Warum die Jahreslosung 2025 „Prüft alles und behaltet das Gute“ im Hinblick auf das Evangelium Jesu Christi missverständlich ist
Ich habe meine Schwierigkeiten mit der Jahreslosung 2025: „Prüft alles und behaltet das Gute.“ Problemlos lässt sie sich in die Reihe guter Vorsätze zum Jahresbeginn einreihen, womit sie sich jedoch dem Evangelium verschließt. Wie bei jedem biblischen Losungswort ist eine Jahreslosung aus einem Textzusammenhang herausgenommen unter der Maßgabe, dass deren Worte für sich gelesen an- und zusprechend sind. Und dies scheinen ja gerade die Worte von 1Thessalonicher 5,21 zu sein; sie lesen sich so eingängig und allgemeingültig, dass ich sie morgen beim städtischen Neujahrsempfang zur Sprache bringen werde, ohne damit irgendwelche religiösen oder nichtreligiösen Gefühle zu verletzen.
Im Kontext der Mahnungen am Ende des ersten Briefes an die Thessalonicher, die ja als eigene Predigtperikope (1Thess 5,14-24) für den 14. Sonntag nach Trinitatis vorgesehen sind, gelten die Worte der Jahreslosung der Gemeinde, die Paulus mit seinem Brief auf die Wiederkunft ihres Herrn Jesus Christus ausrichtet: „Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für das Kommen unseres Herrn Jesus Christus.“ (1Thess 5,23) Ohne diesen Kontext werden die Worte der Jahreslosung als Konfirmationsspruch eigener Lebensgestaltung gehört, in der Diktion: „Sei kritisch, überprüfe alles, ob es wirklich für dich gut ist. Das, was dir taugt, das sollst du dir behalten. Das andere lass los.“
Das Verführerische dieser Jahreslosung ist „das Gute“, im Quartett mit „dem Frieden“, „dem Leben“ und „der Liebe“ eines der verabsolutierten Worte, denen wir Menschen so leicht auf dem Leim gehen: „Das Gute“ scheint für sich selbst zu sprechen, so dass es sich bedenkenlos vereinnahmen lässt. Unter einem „gütigen“ Anspruch kann das eigene Wollen, wenn nicht gar die Begierde sich maskieren bzw. legitimieren: „Ich will doch nur das Gute …“ Wer mag dem widersprechen, gar mit den Worten des Apostels Paulus? „Ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ (Röm 7,18f)
Um die Jahreslosung nicht als Konfirmationsspruch eines selbstbestimmten Lebens gelten zu lassen, müsste sie auf den Willen Gottes hin erklärt – „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ (Micha 6,8) – und damit auf das gottwohlgefällige bonum commune hin relativiert werden. Aber genau das ist für eine Jahreslosung, die für sich selbst sprechen soll und deren Leitwort „das Gute“ autologisch verstanden wird, schwer möglich. So kann sie im Hinblick auf das Evangelium Jesu Christi wohl nur missverständlich zu Wort kommen.
Das gelbe Illustrationsbild zur Jahreslosung stammt von Eva Jung via „GODNEWS E.V.“, einem Verein, der von sich selbst als Vision sagt: „GODNEWS E.V. sind Designer:innen, Theolog:innen, Texter:innen, Kunst- und Kulturschaffende, die davon überzeugt sind, dass Spiritualität und Ästhetik untrennbar zusammen gehören. Durch die Projekte unseres gemeinnützigen Vereins möchten wir das Gespräch über Religion und Spiritualität mit kreativen Mitteln in Gang bringen und die Verbreitung christlicher Werte und Inhalte fördern.“
Lieber Herr Pfarrer Teufel,
Mir fällt dazu spontan ein: Tue das Gute und wirf es ins Meer. Sieht es der Fisch nicht, sieht es der Herr!
Die allgemeine Marketingstrategie „Tue Gutes und rede darüber ! „ ist sicher nicht gemeint!
Liebe Grüße aus Köln und alles Gute zum Neuen Jahr –
und Danke für Ihre Impulse!
Brigitta Lentz