Was wir glauben und was wir nicht glauben (Wat wij wel en wat wij niet geloven). Holländisches Bekenntnis gegen die nationalsozialistische Rassenideologie und den Antisemitismus (1941): „Wir glauben und bekennen, dass Gott von alters her das Volk Israel erwählt hat, um Seine Offenbarung zu empfangen bis zur Erscheinung Jesu, des aus diesem Volk geborenen Messias. Diese Berufung hat Israel durch eine Tat von Gottes unergründlicher, freier Gnade empfangen, denn an sich war Israel nicht besser, würdiger oder geeigneter als die anderen Völker. Aber diesem Volk hat der Herr Sein Wort anvertraut, damit alle, die zu Gott kommen, ‚in Israel eingepfropft‘ werden. Daher halten wir den Antisemitismus für etwas weit Schlimmeres als eine unmenschliche Rassenideologie. Wir halten ihn für eine der hartnäckigsten und tödlichsten Formen des Widerstands gegen den heiligen und barmherzigen Gott, dessen Namen wir bekennen.“

Was wir glauben und was wir nicht glauben (Wat wij wel en wat wij niet geloven, 1941)1

Der Text, den Sie hier abgedruckt finden, ist eine Art Bekenntnis, wie es unter dem Druck und der Bedrohung des totalitären Staates in den Herzen vieler Christenmenschen geweckt wurde. Auch diejenigen, die sich nicht Christen nennen wollen oder können, haben in letzter Zeit wohl eine Ahnung davon, dass Grundelemente des christlichen Glaubens auf dem Spiel stehen. Aber welche eigentlich? Eine Antwort darauf hängt von unserem Verständnis sowohl vom Wesen des totalitären Staates als auch von einer Christus-bekennenden Kirchengemeinschaft ab. Im Folgenden wird positiv und direkt dargelegt, worum es geht und warum es noch weit mehr darum gehen wird. Daneben steht, als notwendige Kehrseite, was verworfen werden muss. Es ist möglich, dass „nichtkirchliche“ Menschen all dies nicht sofort verstehen und sicherlich nur schwer direkt wertschätzen können. Wichtig wäre jedoch bereits, wenn beim Lesen dieses Stückes eine Ahnung in unserem gesamten Volk entstehen würde – die Ahnung, dass wirklich letzte und einfachste Wahrheiten entweder bekannt oder verworfen werden müssen. Wir hoffen, dass durch die Darlegung „was wir glauben und was wir nicht glauben“ vielen die Augen geöffnet werden – wenn nicht für die Herrlichkeit des Glaubens, so doch für die Bedeutung und Konsequenz des Glaubens und seiner durchdringenden Kraft in den praktischen Fragen, wie Recht, Freiheit, Menschlichkeit, der richtige Staat, die Ehre und die Würde des Einzelnen verteidigt, gerechtfertigt und hoffentlich für uns und unsere Kinder sowie das wiederhergestellte Vaterland bewahrt oder wiedergewonnen werden können.

I

Wir glauben und bekennen, dass Gott, Sein heiliger Wille und Seine barmherzige Liebe allein in Jesus Christus erkannt wird, der zur Versöhnung und Erlösung der Welt erschienen ist. Er hat gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich“ (Joh. 14, 6).

Daher glauben wir nicht, sondern verwerfen es als verderbliche Irrlehre, dass es irgendeine richtige Erkenntnis Gottes, Seines Willens oder Seiner Absicht geben könnte, die außerhalb der Offenbarung in Christus steht, wie sie uns die Heilige Schrift bezeugt. Wir glauben nicht, dass der Gott, den wir bekennen, aus der Natur, der Geschichte oder den gegenwärtigen Weltereignissen oder aus der Eingebung des Gewissens erkannt werden könnte. Wir glauben nicht, dass die Stimme des Blutes die Stimme unseres Gottes ist. Denn wir glauben, dass unser Gott sich ein für alle Mal in Seinem Wort kundgetan hat, das ist in Seinem Sohn, Jesus Christus, unserem Herrn. Nur in der Stimme dieses unseres guten Hirten erkennen wir die Stimme unseres Gottes.

II

Wir glauben und bekennen, dass der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus in Seiner Weisheit, Liebe und Güte alle Dinge geschaffen hat. Alles, was ist, ist Sein Eigentum. Und wir, Seine Geschöpfe, sind Ihm Rechenschaft schuldig für das Leben, das Er uns durch Seine Liebe gegeben hat.

Daher glauben wir nicht, sondern verwerfen es als tödliche Irrlehre, dass etwas Geschaffenes an die Stelle des Schöpfers treten könnte, sei es Mensch oder Macht, Ereignis oder Ding. Wir glauben nicht, dass etwas oder jemand die Ehre empfangen könnte, die wir allein unserem Schöpfer schulden. Vielmehr halten wir daran fest, dass die Rechenschaft, die wir Ihm schulden, jede andere Verantwortung gegenüber Ihm untergeordneten Mächten einschließt und gegenüber Ihm feindlichen Mächten ausschließt.

III

Wir glauben und bekennen, dass unser Gott durch Seine geduldige Vorsehung noch immer alle Dinge erhält und uns, sündige Menschenkinder, Tag für Tag, Jahr für Jahr, Jahrhundert um Jahrhundert trägt – gemäß der Gnade, die Er uns erweisen will. Wir glauben, dass Gott in einer wunderbaren und unbegreiflichen Geduld den Menschen auf dieser Erde Raum und Zeit gewähren will, um die Offenbarung Seiner Barmherzigkeit anzunehmen und zu erleben. Und wir halten dies für den wahren Segen Seiner Güte.

Daher glauben wir nicht, sondern verwerfen es als tödliche Irrlehre, dass Erfolg in diesem irdischen Leben gleichbedeutend sei mit dem Segen unseres Gottes, und dass Niederlage ein Beweis für unsere Verwerfung oder das Gericht sei. Die Heilige Schrift hält uns vor Augen, dass Wohlstand in diesem Leben den natürlichen Menschen in seinem Widerstand gegen Gott bestärken kann und ein Fluch für einen Menschen oder ein Volk sein kann. Wir glauben, dass wir, ob in Wohlstand oder in Widrigkeit, unser Vertrauen in unseren Vater bewahren dürfen und dass wir niemals genug dankbar sein können für die Gabe dieses Lebens, das uns gegeben wurde, um Christus zu erkennen, Ihm zu dienen und Raum für Sein Reich zu schaffen.

IV

Wir glauben und bekennen, dass Gott von alters her das Volk Israel erwählt hat, um Seine Offenbarung zu empfangen bis zur Erscheinung Jesu, des aus diesem Volk geborenen Messias. Diese Berufung hat Israel durch eine Tat von Gottes unergründlicher, freier Gnade empfangen, denn an sich war Israel nicht besser, würdiger oder geeigneter als die anderen Völker. Aber diesem Volk hat der Herr Sein Wort anvertraut, damit alle, die zu Gott kommen, „in Israel eingepfropft“ werden.

Daher glauben wir, dass wer sich gegen Israel stellt, sich auch gegen den Gott Israels stellt. Denn zwar ist Israel ungehorsam gewesen und hat das Wunder seiner Berufung verachtet, als es den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt hat. Und zwar hat Gott damals für eine Zeit und teilweise eine Verhärtung über Israel gelegt, aber in diese Sache zwischen Gott und diesem Volk darf sich niemand eigenmächtig und überheblich einmischen. Alle, die nicht aus Israel stammen, sollen vielmehr in Israel das Zeichen der freien göttlichen Erwählung und das Zeichen des allgemein menschlichen Ungehorsams erkennen. Und alle, die aus Israel stammen, werden ihre Bestimmung finden, wenn sie sich zum Messias bekehren. Dann wird erfüllt werden, was der Apostel sagt: „Wenn die Fülle der Heiden eingegangen ist, wird ganz Israel gerettet werden“ (Röm. 11,25f).

Daher halten wir den Antisemitismus für etwas weit Schlimmeres als eine unmenschliche Rassenideologie. Wir halten ihn für eine der hartnäckigsten und tödlichsten Formen des Widerstands gegen den heiligen und barmherzigen Gott, dessen Namen wir bekennen.

V

Wir glauben und bekennen, dass zu der von Gott bestimmten Zeit aus dem Volk Israel der Retter der Welt, der Erlöser Israels und der Heiden geboren wurde: Jesus Christus, Gott und Mensch, Gottes und Marias Sohn. Wir glauben, dass Er für uns und an unserer Stelle das Gericht Gottes über unsere Sünde getragen hat und dass wir in Ihm Vergebung und Gerechtigkeit vor Gott empfangen haben. Er, der Gott und Mensch in sich vereint, hat Gottes Zorn über die Sünde auf sich genommen, Gottes Freispruch für uns erwirkt, uns die ewige Liebe Gottes offenbart, die Feindschaft in unseren Herzen gegen Gott beseitigt und uns in Seine Gemeinschaft aufgenommen. Durch Seinen Tod und Seine Auferstehung hat Er uns als Sein Eigentum erkauft. Jetzt ist Er unser Herr, und nicht nur unser Herr, sondern der Herr aller Völker, denn Ihm ist alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben. [Mt. 28,18] Er ist es, der dereinst alle Menschen richten wird nach Seinem Evangelium.

Deshalb glauben wir nicht, sondern verwerfen als tödlichen Götzendienst, der die schlimmste Tyrannei nach sich zieht, dass irgendetwas oder irgendjemand anderes in totalem Sinne „Herr“ über uns sein oder eine „totale Macht“ über uns ausüben könnte. Leib und Seele, also unser gesamtes Sein, gehören Jesus Christus. Daher glauben wir auch nicht, dass die Herrschaft dieses beauftragten Herrn sich allein auf die Seele beschränkt, sodass eine andere Instanz (der Staat, das Volk oder ein Führer) ein absolutes Recht über den Leib beanspruchen könnte. Der Gehorsam gegenüber unserem Heiland Jesus Christus hat Vorrang vor und steht über jedem anderen Gehorsam, auch über jedem rechtmäßigen Gehorsam (insbesondere gegenüber Eltern und Obrigkeiten).

VI

Wir glauben und bekennen, dass Gott, der Vater, und der Sohn den Heiligen Geist über Menschen, die „Fleisch“ sind, ausgegossen haben. Durch diesen Geist werden wir aus unserem Unglauben zum Glauben befreit, aus der Ungehorsamkeit zur Heiligkeit und aus dem Götzendienst zurückgerufen zur Verherrlichung Gottes. Der Geist Gottes lässt uns das Evangelium der Gnade zum Heil verstehen, vereint uns mit Christus, unserem Heiland, und stärkt uns zum Gehorsam des Glaubens. Ohne diesen Geist, den Geist Christi, sind wir unfähig zu jeglichem Guten und stets geneigt, uns gegen Gott und Sein Wort aufzulehnen. Aber der Heilige Geist bewahrt uns in Seinem Erbarmen bei dem Wort, in dem unser Leben und unsere Gerechtigkeit liegen, und führt uns durch dieses irdische Leben bis zum Tag der Wiederkunft unseres Heilands.

Deshalb glauben wir nicht, sondern verwerfen als tödlichen Irrtum, dass es außerhalb der Ausgießung des Geistes Christi ein Verständnis des Heils oder eine wahre Heiligung geben könnte. Wir glauben nicht, dass in einem Volk ein wahrhaft neuer Geist geboren werden kann ohne das Wirken des Heiligen Geistes. Wir glauben nicht, dass von der „Wiedergeburt“ des niederländischen Volkes gesprochen werden darf, wenn es dabei um die Einführung einer neuen Ideologie geht, die unvermeidlich nur von Jesus Christus ablenken kann. Denn der Heilige Geist, der uns zur Wiedergeburt zum Leben in Gehorsam gegenüber Christus führt, hat nach den Worten des Heilands die Aufgabe, von Christus zu zeugen, Ihn zu verherrlichen und „aus dem Seinen zu nehmen“ [nach Joh. 16,15].

VII

Wir glauben und bekennen, dass Jesus Christus aus der gesamten Menschheit Seine Kirche zusammenruft, um in der Welt von Ihm zu zeugen durch die Verkündigung des Evangeliums. Dies ist die Gemeinde derer, die selbst die Predigt der Vergebung der Sünden gehört und angenommen haben und nun berufen sind, in der Welt die Botschaft von der Vergebung zu bezeugen. Es ist die Gemeinde derer, die den Gehorsam gegenüber Christus suchen und berufen sind, denselben Gehorsam von allen zu fordern. Denn der Herr der Kirche ist der Herr der Welt. Sein Evangelium gilt allen Bewohnern der Erde.

Deshalb glauben wir nicht, sondern verwerfen als äußerst schädlichen Irrtum, dass irgendetwas oder irgendjemand der Kirche im Wege stehen darf, wenn sie allen die Vergebung predigt und von allen den Gehorsam gegenüber Christus fordert. Wir glauben nicht, dass es irgendjemandem auf dieser Welt zusteht, der Freiheit der Evangeliumsverkündigung Grenzen zu setzen oder die Freiheit zum Gehorsam einzuschränken. Wir glauben nicht, dass innerhalb der Kirche Jesu Christi irgendeine Unterscheidung nach Rassen gemacht werden darf, da der Herr der Kirche und der Welt den Auftrag gegeben hat, das Evangelium allen Völkern zu verkündigen und sie zu taufen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

VIII

Wir glauben und bekennen, dass das Recht, das Gott über uns hat, und die Gnade, die Er uns erweisen will, uns zuerst in der Heiligen Taufe bezeugt und versiegelt werden. Darin wird uns die Vergebung der Sünden verkündet und verheißen, noch bevor wir selbst wissen, dass wir sie brauchen. Gottes Gnade ist unserer Sünde vorausgegangen, und unsere Bestimmung zum ewigen Reich wird uns so von Beginn unseres Lebens an offenbart. So wissen wir uns in diesem Leben und aus diesem Leben heraus berufen zum Leben in der Gnade und zum Dienst an Gott.

Deshalb glauben wir nicht, dass es irgendjemandem oder irgendetwas anderem zusteht, ein Menschenkind vor seiner Mündigkeit für sich zu beanspruchen. Gott allein hat ein absolutes Recht über uns und kann deshalb, bevor wir zum Verstand gelangen, Sein Anrecht auf uns geltend machen. Daher meinen wir, dass politische Organisationen oder Parteien, die Kinder in ihre weltanschauliche Propaganda einbeziehen, das alleinige Recht Gottes missachten. Die Verantwortung für die Erziehung der Kinder liegt zunächst bei den Eltern, die ihr Kind zur Taufe gebracht haben, und weiterhin bei der Kirche Jesu Christi, zu der auch die Kinder berufen sind.

IX

Wir glauben und bekennen, dass Jesus Christus das Heilige Abendmahl eingesetzt hat, damit sich Seine Gemeinde darum versammeln möge zur bekennenden Erinnerung an Sein Leiden, Seinen Tod und Seine Auferstehung. Dort bekennen wir uns als Sünder, die von Vergebung leben müssen. Dort bekennen wir uns als Begnadigte, die ihr Heil im Kreuz unseres Heilands finden. Denn dort bekennen wir Ihn, der sich für uns und an uns hingegeben hat. So wird die Gemeinde wahrhaft geeint durch den Bund eines Glaubens und eines Bekenntnisses, verbunden zur echten brüderlichen Liebe. Wo wir das Sakrament dankbar feiern als Zeichen und Siegel der uns erwiesenen göttlichen Liebe, werden wir zugleich zur Liebe untereinander und zu allen Menschen erweckt.

Darum glauben wir nicht, sondern halten es für eine der verderblichsten Versuchungen unserer Zeit, dass es zu entschuldigen wäre, wenn wir uns von – wenn auch verständlichen – Gefühlen des Hasses mitreißen ließen, die drohen, übermächtig zu werden. Wir müssen unsere Gefühle in die Gefangenschaft des Gehorsams gegenüber Jesus Christus bringen. Er hat uns als Unwürdige geliebt und ist für uns als Sünder gestorben. In Seiner Nachfolge sind wir berufen, unsere Feinde zu lieben. Die große Aufgabe des Rechts in der Gesellschaft wird durch eine rechtmäßige Obrigkeit vertreten. Sie wird nicht durch ungezügelte und ungeordnete Ausbrüche von Hass und Rache gefördert.

X

Wir glauben, dass das Menschengeschlecht „aus einem Blut“ erschaffen ist [Apg. 17:26], aber dass durch das Gericht über den Hochmut der Menschen die Einheit der menschlichen Gemeinschaft zerbrochen wurde in eine Vielzahl verschiedener Völker, die, obwohl sie zusammengehören, voneinander entfremdet sind (Gen. 11). Doch hat uns Gottes Geduld die Möglichkeit eines gewissen Zusammenlebens auf dieser Erde belassen. Wir gehören zu einem Volk, mit dem wir durch gemeinsame Herkunft, Sprache, Kultur und eine geteilte Geschichte verbunden sind. Diesen Segen dürfen wir als Gabe von Gottes fürsorglicher Güte empfangen, die nicht wollte, dass wir völlig allein, schutzlos und rechtlos auf der Welt wären.

Darum glauben wir nicht, sondern verwerfen als eine der schwerwiegendsten Irrlehren unserer Zeit, dass jedes Volk eine besondere Idee Gottes darstellen würde und dass der Geist Christi in jedem Volk eine eigene Gestalt annehmen wolle. Wir verwerfen als antichristliche Lehre, dass alle Dinge dem Wohl des Volkes untergeordnet werden müssten. Und wenn gelehrt wird, dass das Wohl des Volkes bestimmen soll, was Recht und Unrecht ist, halten wir dies für die Zerstörung allen Rechts und die Sanktionierung jedes Unrechts und somit für die völlige Umkehr dessen, was Gott beabsichtigt hat, als Er uns die Möglichkeit des Zusammenlebens in der Volksgemeinschaft schenkte und ließ.

XI

Wir glauben, dass Gott der Obrigkeit den Auftrag gegeben hat, die Ordnung im Leben eines Volkes zu bewahren, Recht und Rechtsicherheit zu garantieren, die Bösen zu bestrafen und die Guten zu schützen. Wir glauben, dass die Obrigkeit von den Untertanen Gehorsam verlangen darf in allen Dingen, die recht und billig sind, und dass umgekehrt die Untertanen von der Obrigkeit erwarten dürfen, dass sie wirklich Recht übt gemäß dem Auftrag, der ihr gegeben ist. Wir glauben, dass auch die Obrigkeit ihrerseits untertan ist, nämlich dem Herrn aller Dinge: Jesus Christus, in dessen Gnade sie regiert. Wir glauben, dass auch die Obrigkeit Ihm Rechenschaft schuldig ist und dass es daher auch Gehorsam gegenüber Christus bedeuten kann, in bestimmten Fällen der Obrigkeit ungehorsam zu sein. Denn man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen [Apg. 5,29].

Darum glauben wir nicht, sondern verwerfen als tödlichen Irrtum, der zahllose Menschen von Jesus Christus entfremden könnte, dass die Obrigkeit jemals eine absolute Macht über ihre Untertanen haben dürfte. Wir glauben nicht, dass die Obrigkeit die Macht oder Befugnis hat, etwas zu verordnen, das den Geboten Christi, des Herrn der Welt, widerspricht. Wir glauben, dass die Obrigkeit in solchen Fällen nicht nur die Grenzen ihres Auftrags überschreitet, sondern sich sogar in ihr Gegenteil, in anarchistische Tyrannei, verwandelt. Der Ungehorsam gegenüber einer solchen Obrigkeit in Dingen, die uns das Wort Gottes verbietet, ist eine Verherrlichung dessen, dem wir über alles hinweg Gehorsam schulden. Die Christen nehmen dann das Leiden um des Evangeliums willen an.

XII

Wir glauben und bekennen, dass wir das Königreich Gottes erwarten, einen neuen Himmel und eine neue Erde, auf denen Gerechtigkeit wohnt [2. Petr. 3,13]. Wir glauben, dass dieses Königreich in Jesus Christus gekommen ist, jetzt aber noch verborgen ist und erst offenbar werden wird, wenn Er in Herrlichkeit wiederkommt, um die Lebenden und die Toten zu richten. Wir glauben, dass wir in diesem kurzen irdischen Leben – „es wird hier bald vorbei sein“ – die praktischen Konsequenzen dieser Erwartung annehmen müssen, indem wir täglich nach der Gerechtigkeit streben, die wir im kommenden Königreich erwarten. Denn unser Herr Jesus Christus hat gesagt: „Suchet zuerst das Königreich Gottes und seine Gerechtigkeit, und alles andere wird euch hinzugefügt werden“ [Mt. 6,33].

Darum glauben wir nicht, dass irgendein anderes Reich uns auf dem Weg zum ewigen Reich daran hindern darf, nach Gerechtigkeit und Gehorsam zu suchen. Wir verwerfen als tödlichen Irrtum, dass das Reich Gottes sich nur auf die Seele und die Ewigkeit beschränken würde und dass irgendein anderes Reich uns ganz für dieses irdische Leben in Anspruch nehmen dürfte. Denn wie könnten wir einst vor dem Richterstuhl Christi eine Gerechtigkeit erwarten, die wir hier auf Erden nicht gesucht haben?

Wir glauben und bekennen, dass die Zukunft in der Hand von Jesus Christus liegt. Wir erwarten den Tag, an dem Er kommen wird, um die Lebenden und die Toten zu richten. Dann wird Er Seinem bedrängten und elenden Volk Hilfe bringen, und Er wird alle rechtfertigen, die keine andere Gerechtigkeit haben als Ihn, den Herrn, unsere Gerechtigkeit. An jenem Tag wird offenbar werden, dass die Sache der christlichen Gemeinde, auch wenn sie auf dieser Erde fast ausgelöscht erscheint, die gerechte und heilige Sache des Sohnes Gottes selbst ist. Darum glauben wir, wie das apostolische Wort sagt, dass die Leiden dieser gegenwärtigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegen die Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll [Röm. 8,18]. Dann wird das Reich Gottes gekommen sein, der neue Himmel und die neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. Alle Ungerechtigkeit wird letztendlich und vollkommen überwunden sein, und aus jedem Geschlecht, jeder Sprache, jedem Volk und jeder Nation werden wir kommen, um Gott zu loben und zu preisen.

1 Text eines 1941 verfassten und verbreiteten illegalen Schriftstücks, dessen Wurzeln in einem Vorkriegstext liegen, der von dem sogenannten Lunterner Kreises (Lunterse Kring) unter anderem durch Jan Koopmans erstellt wurde und auch als Amersfoorter Thesen (Amersfoortse Stellingen) bekannt ist. Dieses Schriftstück lehnt sich an die berühmten Barmer Thesen an, setzt jedoch andere Akzente und hat einen deutlich politischeren Ton, insbesondere in Bezug auf Antisemitismus und Judenverfolgung. Die Urheberschaft des Textes von 1941 ist unklar, doch wird vermutet, dass Jan Koopmans, Kleijs H. Kroon und Kornelis Heiko Miskotte daran beteiligt waren.

Hier der Text als pdf.

Hier die niederländische Originalfassung.

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