleißig erinnern an die Geheimnisse des hei­ligen Sakramentes, an das, was der Herr allda schenkt und wirkt, mit ge­treuer Vermahnung, solche Ge­schenke und Werke Christi für die Kinder mit wahrem Glauben und ge­bührender Andacht zu empfangen und sich für diese in allem Dienst und aller Zucht der Kinder dankbar zu er­weisen. Es sollen sie auch die Diener des Wortes fragen, was für Leute sie zu Paten gebeten haben. Und wo diese zu solchem heiligen Werk nicht tauglich, das ist: nicht gute Christen wären, die sich in aller Gemein­schaft Christi hielten in der Lehre, den Sakramenten und der christlichen Zucht, sollen die Diener des Wortes die Väter oder Verwandten der Kinder von ihrem Vorhaben, solche Leute zu Paten für die Kinder zu nehmen, freundlich abweisen. Und sie getreulich ermahnen, daß sie in allen Dingen bei den Paten und bei allem, was sie vor, bei oder nach der heiligen Taufe tun, darauf achten, daß sie sich durch keine Ungeschick­lichkeit oder Mißbrauch bei diesem heiligen Sakrament weder des Todes Christi schuldig machen, in welchen die Kinder durch die heilige Taufe be­graben, noch seines heiligen Blutes, mit dem sie von ihren angeborenen Sünden abgewaschen werden sol­len, sondern daß sie sich dabei in allem beweisen als die, die da wahr­lich glauben und wissen, daß ihre Kinder allda aus der Tyrannei des Satans und von allem fleischlichen und weltlichen Tun in das Reich Christi und zu wahrem himmlischen und göttlichen Wesen, Christus, unserem lieben Herrn, sollen eingeleibt und mit ihm bekleidet werden, so daß aller weltlichen Pracht und Üp­pigkeit nirgends tapferer und mit mehr Ernst widersagt und alle Heilig­keit und gottseliges Wesen nirgends eifriger und vollkommener bewiesen werden soll.

b. Beim Abendmahl

Den gleichen Ernst mit Berichtigen und Vermahnen sollen die Diener des Wortes auch gegenüber denen üben, die zum heiligen Tisch des Herrn gehen wollen. Diese alle sollen sie zuvor befragen und, wenn sie sie nicht auf andere Weise als genugsam unterrichtet und der Geheimnisse Christi recht verständig erkennen, freundlich unterweisen, vermahnen und trösten, damit sie diese Gemein­schaft Christi nicht ungebührlich und zum Gericht, sondern mit wahrem Glauben und christlicher Gebühr und zu ihrem ewigen Heil empfangen. Dieses Befragen, Unterrichten, Ver­mahnen und Trösten werden freilich alle die, denen gegeben ist, das heilige Sakrament zum Heil zu emp­fangen, mit aller Dankbarkeit und überhaupt nicht als Beschwerde oder menschliche Bürde aufnehmen; denn wir können ja zu diesen hohen und seligen Geheimnissen niemals genugsam erforscht, unterwiesen, vermahnt und zum Vertrauen auf die hohe Zusage des Herrn gestärkt werden. So sind auch solche Leute, die zum Tisch des Herrn gehören, alle ein Brot und ein Leib in Christus, haben die höchste und vertrauteste Gemeinschaft miteinander, erkennen und lieben auch die Diener des Herrn im Herrn über alles; deshalb haben sie wegen solcher Förderung ihres eigenen Heils und des Reiches Christi bei ihnen alle Lust und Liebe und gar keinen Unwillen oder Verdruß.

c. Bei Krankheit

So sollen die Diener des Wortes auch bei den Kranken ihren getreuen Fleiß aufwenden, die Gemeinschaft der Kirche und die ganze Ergebung unter das Joch Christi zu fördern und den teuren Schatz, die Absolution von Sünden, die der Herr der Kirche be­fohlen hat, wieder in ihre wahre Er­kenntnis, ihren Wert und christlichen Brauch zu bringen; denn dazu ist bei allen Kindern Gottes die Züchtigung des Herrn durch die Krankheit ein gutes förderliches Mittel und Anlaß.

d. Bei Trunksucht

Da der heilige Paulus auch die Trun­kenbolde unter die zählt, die zu bannen sind, aber leider in diesen Landen das Zutrinken so ganz allge­mein geworden ist, wird vonnöten sein, daß die Prediger allen Fleiß auf­wenden, damit sie dem armen Volk die Erkenntnis und Scheu dieser schweren verderblichen Sünde durch das Wort des Herrn erwecken und rocht ins Gewissen bringen. Dazu sollen sie, wie der heilige Augustinus weislich lehrt, die so schreckliche Rute und Plage des Herrn gebrau­chen, die er uns täglich zuschickt, und die noch viel schwerere Drohung durch Einfall der Türken, durch Pesti­lenz und allerlei Süchte, durch Teue­rung, ebenso durch zerstörtes elendes Regiment, durch die so ver­derbliche Zwietracht und Trennung deutscher Nation und, was das aller­grausamste ist, durch solch unerhör­ten Mißverstand, Spaltung, Hinfallen und Auslöschung der heiligen Reli­gion und wahren Gottesfurcht bei beiden: Jungen und Alten. Dies alles sind solche Strafen und Plagen des verdienten göttlichen Zorns, daß sie nicht allein von solchem ganz unsin­nigen und viehischem Laster der Völlerei, von allen Sünden und Gebre­chen zu der allerernstesten Bußfertigkeit gewaltig erwecken und treiben sollten alle, die auch nur glauben, daß ein Gott und ein zukünftiges Leben ist.

Deshalb sollen die Prediger neben Gottes Schelten und Verdammen, das sie wider dieses Laster in den Propheten und anderen Schriften vielfältig haben, die aufgezählten Plagen und den Jammer, sie mit höchstem Ernst recht anzusehen und zu bedenken, den Leuten allemal vor­halten und sie mit festem Anhalten zur Buße und Besserung vermahnen, ehe der Zorn des Herrn über uns alle so anbrenne, daß er uns ganz hin­werfe und ausrotte, wie er hiervor so oft nicht allein den Juden, sondern auch den Christen in vielen Landen getan hat, weil sie seine heilsame- Gnade so vergeblich aufgenommen und so verstockt über alles Strafen und Warnen hinaus in den offenkun­digen Lastern verharrt sind.

Es sollen die Prediger auch die Obrig­keit gar fleißig ermahnen, daß sie mit ganzem ernstlichen Festhalten an der Strafe helfe, die Erkenntnis dieser so schweren erschrecklichen Sünde neben dem Predigen den Leuten wieder ins Gewissen zu bringen und lebendig zu machen. Denn solch jäm­merliches Verwüsten nicht allein der teuren Gaben Gottes, nämlich des Trankes, sondern auch der Men­schen selbst an Gut, Leib und Seele, denen der Herr diese seine lieben Geschenke zu allem Guten erschaf­fen hat und mitteilt, könnte oder möchte uns ja nichts anderes als das allerschwerste Gericht und die grau­samsten Plagen bringen und über den Hals führen, wie sie bei allen Völkern je gehört worden sind, wo diesem so schändlichen, jämmerli­chen Übel bei dieser so herrlichen Of­fenbarung des heiligen Evangeliums und so vielfältiger Verwarnung zur Besserung, die uns Gott durch so vie­lerlei Ruten und durch Drohung noch schwererer Ruten täglich beweist, nicht sollte stattlich begegnet werden. Denn das gerechte Urteil Gottes über alle Völker ist je und je so ergangen und ergeht, wenn die Laster dahin gewachsen sind, daß sie keine Schande oder Strafe mehr haben, das Wort Gottes dagegen ver­achtet wird und die Obrigkeit die Strafe nachläßt. Alsdann erweckt der gerechte Gott wider solche ver­derbten Leute allemal über die Strafe der Teurung, der Pestilenz und aller­lei Jammer und Not hinaus entweder verderblichen . Aufruhr unter ihnen selbst oder aber fremde und grausa­me Feinde, die alles umkehren und verderben, oder die beiden Unglücke zugleich, bis er solche verstockten Sünder von der Erde ganz ausrottet.

e. Bei anderen Lastern

Gleichen Ernst sollen die Prediger auch aufwenden mit der Ver­mahnung an beide: das Volk und die Obrigkeit, um auch die schwere grau­same Gotteslästerung in die rechte Erkenntnis des Gewissens zu bringen, welche die Leute ohne alle Scheu in dem schrecklichen Fluchen und Schwören begehen. Darin nehmen sie mit höchster Schmach und Lästerung dem Herrn seine Macht, Kraft, Leiden, Marter, Blut, Wunden, sein heiliges Sakrament und was die verruchteste Gottlosig­keit noch erdenken kann, und daß er zum Heil der Menschen gelitten und gewirkt hat, und wünschen, daß es die Leute schände und verderbe. Diese Sünde und Gotteslästerung allein hätte längst verdient, daß uns der Herr all seine so reiche Güte und Gnade, die er uns durch sein heiliges Wort und andere teuren Gaben be­wiesen hat, gänzlich wegnähme und uns dagegen alle Plagen und ewiges Verderben zuschickte.

Den gleichen Ernst und Erinnerung sollen die Prediger gebrauchen und treulich üben wider alle Laster, die im Volk überhandnehmen und außer Scheu und Schande kommen wollen und ohne Strafe der Obrigkeit zuge­lassen werden.

Schluß: Von der Durchführung der Beschlüsse

Dieses ist nun das, was wir auf den ernsten Befehl des Herrn Gottes, auch unseres gnädigen Herrn und Landesfürsten und aus der schul­digen Pflicht unseres Amtes, auch auf Anweisung der heiligen apostoli­schen Schriften und Beispiele, die Seelsorge und den Hirtendienst statt­licher und besserlicher anzustellen und zu verrichten, zu Ziegenhain deshalb versammelt, bedacht und zusammengetragen haben. Dieses alles haben sich auch die würdigen, hochgelehrten, ehrenfesten, ehrsa­men, achtbaren und weisen Räte unseres gnädigen Fürsten und Herrn und die Gesandten der Städte gefal­len lassen und für christlich und nütz­lich erkannt. Desgleichen hat auch unser gnädiger Fürst und Herr getan, nachdem seine fürstlichen Gnaden dies alles gelesen und erwogen hat, der auch begehrt und von Herzen will, daß nach dieser Ordnung in allen Kirchen seiner fürstlichen Gnaden Landen und Gebiete mit aller Treue gelebt werde.

So wolle nun der Herr Jesus, das einzige Haupt seiner Kirche und der rechte Erzhirt und Bischof aller gläu­bigen Seelen, unserem gnädigen Fürsten und Herrn als dem Landes­fürsten, seinen Räten und Amtleuten samt den Dienern des heiligen Evan­geliums seine Gnade und seinen hei­ligen Geist reichlich mitteilen und ihnen solches Gemüt verleihen, daß jeder, was ihm gebührt, zu diesem so notwendigen heilsamen Dienst und Werk getreulich leiste, damit die Pfar­reien und Kirchen allenthalben im Fürstentum mit solchen verstän­digen, treuen, eifrigen und frommen Predigern und Ältesten, wie diese in der Ordnung beschrieben sind, be­stellt und versehen werden. Und daß diese so, wie hier oben aufgezählt, ihren Dienst an Jungen und Alten leisten, damit alle Menschen zu ihrem Heil mit höchstem Fleiß und Treue gesucht und zu christlicher Gemein­schaft gebracht und in dieser vor allem Irrtum und Sünden bewahrt und zu recht christlichem Leben in aller Heiligkeit, Gerechtigkeit und Gottse­ligkeit angeleitet, erhalten und täglich gebessert werden, damit bei uns und durch uns auch bei anderen sein gött­licher Name immer mehr geheiligt und sein seliges Reich erweitert werde und in aller Welt täglich mehr überhand nehme. Amen.

Dies sind die Namen derer, die zu Ziegenhain beieinander gewesen sind und sich auf diese christliche Zucht bedacht haben:

Magister Adam (Krafft, genannt:) Fulda, Superintendent zu Marburg

Doktor Trlomannus Schnabel, Superintendent zu Alsfeld

Johannes Kimeus, Superintendent zu Homberg

Gerardus Noviomagus, Professor der Theologie zu Marburg

Dionysius Melander, Pfarrer auf der Freiheit zu Kassel

Johannes Pistorius Niddanus, Pfarrer zu Nidda

Johannes Leningus, Pfarrer zu Melsungen

Daniel Greserus, Pfarrer zu Gießen

Theodorus Fabritius, Pfarrer zu Allendorf

Bartholomeus Grentzebach, Pfarrer zu Treysa

Gedruckt zu Marburg

Von Christian Zippert in den heutigen Sprachgebrauch übertragen.

Hier der Text als pdf.

Hinterlasse einen Kommentar