Aus der Urkunde zur Grundsteinlegung der Martin-Luther-Kirche in Vöhringen vom 8. Oktober 1933: „Der Bau unseres Gotteshauses fällt in eine große Zeit unserer evangelischen Kirche und unseres deutschen Volks. Aus den vielen, bisher nur lose miteinander verbundenen deutschen evangelischen Landeskirchen ist die eine deutsche evangelische Kirche geworden. Das deutsche Volk hat sich nach jahrelangem äußerem und innerem Niedergang unter der machtvollen Führung Adolf Hitlers auf seine alte Kraft, auf seine alte Ehre und auf seinen alten Gott besonnen. Möge dieses Gotteshauses eine Stärke werden, da das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden, ein Ort, da Seine Ehre in Wahrheit wohnt. Dann wird von ihnen nicht nur Segen ausgehen für unsere Kirche und Gemeinde, sondern auch Heil für unser Volk und Vaterland. Dereinst aber tue der Herr uns allen die Türe zum oberen Heiligtum auf, wo wir ihn mit allen Engeln und Auserwählten loben und preisen werden in Ewigkeit. Amen!“

Einen völkischen Geist atmet die Urkunde zur Grundsteinlegung der Martin-Luther-Kirche in Vöhringen vom 8. Oktober 1933, vermutlich vom damaligen Illertisser Pfarrer und späteren Nürnberger Kreisdekan OKR Dr. Eugen Giegler (1900-1992) geschrieben. Damals unterstützte die bayerische Landeskirche mit deren Bischof Hans Meiser die Konstitution der „Deutsche Evangelische Kirche (DEK)“ mit der Wahl des „Reichsbischofs“ Ludwig Müller auf der „Deutschen Evangelische Nationalsynode“ am 27. September 1933 in Wittenberg:

Urkunde

Im Jahr des Herrn Eintausend Neunhundert Dreiunddreißig, da an der Spitze der Deutschen Evangelischen Kirche Reichsbischof Ludwig Müller und an der Spitze unserer bayerischen Landeskirche Landesbischof D. theol. Hans Meiser steht, unter dem Reichspräsidenten Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, unter den Reichskanzler Adolf Hitler, unter dem Reichsstatthalter für Bayern General Franz Ritter von Epp, wurde am 8 Oktober, am 17. Sonntag nachmittags 3 Uhr der Grundstein dieser Kirche gelegt und gegenwärtige Urkunde in den Grundstein an der Südwestecke der Kirche in einer Stahlkassette eingemauert. Die Stahlkassette enthält außer der Urkunde eine Bibel, den Bauplan, die letzten Nummern kirchlicher und weltlicher Blätter, eine Kassette mit Fabrikationsmustern der Wieland-Werke A.G. Vöhringen, sowie Geldmünzen aus unserer Zeit

Die ersten Vöhringer Evangelischen, die wohl um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts zuzogen, hielten sich zu den Gottesdiensten in Holzschwang und Ulm/Neu-Ulm. Durch die Einrichtung evangelischer Gottesdienste in Illertissen seit 1878 und vor allem durch den Bau des dortigen Gotteshauses im Jahr 1896 wurden die Glaubensgenossen mehr und mehr dorthin gewiesen; im Jahre 1910 wurden sie in die damals errichtete Tochterkirchengemeinde Illertissen eingepfarrt. Wegen der Schwierigkeit des Gottesdienstbesuches sind Illertissen wurden im Jahre 1898 für Vöhringen monatliche Bibelstunden eingerichtet. Die erste fand am 13. Februar 1898 im alten Speisesaal der Wieland Werke durch die Vikar Goos-Neu-Ulm statt. Nach einiger Zeit wurden die Bibelstunden in Gottesdienste umgewandelt und der neue Speisesaal der Wieland Werke zu Gottesdiensten und Unterricht zur Verfügung gestellt. Durch die Errichtung eines exponierten Vikariats in Illertissen konnten die Zahl dieser Gottesdienste dann seit 1912 auf etwa 30 jährlich vermehrt werden. Das Jahr 1930 brachte endlich die selbstständige Tochterkirchengemeinde Vöhringen und eine Tochterkirchengemeindestiftung zur Erledigung ihrer finanziellen Angelegenheiten. Heute zählt die Tochterkirchengemeinde Vöhringen, zu der auch Bellenberg gehört, rund 280 Evangelische.

Der Gedanke eines Kirchenbaues war schon vor dem Krieg lebendig, und es war ein ansehnlicher Baufond vorhanden, der aber ein Opfer der Inflation wurde. Im Jahre 1928 wurden die ersten Verhandlungen wegen des Kirchenbaues wieder aufgenommen, am 7. Juni 1929 der Bauplatz um den Preis von 4700.– Mark gekauft, im gleichen Jahr ein Bausparvertrag mit der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot zur Finanzierung des Baues abgeschlossen und Architekt Karl Rudolf Motz-Stuttgart mit der Fertigung der Pläne betraut. Um die Mittel zum Kirchenbau aufzubringen, wurde eine Sammlung unter den hiesigen und auswärtigen Glaubensgenossen durchgeführt, die politische Gemeinde Vöhringen spendete 6000.– Mark, die Firma Wieland-Werke A.-G. gleicherweise 6000.– Mark, die Landessynode genehmigte für 1931 5000.– Mark, die Muttergemeinde Illertissen verzichtete auf Pflichtleistungen der Tochtergemeinde Vöhringen in Höhe von 1800.– Mark, der Gustav-Adolf-Verein sandte jährliche Gaben und spendete auf seinem letzten Jahresfest in Wunsiedel 1000.– Mark.

Die heutige Grundsteinlegungsfeier begann mit einem Gottesdienst in den Speisesaal der Wieland-Werke, bei welchem der Ortspfarrer eine Ansprache über das Sonntagsevangelium Lukas 14,1-11 hielt. Es folgte nach feierlichem Zug zum Bauplatz die Weihehandlung, bei welcher Herr Oberkirchenrat Kreisdekan D.theol. Karl Baum-München über [?] sprach.

Die feierlichen Hammerschläge aus dem verschlossenen Grundstein werden tun:
Herr Oberkirchenrat Kreisdekan D.theol. Karl Baum-München für den evang.-luth. Landeskirchenrat in München
Herr Dekan Otto Sittig für den Kirchenbezirk Leipheim
Herr Pfarrer Dr. phil. Eugen Giegler für die Pfarrei Illertissen
Herr [Oberamtsmann Eugen Endres] für das Bezirksamt Illertissen
Herr Erster Bürgermeister Johann Knauer für die Ortsgemeinde Vöhringen
Herr Dr. ing. Philipp Wieland für die Wieland Werke A.-G. Messingwerke Ulm-Vöhringen
Herr Karl Neher für die Tochterkirchenverwaltung Vöhringen
Herr August Gössler für die Kirchenverwaltung Illertissen
Herr Hermann Renz für die Tochterkirchenverwaltung Illereichen-Altenstadt
Herr Architekt Karl Rudolf Motz-Stuttgart
Herr Maurermeister Matthias Sirch-Vöhringen

Mitglieder der Tochterkirchenverwaltung Vöhringen sind:
Pfarrer Dr. Eugen Giegler, David Frech, Wilhelm Huber, Gottlieb Idler, Karl Neher, Otto Neureuther, Ludwig Wieland. Ersatzleute: Michael Birzele und Christian Botzenhardt.

Der Bau unseres Gotteshauses fällt in eine große Zeit unserer evangelischen Kirche und unseres deutschen Volks. Aus den vielen, bisher nur lose miteinander verbundenen deutschen evangelischen Landeskirchen ist die eine deutsche evangelische Kirche geworden. Das deutsche Volk hat sich nach jahrelangem äußerem und innerem Niedergang unter der machtvollen Führung Adolf Hitlers auf seine alte Kraft, auf seine alte Ehre und auf seinen alten Gott besonnen. Möge dieses Gotteshauses eine Stärke werden, da das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden, ein Ort, da Seine Ehre in Wahrheit wohnt. Dann wird von ihnen nicht nur Segen ausgehen für unsere Kirche und Gemeinde, sondern auch Heil für unser Volk und Vaterland. Dereinst aber tue der Herr uns allen die Türe zum oberen Heiligtum auf, wo wir ihn mit allen Engeln und Auserwählten loben und preisen werden in Ewigkeit. Amen!

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