Von Cesare Beccaria
Es war der italienische Rechtsphilosoph Cesare Beccaria (1738-1794), der sich mit seinem Werk Dei delitti e delle pene (deutsch: „Von den Verbrechen und von den Strafen“) 1764 dezidiert gegen die Todesstrafe ausgesprochen hatte.
Diese unnütze Häufung von Strafen, welche noch nie den Menschen besserte, veranlasste mich, zu untersuchen, ob denn die Todesstrafe bei zweckmäßiger Einrichtung der Regierung nützlich und gerecht sei. Woher leiten die Menschen ihre Berechtigung ab, ihresgleichen zu töten? Gewiss nicht aus derselben Quelle wie Souveränität und Gesetze! Denn diese sind nichts als die Summe der möglichst kleinen Anteile persönlicher Freiheit, die jeder Einzelne dem Gesamtwohl opferte. Sie vertreten den Gesamtwillen, der nichts anderes ist als das Aggregat aller einzelnen Willensmeinungen. Wer kann aber jemals den Willen gehabt haben, sein Leben dem Belieben eines Andern anheimzustellen? Wie kann in der Aufopferung eines möglichst kleinen Teiles von Freiheit die Verzichtleistung auf das größte aller Güter, auf das Leben, enthalten sein? Und wäre dies, wie ließe sich’s mit dem Grundsatz vereinigen, dass der Mensch kein Recht habe, sich das Leben zu nehmen? Er müsste dieses Recht gehabt haben, wenn er es einem Andern oder der ganzen Gesellschaft abtreten konnte.
Die Todesstrafe stützt sich also auf kein Recht, da ich gezeigt habe, dass ein solches Recht nicht vorhanden sein kann; sie ist nur ein Krieg, den die Nation gegen einen Bürger führt, weil sie es für notwendig oder nützlich hält, diesen zu vernichten. Kann ich daher beweisen, dass diese Vernichtung weder nützlich noch notwendig sein kann, so habe ich für die Sache der Menschlichkeit den Sieg errungen.
Man kann nur aus zwei Gründen den Tod eines Bürgers für notwendig halten: der erste — wenn er, auch der Freiheit beraubt, noch solche Verbindungen und eine so große Macht hat, dass die öffentliche Sicherheit bedroht ist, wenn seine Existenz allein eine der festgestellten Regierungsform gefährliche Umwälzung hervorrufen könnte. Der Tod eines Bürgers wird also nötig, wenn die Nation ihre Freiheit wieder gewinnt oder erst verliert, oder in Zeiten der Anarchie, wo eben die Unordnung an die Stelle der Gesetze tritt; aber unter der friedlichen Herrschaft der Gesetze, bei einer Regierungsform, welche mit den Wünschen der Nation übereinstimmt, und nach außen und innen geschützt ist durch Macht und durch die öffentliche Meinung (die vielleicht noch mehr Sicherheit gewährt als die Macht selbst); wo nur der Souverän befiehlt, wo man für Geld Vergnügen, aber nicht Machtvollkommenheit erkauft, dort scheint mir’s unnötig, das Leben eines Bürgers zu zerstören, sofern nicht sein Tod das rechte und einzige Mittel wäre, Andere von Vollbringung gewisser Verbrechen abzuhalten: der zweite Grund, um dessentwillen man die Todesstrafe für notwendig und gerecht halten kann.
Wenn die Erfahrung aller Jahrhunderte, in welchen die Todesstrafe nie vermochte, die Gesellschaft vor Angriffen kühner Menschen zu sichern, wenn das Beispiel der römischen Bürger und die zwanzigjährige Regierung der moskowitischen Kaiserin Elisabeth, die den Vätern der Völker ein erhabenes Beispiel hingestellt hat, das wohl viele mit dem Blute der Landeskinder erkaufte Eroberungen aufwiegt — nicht im Stande sind, die Menschen, welchen die Sprache der Vernunft immer verdächtig ist, und nur eine Autorität Glauben einzuflößen vermag, zu überzeugen, so muss ihnen die Betrachtung der menschlichen Natur selbst die Richtigkeit meiner Behauptung verbürgen.
Nicht die Intensität einer Strafe macht einen tiefen Eindruck auf das Gemüt der Menschen, sondern deren Extension; denn unsere Empfindlichkeit wird leichter und nachhaltiger durch kleine, aber wiederholte Eindrücke geweckt, als durch eine starke, aber vorübergehende Aufregung. Die Macht der Gewohnheit erstreckt sich über alle empfindenden Wesen, und wie sie den Menschen sprechen und gehen und seine Bedürfnisse befriedigen lehrte, so prägen sich ihm auch die moralischen Ideen nur durch dauernde und wiederholte Eindrücke ein. Nicht das furchtbare, aber vorübergehende Schauspiel einer Hinrichtung, sondern das lange vorschwebende Beispiel eines seiner Freiheit beraubten Menschen, der, zum Lasttier erniedrigt, in seiner Arbeit der beleidigten Gesellschaft Ersatz leistet, nur dieses schreckt wirksam vom Verbrechen ab; diese wirksame, weil immer und immer wiederholte, Anwendung auf uns selbst: Auch ich werde in eine so elende Lage versetzt, wenn ich ähnliche Missetaten begehe, leistet bei Weitem mehr, als die Idee des Todes, den die Menschen nur in dunkler Ferne sehen.
Die Todesstrafe macht zwar einen tiefen Eindruck; aber dieser Eindruck unterliegt jenem raschen Vergessen, dem selbst die wichtigeren menschlichen Angelegenheiten verfallen, und besonders rasch unter dem Einfluss der Leidenschaften. Allgemeine Regel: Heftige Leidenschaften überwältigen die Menschen, aber nicht für lange; sie sind wohl im Stande, Revolutionen zu bewirken, die aus gewöhnlichen Menschen Perser oder Lakedämonier machen; aber unter einer freien Regierung müssen eher nachhaltige als heftige Einwirkungen stattfinden.
Jede Hinrichtung gibt der überwiegenden Menge ein Schauspiel. Bei einigen aber weckt sie fast zur Erbitterung sich steigerndes Mitleid. Aber das eine oder das andere erfüllt das Gemüt der Zuschauer weit mehr, als jener heilsame Schrecken, den das Gesetz einzuflößen beabsichtigt. Dagegen behält dieses Gefühl bei allen Strafen die Oberhand, die milde und langdauernd sind, ja, ein anderes wird hier gar nicht rege. Die Grenze, welche die Gesetzgebung der Strenge der Strafe setzen sollte, scheint durch den Punkt bezeichnet, wo in den Gemütern der Zuschauer, auf welche die Strafe ja weit mehr berechnet ist, als auf den Angeklagten, das Gefühl des Mitleids alle anderen Gefühle zu überwältigen beginnt. Soll die Strafe gerecht sein, so darf sie keinen hohen Grad von Intensität haben, als nötig ist, die Menschen von Verbrechen abzuschrecken. Nun gibt es keinen Menschen, der, bei ruhiger Überlegung, um eines noch so reich belohnten Verbrechens willen den gänzlichen, ewigen Verlust seiner Freiheit sich zuziehen wollte; also enthält die Strafe ewiger Sklaverei, an die Stelle der Todesstrafe gesetzt, alles, was nötig ist, abschreckend auf die Gemüter zu wirken. Ich füge hinzu, sie enthält mehr! Viele sehen dem Tode ruhig und fest ins Angesicht; mancher aus Fanatismus, mancher aus Eitelkeit, die fast immer den Menschen übers Grab hinaus begleitet, mancher endlich, weil er nur einen letzten, verzweifelten Versuch wagte, seinem Leben, seinem Elend ein Ende zu machen; aber weder Fanatismus noch Eitelkeit halten Stand unter Block und Ketten, unterm Stock, unterm Joch, im eisernen Käfig, und der Verzweifelnde steht da nicht am Ende seiner Leiden, sie fangen vielmehr erst recht an.
Unser Gemüt widersteht eher dem gewaltsam zugefügten, dem heftigsten aber vorübergehenden Schmerz, als der Zeit und ununterbrochenem, nimmer endendem Mühsal, weil es sich zwar für einen Augenblick, sozusagen, in sich selbst konzentrieren kann, um jene zu unterdrücken, — aber nicht genug Beharrlichkeit und Schwungkraft hat, um der fortgesetzten Einwirkung der letzteren sich entziehen zu können.
Bei Anwendung der Todesstrafe ist zu jedem einzelnen Beispiel, das man der Nation aufstellt, ein Verbrechen nötig; wird aber lebenslängliche Sklaverei verhängt, so gibt ein Verbrechen unzählige, nachhaltige Beispiele; und wenn es nötig ist, den Leuten recht oft die Macht der Gesetze zu zeigen, die Hinrichtungen rasch auf einander folgen — es müssen also sehr häufig Verbrechen vorkommen, es muss also die Todesstrafe, gerade um nützlich sein zu können, den Eindruck auf die Menschen machen, den sie machen sollte; sie muss also zugleich nützlich und nutzlos sein! Wendet man mir ein: ewige Sklaverei sei eben so schmerzlich als der Tod, und darum auch eben so grausam; so antworte ich, dass, wenn man alle unglücklichen Momente der Sklaverei zusammennimmt, sie sogar noch grausamer ist; dass aber diese Momente sich übers ganze Leben verteilen, während jene alles in sich enthaltene Leiden in einem Augenblick konzentriert, und dies eben ist der Vorteil der Sklaverei, dass sie weit mehr den Beschauer ergreift als den Dulder, weil ersterer die ganze Summe unglücklicher Momente sich vorstellt, bei letzterem aber der Gedanke an die Zukunft vor dem Leiden der Gegenwart nicht aufkommen kann. Die Einbildung vergrößert jedes Leiden, jeder Dulder findet einen Ersatz, einen Trost, von dem die Beschauer nichts wissen, die ihre Empfindlichkeit im verhärteten Gemüt des Unglücklichen voraussetzen.
Folgendes ist ungefähr der Gedankengang eines Räubers oder Mörders, der durch kein anderes Gegengewicht von der Verletzung der Gesetze abgehalten werden kann, als durch Rad und Galgen. (Ich weiß, dass diese Auseinandersetzung innerlicher Regungen eine Kunst ist, die man nur durch Erziehung erlernt; aber dass ein Räuber seine Grundsätze nicht auseinandersetzen vermag, beweist noch nicht, dass sie eine geringere Macht über ihn haben.) „Was sind das für Gesetze, die ich achten soll, und die eine solche Kluft zwischen mir und dem Reichen lassen? Er verweigert mir das Geld, das ich von ihm verlange, und begnügt sich, mich zur Arbeit zu verweisen, zur Arbeit, die er gar nicht kennt! Wer hat diese Gesetze gemacht? Reiche und mächtige Leute, die sich nie herabließen, die schmutzigen Hütten des Armen aufzusuchen, von denen keiner je ein verschimmeltes Brot unter dem Geschrei seiner hungernden Kinder, unter den Tränen seines Weibes ausgeteilt hat. Brechen wir diese Gesetze, die der Mehrheit schaden, und nur wenigen, trägen Tyrannen nützen; greifen wir die Ungerechtigkeit in ihrer Quelle an. Ich kehre in den natürlichen Zustand der Unabhängigkeit zurück, und werde eine Zeitlang frei und glücklich leben, die Früchte meines Mutes und meiner Gewandtheit genießend; vielleicht kommt einst eine Zeit des Schmerzes und der Reue, aber diese Zeit wird kurz sein, und für die Freiheit, für die Genüsse vieler Jahre werde ich nur mit einem Tag des Leidens bezahlen müssen. König über ein kleines Häuflein Menschen werde ich nachhelfen, wo sich das Glück vergriffen, und diese Tyrannen erblassen und zittern sehen vor demjenigen, den sie in ihrem frechen Hochmut geringer achten als ihre Pferde und Hunde.“ Dann schwebt wohl dem Geist des Verbrechers, der Alles missbraucht, die Religion vor, und bietet ihm für eine leichte Reue fast die Gewissheit ewiger Seligkeit, und vermindert so das Schauderhafte des furchtbaren, letzten Aktes.
Wer aber erwarten muss, dass er eine lange Reihe von Jahren, vielleicht seine ganze Lebenszeit in der Sklaverei und im Elend werde zubringen müssen — angesichts seiner Mitbürger, unter denen er als freier Genosse lebte, als Sklave jener Gesetze, die ihn früher beschützten; — der wird ein solches Los wohl in ersprießliche Vergleichung ziehen mit dem ungewissen Ausgang seines Verbrechens, mit der Kürze der Zeit, in der er dessen Früchte genießen könnte. Das beständig ihm entgegentretende Beispiel derjenigen, welche die Folgen ihrer Unbedachtsamkeit tragen, macht einen weit stärkeren Eindruck auf ihn, als der Anblick einer Hinrichtung, die ihn eher verhärtet als bessert.
Die Todesstrafe ist schädlich wegen des Beispiels der Grausamkeit, das sie den Menschen gibt. Wenn die Leidenschaften oder die Notwendigkeit des Krieges die Menschen lehrten, Blut zu vergießen; so sollten wenigstens die Gesetze, die ihre Handlungen regeln, nicht neue Beispiele der Wildheit geben, die um so fürchterlicher sind, weil hier nach einstudierten Förmlichkeiten getötet wird. Es scheint mir widersinnig, dass die Gesetze, die der Ausdruck des Gesamtwillens sind, und die Tötung verdammen und bestrafen, selbst eine begehen und eine öffentliche Ermordung anordnen, um die Bürger vom Mord zurückzuschrecken. Welches sind die wahren, die nützlichen Gesetze? Diejenigen Verträge und Bedingungen, die alle vorschlagen und beobachten würden, so lange die, nur zu leicht Gehör sich verschaffende Stimme des Privatinteresses schweigt, oder dieses mit dem Interesse Aller verschmolzen ist. Was hält nun jeder Einzelne von der Todesstrafe? Wir erfahren dies aus der Erbitterung und Verachtung, mit der jeder den Scharfrichter betrachtet, der ja nur der unschuldige Vollstrecker des Willens Aller ist, ein guter Bürger, der für die allgemeine Wohlfahrt wirkt, ebenso im Innern das unentbehrliche Werkzeug zur Aufrechthaltung der Sicherheit, als es die tapferen Soldaten auswärts sind! Woher kommt nun dieser Widerspruch? Und warum lässt sich zum Hohn der gesunden Vernunft dieses Gefühl nicht verdrängen? Weil die Menschen im geheimsten Winkel ihres Herzens, dort, wo die ursprüngliche Menschennatur noch am reinsten sich erhielt, den Glauben bewahrten, dass über ein Menschenleben niemand zu verfügen habe — als die Notwendigkeit, deren eisernem Szepter das Weltall sich beugt.
Was sollen die Menschen denken, wenn sie die gelehrten Richter, die ernsten Priester der Gerechtigkeit sehen, wie sie mit gleichgültiger Ruhe im langsamen Aufzug einen Verbrecher zum Tode schleppen lassen, wenn sie sehen, wie der Richter, an dem Platz, wo eben der Unglückliche, von Todesangst ergriffen, dem verhängnisvollen Augenblick entgegenstarrt, in gleichgültiger Kälte, vielleicht sogar selbstgefällig seiner Macht gedenkend, vorübergeht, um die Bequemlichkeiten und die Freuden des Lebens weiter zu genießen? Ach“, werden sie sagen, „diese Gesetze sind für die Gewalt nur ein Vorwand, und die wohlausgedachten, grausamen Förmlichkeiten der Justiz sind nur eine Redensart, die man aufgebracht, um unter ihrem Deckmantel uns sicherer zu schlachten, dem unersättlichen Götzenbilde des Despotismus zum Opfer bringen zu können! Der Mord wird für eine abscheuliche Missetat erklärt, und doch sehen wir ihn in aller Kälte an einem Wehrlosen begehen! Halten wir uns an dieses Beispiel! In den Beschreibungen, die man uns von einem gewaltsamen Tode machte, erschien er uns furchtbar, aber wir sehen, dass die Sache in einem Augenblick abgetan ist. Um wie viel weniger hart muss es für denjenigen sein, der ihn nicht erwartete, und so dem Schmerzlichsten entgeht!“ Dies sind die Trugschlüsse, welche, allerdings ohne sich ihrer klar bewusst zu werden, Menschen mit verbrecherischen Neigungen ziehen, Menschen, auf die auch, wie wir gesehen, der Missbrauch der Religion mehr Einfluss hat, als die Religion selbst.
Wollte man mir das Beispiel fast aller Jahrhunderte und fast aller Nationen entgegenstellen, die auf gewisse Verbrechen stets die Todesstrafe setzten; so antworte ich, dass dieses Beispiel zunichtewird, angesichts der unverjährbaren Wahrheit, dass die ganze Geschichte der Menschheit uns als ein unermessliches Meer von Irrtümern erscheint, in dem nur selten in ungeheuren Zwischenräumen einzelne Wahrheiten sich über dem Wasser halten.
Bei fast allen Nationen kamen auch Menschenopfer vor, und wer wird es wagen, diese zu entschuldigen? Dass nur einige wenige Gesellschaften, und nur für kurze Zeit die Todesstrafe abschafften, spricht eher für als gegen mich, denn dies ist eben das gemeine Los aller großen Wahrheiten, dass sie in der langen und düstern Nacht, die die Menschen umhüllt, nur aufdämmern wie eine Lampe. Noch ist die glückliche Zeit nicht gekommen, in welcher die Wahrheit, so wie bisher der Irrtum, das Bewusstsein der Mehrzahl durchdringen wird, und von diesem allgemeinen Gesetz waren bis jetzt nur jene Wahrheiten ausgenommen, welche die ewige Weisheit durch die Offenbarung von den übrigen ablösen wollte.
Die Stimme eines Philosophen ist zu schwach gegen das Durcheinanderschreien der Vielen, welche von blinder Gewohnheit geleitet werden; aber tief im Herzen der wenigen Weisen, die über die Erdoberfläche zerstreut sind, wird mein Wort einen Widerhall wecken, und wenn die Wahrheit trotz der unermesslichen Hindernisse, die sie von einem Monarchen fern halten, wider dessen Willen bis zu seinem Thron gelangen könnte, möge er dann wissen, dass sie zu ihm getragen wird von den geheimen Wünschen aller Menschen, möge er wissen, dass vor ihm der blutige Ruhm der Eroberer erbleichen wird, und dass die Nachwelt ihm den ersten Platz anweisen wird unter den Helden des Friedens, einen Platz über Titus, über die Antoninen und Trajanen.
Wie glücklich wäre die Menschheit, wenn sie jetzt zum ersten Mal Gesetze erhielte, jetzt, wo wir auf den Thronen Europas wohltätige Monarchen sehen, die die Tugenden des Friedens, die Wissenschaften, die Künste ermuntern, welche Väter ihres Volks sind, gekrönte Bürger, deren Machterhöhung nur das Glück ihrer Untertanen erhöht, weil sie jenen Zwischenträger-Despotismus aufhebt, der, weil unsicher, der grausamste ist, der die aufrichtigen Wünsche des Volkes erdrückt — Wünsche, die immer Segen bringen, wenn sie den Thron zu erreichen vermögen! Wenn diese Fürsten die alten Gesetze noch bestehen lassen, so kommt dies von der unermesslichen Schwierigkeit, die damit verbunden ist, von den Irrtümern, den verehrten, weil Jahrhunderte alten, Rost abzustreifen — ein neuer Grund für die aufgeklärten Bürger, so heißer die fortwährende Zunahme ihrer Macht herbeizuwünschen.
Quelle: Cesare Beccaria, Über Verbrechen und Strafe (Die delitti edelle pene, 1764), übersetzt von Julius Glaser, Wien 1851, Kapitel 16, S. 43-52.