Johann Baptist Metz, Theologie gegen Mythologie. Kleine Apologie des biblischen Monotheismus (1987): „Wenn die Christologie betont, Gott habe sich in Jesus Christus „endgültig“ mitgeteilt, Gott sei in Jesus Christus ‚unwiderruflich‘ bei uns angekom­men, dann impliziert sie damit eine Zeitaussage. ‚End­gültig­keit‘ nämlich, ‚Unwiderruflichkeit‘ – für alle und alles – kann nur im Horizont befristeter Zeit ausgesagt werden; im Horizont induktiv unendlicher Zeit gibt es nichts Endgültiges, nur Hypothetisches. Die Logik befri­steter Zeit aber hat anamnetische, hat narrative Tiefen­struk­turen.“

Theologie gegen Mythologie. Kleine Apologie des biblischen Monotheismus

Von Johann Baptist Metz

Auf dem 14. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Philo­sophie im Herbst des vergangenen Jahres in Gießen hielt der Münsteraner Fundamentaltheologe Johann Baptist Metz ei­nen vielbeachteten Vortrag über das Verhältnis der neuen Mythenkonjunktur zum christlichen Gottesglauben. Seine Grundthese: Aus den Aporien der Moderne rettet nicht die Flucht in den Mythos; es braucht vielmehr die Rückbesin­nung auf die biblische Rede von Gott und von der befriste­ten Zeit. Der folgende Text gibt in der Substanz den Gießener Vortrag wieder; Prof. Metz hat für die Veröffentli­chung einige Veränderungen und Kürzungen vorgenommen.

Eine neue Mythenfreudigkeit prägt das geistige Klima nicht nur hierzulande. Neue Mythologien haben Kon­junktur. Sowenig man von ihnen zumeist über lebenstra­gende neue Mythen erfährt, so ausführlich lassen sie sich in ihrer Kritik am überlieferten biblischen Monotheismus vernehmen. Der ist ihnen politisch und kulturell suspekt. Er gilt als Pate eines vordemokratischen, gewaltentei­lungsfeindlichen Souveränitätsdenkens, als Vater eines obsoleten Patriarchalismus, als Ursprungs- und Vorhutsgedanke totalitätsverdächtiger Geschichtsideologien, als individualitätsgefährdende Großerzählung, die alle un­schuldige Buntheit, alle umständliche Zerstreutheit und Vielfalt des Lebens absorbiert und unter ein politisch-kulturell gefährliches Einheitsdenken zwingt. Auch in der Theologie selbst geht man vielfach auf Distanz zum biblischen Monotheismus. Man sucht ihn z.B. (tie­fenpsychologisch) auf eine polymythische Urgeschichte der Menschheit zu hintergehen. Oder ihn trinitätstheologisch auf eine innergöttliche Geschichte hin zu durch­schauen. Wenig wiegt dabei der gegenläufige Verdacht, es könne sich um neue Göttermythen handeln, denn die­ser Verdacht verdunstet schnell in der offensichtlich po­lytheistisch und polymythisch getönten Atmosphäre un­serer sog. nachmodernen Welt. Schlechte Zeiten also für eine Apologie des biblischen Monotheismus!

Israels „Armut im Geiste“

Ich beginne meine kleine Apologie mit einem Blick auf das vorchristliche Israel. Dieses kleine, politisch-kulturell eher unbedeutende Wüstenvolk unterschied sich von den Hochkulturen seiner Zeit durch seine Art der leidvollen Verstrickung in die Wirklichkeit, durch seine „tiefe Diesseitigkeit“, oder anders ausgedrückt: durch seine Unfä­higkeit, sich durch Idealisierung, durch Mythologisierung und durch Kompensationsdenken von den Schrecken der Wirklichkeit erfolgreich zu distanzieren. Gerhard von Rad betont in seiner „Theologie des Alten Testa­ments“ m. E. zu Recht, „daß Israel die Leiden und Be­drohungen des Lebens höchst realistisch wahrgenommen hat, daß es sich ihnen wehrlos und verwundbar preisge­geben sah und daß es wenig Begabung zeigte, sich vor ih­nen in irgendwelche Ideologien zu flüchten … Es besaß vielmehr eine ungewöhnliche Kraft, auch den negativen Wirklichkeiten standzuhalten und sie auch da anzuer­kennen und nicht zu verdrängen, wo sie geistig in keiner Weise zu bewältigen waren.“

Gewiß, Israel hat, militärisch immer wieder besiegt und kulturell überfremdet, Mythenangebote und Idealisie­rungsstrategien von verschiedenen Seiten (aus Persien, aus Ägypten, später aus dem hellenistischen Raum) im­portiert und nachgeahmt. Aber es hat sich dabei nicht be­ruhigt und sich nicht mit ihnen getröstet. Israel ist — und darin ist es in meinen Augen auch für das Christentum unüberholbar geworden – das Volk, das unfähig ist, sich durch Mythen trösten zu lassen. Das kennzeichnet Israels „Armut im Geiste“. Diese Armut ist die Voraussetzung und ist der Preis für seinen Gottesgedanken. Israel blieb immer eine „Landschaft von Schreien“ – bis zu Hiobs Klageschrei: „Wie lange noch?“ Und bis zu Jesu Verlas­senheits­schrei am Kreuz. Der Glaube Israels geriet nicht einfach zur tröstend-distanzierenden Antwort auf das Leid, sondern blieb ungetröstete Rückfrage aus dem Leid, unablässige Rückfrage an – Jahwe. Wieso aber ist dieser Schrei nach Jahwe nicht doch Produkt einer Idea­lisierung, wieso ist er nicht doch nur „die mythologische Chiffre für das ewig Ausständige einer Zukunft, die der Mensch aus seiner eigenen Leere heraus schafft, um sie (schließlich) wieder in das Nichts zurückfallen zu lassen, aus dem sie aufsteht“ (K. Rahner)? Was heißt: Israel glaubt an Jahwe – und nicht nur an seinen Glauben an Jahwe und darin nochmals an sich selbst und an die von ihm zur Absorption von Enttäuschung und Leid produ­zierten Jahwe-Mythen?

Das diesseitsbegabte, weltverstrickte Israel hat – nach al­len wichtigen Zeugnissen – seinen rettenden Gott nicht hinterweltlich erfahren und gedacht, nicht als das Jen­seits zur Zeit, sondern als deren zukommendes befristen­des Ende. Diese Gotteserfahrung gilt für die abrahamitischen Traditionen – „Gott zieht Abraham auf den Weg“ –; sie gilt für das Exoduswort „Ich werde bei euch sein, als der ich bei euch sein werde“; sie gilt für die Kri­sen- und Umkehrbotschaft der Propheten, in der sich die Landschaft Israels in eine eschatologische Landschaft verwandelt; und schließlich gilt sie für die spätjüdische, tief ins Neue Testament hineinreichende Apokalyptik und ihre Theodizee. Gott „ist“ im Kommen. Dieses Kommen, weder extrapolierbar noch antizipierbar, kon­stituiert „die Urschicht der imaginativen Wahrnehmung der Wirklichkeit“ (H. Jonas) im spätjüdisch-neutestamentlichen Denken.

Diese Apokalyptik ist ja in ihrem Ansatz nicht – wie ihr in kritischer Absicht gern unterstellt wird – eine geschichts­ferne, katastrophensüchtige Spekulation über den Zeit­punkt des Endes der Welt, sondern der – gewiß katego­rial verzerrte – Versuch der Aufdeckung des befristeten Wesens der Weltzeit selbst, jener Weltzeit, von der schließlich auch die geschichtliche Lebenszeit nicht abge­koppelt werden kann und darf. Es geht ihr nicht nur um eine Geschichtszeit innerhalb eines zeitenthobenen Kos­mos, sondern um die Verzeitlichung des Kosmos selbst im Horizont befristeter Zeit. Hier, an dieser Gelenkstelle zwischen vorchristlichem Judentum und Christentum wird deutlich, worin das Proprium des biblischen Gottes­denkens liegt, das es von den vorderasiatisch-persischen Dualismen trennt, aber auch von seiner griechisch-helle­nisti­schen Umwelt unterscheidet. Es wird erkennbar, was als Hintergrundannahme für die imaginative Wahrneh­mung der Wirklichkeit zu gelten hat: die Verzeitlichung der Welt im Horizont befristeter Zeit.

Urchristliches Weltverständnis im Horizont befristeter Zeit

Das gilt nun unabweislich auch und gerade für die Grün­dungsgeschichte des Christentums. So unterschiedlich z. B. auch die einzelnen Glaubensweisen innerhalb des Urchri­stentums gekennzeichnet werden mögen, etwa zum einen die synoptische und zum andern die paulinische Glau­bensweise, in einem konvergieren sie offensichtlich: sie erfahren und bestimmen sich innerhalb eines Weltver­ständnisses im Horizont befristeter Zeit. Was die Theolo­gie später „Naherwartung“ nennen wird, umspannt die ganze neutestamentliche Szene. Schließlich hat in ihrem Horizont Jesus gelebt und gelitten und unter ihrem Zeit­verständnis hat Paulus seine Christologie formuliert. Die ist selbst noch ganz und gar von der Wiederkunftslehre geprägt. Auch christologisch gilt: Gottes Gekommensein ist im Kommen. Die paulinische Christologie ist keine Ideologie der geschichtlichen Sieger. Paulus selbst sprengt in seine Christologie Zeit­elemente ein; man höre nur einmal: „Wenn die Toten nicht auferweckt werden, ist auch der Christus nicht auferstanden“ (vgl. 1 Kor 15, 16 und 13f.).

Hier ist also die Wahrnehmung von Welt im Horizont befristeter Zeit noch nicht an den gnostischen Mythos der Zeitentwichtigung verschenkt. Hier sind Christologie und Eschatologie noch nicht fein säuberlich getrennt, und dieser Eschatologie ist der apokalyptische Stachel noch nicht gezogen. Hier hat sich die christliche Endzeitlehre wie das christliche Zeitverständnis noch nicht in eine sanfte, entwicklungsgläubige Eschatologie verwandelt. Hier ist die zeitliche Gespanntheit der Hoffnung, ist ihr Erwartungscharakter noch nicht – aus lauter Enttäu­schungsangst – umgetauscht, semantisch umgetauscht in eine zeitlose Hoffnung. Hier ist die Zeit als befristete Zeit noch der universale Horizont der Theologie, und die Theodizeefra­ge ist noch „die“ eschatologische Frage.

Müßte sie nicht auch „die“ Frage der Theologie heute sein und bleiben? Doch inzwischen scheint diese Frage längst entwichtigt oder beruhigt, gewissermaßen überbe­antwortet zu sein: z. B. durch universalgeschichtlich ori­entierte theologische Sinngebungsversuche des Welt­laufs, durch heilsoptimistische Evolutionseschatologien, durch Reduktion auf einen gnostisch anmutenden Identitäts- und Eigentlichkeitsmythos der menschlichen Exi­stenz, durch zu viel trinitätstheologisch eingekreistes und aufgehobenes Leiden in Gott und zu wenig zeitlich gespanntes Leiden an Gott, durch zu viel theologisch kluge Antworten auf die Fragen: Wer ist Gott? Wo ist Gott?, und durch zu wenig Artikulation der biblischen Urfrage: Wo bleibt Gott? Schließlich endet mit dieser Frage, endet mit diesem nun christologisch angeschärf­ten Schrei die Sprache des Neuen Testaments.

Weltwahrnehmung, paulinisch

An Paulus wäre die Tragweite eines Weltverständnisses zu erkennen, wie es die biblische Gottesrede leitet. Ge­wiß, auch das corpus paulinum ist nicht auf einen strikt einheitlichen Nenner zu bringen. In ihm gibt es auch gnosisnahe Aussagen, und nicht ganz von ungefähr wird sich später Markion als Sohn des Paulus vorstellen. Doch die Weltwahrnehmung im Horizont befristeter Zeit dominiert.

Dabei bedeutet für Paulus die Vorstellung von Zeit als befristeter nicht etwa eine Entleerung und Entwürdigung der Zeit und der in ihrem Horizont begegnenden Wirk­lichkeit. Sie ist für ihn keineswegs belanglose Durch­gangszeit, nicht Wartezimmerzeit. Der Horizont befri­steter Zeit bedeutet keine Entwichtigung von Gegenwart; im Gegenteil: erst in ihm wird „Gegenwart“ in jener em­phatischen Weise erfahrbar, wie sie für Paulus kenn­zeichnend ist. Paulus ist Missionar. Ohne ihn und seine Sendungstätigkeit ist das geschichtliche Projekt Europa, das, was wir später „christliches Abendland“ nennen, un­denkbar. Im Horizont befristeter Zeit wandelt sich Welt zur Geschichtswelt; die Erfahrung von Zeit als befriste­ter wird zur Wurzel des Verständnisses von Welt als Ge­schichte und zum Auftakt geschichtlichen Bewußtseins.

Paulus ist offensichtlich auch keineswegs ein Unter­gangsfanatiker; er überzieht und vergiftet nicht die poli­tische Landschaft mit zelotisch angeschärften Unter­gangsphantasien. Man lese nur einmal sein (uns heute eher irritierendes) nüchternes Plädoyer für den römi­schen Staat in Röm 13. Der Horizont befristeter Zeit macht uns weder zu Voyeuren noch zu Terroristen des eigenen Untergangs. Totalitäts- und aggressionsanfällig wurde das Christentum eigentlich erst, seit es versucht, den Naherwartungsgedanken und den Wiederkunftsgedanken völlig zu entzeitlichen: etwa durch strikte Moralisierung, also durch die Verwandlung der Eschatologie in reine Ethik. Das führte zur apokalyptischen Überan­strengung des sittlichen Handelns; und hier lauert tat­sächlich die Gefahr des Fanatismus.

Die paulinische Gottesrede als Wahrnehmung und Aus­legung der Welt im Horizont befristeter Zeit zwingt die­ses Ende der Zeit keineswegs mit apokalyptischem Terror herbei. Sie erzählt, erinnert und feiert es als „Fest der Erwartung“. Bis heute steht im Zentrum des euchari­stischen Kultes das Bekenntnis „… bis Du wieder­kommst in Herrlichkeit“. Doch ist diese Feier noch ein „Fest der Erwartung“? Und hat die Theologie dieses „Er­warten“, das zur Wahrnehmung von Welt im Horizont befristeter Zeit gehört, nicht längst aus ihrem Logos aus­geschieden und an Frömmigkeit und Liturgie delegiert?

Die gnostische Dauerversuchung

Früh frißt diese Gefahr der Entzeitlichung an der Seele des Christentums. Man behauptet zwar heute vielfach, die Enttäuschung der Naherwartung, die ausbleibende Parusie habe keine Grundlagenkrise des frühen Chri­stentums hervorgerufen. Doch diese Behauptung über­spielt bzw. verharmlost m.E. einen wichtigen Befund. Ich nenne ihn die markionitisch-gnostische Dauerversu­chung der christlichen Theologie, die gnostische Verwun­dung des biblischen Gottesgedankens. Bekanntlich tritt Markion aus Kleinasien in der Dämmerstunde des Ur­christen­tums mit einem argumentationsstrategischen An­gebot zur Absorption der Naherwartungsenttäuschung und zur Stillegung der Theodizeefrage auf. Gegen die Pointe des biblischen Gottesgedankens, daß das Heil nicht einen zeitlosen Kern, sondern einen Zeitkern habe, setzt er das gnostische Axiom von der Zeitlosigkeit des Heils und der Heillosigkeit der Zeit (Ernst Bloch, Jakob Taubes), um damit die urchristliche Naherwartung end­gültig zu entspannen. Und die offene Flanke der Theodizeefrage, die in der Gestalt der Klage, des Schreis und der unbesänftigten Erwartung die geschichtliche Entfal­tung des biblischen Gottesgedankens begleitet, sucht er durch den gnostischen Dualismus von Schöpfer- und Er­lösergott zu schließen.

Gewiß, die frühe Kirche hat dieses Angebot dezidiert verworfen. Selbst den sublim-genialen Vermittlungsver­such des Origenes hat sie nicht gelten lassen. Nicht ihm ist sie gefolgt, sondern Irenäus, dem großen antimarkionitischen Polemiker. Sie reklamiert gegen Markion und die Gnosis das, was wir heute „universale Eschatologie“ nennen. Doch sie tut es um einen hohen Preis. Sie han­delt sich nämlich eine ständige, geradezu konstitutionelle Gefahr ein, die Gefahr der Entzeitlichung, oder genauer: die ständige Gefahr der zeitlichen Halbierung der Escha­tologie. Der Zeitbegriff wird lebenszeitlich und schließ­lich geschichtszeitlich eingeschränkt und vom Begriff der Weltzeit abgekoppelt. Die vom Kommen Gottes befri­stete Zeit, Horizont der biblisch bezeugten Gottesge­schichte, wird immer wieder entwichtigt oder gänzlich aus der Eschatologie verdrängt.

Dieser Rache der Gnosis am Christentum leistet übri­gens, wenn ich recht sehe, sehr früh der Neuplatoniker Plotin epistemologischen Sukkurs. Sein Einfluß, der in der christlichen Religionsphilosophie zumindest bis He­gel reicht, zwingt die christliche Theologie immer wieder unter das Joch eines strikten Identitätsdenkens, gegen das sich auch die mittelalterliche Analogielehre nur schwer behaupten konnte. Durch Plotin vermittelt, tritt das erkenntnistheoretische Axiom „Gleiches kann nur von Gleichem erkannt werden“ seine anonyme Herr­schaft in der christlichen Theologie an. Dieses Axiom aber stellt die höchste Reflexionsstufe einer zeitlosen Selbstreflexion des Absoluten dar (Jürgen Moltmann); die Zeit selbst hat keinerlei kognitive Würde. Das ursprüng­liche Erkenntnisaxiom des biblischen Gottesgedankens müßte dagegen viel eher lauten: Nur Ungleiches erkennt einander; Verwunderung, Erwartung, Anerkennung, Konfrontation mit Neuem – das alles gehört in die Er­kenntnisstruktur einer dem biblischen Gottesgedanken verpflichteten Theologie. Doch früh setzt die Gefahr der Entzeitlichung des christlichen Logos ein. Noch vor den großen christologischen und trinitätstheologischen Grundlagendiskussionen und Streitigkeiten ab dem 4. Jahrhundert gibt es eine Krise des Zeitverständnisses im Christentum, eine Krise, die bis heute schwelt. Ich möchte dazu hier nur noch einige Beobachtungen mittei­len, die auf die anhaltende gnostische Versuchung der Theologie und auf ihre damit gegebene Anfälligkeit für gnostische oder gnosisnahe Mythen der Zeitentwichtigung zielt.

Zeiteskapismus der Theologie

Es scheint, daß die Theologie immer wieder in der Ge­fahr steht, das ihr von ihrem biblischen Erbe aufge­drängte Zeitverständnis und die damit zusammenhän­gende Weltwahrnehmung preiszugeben und ihr eigenes Zeit-Wort von der Befristung der Zeit zu vergessen. Sie lebt vielfach von fremden, geborgten Zeitverständnissen, die es fraglich machen, wie in Verbindung mit ihnen der Gott der biblischen Überlieferung überhaupt noch zu denken sei: so von der zyklischen Zeit; so von der in den prästabilierten Kosmos eingeborgenen Zeit; so von der linear-teleologischen Zeit; so vom Fortschrittskonti­nuum, entweder evolutionistisch leer ins Unendliche wachsend oder aber auch dialektisch verzögert; so von der strikt lebensgeschichtlich individualisierten Zeit, ab­gekoppelt von der Welt- und Naturzeit – und so vermut­lich gar bald, viele Signale weisen gegenwärtig darauf hin, erneut von gänzlich mythischen Zeitvorstellungen. Symptomatisch für diese Zeitvergessenheit in der Theo­logie ist für mich übrigens auch die Art und Weise, in der Martin Heidegger theologisch beerbt wurde: nicht etwa als derjenige, der mit „Sein und Zeit“ begann, die Prä­missen einer zeit-losen Metaphysik (wenn vielleicht auch in die falsche Richtung!) zu hinterfragen, sondern als der existentiale Analytiker des Daseins.

Vermutlich hängt dieser Zeiteskapismus in der Theologie damit zusammen, daß die Theologie immer wieder dazu neigt, sich durch Selbstzensur ihres biblischen Gottesge­dankens von dessen anstößigsten Zumutungen zu be­freien: von Naherwartung und Wiederkunftslehre. Ent­weder werden sie argumentationsstrategisch überhaupt ausgelassen, oder sie werden in ihrer Zeitstruktur inter­pretatorisch übertüncht und hermeneutisch stillgestellt. Wie sollte man sich auch sonst das Odium der Lächer­lichkeit oder der Unzurechnungsfähigkeit heute ersparen können? So etwa formuliert die berühmte Entmythologi­sierungsthese Bultmanns: „Die mythologische Eschatolo­gie ist im Grunde durch die einfache Tatsache erledigt, daß Christi Parusie nicht, wie das Neue Testament er­wartet, alsbald stattgefunden hat, sondern daß die Welt­geschichte weiterlief und – wie jeder Zurechnungsfähige überzeugt ist – weiterlaufen wird.“ Aus lauter Angst vor Unzurechnungsfähigkeit wirft sich hier die Theologie in die Arme einer evolutionistisch entfristeten Zeit („die einfach weiterläuft“) – und dies offensichtlich ohne den geringsten Verdacht, daß gerade sie der zu diskutierende Zeitmythos sein könnte, von dem gleich noch zu spre­chen sein wird.

Früher schon hatte der junge Karl Barth die sog. „konse­quente Eschatologie“ und deren Konzentration auf die „ausgebliebene Parusie“ mit der sarkastischen Frage ab­getan, wie denn wohl etwas solle „ausbleiben“ können, was seinem Wesen nach überhaupt nie „eintreten“ könne.

So berechtigt Barths Kritik an der Vorstellung ist, wo­nach die Wiederkunft Christ „innerhalb“ der Zeit „ein­tritt“, so wenig ist mit dieser Kritik doch die theologische Zeitfrage überhaupt erledigt oder geklärt; es ginge viel­mehr darum, die Wiederkunftslehre gerade als Lehre von der befristeten Zeit zu begreifen. Karl Rahner, der mir immer nahe Lehrer, hat mich gleichwohl mit seiner For­mulierung „Christus kommt wieder, insofern alle bei ihm ankommen“ irritiert. Drückt sich denn nicht auch darin eine völlige Entzeitlichung des Wiederkunftsgedankens bzw. die Projektion der Zeit auf die individuelle Lebens­zeit aus?

Christologie als Logik befristeter Zeit?

Die in der zeitgenössischen Theologie häufigste Form, sich von Naherwartung und Wiederkunft zu entlasten, ist die sog. Weltbildthese. Man verschenkt beides freimü­tig an die mythischen Weltbilder archaisch-biblischer Zeit, wie man das nennt, so als gäbe es ein weltbildfreies, gewissermaßen ein nacktes Christentum, einen nackten biblischen Gottesgedanken, den man dann je nach Be­darf und Geschmack mit unterschiedlichen Weltbildern umkleidet. Doch die imaginative Wahrnehmung von Welt im Horizont befristeter Zeit steht für den bibli­schen Gottesgedanken nicht zur Disposition! Es sei denn, man habe ihn selbst schon längst an einen Mythos der Zeitentwichtigung verschenkt, so wie man vorher schon die Zeitkategorien der Erinnerung und der Erzäh­lung aus dem Logos der Theologie ausgeschieden und an den Mythos verschenkt hat. Denn natürlich muß der Lo­gos der Theologie selbst erinnern und erzählen, wenn er die Wahrnehmung von Welt im Horizont befristeter Zeit besprechen und verteidigen will. Nicht die „Kompensa­tion“ des Logos durch Mythen wäre die entscheidende Aufgabe, sondern die Einbeziehung der Erinnerung und der Erzählung in den Logos der Theologie selbst.

Und das gilt gerade auch für die spezifisch christliche Gottesrede. Denn wenn die Christologie betont, Gott habe sich in Jesus Christus „endgültig“ mitgeteilt, Gott sei in Jesus Christus „unwiderruflich“ bei uns angekom­men, dann impliziert sie damit eine Zeitaussage. „End­gültig­keit“ nämlich, „Unwiderruflichkeit“ – für alle und alles – kann nur im Horizont befristeter Zeit ausgesagt werden; im Horizont induktiv unendlicher Zeit gibt es nichts Endgültiges, nur Hypothetisches. Die Logik befri­steter Zeit aber hat anamnetische, hat narrative Tiefen­struk­turen.

Auf den Spuren des Mythos der Moderne

Nun zeigt sich auch in der gegenwärtigen intellektuellen Kultur eine neue Erzählfreudigkeit. Es geht um den – vor allem in den gegenwärtigen Philosophien Europas und Nordamerikas inszenierten – Versuch der Wiedergewin­nung, des Rückrufs von Mythen, die ja schon ihrem Wortsinn nach „Erzählungen“ bzw. „Geschichten“ be­deuten. Mit dieser Revitalisierung der Polymythie – bis hin zum Neopolytheismus – sucht man sich vom Bann der weltdeutenden „Großerzählungen“, der sog. Mono­mythen der Religionen und ihrer Säkularisate, der totali­tätsanfälligen Geschichts- und Gesellschaftsideologien der Moderne zu befreien. Das Lob der Polymythie hat bis in die Theologie hinein Konjunktur. Deshalb ist um so genauer zuzusehen. Denn m. E. bleibt ein Abgrund zwischen dem im biblischen Gottesdenken verwurzelten geschichtlichen Erzählen und Erinnern und den postmo­dernen Remythologisierungstendenzen.

Um diese Konfrontation zwischen Theologie und neuen Mythologien sichtbar und diskutierbar zu machen, be­diene ich mich einer Vermittlung, die durch die voraus­gehenden Überlegungen vorbereitet ist: der Vermittlung durch die Frage nach der Zeit. Dadurch ergibt sich eine Problemkonstellation, die ich zunächst in (allzu) geraff­ter Form vorstellen möchte.

Der Großmythos, der selbst weder begründungsfähig noch begründungsbedürftig erscheint, der als mythische Totalität im Hintergrund der Moderne wirksam ist und unter dessen anonymem Druck wir „vernünftig“ denken und handeln, ist ein Zeitmythos: die Imagination von Welt im Horizont unbefristeter, evolutionistisch entfristeter Zeit. Das verschwiegene Interesse der herrschen­den Rationalität ist die Fiktion von Zeit als einer leeren, überraschungsfreien Unendlichkeit, die allenfalls veren­det, nie aber endet und in die alles und alle gnadenlos eingeschlossen sind und die jede substantielle Erwartung zersetzt. Die Herrschaft dieses Zeitmythos vollendet sich im Tod der Geschichte und des uns geschichtlich ver­trauten und anvertrauten Menschen.

Anzeichen für diese Herrschaft des Zeitmythos lassen sich nicht zuletzt im politisch-kulturel­len Leben ausma­chen. Nicht Überpolitisierung, nicht zu viel distanzlose Praxis sehe ich als heraufziehende Gefahr unserer politi­schen Kultur, sondern eher eine Form tiefer Politiklosigkeit, ein privatistisches, anpassungsschlaues Nischenden­ken, einen eher voyeurhaften Umgang mit gesellschaftli­chen und politischen Krisen. Es sind nicht eigentlich revolutionär angeschärfte Naherwartungsattitüden, die unser politisches Leben bedrohen, sondern weit eher eine evolutionistisch entspannte, von der Erfahrung leerer, gewissermaßen zeitloser Zeit über­wältigte Resignation, die schon längst die seelischen Grundlagen unseres ge­sellschaftlichen Lebens erreicht hat, ehe wir unter dem Stichwort der neuen Mythen auch noch erfolgreich in sie eingeübt werden sollen. Denn, und das ist entscheidend, die Herrschaft dieses Zeitmythos wird durch die noch- oder nachmodernen Mythologien, durch das neue Lob der Polymythie nicht gebrochen, sondern ohnmächtig und perspektivenlos gespiegelt.

Die neuen Mythologien sind eine Kompensationsveran­staltung gegenüber der herrschenden Wahrnehmung von Welt. Wie aber läßt sich durch Kompensation zurückge­winnen, was die wahrnehmende Vernunft längst preisge­geben hat? Das Erzählen und Erinnern sind durch den Zeitmythos im Hintergrund der Moderne längst entsubstantialisiert, ihrer kommunikativen Würde beraubt und dem Verdacht der Beliebigkeit unterworfen. Hier rettet keine Remythologisierung, keine mythische Kompensa­tion technischer Rationalität, sondern nur, wenn ich recht sehe, ein Wandel in der imaginativen Wahrneh­mung von Welt und Wirklichkeit überhaupt. Die Theo­logie kämpft in dieser Situation um den jüdisch-christli­chen Gottesgedanken und die ihm korrespondierende Wahrnehmung von Welt im Horizont befristeter Zeit. Diese Wahrnehmung rettet in ihren Augen die Substanz geschichtlichen Lebens und die subjekthafte, unbeliebige Freiheit der Menschen. Sie allein kann auch die kognitive und praktische Verbindlichkeit von Erinnerungen und Erzählungen garantieren.

Die Konfrontation auf den Punkt gebracht: Nietzsche

Ich kann in diesem Zusammenhang die Konfrontation zwischen Theologie und neuen Mythologien nur unter einem Gesichtspunkt näher erläutern. Es geht um einen Blick auf Nietzsche. Unbestreitbar ist er der (wenn zu­weilen auch genierlich verleugnete) Vater der neuen My­thologien. Und von ihm ist ganz genau zu erfahren, worum es geht. Er kennt und nennt die Prämissen des neuen Mythendenkens. Die erste Voraussetzung lautet: Gott ist tot. Nietzsche formuliert den Nachruf auf Gott im Herzen des europäischen Abendlandes. Doch Nietzsche spricht von einer zweiten Voraussetzung, die sich unerbittlich aus der ersten ergibt: Der Mensch ist tot. Nietzsche formuliert auch den Nachruf auf den Men­schen, wie er uns bisher geschichtlich vertraut und anver­traut war. Er redet vom Tod des Subjekts, hält das Subjekt für eine bloße „Fiktion“ und die Rede vom „Ich“ für einen Anthropomorphismus. Er beschreibt den Zer­fall der wahrheitsfähigen Sprache im subjektlosen Tau­mel der Metaphern. Er verkündet das Ende der Ge­schichtszeit, weil Geschichte, ist nur einmal der Hori­zont des Gottes weggewischt, in eine anonyme, zeitlich entfristete Evolution stürzt, die nichts will und nichts sucht als Evolution.

Nietzsche enttarnt die mythische Totalität im Hinter­grund der Moderne. Er legt sie auf ihre Konsequenzen fest, die er als die Prämissen seiner eigenen Mythenlehre formuliert: Tod Gottes, Tod des Menschen. So wäre also, was wir treuherzig und naiv immer noch „den Men­schen“ nennen, längst ein Anachronismus. Diesen Men­schen, sollte es ihn je gegeben haben, gibt es eigentlich nicht mehr. Um zu wissen, was der Fall ist, ist von sei­nem Tod auszugehen. Zumindest bei französischen Den­kern ist, im Gefolge Nietzsches, dieser Tod des Men­schen eine ausgemachte Sache. Und deutsche Gründlich­keit hat ihn auch schon systemtheoretisch erläutert und eingeordnet: Es gibt keine Subjekte, nur selbstreferentielle Systeme. In ihnen herrscht nicht etwa die Sponta­neität einer geschichtlichen Freiheit, sondern die Welt­raumkälte einer unendlich gleichgültigen Evolution. Was in ihr an den Menschen erinnert, der wir einmal waren, ist allenfalls gestaltlose, wahrnehmungsferne und hand­lungsferne Angst. Gewiß, das ist nicht Nietzsche, son­dern der eher mythenskeptische Niklas Luhmann.

Doch kann sich denn Nietzsche selbst dem Bann des von ihm durchschauten Zeit- und Menschenbildes entziehen? Er formuliert bekanntlich seine Gegenbotschaft auch als eine Zeit-Botschaft: als die Lehre von der ewigen Wie­derkehr des Gleichen. Sie nennt er seinen „abgründigsten Gedanken“. Diese Lehre von der Wiederkehr des Glei­chen ist, worauf vor allem Martin Heideggers einschlä­gige Überlegungen immer wieder hingewiesen haben, engstens verknüpft mit der Lehre vom Übermenschen. Beide gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Münze. Nietzsche mißtraut jeder bloßen Kompensa­tionsanthropologie. Sie bleibt für ihn – zu Recht, wie ich meine – ein für allemal an das verloren, gegen das sie angeht; sie kann am Menschen nicht gutmachen, was sie durch Resignation in den herrschenden Zeitmythos längst preisgegeben hat. Nietzsche geht es nicht um Kompensation, sondern um die substantielle Umkeh­rung des Prozesses der Moderne. Dem fristlosen Werden soll, als höchstem Ausdruck des Willens zur Macht, der Charakter des Seins aufgeprägt werden, wie es in ei­ner als „Rekapitulation“ bezeichneten Notiz Nietzsches von 1885 heißt. Das Vergehen soll als ständiges Werden in der ewigen Wiederkunft des Gleichen vorgestellt und so ständig und beständig gemacht werden, um damit „des Willens Widerwillen gegen die Zeit“ zu überwin­den.

Ich möchte hier die Vermutung äußern, daß auch Nietz­sches Radikalmythologie eine Beute jenes Zeitmythos bleibt, gegen den sie hellsichtig anzugehen sucht. Diese Vermutung wäre wohl am ehesten am Schicksal des Ge­dankens vom Übermenschen zu erläutern. Nun haben wir inzwischen einige geschichtliche Inszenierungen un­ter Berufung auf diesen Übermenschen-Gedanken Nietz­sches erlebt, die es verbieten, mit ihm ohne Schreckens­verdacht umzugehen. Mein Erschrecken bezieht sich darauf, daß die trivialste Verwirklichung des Übermen­schen die wahrscheinlichste sein könnte. Schließlich hat erst vor einigen Jahren das New Yorker Magazin „Time“ diesen Menschen nach dem Tod des Menschen, diesen Nachfolger des Menschen als „Mann des Jahres“ porträ­tiert: den Roboter, eine computerisierte Intelligenz, die an keinem Vergehen mehr leidet, weil sie nichts verges­sen kann, an keinem „Widerwillen des Willens gegen die Zeit“; eine Intelligenz ohne Geschichte, ohne Pathos und ohne Moral, die zur Maschine erstarrte Rhapsodie der Unschuld. So könnte der Übermensch gerade zur Apo­theose jener mythischen Totalität geraten, die er mit sei­nem Willen, das fristlose Werden in Beständigkeit umzuprägen, endgültig brechen wollte. Ich will und muß es hier bei dieser Vermutung belassen.

Nicht die Flucht in den Mythos rettet

Den Apologeten in mir interessiert an Nietzsche noch et­was anderes. Es handelt sich um den bei ihm hellsichtig hergestellten Konnex zwischen dem Tod Gottes und dem Tod des Menschen. Nietzsche kennt das Echo auf den Schrei seines „tollen Menschen“: Wohin ist Gott? Es lautet: Wohin denn der Mensch? Daraus ziehe ich hier, apologetisch verkürzt, einen Umkehrschluß: Wer dem Dahinschwinden des Menschen und seiner geschicht­lichen Welt, wer der Auflösung seines Gedächtnisses ins reine Experiment widerstehen will, wer seine sub­jekthafte Identität, seine wahrheitssuchende Sprache, seine Verständigungsmöglichkeiten, seinen ungesättigten Hunger und Durst nach Gerechtigkeit retten will, der kann das nicht durch Flucht in den Mythos und in die Polymythie, sondern nur durch eine theologische Hin­tergrundannah­me. Und was die auf den Tod des Men­schen und seiner Geschichte bereits mythisch einge­schworene Noch- oder Nachmoderne in Rechnung zu stellen hätte, wäre die Subversion des in den jüdisch-christlichen Traditionen verwahrten Gottesgedankens mit seiner Wahrnehmung und Gründung von Welt im Horizont befristeter Zeit. Er wird uns auch weiterhin nö­tigen und ermöglichen, von Humanität und Solidarität, von Unterdrückung und Befreiung zu reden und gegen himmelschreiende Ungerechtigkeit zu protestieren. So wäre also nicht die Polymythie, sondern der biblische Monotheismus eine Verteidigung des Menschen. Und die neue Mythologie mit ihren Polymythen wäre am Ende so etwas wie die Religion, die Weltanschauung und Weltgründung nach dem Tod der Geschichte und nach dem Tod des Menschen.

Wenn die Theologie auf den Mythos evolutionistisch entfristeter, leerer Zeit im Hintergrund der europäischen Moderne aufmerksam macht, dann ruft sie damit keines­wegs – hilflos oder arrogant – nach der Abschaffung un­serer wissenschaftlich-technischen Zivilisation und ihrer Errungenschaften. Sie proklamiert nicht etwa den fahr­lässigen Wunsch nach Euthanasie der Technik. Sie fragt vielmehr nach einer imaginativen Wahrnehmung von Welt, in der Wissenschaft und Technik auf ihren instru­mentellen Charakter festgelegt bleiben. Sie fragt nach Be­fristungsmöglichkeiten der immer mehr selbstlaufenden, immer subjektloser wirkenden Modernisierungsprozesse, in denen der Mensch immer weniger sein eigenes Ge­dächtnis und immer mehr nur noch sein eigenes Experi­ment ist. Ehe wir auf diese Fragen nach Antworten, nach Orientierungs- und Widerstandsreserven in fernen Kul­turen suchen, hätten wir auf die Tiefendimensionen un­serer eigenen zu achten – und reichten sie zurück bis in die Wurzeln des biblischen Gottesdenkens.

Herder Korrespondenz 42, 1988, S. 187-193.

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