Der ganze Mensch ist sein ganzer Name
Von Elazar Benyoëtz
Die erste Kleidung eines Menschen ist der Name, mit dem er bedacht und bedeckt wird; der Name ist die Haut über der Haut. Alle Taten und Werke stehen im Dienst des Namens, alles was sich ausdehnt und einprägt. Der ganze Mensch ist sein ganzer Name. Das Wesen verändert sich mit dem Namen. Was durch den Namen zum Wesen geworden ist, verändert sich mit dem Namen in seinem Wesen. Der Name ist verletzlich wie die Haut, doch er altert nicht und schrumpft nicht ein.
»Im Anfang« heißt das erste Buch Mosis, »Namen« das zweite: das ist die Reihenfolge und so entsteht der Sinn
Der in Finsternis wandelt und scheint ihm kein
Licht, der hoffe auf SEINEN Namen, er stütze
sich auf seinen Gott (Jesaja 50,11)
Der Name Gottes ist der in Buchstaben zerfallende Sternenhimmel: was Gott Abraham gezeigt hat enthaltend und buchstäblich wiedergebend.
Quelle: Elazar Benyoëtz, Die Zukunft sitzt uns im Nacken, in: Hanni Mittelmann/Armin A. Wallas (Hrsg.), Österreich-Konzeptionen und jüdisches Selbstverständnis. Identitäts-Transfigurationen im 19. und 20. Jahrhundert, Conditio Judaica 35, Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 2001, S. 299-317, hier 311f.