Zum Problem des protestantischen Kirchenbaus
Von Prof. Dr. Karl Barth, Basel
Auf die mir vom WERK unter dem Titel «Probleme des protestantischen Kirchenbaus» gestellten Fragen antworte ich wie folgt:
1. Das «Zentralraumprinzip» halte ich, weil es die Bestimmung des Kirchengebäudes als Ort der zur Verkündigung des Wortes Gottes und zum Gebet versammelten Gemeinde sichtbar macht, für richtig. Ich hoffe, daß es sich fernerhin durchsetzen wird.
2. Die ideale Lösung des Problems der Gestaltung der Mitte jenes Raumes sehe ich in der Aufstellung eines markanten, aber von einem «Altar» deutlich unterschiedenen hölzernen und leicht erhöhten Tisches. Er hätte – dazu mit einem beweglichen Pultaufsatz zu versehen – zugleich als Predigtstätte und als Abendmahlstisch und an Stelle eines «Taufsteins» zu dienen.
(Die Trennung von «Kanzel», Abendmahlstisch und «Taufstein» kann in jeder denkbaren Variation ihrer Anordnung nur zerstreuen und verwirren, wie sie denn auch theologisch nicht zu begründen ist.)
3. Orgel und Kirchenchor gehören als mehr oder weniger willkommenes, aber grundsätzlich auch entbehrliches Beiwerk nicht in den Blickpunkt der versammelten Gemeinde.
4. Bildliche und symbolische Darstellungen sind an keiner Stelle des protestantischen Kirchenraums am Platze.
(Auch sie können nur zerstreuen und verwirren. Der Wirklichkeit der Person und des Werkes Jesu Christi kann nur die in Gebet, Predigt, Taufe und Abendmahl und also im «Gottesdienst» im engeren Sinn des Begriffs, dann aber und vor allem die im Leben handelnde Gemeinde selbst entsprechen: kein Bild und kein Symbol!)
Gestalt, Maß und Farbe der Türen, Wände und Fenster sowie der Bestuhlung des kirchlichen Raumes sollen und können in ihrer Sachlichkeit gerade ohne jene fremden Zutaten der Konzentration der am Gottesdienst Teilnehmenden – ihrer Ausrichtung auf die sie vereinigende Botschaft und Anbetung – dienlich und insofern «würdig» und «schön» sein.
Quelle: Karl Barth u. a., Rundfrage über den protestantischen Kirchenbau, Das Werk 46 (1959), S. 271-280 (271).
Eine typisch reformierte Sicht der Dinge.
Hat Barth wirklich die umständliche Partizipialkonstruktion „der am Gottesdienst Teilnehmenden“ verbrochen? Quasi 60 Jahre zu früh?