Martin Kähler, Die Theologie in ihrer Bedeutung für die Gemeinde dargestellt (1903): „Die Theologie ist eine Sprachmeisterin. Sie ist noch mehr, sie ist sozusagen ein fortwährender Fingerzeig auf die Wahrheit; darauf, dass das Christentum den ganzen Menschen will, und indem es den ganzen Menschen will, an eine seiner Seiten, die man beim Christentum vielmals sehr gering schätzt, sehr starke Ansprüche erhebt. Die Theologie ist unerbittlich, wenn man bloß von religiösem Gefühle, bloß von der Praxis redet; wenn man meint, Gefühl und Wille sei allein von der Religion, vom Christentum in Anspruch genommen, und es sei am besten, wenn man ganz darauf verzichtet, dass das Christentum auf Wahrheit beruhe.“

Die Theologie in ihrer Bedeutung für die Gemeinde dargestellt

Von Martin Kähler

Verehrte Freunde und Brüder! Warum ist dieser Gemeinschaftsconferenz eine Pastoralconferenz angefügt, in der theologisch verhandelt werden soll? Doch deshalb, damit in den Kreisen der im tätigem Leben stehenden lieben Brüder oder auch Schwestern, ein gewisses unheimliches Grausen bei dem Namen „Theologie“ verschwinde. Es ist uns ja, was wir nicht kennen, vielfach unbehaglich, manchmal auch etwas, was wir früher gekannt haben, und das uns nun, sozusagen, aus dem Gesichtskreise gewachsen ist. Und nun will ich nicht Stichworte wiederholen; aber das ist doch bekannt, daß die Theologie jetzt vielfache Sorge und Bedenken erweckt, auch Mißtrauen in weiten Kreisen genießt. Das ist ein Übelstand, denn an dem Leibe Christi, welchen wir Kirche heißen dürfen, ist die Theologie ein wesentliches Glied, nicht das wesentlichste, aber ein wesentliches Glied. Und deshalb ist es eine wichtige Ausgabe, für ihre Bedeutung bei allen evangelischen Christen das rechte Verständnis zu wecken, und namentlich auch für die Unentbehrlichkeit und Diensamkeit der heutigen Theologie.

Wenn ich nun schulmäßig redete, müßte ich erst eine Definition davon geben, was Theologie sei. Das will ich nicht tun. Anstatt einer Definition will ich versuchen, den lieben Freunden und Brüdern zu sagen, was wir von der Theologie haben müssen und was sie für die Kirche ist.

Sie ist erstens eines der Schatzhäuser der Kirche. Was Gott der Herr seit Jahrhunderten durch seine Kirche gewirkt hat, durch welche Wege er die Seinen hin und her geführt hat, das liegt im Schoße der Vergangenheit. Es ist auch in der Literatur beim Antiquar hinterlegt. Aber es gibt ja Antiquare, wenn man zu denen kommt und fragt: „Was hast du?“ so wissen sie es selber nicht. Ein Antiquariat ist eben erst dann etwas wert, wenn es gut geordnet ist und man sich darin zurecht finden kann. Eine Bibliothek ohne Bibliothekar, eine schlecht aufgestellte Bibliothek ist ein wahres Leid und eine Last. Wenn wir die Vergangenheit der Kirche bloß in der Literatur hätten, so würden wir alle zufällig auf dieses oder jenes Buch stoßen, und wir würden uns vielleicht darauf verlassen, daß Gott der Herr es uns in die Hand spielt und das wird vielfach wirklich so sein. Aber jenen Schatz zu verwalten und mit diesen Schätzen der Vergangenheit in stetem Zusammenhänge zu bleiben, wäre nicht möglich, wenn nicht die Theologie wäre, welche über die Arbeit der Vergangenheit Buch führt, über die Arbeit, welche allerlei Leute in der Gegenwart (die manchmal sehr geneigt sind, auch in christlichen Dingen sich darüber zu freuen, wieweit sie es eben jetzt gebracht haben) daran erinnert, daß an dem Bau­me, der schon lange gewachsen ist, reife Früchte sind, und welche ihnen die großen und wichtigen Schätze der Vergangenheit immer wieder zuführt.

Also die Theologie, ein Schatzhaus, bei dem man anklopfen muß und mag, wenn man bereit ist, in der großen Schule zu lernen, in die Gott der Herr seine Christenheit geführt hat. Und damit tritt uns schon ein Weiteres entgegen. Ein großer Theologe hat gesagt: Mein Christentum muß das Christentum aller sein, meine Theologie ist nur die meine. Das ist nur sehr bedingt war. Ein einzelner Mensch kann gar keine Theologie haben. Ein einzelner Mensch kann christliche Erkenntnis haben, tiefe Erkenntnis, aber Theologie kann er vereinzelt gar nicht haben. Denn Theologie ist ein in den Kunstformen menschlicher Forschung durchgeführtes Wissen um die Schöpfung Gottes, die wir Christentum nennen, und dieses in den Kunstformen menschlichen Erkennens durchgeführte Wissen, das kann kein einzelner haben, kann er auch gar nicht als solches handhaben; das ist ein Ding, was von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, von Jahrhundert zu Jahrhundert wächst und an Umfang in allen Beziehungen über die Umfassungskraft jedes einzelnen hinausreicht.

Die Theologie ist also eine Sache — dieses Wort hören Sie vielleicht gern — eine Sache der Gemeinschaft. Und zwar ist die Theologie auch eine Erscheinung der unsichtbaren Kirche. Freilich ist in der Theologie, wie in der Kirche überhaupt, sehr viel von der sichtbaren Kirche, was vom Übel ist. Aber was die Theologie zu einem wesentlichen Gliede der Kirche macht, das ist das, was in ihr lebt aus der unsichtbaren Kirche. Wir wissen den Namen des Mannes gar nicht, der Luther einmal den ersten Fingerzeig auf die freie Gnade gegeben hat — nebenbei: aus dem Apostolikum — das ist gewiß eine Erweisung der unsichtbaren Kirche; und was hat das gewirkt!

Und ist nun diese Theologie, die durch Jahrhunderte geht, etwas Wichtiges für die Kirche? Soll ich Sie zum Beweise hierfür daran erinnern, daß der Apostel, welcher das größte Werk der Mission vollbracht hat, das je vollzogen ist, der Theologe unter den Aposteln heißt und darum bei der modernen Theologie übel berufen ist? Soll ich Sie daran erinnern, daß die gesegnete Reformation wohl ihre Quelle in der Klosterzelle und in dem geängstigten Herzen eines Mönches, ihren Anstoß in der Seelsorge an dem Ablaß gehabt hat, jedoch durchgeführt worden ist von einem Professor und Doctor der Theologie? Wer hat im Anfange des vorigen Jahrhunderts mehr Söhne durch das Evangelium gezeugt als August Neander und August Tholuck?!

So wirkt die Theologie auf die Kirche. So bedeutsam ist sie, weil sie der Gemeinbesitz der Kirche ist und weil dieser Gemeinbesitz als Schatzhaus verwaltet werden muß.

Aber die Theologie ist auch noch etwas anderes. Sie ist eine Sprachmeisterin für die Christen.

Der Apostel Paulus fand nötig, den Korinthern zu sagen: „Ihr dürft nicht bloß in Zungen reden. Denn wenn ich in Zungen rede, dann bin ich (so hat Luther sehr gut übersetzt), undeutsch dem, der es hört, denn er versteht nicht, was ich rede.“ Nun ist Zungenreden nicht etwa etwas Böses, nicht, wie jetzt offen gesagt wird, eine traurige enthusiastische Entgleisung der ersten Christen. Paulus sagt: ich danke Gott, ich rede mehr in Zungen, denn ihr alle. Er erklärt auch diesen Dank. Im Zungenreden betet sein Geist; er singt seine Dank- und Lobpsalmen, er spricht mit Gott. Da werden die innersten Erfahrungen laut und finden einen eigenartigen Ausdruck, der keinem andern verständlich ist, weil eine allen geläufige Sprache dafür noch nicht ausgebildet ist. Derselbe Paulus, der Theologe unter den Aposteln, ist dann auch der christliche Sprachmeister von Gottes Gnaden gewesen, und von ihm hat die Christenheit auch „mit dem Sinne“ d. h. mit dem Verstände „allgemein verständlich“ von dem Leben aus Gott reden gelernt. — Des Apostels Urteil ist auch heute noch maßgebend. Der Dank und das Lob für das Innerste unsers Lebens bleiben ein Zungenreden im Geist und das gehört vor Gott. Wenn man aber anderen Leuten zumutet, immer von den besonderen Erfahrungen in seiner eigenen Redeweise zu hören, dann gibt es eine Sprachverwirrung, wie in Korinth, ein Babel. Davor zu bewahren, bedarf es einer Sprachmeisterin.

Es ist auch noch damit nicht getan, wenn wir raten: halte dich an die Bibel. Die Sache ist nicht so einfach; man muß immer wieder daran erinnern. Waren die Reformierten nicht ehrliche Bibelforscher oder waren es die Lutheraner nicht? Haben beide es nicht ehrlich gemeint? Sie sind doch nicht übereingekommen. Sind alle die verschiedenen Arten von uns Protestanten nicht ehrliche Bibelforscher gewesen? Es hat sie nicht zu jener Einheit geführt, von der der Herr sagt: „Daß sie alle eins seien, auf daß die Welt glaube, daß du mich gesandt hast.“

Es gilt den Ausdruck finden und regeln. Und nun meine Freunde! Wenn Sie sich und anderen Leuten die Bibel auslegen, wissen Sie es gar nicht, wie viel Theologie Sie im Kopfe und im Munde haben. Das ist in der Kirche gemeinsame Theologie, gemeinsamer Besitz geworden. Aber Theologie ist es doch zuerst gewesen. So gibt es manche Worte, die gehen von Jahr­hundert zu Jahrhundert, werden aber von der Theologie immer für den gemeinen Gebrauch umgeprägt. Nehmen Sie das Wort Buße. Es hat zuerst ein kirchliches Zuchtmittel bedeutet; dann nannte man ein Sakrament, ein Gnadenmittel so; mit dem erneuerten Evangelium gewann es die Bedeutung von Sinnesänderung zum Glauben. So ist die Theologie eine Sprachmeisterin, die uns hilft, uns zu verständigen. Sie werden aber sagen: haben denn die Theologen nicht viel mehr Zänkerei angerichtet, als andere Christen? Aber ich bitte Sie, sich zu besinnen; ist denn da, wo die Theologie gescholten wird, weniger Zänkerei? Gewiß nicht. Sind die Stifter protestantischer Secten vornehmlich in wissenschaftlicher Leistung ausgezeichnete Theologen gewesen? Man verwechselt bei solchen Schilderungen meistens Gemeinschaftsleiter mit Theologen; das ist bei unseren kirchlichen Verhältnissen erklärlich, bleibt aber doch sachlich eine Verwechselung. Das Zanken ist die allgemeine menschliche Sünde an uns, aber es ist nicht das, was der Theologie als Theologie eigentümlich ist. Auch innerhalb der Wissenschaft ist nicht die Theologie durch Streit ausgezeichnet. Der Schein schärferen Streitens ergibt sich aus dem Unterschiede, daß es sich bei den Theologen nicht nur um Kenntnisse und Einsichten, sondern um persönlichste Überzeugungen handelt. Hiervon abgesehen gehen die Philologen viel schlimmer miteinander um als wir Theologen.

Also die Theologie ist eine Sprachmeisterin. Sie ist noch mehr, sie ist sozusagen ein fortwährender Fingerzeig auf die Wahrheit; darauf, daß das Christentum den ganzen Menschen will, und indem es den ganzen Menschen will, an eine seiner Seiten, die man beim Christentum vielmals sehr gering schätzt, sehr starke Ansprüche erhebt. Die Theologie ist unerbittlich, wenn man bloß von religiösem Gefühle, bloß von der Praxis redet; wenn man meint, Gefühl und Wille sei allein von der Religion, vom Christentum in Anspruch genommen, und es sei am besten, wenn man ganz darauf verzichtet, daß das Christentum auf Wahrheit beruhe. Jetzt werden Bücher über das Wesen des Christentums geschrieben. Man schreibt über das Wesen, weil man nicht mehr den Mut hat, über die Wahrheit zu schreiben. Jesus hat nie gesagt: ich bin das Wesen. Das wäre Hegelisch gewesen. Aber er hat gesagt; „ich bin die Wahrheit.“ Und das gilt gegen alle Skepsis, und zwar nicht bloß gegen die Skepsis der Theologen, sondern auch gegen die Skepsis der lieben Brüder aus dem Laienstande. Sie wissen beide, woran sie sich halten können. Wenn aber Christus die Wahrheit ist und die Theologie hat Christum, dann hat die Theologie auch die Wahrheit, und dann wird gefordert, daß man nach der Wahrheit frage und daß man sich nicht damit begnüge, von der Wirklichkeit des Christentumes zu reden. Freilich ist’s billig anzuerkennen, daß die Kirche da ist, daß wir um deswillen hier sind, weil es Leute gibt, die erklären, an Christum zu glauben. Die Wirklichkeit kann kein Mensch auslöschen. Die Wirklichkeit Jesu des Auferstandenen, die Wirklichkeit des dreifältigen Gottes läßt sich freilich nicht ebenso beweisen, und darum ist’s dabei auch nicht so einfach mit der Wirklichkeit abgemacht. Darum spricht die Bibel: in Christo kommt die Wahrheit. Und die Wahrheit will erkannt sein, die Erkenntnis aber fordert die Vernunft. Die Vernunft hat zwar Luther sehr gescholten, wenn sie sich auf ihre eigenen Füße stellte und gegen das Evangelium empörte; aber er hat sie unter die edelsten Schöpfergaben gerechnet: „Vernunft und alle Sinne“ im ersten Artikel. Und an die Vernunft wendet sich die Theologie.

Ich bin noch immer nicht damit fertig, Ihnen zu sagen, was Theologie ist. Nun muß ich etwas weit ausholen, entschuldigen Sie.

Es gibt in der Physik ein Gesetz vom Parallelogramm der Kräfte. Techniker wissen ganz genau was das ist. Gegenstände, die in Bewegung sind, stehen unter Einwirkungen von zwei verschiedenen Kräften; eine treibt nach links, die andere nach rechts. Wenn Sie sich diese Wirkungen denken, so bilden sie, wie wir sagen, einen Winkel. Aus diesem Winkel heraus geht eine andere Linie, die zeigt, wo der Wettstreit der Kräfte den Gegenstand hinbefördert. Das nennt man die Winkellinie oder Diagonale. Nun kommt’s darauf an, welche Kraft ist die schwächere, welche die stärkere. Je nachdem geht diese Linie mehr nach links oder nach rechts. Die Theologie ist eine solche Diagonale. Sie beruht auf zwei Triebkräften. Die eine Triebkraft ist das Evangelium, der Inhalt, den wir besitzen und der durch die Sprachmeisterin in die Welt hineingebracht werden soll. Aber das geht nur durch die Vernunft, und die Vernunft steht auch noch unter einer anderen Triebkraft, und diese Triebkraft ist das Erkennen aller Dinge um sie her. Wie wir an der Theologie eine einflußreiche Größe haben, die uns zusammenschließt, so ist es auch mit der allgemeinen Wissenschaft in ihrem Bestreben, die Welt in ihrem Sein und ihrer Entwicklung zu umspannen. Wir können uns ihres Einflusses nicht entschlagen.

Wie ist es nun mit dieser Wissenschaft? Sie bildet eine sogenannte Weltanschauung aus. Und nun ist es gar nicht anders möglich, als daß in unserer Seele beide wohnen. Und wie Sie garnicht wissen, wie viel Theologie Sie in Kopf und Mund haben, so wißen Sie vielleicht auch gar nicht, wie viel von jener Weltanschauung, von jener Welterkenntnis Ihnen zur zweiten Natur geworden ist. Sie können das auch gar nicht ohne weiteres los werden. Nun kommen diese beiden Kräfte, stoßen aufeinander und müssen ausgeglichen werden; und der arme Mensch, der von ihnen ergriffen ist, muß in irgend einer Richtung getrieben werden. Auf die Ausgleichung der Kräfte kommt’s an. Gott hat dazu unsere Arbeit in der Theologie verordnet. Das ist von Anfang an so gewesen, das ist nicht etwa erst jetzt so, wo die Leute ausdrücklich von Christentum und Weltanschauung reden. Früher hat man schon von Ausgleichung des Christentums mit der Bildung oder Cultur geredet. Aber das geht viel höher in die Vergangenheit hinauf. Was ist die erste Theologie in der Geschichte der Kirche gewesen? Apologie. Aus der Verteidigung des Christentums gegen die Angriffe der heidnischen Denker ist die Theologie erwachsen. Darum schelten auch viele Leute, die einer Theologie gram sind, zumeist darüber, daß sie Apologetik sei. Mir sagte jemand, ihm gefiele Harnacks Wesen des Christentums nicht; es sei doch bloß Apologetik. Harnack will in der Tat nichts anderes, als was er vom Wesen des Christentums erkannt hat, mit der Weltanschauung auseinandersetzen und verteidigen. Die Apologetik geht also durch die ganze Theologie und in allen ihren Richtungen. Aber Sie wissen, die beste Verteidigung ist der Angriff, — Apologie ist Polemik. Sie muß eine Auseinandersetzung sein dessen, was wir am Christentume besitzen, mit dem uns durch unsere Anlagen, durch die Entwicklung der Menschheit, durch unsere geschichtliche Stellung aufgenötigten Denken. Das ist doch etwas, was die Christenheit, was die Christen, was auch die engsten Kreise der Christenheit, was auch die Gemeinschaft angeht: Sie sind nur deshalb gewöhnlich so ruhig über diesen Punkt, weil sie gar nicht dadurch beunruhigt sind, wieviel von diesem theologischen Gift sie in sich haben.

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Wenn ich nun versucht habe, Ihnen diese übel beleumundete Theologie in ihrer Bedeutung für die Kirche zunächst einmal im allgemeinen zu schildern, so ist es nun meine Aufgabe, Ihnen zu sagen, wie steht es denn jetzt im Augenblicke mit der Theologie?

Weissagen kann ich nicht. Propheten, welche die Zukunft voraussagen, gibt Gott seiner Kirche nach Christo nicht mehr; wir haben auch in dieser Beziehung an dem genug, was wir an Christo haben. Propheten, die das Evangelium geistesmächtig in die Herzen bringen, gibt Gott fortwährend. Aber weissagen kann ich nicht, und doch ist die Frage nach der Gegenwart zum guten Teile zugleich eine Frage nach der Zukunft. Daher rühren meine Bedenken. Wie soll ich einzelner Mensch mit meinem beschränkten Gesichtskreis es unternehmen, solch einen Durchschnitt zu zeichnen. Ich kann nur eins zur Entschuldigung dafür sagen, daß ich das auf die Aufforderung hin unternommen habe. Es sind nun gerade 50 Jahre her, daß ich mein erstes theologisches Colleg über Kirchengeschichte gehört habe. Seit der Zeit hat Gott der Herr mich so geführt, daß meines Lebens Hauptkraft mit der Beschäftigung an der Theologie und damit hingegangen ist, daß ich, wie ich hoffe, in seinem Auftrage versucht habe, meine lieben Schü­ler für die Theologie zu erwärmen und sie vor den Schädigungen durch die Theologie zu bewahren. Wenn nun einer ein Recht hat, über die jetzige Theologie mitzusprechen, dann muß es wohl der fein, dessen Leben mit ihr verwachsen ist. Ich weiß aber sehr wohl, daß das, was ich sage, ein verhältnismäßig individueller Überblick sein wird und sein muß. Vielleicht gelingt es mir aber, doch Ihnen klar zu machen, wie wichtig es sei, daß alle Glieder der Kirchen und Gemeinschaften, ob sie das alte Kirchengebet mitbeten für die Lehrer und Diener des Wortes oder ob sie frei beten, die Theologen und sonderlich die, welche Katheder-Theologen sind, auf ihre fürbittenden Herzen nehmen; nicht bloß aus Nächstenliebe, sondern aus Selbstliebe als Christen, zumal aber aus Liebe zum Herrn der Kirche.

Wenn ich nun zur Theologie in ihrem wirklichen Bestände kommen soll, so darf ich Ihnen doch nicht ein Colleg über Encyklopädie vortragen mit allen den schönen „iken, iken, iken“; deshalb verzeihen Sie, daß ich nochmals ein Bild brauche.

Die Theologie, die theologische Wissenschaft, ist ein Lebewesen. Sie besteht nicht bloß in Büchern, nicht bloß in Vorlesungen, nicht bloß in einzelnen Schriftstellern und Professoren. Sie ist ein gewisses Lebewesen. Und dieses Lebewesen, wie alle Lebewesen auf Erden, hat einen Leib und eine Seele. Der Leib, wenn er keine Seele hat, ist kein Leib mehr, sondern ein Ding, das in seine Stoffe auseinanderfällt. Die Seele auf Erden, wenn sie keinen Leib hat, ist ein Gespenst. Ein solches doppelseitiges Lebewesen ist die Theologie nun deshalb, weil sie es mit einem Gegenstände zu tun hat, der ganz derb in der Wirklichkeit darin steht. Das ist das vielen Christen so unbequeme geschichtliche Christentum.

Das Christentum hat nicht bloß, sondern ist in einem wesentlichen Stück eine Vergangenheit — darüber läßt sich gar nicht streiten. Keiner von uns, wie viele christliche Erfahrungen er besitze, kommt darum herum, mit dem Christentume der Vergangenheit zu tun zu haben. Diese Vergangenheit ist Leben und Werk Jesu. Das Christentum ist aber nicht bloß eine Vergangenheit, sondern von jener ersten entscheidenden Vergangenheit her ist es einer der gewaltigsten Factoren in der Entwicklung der einheitlichen Menschheit. So ist das Christentum eine imposante, geschichtliche Größe. Und diese imposante geschichtliche Größe muß und will gekannt sein. Wenn aber ein Christ überhaupt in der Lage ist, darüber ernstlich nachzudenken, und dann meint, er dürfe sich die Bemühung um die Bekanntschaft mit dieser Geschichte erlassen, dann bringt er sich selbst um einen großen Schatz seines Lebens. Nicht bloß das; er kann auch den großen Gott nicht so voll erkennen, wie er ihn erkennen könnte, wenn er sich diese große Erscheinung näher betrachtet, sie kennen und verstehen lernt.

Die Theologie hat es also mit diesem großen geschichtlichen Ganzen zu tun, mit dem Jesus der Vergangenheit und mit dem in seinem Geiste die Kirche regierenden Jesus aller Zeiten. Wenn wir nun die Kenntnis davon ins Auge fassen, so haben wir damit den Leib der Theologie. Alles das von Erkenntnis, was zusammenhängt mit unserer Bibel, alles das von Erkenntnis was zusammenhängt mit der Kirchengeschichte und dem heutigen Zustande der Christenheit, bildet diesen Leib. Damit Sie nicht denken, Kirchengeschichte sei bloß ein altes Gerümpel von Streitigkeiten der Theologen und von Bestrebungen und Errungenschaften der Päpste, so erinnere ich Sie daran, was Sie gestern gehört haben. Die Kirchengeschichte ist auch Missionsgeschichte[1]), und zwar handelt es sich nicht bloß um Mission unter den Heiden, sondern auch um Mission unter der Christenheit in den verschiedensten Gestalten. Die Kenntnis dieser großen Geschichte zerfällt nun doch überall wieder in eine große Menge von einzelnen Kenntnissen und diese einzelnen Kenntnisse müssen gesammelt werden. Sie sind an vielen Orten zum Teil erst wieder zu suchen, und nirgends tritt die Notwendigkeit gemeinsamer Arbeit so hervor, wie hierbei. Man kann gar nicht genug wissen, um die Bibel zu verstehen, nämlich um diese Bibel als geschichtliches Ganzes zu verstehen und zu kennen, auch um sie in ihrer Herrlichkeit zu erkennen. Selbst die Theologen wissen noch viel zu wenig von der Geschichte der Bibel. Da wären noch viele Schätze zu heben; das lege ich meinen jungen Theologen immer ans Herz. Aber immerhin, all diese Erkenntnis zusammen ist nichts als das Äußere, als die Elemente zu einem Leibe, der eben erst dadurch zu einem Leibe wird, daß er beseelt ist. Wo steckt nun die Seele der Theologie?

Nun kommt etwas sehr Schlimmes. Die Seele der Theologie steckt in den Anschauungen und Überzeugungen. Da hilft gar nichts. Die einzelnen Kenntnisse sind auseinander geworfene Teile eines Lebens Man kann sie als Ganzes nur unter Gesichtspunkten zusammenfassen, wenn man ein endlicher Mensch ist. Das wissen ja die Maler; man kann die Dinge nicht sehen, wie sie sind. Wenn man sie in ein Bild fassen will, muß man sie von einem bestimmten Standpunkte und unter einem Gesichtspunkte sehen, und sich bemühen, ihren Anblick von hier aus festzuhalten. Und wer die Dinge erkennen will, muß sie ebenso sehen, wie der Maler sie gesehen hat; das ist unsere endliche und menschliche Begrenztheit.

Nun haben wir aber nicht bloß menschliche Gesichtspunkte und beschränkte Urteile. Wir haben mehr. Wir haben die Wahrheit und die Wahrheit ist Licht. Wenn die Sonne des Morgens aussteigt, dann werden die fahlen Größen, die flach und verschwimmend vor mir liegen, auf einmal bestimmt unterschieden, durch Schatten gehoben und in Farben lebendig. Deutlich haben wir ein anschauliches Bild, ein uns entzückendes Bild vor Augen. So kommt die Sonne der Wahrheit des Evangeliums und wirft Licht auf diese Dinge und dann wird aus der Masse von einzelnem Wissen eine Wissenschaft, ein lebendiges Ganze. Das kommt zumeist zum Ausdruck in dem Teile der Theologie, die wir gemeinhin Glaubenslehre und Sittlichkeitslehre nennen, Dogmatik und Ethik, auch wohl neuerdings systematische Theologie.

Die viel verlästerten Dogmen, das sind jene großen Gesichtspunkte, unter welchen die Kirche gelernt hat, das Chaos der Kenntnisse zu überschauen; und die Arbeit am Verständnisse dieser Kenntnisse, das ist die eigentliche Seele der Theologie. In der Seele liegen auch die Kämpfe. Darum werden hier die schwersten Kämpfe der Theologie gestritten.

Daß wir uns immer so dadurch erschrecken und davon abstoßen lassen, daß es in der Theologie Kämpfe gibt! Kämpfe können gar nicht ausbleiben. Es muß auch sonst Kämpfe geben. Es gibt in jedem Menschenleben Kämpfe. Die Ausgleichung der Kräfte zur Diagonale, wie soll sie stattfinden ohne Kämpfe? Wie sott der edle Schatz der evangelischen Wahrheit in die gemeine Münze nm- geprägt werden? und ihrer bedarf es doch, um sie herauszugeben für jeden kleinsten Mann, der nicht mit Schätzen umgehen kann, sondern seinen Tagesbedarf mit wenigen Groschen bestreiten muß. Wie soll das geschehen, wenn es nicht durch eine Ausgleichung der beiden Kräfte geschieht? und das geschieht unter Kämpfen.

Und nun habe ich noch immer nicht vom gegenwärtigen Stande der Theologie geredet. Nun komme ich dazu.

***

Was die Elemente für den Leichnam der Theologie angeht, so sind wir heutzutage unvergleichlich reich. Seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts ist ein starker Sinn für geschichtliche Forschung über die Menschheit gekommen und hat sich immer weiter entwickelt. Weil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Naturwissenschaft so riesige Fortschritte gemacht hat, daß weithin fast nur von ihr die Rede war, haben sich die meisten davon so imponieren lassen, daß jene Tatsache mehr in den Hintergrund getreten ist. Aber die historische Wissenschaft hat zweifellos ihre glänzendste Epoche im zweiten Dritteil des vorigen Jahrhunderts gehabt und das wirkt nach. Und so sind wir nun ungemein reich an geschichtlichem Wissen. Manchmal hat Reichtum etwas Obstruierendes; man kann mit all den Schätzen nicht fertig werden, und dann fallen sie wie schwere Lasten auf die Leute. Die historischen Forscher haben sich nicht damit begnügt, bloß in Büchern zu forschen, wie Schiller schon ahnend sagt: „Würde die Geschichte davon schweigen, tausend Steine würden redend zeugen, die man aus dem Schoß der Erde gräbt.“ Er hat dabei nur an das Forum von Rom gedacht. Jetzt ist uns die ganze asiatische Mutterwelt der europäischen Kultur erschlossen, und nun strömen die Kenntnisse auf uns zu, und sie alle sind uns nicht gleichgültig für die Theologie. Ich brauche wohl bloß die beiden Worte Babel und Bibel auszusprechen, so haben Sie die Bedeutung vor sich, zugleich mit einer gewissen Besorgnis.

Ist daß nun bloß vom Übel? Die Kenntnisse zunächst sind ganz unbedenklich, vielmehr dankenswert; sie gehören alle dazu, um die Zeit zu erforschen, in die unsere Bibel hineingehört. Keine genauere Kenntnis der Bibel kann vom Übel sein.

Übrigens, meine Freunde, auch ohne Prophet zu sein, kann ich Ihnen versichern, daß sich schon jetzt ein Vorteil für die Schätzung der Bibel voraussehen läßt. Wir Menschen sind von Natur neugierig, und diese Neugier richtet sich bisweilen auch auf das Alte und Vergangene, das wir bisher nicht wissen konnten. Da wird dann gesucht und wenn man nicht Befriedigung findet, werden Hypothesen gemacht; und eine Hypothese erscheint außerordentlich fruchtbar, wenn sich nach ihr alles schön konstruieren läßt. Weil man mit diesem Erkenntnishunger aus der bekannten und erforschbaren Vergangenheit in die Anfänge der Menschheit hinüberzusehen sucht, wandte sich auch die allgemeine geschichtliche Forschung dem Alten Testamente zu; es war ja das beste, ja fast das einzige, was man von Bericht über die Urzeit hatte. Man konnte kaum wo anders suchen. Jetzt aber hat Gott der Herr die Gräber aufgedeckt und nun können alle die forschenden Seelen in Assyrien und Babylonien, wo sie wollen, wie die Maulwürfe nachgraben und forschen. Und nun, wenn man sich dort wird festgesetzt haben, wird heraustreten und wieder zur Geltung kommen, daß die Bibel nicht vornehmlich ein Fundort für archäologische Kenntnisse ist, daß sie vielmehr ein Buch ist, das im Grunde nur von den Taten Gottes und dem Glauben der Menschheit erzählt. Und dann wird das Alte Testament vielen auf einmal langweilig werden, wenn sie das einsehen. Also, es kann durch diese ganze Arbeit eine entscheidende Entlastung für unsere Theologie eintreten.

Da ich nur Proben herausgreifen kann, stelle ich neben den Gewinn aus den Forschungen über die grundlegende Vergangenheit des Christentumes den anderen aus der geschichtlichen Arbeit über den Ursprung unserer evangelischen Kirchen. Beim Kampf um die Bibel steht uns die heidnische Weltanschauung gegenüber. Sind wir allein von ihr bedrängt? Fällt nicht von jenseits der Alpen ein beängstigender Schatten auf unser kirchliches Leben? Haben nicht protestantische Theologen zum Teil den römischen vorgearbeitet, um Mißtrauen gegen die Reformation in den Seelen der evangelischen Bevölkerung zu erwecken? Was ist es doch nun Großes, wenn wir genau wissen können, was in der Reformation vorgegangen ist! Was ist das für ein Dienst, den die evangelischen Theologen der Kirche leisteten! In gewaltigen Sammlungen liegen uns, dank dem Fleiße der Gelehrten, die Werke unserer Reformatoren, die ehedem gedruckten, wie auch viele bisher ungedruckte, vollständig und verläßlich vor, so daß wir sie in ihrem Werden und in ihrer Leistung genau kennen lernen, und an ihnen uns bilden können. Die weitere bis ins einzelne gehende Durchforschung der Reformationszeit ist eine gewaltige Waffenrüstung für den Kampf, der uns verordnet ist. Die Theologen sollen den Kindern der evangelischen Kirche predigen, was wir ihr an Dank schuldig sind und sollen auch die, welche auf ihre Mutter so leichthin zu schelten Pflegen, mit Dank und Ehrerbietung für sie erfüllen.

Aber hier rede ich ja doch immer noch von dem, was ich den Leib der Theologie nenne. Wenn nicht die Seele dazu kommt, dann wird alle diese Kenntnis auseinanderfallendes Material.

Wie war es denn mit der Seele der Theologie? (Ich rede natürlich im Bilde, das wissen Sie!) Nun eine Seele fällt nicht fertig vom Himmel, sondern wenn eine Seele eine Menschenseele geworden ist, — wie, das weiß keiner von uns — dann entwickelt sie sich, dann wächst sie; auch die Seele der Theologie wächst. Kein Mensch versteht die Gegenwart der Seele der Theologie, der nicht ihre nächste Vergangenheit kennt. Unsere allernächste Vergangenheit ist in der Theologie durch zwei Schulen beherrscht, eine dogmatische und eine alttestamentliche, welche die große Kunst verstanden haben, den Leuten glauben zu machen, daß es jenseits der Berge, nämlich der Gründer dieser Schulen, seit Schleiermacher eigentlich von Theologie nichts Erkleckliches gegeben habe. Nun gehöre ich zu den Leuten, die theologisch gelebt haben, ehe diese Berge aufstanden und habe daher nicht bloß literarische Kunde, sondern ich habe sozusagen in meinem theologischen Leibe die Fasern, welche von jenseits dieser Berge Herkommen; und daher weiß ich auch, daß die Wurzeln, aus der die Seele unserer Theologie erwachsen ist, zum guten Teile jenseits dieser Berge lagen. Darum lassen Sie mich auch einen kurzen Rückblick auf das 19. Jahrhundert werfen, um Ihnen den Stand der Theologie von dort her erklären zu können. Sie wissen, das 18. Jahrhundert wollte gar nichts von der Geschichte wissen, sondern bloß von der Natur und von dem, was den Leuten damals als Vernunft galt. Sie construierten sich alles aus ihrer Vernunft. Während man jetzt darüber philosophiert, wie die Cultur sich allmählich aus dem Tierzustand entwickelt habe, meinte man damals, die Cultur sei ein Contractsverhältnis. Also da müssen Leute gewesen sein, die den Vertrag schließen konnten und mit diesem Vertrage ist die Cultur entstanden, so ungefähr wie man sich Stadt und Staat von Rom entstanden denkt. Man hatte kein Verständnis für die geschichtliche Entwicklung und für geschichtliche Größen; darum wollte man vom Christentum auch eigentlich nichts, außer dem, was man erfahren konnte und in seiner Seele hatte, wissen und gelten lassen. Die Geschichte des Christentumes war bloß dazu da, um zu zeigen, daß das Geschichtliche überflüssig sei. Dieser geschichtslose Rationalismus bekam von Gott, dem Herrn, die Vollmacht, in einem Volke zu herrschen, und durch dieses Volk zur Geißel von Europa zu werden. Und auf einmal besannen sich die Leute darauf, daß jene Vernunft doch nicht etwas so Zuverlässiges sein möchte, und man fing überall an, nach der Geschichte zu fragen. Damit ist manches alte Gespenst wieder aufgestiegen; z. B. den unfehlbaren Papst verdanken wir diesem Zuge, denn dieser Zug hat den entthronten Papst wieder auf den Thron gesetzt und denselben Papst veranlaßt, die schon beseitigten Jesuiten wieder hervor zu holen.

Aber von der anderen Seite verdanken wir dieser Erkenntnis auch, daß man sich dem geschichtlichen Christentume wieder zuwendete; und zwar mit einer großen, freudigen Zuversicht dazu, an dem Christentume das zu besitzen, was alle Rätsel des Lebens und Denkens löst. Das Christentum trat zunächst in der Gestalt des Pietismus auf. Dieser war bemerkenswerterweise nicht mehr die Opposition gegen die Orthodoxie, denn man hatte es    nicht mehr mit einem toten Orthodoxismus zu tun, sondern mit der Negation des geschichtlichen Christentumes. Dieser Pietismus hat den Sinn für die alte christliche Gedankenwelt wieder eröffnet; er war orthodoxer Pietismus. Und dieser Pietismus war, so wenig wie der alte, weltflüchtig; denn daß man diesen Pietismus weltflüchtig nennen kann, während er die Absicht hatte, die Welt für Christus zu erobern, ist mir rätselhaft geblieben. Dieser neue Pietismus war auch sonst gar nicht weltflüchtig; man nennt ihn sogar den Salonpietismus, weil er in alle Kreise hineinkam. Das interessiert uns aber jetzt nicht, sondern vielmehr, daß dieser Pietismus fähig wurde, das Christentum in der Diagonale einer Theologie wirksam zu machen.

Es find die sogenannten Vermittelungstheologen, welche das in Schleiermachers Spuren getan haben. Sie bekannten sich voll zu ihrem Herrn und Heilande. Die ganze Vermittlungstheologie ist christozentrisch. Es ist nicht wahr, daß der Christo-Zentrismus erst aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts stamme. Die ganze Vermittlungstheologie ist christozentrisch gewesen, und sie war ihres Besitzes so sicher, daß sie meinte, man brauche bloß all die Schätze der Wissenschaft herbeizuziehen, um das Christentum allen Leuten deutlich zu machen. Das geschah freilich in einer etwas undisziplinierten Weise. Da kam auf den Frühling dieser Bewegung ein Reif (ich kann hier nur kurz skizzieren). Der philosophische Idealismus hatte abgewirtschaftet; die exakte Forschung beherrschte Wissenschaft und Weltanschauung. Nun begann der Kampf, in dem wir immer noch stehen, um die natürliche Erklärung des Christentumes. Sie wurde im großen Stile unternommen, während sie bisher bloß im kleinen Stile getrieben war. Über die natürliche Wundererklärung lachen alle Leute heutzutage, aber das Christentum wollen alle natürlich erklären. Unter diesem starken Anstürme kam es dahin, daß man sich auf der anderen Seite aus dem sozusagen undisciplinierten positiven Christentume zu einem kirchlich disciplinierten zusammenfaßte. Das rief die sehr bedeutende, zum Teil sehr einflußreiche, zum Teil sehr tiefsinnige konfessionelle Theologie während der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts ins Leben. In dem Maße, als sie sich an das geschichtliche Christentum anlehnte, entfernte sie sich aber von der eingehenden Auseinandersetzung mit der anderen Winkelseite. Sie meinte, man habe das Christentum gar nicht für die Anhänger moderner Weltanschauung verständlich zu machen. Das seien zwei Dinge, die ganz auseinander bleiben müssen, und man habe sich einfach dem positiven Christentume zuzuwenden. Tas ging auf die Dauer nicht.

Aus dieser konfessionellen Theologie selbst erhob sich die schwere Frage: wie werde ich als Mensch der Erkenntnis des Christentums gewiß? — nicht zu verwechseln mit der alten Frage: wie werde ich meines Heils gewiß? Wie kann ich mich von der Wirklichkeit dessen überzeugen, was mir als christliche Wahrheit geboten wird? Diese Frage legte sich, nachdem Hofmann sie aufgeworfen hatte, nachdem Frank sie als die Frage nach der christlichen Gewißheit formuliert hatte, allen, allen auf die Seele: und die Arbeit der letzten Zeit, auch die der Ritschl’schen Schule, ist wesentlich unter diesen Gesichtspunkten vollzogen worden. Schleiermacher und Frank hatten sich ganz in das Subjekt hinein vertieft und sagten, ich bin mir gewiß ein Christ zu sein oder wiedergeboren zu sein, nnd folglich ist mir das ganze Christentum gewiß; dabei blieb dann immer die Frage, wie komme ich zu dieser inneren Gewißheit und von ihr zum historischen Christentum? Da trat Ritschl auf und sagte: Nein, das Christentum ist eine geschichtliche Größe. Es gibt eine geschichtliche Große, bei der wir einsetzen müssen, eine tatsächliche Gewißheit, die historisch gegeben ist; die wird aber nur dann christlich wichtig sein, wenn ihr Inhalt sich fruchtbar für das sittliche Leben erweist. Auch dieses ist nicht das letzte Wort. Die hier vorausgesetzte feste tatsächliche Grundlage wird flüssig und unsicher durch die religionsgeschichtliche Auffassung. Ter eine Zeit lang enge Zusammenschluß der Schule ist in einer Spaltung begriffen.

Das sind ja nur Andeutungen, die ich geben kann; aber diese Bewegungen sind es, aus denen allein der gegenwärtige Stand der Theologie verstanden werden kann.

Das ist kein glattes Ergebnis. Wenn Sie um ein glattes Ergebnis über den Wuchs des Baumes zu haben, den Baum abschneiden, dann ist er hinterher tot. Glatte Ergebnisse kann man vom Leben nicht bekommen. Darum bin ich auf die Vergangenheit zurückgegangen. Und nichts von alledem, was ich erwähnt habe, ist in der jetzigen Theologie schon tot.

Wie alles Leben durch Tag und Nacht, Wachen und Schlafen wechselt, so verläuft auch das Leben der Wissenschaften in Wellenhöhen und Wellentälern. Wir befinden uns augenblicklich in einem Wellentale. Wann die nächste Wellen-Höhe kommen wird, weiß ich nicht. Aber es ist nun doch auch nach diesen letzt erwähnten Bewegungen mancher frische Anstoß gekommen, der es lehrt, das geschichtliche Christentum nicht bloß unter einem individuellen oder zeitgeschichtlichen Gesichtspunkte zu betrachten, sondern sich immer mehr zu vertiefen in die Betrachtung des geschichtlichen Christentumes von der zentralen Wahrheit aus. Auch meine ich doch, daß die große, ernste Hauptfrage klar liegt. Nun pflegt man in der Wissenschaft zu sagen, wenn erst das Problem klar ist, dann wird auch die Lösung nahe sein, nicht die vollständige und letzte, aber einstweilige.

Wenn man also über den Stand der Theologie berichten will, so wird man sagen müssen, was ist denn jetzt eigentlich das entscheidende Problem?

Daß es Theologen gibt, denen dieses Problem klar geworden ist, das scheint mir ein Zeichen dafür zu sein, auch die gegenwärtige Theologie sei aussichtsreich, und wir brauchen nicht zu fürchten, unsere Theologie sei im Abwelken begriffen.

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Wir haben gesagt, die Theologie ist eine Diagonale. Die beiden Kräfte, welche den Weg der Theologie bestimmen, sind sehr bestimmt und ausgesprochen vorhanden. Man kann sie in zwei Worte fassen: Entwickelung und Offenbarung. Unsere gegenwärtige Denkweise hat mit Hilfe des Gedankens der Entwickelung und mit der Kenntnis der Entwickelungsgesetze ungeheure Erfolge inbezug auf die Natur errungen. Das hat die ganze Philosophie endgiltig in die Betrachtung unter dem Entwickelungsgedanken hineingezogen, und wir denken alle viel mehr in diesen Formen, als wir selber meinen oder wissen. Das bemerkt man erst, wenn man Bücher, liest, die aus dem 18. Jahrhundert stammen, wo die Anschauungen sehr anders lauten. Auch in der Geschichte gilt durchweg die Entwickelung. Man muß nur nicht denken, daß das immer Darwinismus sei. Der Darwinismus ist eine kleine Phase in der großen Periode dieser Betrachtung. Der Entwickelungsgedanke stammt von Hegel, und manche Theologen wissen gar nicht, daß sie in den Bahnen von Hegel weiter gehen.

Also, die eine Seite des Winkels bildet heute der Gedanke der Entwickelung. Aber Entwickelung ist ja ein inhaltloser Gedanke. Es kommt darauf an, was sich entwickelt und woher ihm seine Entwickelung stammt. So steht auch hinter der Annahme der allumfassenden Entwickelung noch eine entscheidende Anschauung, und die ist nicht modern, sondern uralt. Man nennt sie — im Gegensatze gegen den sogenannten Dualismus von Gott und Welt — Monismus. Das will sagen: es gibt nur ein in sich geschlossenes Ganze des Daseins, und das ist dasselbe, dessen wir mit unseren Sinnen inne werden.

Es ist gestern davon die Rede gewesen, daß ein scharfsinniger Astronom Gott am Himmel mit seinem Teleskop gesucht habe. Das Teleskop ist das verlängerte Auge. Was man irgendwo mit den Sinnen empfinden kann, das allein ist wirklich und wenn Gott wirklich sein soll, so muß er in diesem sinnenfälligen Ganzen darin sein. Alles dieses Wirkliche ist eben bloß wirklich; und wenn es nichts weiter ist, kann es weder einen Anfang noch ein Ende haben; und folglich muß dieses Ganze immer und ewig wirklich sein. Erst, daß dieser malte Gedanke, der uns von Griechenland herüberkommt, nun mit den Entwickelungsgedanken sich verbindet, das veranlaßt die ganze Gravitation nach jener Seite hin. Nun wird gefordert: Weil das Christentum wirklich ist, so muß es eben ganz hineingehören in dieses sinnenfällige, große Etwas, so gut wie Gott hineingehört.

Dem gegenüber steht das wirkliche Christentum mit dem unentwegten Zeugnis: Ich glaube an Gott, den allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erde; ich glaube an Jesum Christum, Gottes eingeborenen Sohn, geboren von der Jungfrau Maria; ich glaube an den heiligen Geist. Es ist gar kein Zweifel, daß dieser Glaube das geschichtliche Christentum ist. Es hat viele Wandlungen erlebt; aber darauf steht’s und protestiert gegen den Monismus. Und nun die Diagonale! Wir sehen sie mit unserem Augenlicht noch nicht deutlich gezogen; wir sehen aber unendlich viele versuchte Diagonalen. Und durch jeden von uns geht eine solche Diagonale zwischen diesen beiden Richtungen. Wir dürfen aber auch als Theologen nicht sagen, diese ganze große monistische Entwickelungs-Bewegung sei für uns nicht da. Wir sollen ja den Leuten, die davon überzeugt sind, den Star stechen. Wie sollen wir den Star stechen, wenn wir ihre Starkrankheit nicht kennen? Wie soll man ihr Herz bewegen, wenn wir nicht mit ihnen fühlen können? Wir sollen ihnen das Evangelium so bringen, daß ihnen sein Verständnis möglich sei.

Es ist ein Unterschied in dieser Beziehung zwischen denen, welche im Christentum ausgewachsen sind, — ich meine: auch nur unter vorherrschendem Einflüsse der christlichen Anschauung — und zwischen denen, die ganz drüben gewesen sind, und die dann herübergekommen sind, vielleicht sehr allmählich, ohne daß sie viel davon sagen könnten, wann und wie diese Handlung bei ihnen entstanden ist. Wer so geführt ist, hat wohl sehr stark den Eindruck, daß man den Ausgleich nicht aufgeben kann. Das gilt aber auch für uns alle, weil Christus gesagt hat: Ich bitte nicht, daß Du sie aus der Welt nehmest, sondern daß Du sie in der Welt bewahrest, auf daß die Welt durch sie zum Glauben komme. Welche Aussicht gibt es nun dafür, daß bei diesem Ausgleiche die theologische Diagonale nicht ganz mit der monistischen Entwickelungslinie zusammen falle, sondern sich nach der Linie des geschichtlichen Christentumes zu wende?

Wir Christen können nicht mit einem einhellig von uns getragenen, von allen übereinstimmend angenommenen, dem einfachen gesunden Menschenverstand einleuchtenden Geschichts- und Weltbild vor die Leute treten und sagen: Seht, so erklärt das Christentum alles! Es ist bis jetzt noch nicht gelungen; ich zweifle, ob es gelingen wird und kann. Warum nicht? Wir sehen hier in einen Spiegel, und was wir sehen, ist in ein Rätselwort gefaßt. Den Spiegel haben wir, den hat uns Gott gegeben. Das Wort haben wir, das hat uns Gott gegeben. Ein Rätselwort bleibt’s und es wird dabei bleiben, daß es für den Weltverstand ein Ärgernis bleiben muß. Es ist ein Rätsel, daß das Kreuz Christi die Lösung aller Welträtsel sein soll; das ist das Ärgernis des Kreuzes. Es ist neben dem Ärgernisse des Kreuzes ein Rätsel, daß der Gottlose gerecht sein soll, und bleibt ein Rätsel, für den rein logisch denkenden Verstand. Es ist ein Rätsel, daß das geschichtliche Christentum den Anspruch erhebt, universell zu fein, — diese in der Zeit entstandene, an geschichtliche Grenzen gebundene, langsam die Welt umspannende Erscheinung. Es ist ein Rätsel, daß die Versöhnung, nicht die Versöhnung der Auserwählten, nicht die Versöhnung der Erkannten und bereits Berufenen, sondern die Versöhnung der Welt ist, und daß es daneben doch bleiben soll bei den Worten von der engen Pforte und von der kleinen Herde. Es ist ein Rätsel, daß das Fortleben und Wirken der Wahrheit, die uns Gott im Christentume durch Offenbarung gegeben hat, nicht gefaßt ist in einen Brief vom Himmel, nicht in einen Katechismus, auf den alle schwören können, nicht in eine Dogmatik, in die man sich vertiefen kann, sondern in ein Buch, das eine Sammlung ist von so verschiedenartigen Büchern mit allerlei Stoff darin, mit dem man sich ja wohl freilich abfindet, indem man ihn zu allerlei bezieht und verwendet, womit er gar nichts zu tun hat. Aber es ist ein Rätsel, daß es Gott gefallen hat, uns seine Offenbarungen in der Bibel zu geben. Wie er sich nicht vor aller Welt in Majestät offenbart hat, sondern im Fleisch, in dem untergehenden Menschen, so offenbart er sich weiter in einem solchen, die Wahrheit, wie es scheint, verkleidenden Buch, in welchem wir sehen können, wie die Menschheit von Gott erzogen wird, um sich in seine Gedanken hineinzwängen zu lassen, um sich überwinden zu lassen. Das sind alles Rätsel. (Wir wollen, da ich nun einmal von Rätseln rede, kurz dazwischen werfen: haben wir denn auch alle Rätsel des natürlichen Lebens gelöst? also darüber brauchen wir uns nicht zu entsetzen.) Aber, können wir darauf rechnen, mit diesen Rätseln den Sieg in der Theologie zu gewinnen?

Ich habe schon gesagt, weissagen kann ich nicht!

Aber eins glaube ich auf Grund meiner Übersicht der Vergangenheit, so spärlich und bruchstückmäßig sie sein mag, sagen zu dürfen: Ja diese Bibel, in welcher die Geschichtlichkeit des Christentumes den geschichtlichen Ausdruck gefunden hat, ist das unumstößliche Widerlager, an welchem der Entwickelungsmonismus sich immer wieder brechen muß. Gerade, weil diese Bibel gar keine göttlichen Bürgschaften hat, außer ihr selbst, weil wir alles, was wir von ihr wissen, nur ihr selbst verdanken; weil sie in dieser wunderbaren, natürlichen Entstehungs- und Verbreitungsweise, die uns immer deutlicher wird, das unzerstörbare Zeugnis davon ist, wie das Christentum durch das Wort in die geistige Entwickelung der Menschheit so hineingeflochten ist, daß die Menschheit, sie mag sich schütteln wie sie will, dieses Wort nicht mehr los werden kann. Denn an dem Anfang aller modernen Culturen steht die Bibelübersetzung, und keine alte Cultur bleibt, ohne daß ihr eine Bibelübersetzung eingefügt wird. Soweit Menschenzungen klingen, soweit wird bald die Bibel in ihnen gelesen werden.

Dieses Widerlager hält die Diagonale. Sie hält sie jetzt im Augenblicke noch nach rechts, aber sie hält sie nur dann nach rechts, wenn Gott der Herr zu der Bibel eine Bewegung gibt, welche die Ohren für sein Wort öffnet. Es sind solche große Bewegungen mehr als eine in der Geschichte vorgekommen. Ohne eine große Bewegung in der Christenheit kein Verständnis für die Bibel, ohne die Bibel jede große Bewegung durchaus umsonst, verirrt und verlaufen. Ist nun in unserer Gegenwart irgend etwas, was uns verspricht, daß wir das Verständnis der Bibel voll gewinnen, voll festhalten? Auch vielleicht in höherem Maße in weitere Kreise bringen können? Ist in unserer Kirche etwas, was uns die Zuversicht dazu erwecken könnte? Man sieht ja was einem zunächst steht, gewöhnlich nicht deutlich, wenigstens wenn man weitsichtig ist, (wie ich es bin.)

Aber wir haben eine verheißungsvolle Bürgschaft, denn wir haben zwei Dinge.

Ein großes, köstliches, herrliches Ding! Unsere evangelische Kirche ist im Begriff, freilich unter vielen Nöten und Schwankungen — was ja den Christen gut ist — doch sieghaft die Welt zu missionieren. Wenn unsere Christenheit die Welt missionieren kann, dann muß dieses Christentum doch wohl noch eine Wirklichkeit sein. Wenn die Missionspredigt den Papua und den Japaner und Chinesen dazu bringen kann, daß er für dieses Evangelium stirbt, dann muß dieses Evangelium eine Macht über Menschenherzen sein. Will’s Ihnen bange werden um eine Bewegung, welche auch die Theologie fruchtbar machen kann, dann sehen sie auf die Mission. Es kann da jeder nur von feinem Gesichtspunkt aus reden. Ich kann sagen: wenn ich ein getroster Bibeltheologe geworden bin, so hat mir zu einem großen und guten Stück dazu geholfen, daß mir der Blick für die Mission eröffnet wurde. Das ist die eine der großen Wirklichkeiten der evangelischen Kirche in der Gegenwart.

Die andere liegt uns noch näher und ist für uns schwerer faßbar und zuversichtlich greifbar. Aber wenn ich es doch beobachte, wie man jetzt durchaus nicht geneigt ist, das Christentum nur den sogenannten officiellen Christen zu überlassen, sondern es in verschiedener Weise lebendig in die Hand nimmt; daß wo Laien vom Evangelium ergriffen werden, sie auch bereit und geneigt sind, zeugend und dienend zuzugreifen; daß man sich zusammenschließt — ich rede gar nicht allein von dem, was heute sonderlich Gemeinschaftsbewegung heißt, aber ich will diese Bewegung auch ganz ausdrücklich mit eingeschlossen haben in das, was ich jetzt meine — da ist eine Regung in der evangelischen Christenheit, welche, wenn Gott Gnade gibt, wachsen kann, um alle, die am Verständnisse des Wortes Gottes arbeiten, zu unterstützen, wenn sie die große Aufgabe der Theologie in unserer Zeit angreifen. Diese Aufgabe aber besteht darin, dem Aberglauben und Fanatismus der Diesseitigkeit immer wieder die Tatsache in ihrer ganzen Größe und Wirklichkeit entgegenzuhalten, daß wir eine Offenbarung des lebendigen Gottes haben, der zu uns geredet hat in seinem Sohne, hochgelobet in Ewigkeit. Amen!

Ursprünglich 1903 unter dem Titel Zum gegenwärtigen Stand der Theologie veröffentlicht. Wiederveröffentlich in: Martin Kähler, Zeit und Ewigkeit. Dogmatische Zeitfragen, Bd. 3, Leipzig: Deichert, 1913, S. 1-20.


[1] Vortrag von Professor D. Warneck, Halle: Was lernen wir für die Heiden Mission aus der Geschichte der Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten?

Hier der Text als pdf.

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