Einige tröstliche Ermahnungen bezüglich des heiligen göttlichen Wortes. D. Martin Luther 1530
Wenn uns wegen des Wortes Gottes Beschwerden, Trübsal und Verfolgung widerfahren, wie das heilige Kreuz es mit sich bringt, so sollen uns die nachfolgenden Gründe mit Gottes Hilfe tröstlich stimmen und uns ermutigen, in solchen Fällen getrost, mutig und mit gutem Herzen zu sein und die Sache Gottes gnädigem und väterlichem Willen zu überlassen und heimzustellen. Denn so sagt der heilige Paulus [2. Tim. 3, 12]: „Alle, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, müssen Verfolgung leiden.“ Und in den Apostelgeschichten [Apg. 14, 22]: „Durch viel Trübsal müssen wir in das Reich Gottes eingehen.“ Und in den Philippern [Phil. 2, 12]: „Schafft, dass ihr selig werdet mit Furcht und Zittern“ usw.
I. Zunächst sei gesagt, dass die Sache in der Hand dessen steht, der so deutlich sagt: [Joh. 10, 28]: „Niemand kann sie aus meiner Hand reißen.“ Auch Matthäus [Matth. 16, 18]: „Die Pforten der Hölle sollen meine Gemeinde nicht überwältigen.“ Und Jesaja [Jes. 46, 4]: „Ich will euch tragen bis ins Alter und bis ihr grau werdet; ja, ich will es tun, ich will heben und tragen und erretten.“
II. Es wäre auch nicht gut oder weise zu denken, dass die Sache in unserer Hand stünde, denn wir würden sie leicht verlieren.
III. Die tröstlichen Sprüche sind alle wahr und betreffen uns: [Ps. 46, 2]: „Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in großen Nöten, die uns treffen.“ So sagt der weise Sirach [Jes. Sir. 2, 11]: „Wer ist jemals zu Schanden geworden, der auf Gott gehofft hat?“ Und in den Makkabäern II: „Alle, die auf Gott vertrauen, werden erhalten.“ Auch: „Herr, du verlässt die [Ps. 9, 11] nicht, die dich suchen.“
IV. Es ist gewiss wahr, dass Gott seinen einzigen Sohn für uns alle gegeben hat [Röm. 8, 32]. Ist das wahr, was machen wir dann mit unserem leidigen Zagen, Sorgen und Trauern? Hat Gott seinen einzigen Sohn für uns alle gegeben, wie kann er uns dann in geringeren Angelegenheiten verlassen?
V. Gott ist viel, viel stärker, mächtiger und gewaltiger als der Teufel. Das sagt der heilige Johannes in [1. Joh. 4, 4] in seinem Brief, Kapitel IV: „Der in uns ist, ist größer und stärker als der, der in der Welt ist.“
VI. Wenn wir fallen, dann muss auch Christus, der allmächtige König der Welt, mit uns leiden. Und selbst wenn diese Sache zu Boden ginge, sollten wir lieber mit Christus zu Boden gehen, als mit der höchsten Gewalt auf Erden zu stehen.
VII. Die Sache liegt nicht allein auf unseren Schultern, sondern es gibt viele fromme, christliche Menschen in vielen Ländern, die mit herzlichem Seufzen und christlichem Gebet zu uns stehen und uns beistehen.
VIII. Wir haben viele reiche und tröstliche Verheißungen und Zusagen Gottes, die der ganze Psalter und alle Evangelien, ja die ganze Schrift voll sind. Diese sind keineswegs zu verachten, sondern sollen hochgehalten werden, [Ps. 55, 23], wie Psalm LV sagt: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen und wird den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe lassen.“ Psalm XXII: [Ps. 27, 14]: „Harre des Herrn, sei getrost und unverzagt, und harre des Herrn.“ Auch Christus selbst spricht in Johannes [Joh. 16, 33]: „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Ich weiß gewiss, dass Christus, der Sohn Gottes, die Welt überwunden hat. Warum fürchten wir uns dann vor der Welt als einem siegreichen Überwinder? Sollte man nicht einen solchen Spruch auf seinen Knien aus Rom und Jerusalem holen? Aber weil wir von der gleichen so viel haben, verachten wir sie. Das ist aber nicht gut.
IX. Auch wenn unser Glaube schwach ist, lasst uns ernstlich mit den Aposteln bitten, wie in [Luk. 17, 5]: „Herr, stärke unseren Glauben.“ Und wie der Vater des Kindes in [Mark. 9, 24] sagt: „Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben.“
X. Diese Sache war unter dem römischen Kaiser Maximinian, Diokletian und anderen, die die Christenheit schrecklich verfolgten und sie vollständig ausrotten wollten, zur Zeit von Johannes Hus und anderen viel größer und gefährlicher als in unserer Zeit.
XI. Auch wenn diese Sache groß ist, so ist auch der, der sie erregt, groß, ja der allmächtige Schöpfer Himmel und Erde, denn sie gehört nicht uns. Warum sollten wir uns da selbst ohne Unterlass quälen und letztendlich zu Tode martern?
XII. Ist diese Sache und Lehre falsch, warum leisten wir dann keinen Widerspruch? Ist sie aber rechtschaffen, wie sie ist, dann wird Gott leben und ewiglich bleiben. Warum verleumden wir Gott mit seinen vielfältigen, trostvollen, unwandelbaren und ewigen Verheißungen, die uns anweisen, in ihm guten Mutes und fröhlich zu sein? [Ps. 32, 11]: „Freut euch des Herren!“ Und [Ps. 145, 18.19]: „Der Herr ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn ernstlich anrufen. Er tut, was die Gottfürchtigen begehren, und hört ihr Schreien [Ps. 91, 14 –16] und hilft ihnen.“ Und [Ps. 91]: „Er begehrt mein, so will ich ihm aushelfen. Er kennt meinen Namen, darum will ich ihn beschützen. Ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren setzen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein Heil.“
XIII. Auch wenn wir uns sehr kümmern und sorgen, können wir mit unseren unnützen Sorgen nichts erreichen. Ja, wir plagen und quälen uns selbst und machen es damit nur schlimmer. Er will, dass wir ihn als unseren Gott und Vater in Christus erkennen, ihn in allen unseren Nöten anrufen und uns gewiss sein, dass er für uns sorgt. Petrus [Ps. 55, 23; 1. Petri 5, 7] spricht aus dem 55. Psalm: „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ Und Christus selbst sagt [Matth. 6, 31]: „Ihr sollt euch nicht sorgen.“
XIV. Auch der Teufel und seine Mitglieder können uns nicht mehr antun, als dass sie uns leiblich töten. Die Seele müssen und sollen sie uns unangetastet lassen, wie Christus sagt und die seinen tröstet: [Matth. 10, 28]: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht töten können.“
XV. Christus, unser lieber Herr und Heiland, ist einmal für die Sünde [Röm. 4, 25; 6, 10] gestorben, wie es in Römer 4 und 6, sowie in Hebräer [Hebr. 5, 3; 9, 28] geschrieben steht. Er wird künftig um der Gerechtigkeit und Wahrheit willen nicht mehr sterben, sondern lebt und herrscht als allmächtiger Herr über alle Kreaturen. Wenn das wahr ist, wie die Schrift beständig bezeugt, warum fürchten wir uns dann?
XVI. Auch wenn wir um Gottes Wort willen in die Drangsal gehen sollten, wenn es Gott so schickte, so würde der allmächtige, barmherzige Gott, der unser Vater um Christi willen ist, auch unserer Frauen und Kinder, Witwen und Waisen, ein freundlicher, gnädiger Vater und Haushalter sein und alles tausendmal besser aufrichten, als wir es in unserem Leben könnten.
XVII. Unsere Vorfahren hatten diesen hohen, edlen, teuren Schatz, nämlich den rechten, reinen Verstand des göttlichen Wortes, nicht, wie wir ihn jetzt (Gott lob!) reichlich haben. Und in der Zeit, da das liebe Wort kurz vor dem Jüngsten Tag wieder ans Licht kam, haben wir erlebt, welche unaussprechliche Wohltat uns widerfahren ist aus lauter Güte, Gnade und Gabe Gottes. Der selbe Gott wird auch nach uns Gott und Schöpfer sein und bleiben, wie er vor uns gewesen ist, und wird ein Häuflein sammeln und erhalten bis ans Ende der Welt, und wird nicht mit uns sterben noch aufhören, wie wir klein-gläubigen uns dünken lassen.
So dachte auch der Priester Eli, als die Philister den Juden die Lade Gottes abgenommen hatten, dass das gesamte Judentum mit Priestertum und Königreich zu Boden gehen würde. Als aber der Priester Eli zurückfiel und sich das Genick brach [1. Sam. 4, 18], stand das Königreich der Juden viel besser als zu seinen Lebzeiten.
Ebenso, als sich König Saul elend umbrachte, nachdem sein Volk gefallen war und seine drei Söhne in derselben Schlacht blieben [1. Sam. 31, 4. 9], was hätte man anderes denken können, als dass es nun ganz aus mit dem jüdischen Königreich wäre? Doch später, zur Zeit Davids und Salomons, erreichte es erst seine höchste Kraft und Herrlichkeit. Als die Papisten Johannes Hus 1416 auf dem Konzil von Konstanz verbrannten, triumphierten sie und hielten es für gewiss, sie hätten das Papsttum nun erst recht erhöht. Aber der Papst ist seitdem nie verächtlicher gewesen als von dieser Zeit an.
XVIII. Wir sind durch Gottes Wort gewiss versichert, dass es nach diesem elenden, vergänglichen Leben, in dem wir keinen Augenblick sicher sind, ein ewiges, seliges Leben und Reich geben wird. Andernfalls müssten wir das erste Gebot samt dem ganzen Evangelium und der heiligen Schrift auslöschen. Was brauchen wir einen Gott allein für dieses vergängliche Leben, in dem es den Menschen, die keinen Gott haben, am besten geht? Wenn es aber einen Gott gibt, wie alle frommen und gläubigen Herzen fest glauben und darauf leben und sterben, dann werden wir nicht nur hier für eine kurze Zeit, sondern dort, wo Er ist, ewig leben.
XIX. Das erste Gebot Gottes setzt unsere Kinder und Nachkommen in Gottes Schutz und Fürsprache, denn Gott sagt selbst: „Ich erzeige Barmherzigkeit in Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten“ [2. Mose 20, 6]. Diese hohen, trostvollen Worte der göttlichen Majestät glauben wir gerne. Und auch wenn der Glaube schwach ist, geben wir Gott die Ehre, dass Er das, was Er redet und verheißt, tun kann und will.
XX. Wenn uns Gott all das durch einen Engel verkündigen ließe, würden wir es gewiss nicht so leichtfertig verwerfen und verachten, wie wir es leider tun, wenn es uns durch das Wort überbracht wird. Aber selbst wenn wir der mündlichen Predigt nicht glauben wollten, sollten wir doch die Propheten, Christus selbst und die Apostel nicht verachten, die uns alle so reichlich mit Trostreden predigen, freundlich ermahnen und uns überschütten, wenn sie sagen: „Freut euch des Herren!“ [Ps. 32, 11], „Seid getrost und unverzagt, fürchtet euch nicht!“ [Ps. 62, 9], „Hofft auf den Herrn, schüttet euer Herz vor ihm aus“ [Ps. 107, 1; Joh. 16, 33], „Danket dem Herren“, „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ [Joh. 16, 33], „Der Herr ist nahe, sorgt euch um nichts!“ [Phil. 4, 5f.].
Wenn wir solchen mannigfaltigen göttlichen Trost nicht glauben, würden wir auch nicht glauben, wenn nicht nur einer, sondern viele Engel kämen und uns dies verkündeten.
XXI. Es ist gewiss wahr, dass wenn der Widersacher uns gleich alle erwürgen wollte, es Gott ihnen so verhänge, es ungestraft nicht bliebe. Eben der würde sie darum ansprechen [1. Mose 4, 9], der zu Kain sagte: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Sie würden fliehen und ihnen die Welt zu eng machen.
XXII. Man kann in dieser Sache, die Gottes Wort betrifft, nur getrost sein. Denn Christus, dessen sie ist, wird die Listen des bösen Teufels und die Tyrannei dieser argen, falschen Welt wohl [Matth. 10, 32] verteidigen und erhalten. Diejenigen, die ihn vor diesem bösen, ehebrecherischen Geschlecht bekennen und darüber viel leiden müssen, wird er vor seinem himmlischen Vater bekennen und sie ihres Leids in Ewigkeit erquicken. So sagt auch Gott selbst in [1. Sam. 2, 30]: „Wer mich ehrt, den will ich wieder ehren.“ Auch wenn die Wassermassen im Meer groß sind, viele Wellen emporheben und schrecklich brausen, als wollten sie uns jetzt alle ersäufen, so ist doch der Herr in der Höhe, der sein Reich angefangen hat, so weit die Welt ist, und hat dafür gesorgt, dass es bleiben soll, noch größer, ja allmächtig. Der wird es wohl hinausführen.
AMEN.
Darum wird nichts anderes daraus, wollen wir Christus haben, mit ihm ewig leben und herrschen, so [2. Tim. 2, 5] muss es zuvor gelitten sein.
Was wollen wir uns denn an den toten Götzen stoßen und wütend werden? Davon sagt der 2. Psalm, dass Gott im Himmel darüber lacht und spotte.
Da nun der ewige und allmächtige Kaiser, der Gott heißt und ewig bleibt, über sie lacht und spotte, warum sollten wir uns vor ihnen fürchten, traurig sein und weinen? Wahrlich, Gott verspottet sie nicht wegen seiner selbst; er bleibt wohl der, der im Himmel wohnt, für ihren Zorn. Sondern er will uns Trost geben, damit wir auch ein Herz und Mut fassen und alle ihre Angriffe verlachen sollen.
Darum wird es uns in dieser Sache allein notwendig sein, dass wir das glauben und in starker Zuversicht im Namen Christi bitten, dass Gott sein Reich aufgerichtet hat und sein Werk ist, dasselbe will er stärken. Denn er hat es ohne unser Zutun, Rat, Gedanken und Fähigkeiten erregt, auch bis hierher regiert, getrieben und erhalten. Ich zweifle auch gar nichts daran, er würde es gewiss an unserem Rat und Zutun hinausführen. Denn ich weiß (sagt Paulus) [2. Tim. 1, 12], an wen ich glaube. Ich bin auch gewiss, dass er mehr geben kann, über das, was wir bitten oder verstehen, herrlich und gewaltig helfen kann und will, und zwar dann, wenn die Not am heftigsten ist. Wir sollen Menschen und nicht Gott sein, uns seines Wortes trösten und auf seine Zusage getrost in der Not um Rettung anrufen; so will er helfen.
Das ist die Summe davon. Es wird doch nichts anderes daraus, oder ist ewige Unruhe unser Lohn. Da behüte uns Gott um seines lieben Sohnes, unseres Heilands und ewigen Priesters Jesus Christi willen.
AMEN.
Etliche troestliche vermanungen in sachen das heilige Goettliche Wort betreffend. D. Martinus Luther 1530
Wenn uns von wegen Gottes Worts beschwerung, truebsal und verfolgung vorfellet, wie denn das heilig creutz mit bringet, So sollen uns hernachfolgende ursachen mit Gottes huelffe billich troesten und bewegen, in solchem fall getrost, keck und guter ding zu sein und die sach Gottes gnedigem und Veterlichem willen zuergeben und heim zustellen. Denn also sagt Sanct Paul [2. Tim. 3, 12] II. Thi. III. ‘Alle, die Gotselig leben woellen in Christo Jhesu, muessen verfolgung leiden.’ Und Acto. XIIII: [Apg. 14, 22] ‘Durch viel truebsal muessen wir inn das Reich Gottes gehen’. Und Philip. II: [Phil. 2, 12] ‘Schaffet, das jhr selig werd mit furcht und zittern’ etc.
I. Zum ersten, das die sach in des hand stehe, der so deutlich sagen thar: [Joh. 10, 28] ‘Es kan sie niemand aus meiner hand reissen’, Joh. X, jtem Matth. XVI: [Matth. 16, 18] ‘Die pforten der hellen sollen meine Gemeine nicht uberweldigen.’ Und [Jes. 46, 4] Esaias LVI: ‘Jch wil euch tragen bis ins Alter und bis jhr graw werdet, ja ich wil es thun, Jch wil heben und tragen und erretten.’
II. So wer es auch nicht gut noch zu raten, das die sach in unser hand stuende, denn wir kuendten und wuerden sie liederlich verlieren.
III. So sind die troestlichen spruech je alle war und liegen uns nicht, Psal. [Ps. 46, 2] XXXVI: ‘Gott ist unser zuversicht und sterck, Eine huelffe inn den grossen noeten, die uns treffen.’ So sagt Syrach [Jes. Sir. 2, 11] der weise man: ‘Wer ist jemals zu schanden worden, der auff Gott gehoffet [1. Makk. 2, 61] hat?’ Und Machab. II: ‘Alle die auff Gott vertrawen, werden erhalten.’ Jtem: ‘Herr, du verlessest die [Ps. 9, 11] nicht, die dich suchen.’
IIII. So ist es je war, das Gott seinen einigen Son fuer uns alle dahin gegeben [Röm. 8, 32] hat, Rom. VIII. Jst das denn war, was machen wir denn mit unserm leidigen zagen, sorgen und trawren? Hat Gott seinen einigen Son fuer uns alle dahin gegeben, wie kuend ers denn ubers hertz bringen, uns in geringerm anligen zuverlassen?
V. So ist je Gott viel viel stercker, mechtiger und gewaltiger denn der Teuffel, so sagt Sanct Johannes in [1. Joh. 4, 4] seiner Epistel Cap. IIII: ‘der in uns ist, der ist groesser und stercker denn der inn der welt ist.’
VI. Gehen wir zu boden, so mus sich Christus, der Almechtige Koenig der welt, auch selbs mit uns leiden. Und wenn gleich diese sach zu boden [Bl. Aiij] gieng, so sollen wir doch viel lieber mit Christo zu boden gehen denn mit der hoechsten gewalt auff erden stehen.
VII. Das die sach nicht allein uns auff dem hals ligt, sondern es sind viel fromer Christliche leute in vielen landen, die mit hertzlichem seufftzen und Christlichen Gebet zu uns setzen und beystehen.
VIII. So haben wir je viel reiche und troestliche verheissunge und zusagung Gottes, derer der gantze Psalter und alle Euangelia, ja die gantze schrifft vol sind, die keines wegs zuverachten, sondern auff das hoechste zuhalten sind, [Ps. 55, 23] als psal. LV: ‘Wirff dein anligen auff den Herren, der wird dich versorgen, und wird den gerechten nicht ewiglich in unrug lassen.’ Psalm XXII: [Ps. 27, 14] ‘Harre des Herren, sey getrost und unverzagt und harre des Herren.’ Jtem Christus selbs spricht Johan, xvj: [27, 28] [Joh. 16, 33] ‘Seid getrost, ich habe die welt uberwunden.’
Es wird ia nicht falsch sein, das weiß ich fur war, das Christus der Son Gottes die welt uberwunden hat. Warumb fuerchten wir uns denn fur der welt als einem sieghafften uberwinder? Solt einer doch einen solchen spruch auff seinen knien von Rom und Jerusalem holen, Aber weil wir derselbigen so viel haben, so verachten wir sie. Das ist aber nicht gutt.
IX. Ob nu unser glaube schwach ist, so last uns allein ernstlich bitten mit [Luk. 17, 5] den Aposteln Luce xvij: ‘Herr, stercke uns den glauben.’ Und mit des kinds [Mark. 9, 24] vater Mar. ix sagen: ‘Jch gleube, Herr, hilff meinem unglauben.’
X. So ist diese sache unter dem Roemischen Keiser Maximiniano, Diocletiano und andern, so die Christenheit greulich verfolgten und sie gar auszurotten sich unterstunden, auch zur zeit Johannis Huss und anderer mehr viel groesser und fehrlicher gewesen denn bey unser zeit.
XI. Ob wol diese sach gros ist, so ist auch dagegen der, so sie erregt hat, auch fueret und treibt, gross, ja Almechtiger Schepffer himels und der erden, denn sie ist jhe nicht unser. Warumb wolten wir uns denn derhalben on unterlas peynigen und entlich zu tod martern?
XII. Jst diese sach und lehre falsch, warumb thun wir nicht einen widderspruch? Jst sie aber rechtschaffen, wie sie ist, so war Got lebt und ewiglich bleiben wirt, Was luegenstraffen wir denn Got in seinen manigfaltigen, troestlichen, unwandelbarn und ewigen verheissungen? der uns heisset in jhm guter ding und froelich sein, psal. xxxij: [Ps. 32, 11] ‘Frewet euch des Herren’, Und Psalm [Ps. 145, 18.19] cxlv: ‘Der Herr ist nahe allen, die jhn anruffen, allen, die jhn mit ernst anruffen. Er thut, was die Gottfuerchtigen begeren, Er hoeret jhr schreien [Ps. 91, 14 –16] und hilfft jnen.’ Und Psal. xcj: ‘Er begert mein, so wil ich jhm aushelffen. Er kennet meinen namen, darumb wil ich jhn schuetzen. Jch bin bey jhm in der not, Jch wil jhn heraus reissen und zu ehren setzen. Jch wil In settigen mit langem leben und wil im zeigen mein heil.’
XIII. Wenn wir uns gleich sehr bekuemmerten und sorgeten, so koennen wir doch mit unsern unnuuetzen sorgen nichts ausrichten, Ja plagen und marteren uns selbs und machens damit nur erger. Er will, das wir jhn fur unsern Gott und Vater in Christo erkennen, Jhn in allen unsern noeten anruffen und uns des gewis zu jhm versehen, das er fur uns sorge. Petrus [Ps. 55, 23, 1. Petri 5, 7] spricht aus dem lv. Psalm: ‘Alle ewre sorge werffet auff jhn, denn ehr sorget fur euch.’ Und Christus selbs spricht [Matth 6, 31] Matthei vj: ‘Jhr solt nicht sorgen.’
XIIII. So kan auch je der Teuffel und seine Gliedmassen nicht mehr thun, denn das sie uns leiblich toedten, die seele muessen und sollen sie uns unangetastet lassen, als Christus sagt und die seinen troestet. Matthei x: [Matth. 10, 28] ‘Furchtet euch nicht fur denen, die den leib toedten und die seel nicht koennen toedten.’
XV. So ist Christus unser lieber Herr und Heiland ein mal fuer die Suende [Röm. 4, 25; 6, 10] gestorben, Wie Roma. 4. und 6., Ebre, v. [Hebr. 5, 3; 9, 28] und ix. stehet geschrieben, wirt hinfurt umb der Gerechtigkeit und warheit willen nicht mehr sterben, Sondern lebet und herschet ein Almechtiger Herr uber alle Creaturn. Jst nu das war, wie die schrifft bestendiglich zeuget, was fuerchten wir uns denn?
XVI. Ob wir gleich umb Gottes Worts willen zu druemmern gehen sollen, wenn es Gott also schikete, so wuerde doch der Almechtige, Barmhertzige Gott, der unser Vater umb Christus willen ist worden, auch unser weiber und kinder, Widwen und weisen, freuntlicher, gnediger Vater und haushalter, schutz und schirm sein wil und alle sachen tausentmal besser auffrichten, denn wir bey unserm leben.
XVII. So haben je unsere vor eltern und vorfarn diesen hohen, Edlen, theuren Schatz, nemlich den rechten, reinen verstand Goettlichs worts nicht gehabt, wie wirs nu (Gott lob) reichlich haben und dieselbige zeit, da das liebe Wort kurtz vor dem Juengsten tage wider an tag bracht, erlebt, welche unaussprechliche wolthat uns wider farn ist aus lauter guete, gnade und gabe Gottes. Eben der selbige Gott wird auch nach uns Gott und Schepffer sein und bleiben, wie er vor uns gewest ist, und jhm ein heufflein samlen und erhalten bis an der welt ende, Und wirt nicht mit uns sterben noch auff hoeren, wie wir kleingleubigen uns duencken lassen.
Also dauchte den Priester Eli, da die Philister den Jueden die lade Gottes abgedrungen hatten, es wuerde das gantze Juedenthum mit Priestumb und Koenigreich zu boden gehen.
Als aber der Priester Eli zurueck fiel und den hals entzwey brach [1. Sam. 4, 18] j. Sam iiij., stunds umb der Jueden Koenigreich viel besser denn bey seinem leben.
Also, da der Koenig Saull sich selbs jemerlich erstach, da sein volck erlegt ward und seiner Soene drey in der selben schlacht blieben j. Sam. xxxj., [1. Sam. 31, 4. 9] [Bl. B1] Was kuende man anders gedencken, denn es were nu gar aus mit der Jueden Koenigreich? Aber hernach zu Davids und Salomonis zeiten kam erst zu seiner hoechsten krafft und herligkeit. Da die Papisten Johannem Huss zu Costnitz im Concilio Anno 1416 verbrant hatten, triumphirten sie und hielten es fur gewiss, sie hetten das Bapstumb nu erst recht erhoehet, Aber der Babst ist vor nie verechter gewesen denn eben von der selbigen zeit an.
XVIII. So sind wir je des durch Gottes Wort gewiss versichert, das nach diesem elenden, vergenglichen leben, des wir keinen augenblick sicher sind, wirt ein ewiges, seliges leben und Reich sein. Sonst muesten wir das erste Gebot sampt dem gantzen Euangelio und heiligen Schrifft austilgen. Dann was beduerffen wir eines Gottes allein um dieses vergengklichen lebens willen, in welchem es denen am aller besten gehet, die keinen Gott haben? Jst aber ein Gott, wie alle Gottselige frome hertzen gewiß und feste gleuben und darauff leben und sterben, So werden wir nicht allein hie eine kurtze zeit, sondern an dem ort, da Er ist, ewiglich leben.
XIX. So setzt je das Erste gebot Gottes unsere kinder und nachkommen in Gottes schutz und vorspruch, da Gott [2. Mose 20, 6] selbs sagt: ‘Jch erzeige Barmhertzigkeit in tausent gelied denen, die mich lieben und meine gebot halten.’ Diesen hohen, troestlich worten der Goettlichen Maiestet gleuben wir billich.
Und ob wol der Glaube schwach ist, gleichwol geben wir Gott die ehre, das, was Er redet und verheisset, koenne und woelle er auch thun.
XX. Wenn uns Gott dieses alles durch einen Engel verkuendigen liesse, so wuerden wirs freilich nicht so in wind schlahen und verachten, wie wir leider thun, wens uns durchs wort wirt furgetragen. Aber wenn wir gleich der muendlichen Predigt nicht gleuben wolten, so solten wir doch die Propheten, Christum selbs und Aposteln nicht verachten, welche uns alle so reichlich Predigen mit Trostreden, freundtlich vermanen und locken und gleich uberschuetten, [Ps. 32, 11] wenn sie sagen: ‘Frewet euch [5. Mose 31, 6] des Herren’, ‘Seid getrost und unverzagt, [Ps. 62, 9] Fuerchtet euch nicht’, ‘Hoffet auff den Herren, Schuettet Ewer hertz fuer [Ps. 107, 1, Joh. 16, 33] jhm aus’, ‘Dancket dem Herren’, ‘Seid getrost, ICH habe die welt uberwunden’, [Phil. 4, 5 f.] ‘Der Herr ist nahe, Sorget nichts’ etc.
Wenn wir nu solcher mannigfeltiger Goettlicher vertroestung nicht gleuben, so wuerden wir freilich auch nicht gleuben, wenn gleich auch nicht einer, sondern viel Engel kemen und uns dieses verkuendigten.
XXI. So ist gewislich war, wenn der widerteil uns gleich alle erwuergete, so es Gott jhnen also verhienge, Es wuerde ungerochen nicht bleiben. Eben der wuerde sie in kurtzem darumb ansprechen, [1. Mose 4, 9] der zu Cain sagte: ‘Wo ist dein Bruder Habel?’ sie feldtfluechtig und jhnen die welt zu eng machen.
XXII. Man sey in dieser sachen, Gottes wort belangend, nur getrost, Denn Christus, des sie ist, wird sie widder des leidigen Teuffels list und der argen falschen Welt Tyranney wol [Matth. 10, 32] verteidingen und erhalten und die, so jhn bekennen fuer diesem boesen, Ehebrecherischen geschlecht und drueber sich viel leiden muessen, wird er widerumb bekennen fur seinem Himlischen Vater und sie jres leids in ewigkeit ergetzen. So saget auch Gott selbs j. Samuelis [1. Sam. 2, 30] ij: ‘Wer mich ehret, den wil ich wider ehren.’ Ob nun wol die wasser strom im Mehre gros seind, viel wellen empor heben und grewlich brausen, als wolten sie uns itzt alle erseuffen, So ist doch der HErr in der hoehe, der sein Reich angefangen hatt, so weit die welt ist, und zugericht, das es bleiben sol, noch groesser, ja Almechtig, der wirds wol hinaus fueren.
AMEN.
Darumb so wird nu nichts anders draus, Wollen wir Christum haben, mit im ewig leben und herschen, so [2. Tim. 2, 5] mus es je zuvor gelitten sein.
Weil dem also ist, was woellen wir uns denn an der Todten Goetzen trotzen und wueten Keren? Von welchen [Ps. 2, 4] der ij. Psalm sagt, das Got im Himel jhr lache und spotte.
Weil nu der Ewig und Almechtig Keiser, der Gott heisset und ewiglich bleibet, jhrer lachet und spottet, Warumb solten wir uns vor jhnen fuerchten, trauren und weinen? Warlich, Gott spottet jrer jhe nicht von seinet wegen, Er bleibet wol als der im Himel wonet fur jhrem zorn, Sondern uns zu trost, das wir auch ein hertz und mut fassen und alle jhre anschlege verlachen sollen.
Darumb wird uns in dieser sachen allein von noeten sein, das wir solches gleuben und in starcker zuversicht im namen Christi bitten, das, wil Got sein Reich auffgericht hat und sein werck ist, dasselbe wolt stercken. Denn ers ja on alle unser zuthun, Ratt, gedancken und furnemen erregt, auch biss anher regiert, getrieben und erhalten hat, Jch zweiffel auch gar nichts, er wuerde es gewislich an unsern Ratt und zuthun hinaus fueren. Denn ich [2. Tim. 1, 12] weis (sagt S. Paulus), an wen ich gleube. Bin auch gewis, das er kan mehr geben, uber schwencklicher thun, raten und helffen, denn wir bitten oder verstehen. Er heisst HErr, der wunderbarlich, [Eph. 3, 20] herrlich und gewaltiglich helffen kan und wil und eben denn, wenn die not am hefftigsten ist. Wir sollen menschen und nicht Gott sein, uns seines Worts troesten und auff seine zusage getrost in der not umb rettung jhn anruffen, so wil er helffen.
Das ist die Summa darvon, Es wirt doch nichts anders draus, Odder ist Ewige unruge unser lohn. Da behuete uns ja Gott fuer umb seines lieben Sons, unsers Heilands und Ewigen Priesters Jesu Christi willen,
AMEN.
WA 30-II, S. 700-710.