Ermahnung zum Frieden auf die zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben (Ende April 1525)
Von Martin Luther
Es hat die Bauernschaft, die sich jetzt in Schwabenland zusammengerottet hat, zwölf Artikel über ihre unerträglichen Beschwerungen gegen die Obrigkeit aufgestellt und mit einigen Sprüchen der Schrift zu begründen sich vorgenommen und durch den Druck lassen ausgehen. Dabei hat mir das am besten gefallen, daß sie im zwölften Artikel sich erbieten, bessere Belehrung, falls es mangelte und vonnöten wäre, gerne und willig anzunehmen, und sich wollen unterweisen lassen, sofern dies durch helle, offenbare, unbestreitbare Sprüche der Schrift geschehe. Wie es denn billig und recht ist, daß niemandes Gewissen mit Weiterem oder anders als mit göttlicher Schrift unterrichtet und unterwiesen werde.
Wenn das nun ihr Ernst und ihre schlichte Meinung ist – wie mir nicht anders will zu deuten gebühren, weil sie sich mit diesen Artikeln frei an den Tag begeben und das Licht nicht scheuen wollen –, so ist noch gute Hoffnung da, daß es gut werde. Und es gibt mir – der ja auch als einer ist gerechnet unter die, die die göttliche Schrift jetzt auf Erden verwalten, besonders aber, da sie mich mit Namen auf dem andern Zettel nennen und berufen – desto größeren Mut und Zuversicht, meine Belehrung in freundlicher, christlicher Absicht nach der Pflicht brüderlicher Liebe auch öffentlich an den Tag zu geben, damit es nicht durch mein Schweigen auch mir zugerechnet und aufgebürdet werde vor Gott und der Welt, wenn sich etwas an Unheil und Unfall draus entspönne. Ist dies aber nur zur Beschönigung und zum Schein von ihnen angeboten – wie ohne Zweifel sehr wohl einige der Art unter ihnen sind; denn es ist nicht möglich, daß ein so großer Haufe allesamt rechte Christen seien und gute Absicht haben, sondern ein Großteil brauchen die gute Absicht der andern zu ihrem Mutwillen und suchen das Ihre darunter -, solchen wird ohne Zweifel nicht viel gelingen oder vielmehr zu ihrem großen Schaden und ewigem Verderben gelingen.
Weil denn diese Sache groß und gefährlich ist, indem sie sowohl Gottes Reich als auch der Welt Reich betrifft – denn wenn dieser Aufruhr sollte weitergehen und überhandnehmen, würden beide Reiche untergehen, so daß weder die weltliche Regierung noch das göttliche Wort bleiben, sondern eine ewige Vernichtung des ganzen deutschen Landes folgen würde –, so ist vonnöten, daß wir frei davon reden und raten ohne Rücksicht auf irgend jemanden, und daß wir umgekehrt auch willig hören und uns endlich einmal belehren lassen, damit nicht unsere Herzen verstockt und Ohren verstopft seien, wie es bisher geschehen ist, und Gottes Zorn seinen vollen Gang und Schwang gewinne. Denn soviel grauenhafte Zeichen, die bisher sowohl am Himmel als auch auf Erden gesehen wurden, zeigen ein großes Unglück an, das bevorsteht, und eine gewaltige Veränderung in deutschen Landen, obwohl wir uns leider wenig daran kehren. Aber auch Gott fährt nichtsdestoweniger fort und wird unsere harten Köpfe endlich einmal weich machen.
AN DIE FÜRSTEN UND HERREN
Zuerst können wir niemandem auf Erden danken für diesen Schaden und Aufruhr als euch Fürsten und Herren, besonders euch blinden Bischöfen und wahnsinnigen Pfaffen und Mönchen, die ihr noch heutigentages verstockt seid und nicht aufhört, zu toben und zu wüten gegen das heilige Evangelium, obgleich ihr wißt, daß es recht ist und ihr es auch nicht widerlegen könnt. Dazuhin tut ihr in der weltlichen Regierung nicht mehr, als daß ihr schindet und aussaugt1, um euern prächtigen und hochmütigen Lebenswandel zu fuhren, bis es der arme gemeine Mann weder kann noch mag länger ertragen. Das Schwert ist euch auf dem Halse. Dennoch meint ihr, ihr sitzt so fest im Sattel, man werde euch nicht können ausheben. Diese Sicherheit und verstockte Vermessenheit wird euch den Hals brechen. Das werdet ihr sehen. Ich hab’s euch früher oft verkündigt, ihr solltet euch hüten vor dem Spruch des Psalms 107,40: »Er schüttet Verachtung über die Fürsten.« Ihr ringt danach und wollt auf den Kopf geschlagen sein; davor hilft kein Warnen noch Ermahnen.
Wohlan, weil ihr denn Ursache seid dieses Gotteszorns, wird er ohne Zweifel auch über euch ausbrechen, wenn ihr euch nicht noch rechtzeitig bessert. Die Zeichen am Himmel und Wunder auf Erden gelten euch, liebe Herren! Nichts Gutes bedeuten sie für euch, nichts Gutes auch wird euch geschehen. Es hat schon ein großer Teil des Zorns angefangen, indem Gott soviel falsche Lehrer und Propheten unter uns sendet, damit wir vorher mit Irrtum und Gotteslästerung reichlich verdienen die Hölle und die ewige Verdammnis. Der andere Teil ist auch schon gegenwärtig, daß sich die Bauern zusammenrotten, woraus – wenn Gott nicht wehrt, durch unsere Buße bewegt – folgen muß Verderben, Verstörung und Verwüstung Deutschlands durch grauenhaften Mord und Blutvergießen.
Denn das sollt ihr wissen, hebe Herren: Gott schafft dadurch, daß man weder kann noch will noch soll eure Wüterei auf die Länge dulden. Ihr müßt anders werden und dem Worte Gottes weichen. Tut ihr’s nicht auf freundliche, gutwillige Weise, so müßt ihr’s tun durch gewaltsame und verderbliche Unweise. Tun’s diese Bauern nicht, so müssen’s andere tun. Und wenn ihr sie alle schlügt – vorderhand sind sie noch ungeschlagen –, Gott wird andere erwecken. Denn er will euch schlagen und wird euch schlagen. Es sind nicht Bauern, liebe Herren, die sich euch widersetzen – Gott ist’s selber; der widersetzt sich euch, um heimzusuchen eure Wüterei. Es sind einige unter euch, die haben gesagt, sie wollten Land und Leute dransetzen, die lutherische Lehre auszurotten. Wie dünkt euch, wenn ihr eure eigenen Propheten wäret gewesen, und es wären schon Land und Leute drangesetzt? Scherzt nicht so mit Gott, liebe Herren! Die Juden sagten auch: »Wir haben keinen König« (Joh. 19,15), und es ist so ernst damit geworden, daß sie ewig ohne König sein müssen.
Damit ihr euch aber noch weiter versündigt und ja ohne alle Barmherzigkeit scheitert, so fangen einige an und geben dem Evangelium die Schuld, indem sie sprechen, das sei die Frucht meiner Lehre. Nun, nun – lästert flugs, liebe Herren! Ihr wollt nicht wissen, was ich gelehrt habe und was das Evangelium sei. Er ist aber vor der Tür, der es euch lehren wird gar bald, bessert ihr euch nicht. Ihr und jedermann muß mir Zeugnis geben, daß ich in aller Stille gelehrt habe, heftig gegen Aufruhr gestritten und zu Gehorsam und Ehrerbietung auch gegenüber eurer tyrannischen und tobenden Obrigkeit die Untertanen angehalten und ermahnt habe mit höchstem Fleiß, so daß dieser Aufruhr nicht kann von mir kommen. Sondern die Mordpropheten, welche mir ja ebenso feind sind wie euch, sind unter dieses Volk gekommen. Damit sind sie nun länger als drei Jahre herumgegangen, und niemand hat so kräftig gewehrt und widerstanden als ich allein. Wenn nun Gott euch zu strafen gedenkt und läßt den Teufel durch seine falschen Propheten das törichte Volk gegen euch erregen und will vielleicht, daß ich nicht mehr wehren solle oder könne: Was kann ich oder mein Evangelium dafür? Dies hat bisher und noch immer nicht allein euer Verfolgen und Morden und Toben ertragen, sondern auch für euch gebetet und eure Obrigkeit hat helfen schützen und erhalten unter dem gemeinen Mann.
Und wenn ich Lust hätte, mich an euch zu rächen, so könnte ich jetzt in die Faust lachen und den Bauern zusehen oder mich auch zu ihnen schlagen und die Sache helfen ärger machen. Aber davor soll mich mein Gott behüten wie bisher! Darum, meine lieben Herren – ihr seiet Feinde oder Freunde – bitte ich untertänig: Verachtet meine Treue nicht, wenn ich auch ein armer Mensch bin! Verachtet auch diesen Aufruhr nicht, das bitte ich! Nicht daß ich erachte oder fürchte, daß sie für euch zu mächtig sein sollten; ich will auch nicht, daß ihr euch deshalb vor ihnen furchten sollt. Sondern furchtet Gott! Dessen Zorn seht an! Will euch der strafen, wie ihr verdient habt, wie ich befurchte, so straft er euch, und wenn der Bauern hundertmal weniger wären! Er kann wohl Steine zu Bauern machen – und umgekehrt – und durch einen Bauern hundert von den Euren töten, daß euch all euer Harnisch und eure Stärke nicht ausreicht.
Ist euch nun noch zu raten, meine Herren, so weicht ein wenig um Gottes willen dem Zorn. Einem trunkenen Mann soll ein Fuder Heu weichen. Wieviel mehr sollt ihr das Toben und die starre Tyrannei lassen und mit Vernunft an den Bauern handeln als an den Trunkenen oder Irrenden. Fangt nicht Streit mit ihnen an; denn ihr wißt nicht, wo das Ende bleiben wird. Versucht’s vorher gütlich, weil ihr nicht wißt, was Gott tun will, damit nicht ein Funke angehe und ganz Deutschland anzünde, so daß niemand es löschen könnte. Unsere Sünden sind da vor Gott, derhalben wir seinen Zorn zu fürchten haben, wenn auch nur ein Blatt rauscht, geschweige denn, wenn ein solcher Haufe sich regt. Verliert ihr doch durch die Güte nichts! Und wenn ihr etwas dran verlöret, kann es euch hernach im Frieden zehnfach wieder werden, während ihr mit Streit vielleicht Leib und Gut verliert. Warum wollt ihr euch in die Gefahr begeben, wenn ihr auf andere gute Weise könnt gewiß mehr Nutzen schaffen?
Sie haben zwölf Artikel aufgestellt, unter welchen einige so billig und recht sind, daß sie euch vor Gott und der Welt den guten Namen nehmen und den Psalm wahr machen, daß sie »Verachtung schütten über die Fürsten« (Ps. 107,40). Doch sind sie fast alle zu ihrem Nutzen und zu ihrem Vorteil aufgestellt und nicht aufs beste ausgeführt. Ich hätte gewiß andere Artikel gegen euch aufzustellen, die ganz Deutschland und das Regieren betreffen, wie ich es getan habe im Buch »An den deutschen Adel«, an denen wohl mehr gelegen wäre. Aber weil ihr die habt in den Wind geschlagen, müßt ihr nun diese eigennützigen Artikel hören und ertragen. Und es geschieht euch eben recht, da ihr euch nichts sagen laßt.
Den ersten Artikel, in dem sie begehren, das Evangelium zu hören, und das Recht, einen Pfarrer zu wählen, könnt ihr mit Wahrung des Anscheins nicht abschlagen. Wiewohl der Eigennutz mit unterläuft – indem sie vorgeben, einen solchen Pfarrer mit dem Zehnten zu erhalten, der gar nicht ihnen gehört –, so ist doch das die Summa, man solle ihnen das Evangelium predigen lassen. Dagegen kann und soll keine Obrigkeit etwas unternehmen. Ja, die Obrigkeit soll nicht wehren, was jedermann lehren und glauben will, es sei Evangelium oder Lügen. Es ist genug, daß sie Aufruhr und Unfrieden zu lehren abwehrt.
Die andern Artikel, die leibliche Beschwerung anzeigen wie Leibfall, Auflagen und dergleichen, sind ja auch billig und recht. Denn die Obrigkeit ist nicht dazu eingesetzt, daß sie ihren Nutzen und Mutwillen an den Untertanen suche, sondern den Nutzen und das Beste schaffe bei den Untertanen. Nun ist es ja nicht auf die Dauer erträglich, Steuern so zu schätzen und zu schinden. Was hülfʼs, wenn eines Bauern Acker ebensoviel Gulden wie Halme und Körner trüge, wenn die Obrigkeit nur desto mehr nähme und ihre Pracht damit immer größer machte und das Gut so verschleuderte mit Kleidern, Fressen, Saufen, Bauen und dergleichen, als wäre es Spreu? Man müßte vielmehr die Pracht beschränken und das Ausgeben verstopfen, damit ein armer Mann auch etwas behalten könnte. Weitere Belehrung habt ihr gewiß aus ihren Zetteln vernommen, wo sie ihre Beschwerung ausreichend beweisen.
AN DIE BAUERNSCHAFT
Ihr habt bisher, liebe Freunde, nichts anderes vernommen, als daß ich bekenne, es sei leider allzu wahr und gewiß, daß die Fürsten und Herren, die das Evangelium zu predigen verbieten und die Leute so unerträglich beschweren, wert sind und wohl verdient haben, daß sie Gott vom Stuhl stürze (Luk. 1,52), weil sie gegen Gott und Menschen sich grob versündigen. Sie haben auch keine Entschuldigung. Nichtsdestoweniger müßt auch ihr euch gut vorsehen, daß ihr eure Sachen mit gutem Gewissen und recht vornehmt. Denn wenn ihr ein gutes Gewissen habt, so habt ihr den ermutigenden Vorsprung, daß euch Gott wird beistchen und hindurchhelfen. Und wenn ihr auch eine Zeitlang unterläget oder darüber den Tod erlittet, so gewönnet ihr doch zuletzt, und es würde die Seele ewig mit allen Heiligen erhalten. Habt ihr dabei aber nicht recht und auch kein gutes Gewissen, so müßt ihr unterliegen und – wenn ihr schon zeitlich gewönnet und alle Fürsten erschlüget – doch zuletzt ewig an Leib und Seele verlorengehen. Darum ist für euch hier nicht zu scherzen: Es gilt Leib und Seele für ewig auf eurer Seite! Und es ist am meisten das zu beherzigen und mit allem Ernst drauf zu sehen: nicht allein wie mächtig ihr seid und wie sehr unrecht jene haben, sondern ein wie gutes Recht und Gewissen ihr habt.
Deshalb ist meine freundliche, brüderliche Bitte, liebe Herren und Brüder: Seht ja zu mit Fleiß, was ihr macht, und glaubt nicht allen Geistern und Predigern, nachdem der leidige Satan jetzt viel wilde Rottengeister und Mordgeister unter dem Namen des Evangeliums hat erweckt und damit die Welt erfüllt. Hört doch und laßt euch sagen, wie ihr euch ja auch vielfältig erbietet! Ich will meine treue Warnung, wie ich es schuldig bin, an euch nicht sparen, obgleich mich einige vielleicht – durch die Mordgeister vergiftet – werden darum hassen und einen Schmeichler heißen. Danach frage ich nicht. Mir ist genug, wenn ich einige Gutherzige, Rechtschaffene unter euch vor der Gefahr göttlichen Zorns errette. Die andern will ich wahrhaft ebenso wenig furchten, wie tief sie mich verachten; sie sollen mir auch nicht schaden. Ich weiß einen, der ist größer und mächtiger, als sie sind; der lehrt mich so, Ps.3,7: »Ich fürchte mich nicht, obgleich viel mal tausend Volks sich wider mich setzen.« Mein Trotz soll ihrem Trotz standhalten; das weiß ich fürwahr.
Erstens. Liebe Brüder, ihr fuhrt den Namen Gottes und nennt euch eine christliche Rotte oder Vereinigung und gebt vor, ihr wolltet nach dem göttlichen Recht verfahren und handeln. Wohlan, so wißt ihr ja auch, daß Gottes Name, Wort und Titel soll nicht vergeblich oder unnütz angeführt werden, wie er spricht im zweiten Gebot: »Du sollst den Namen Gottes, deines Herrn, nicht unnützlich führen!« und setzt dazu und spricht: »Denn Gott wird den nicht unschuldig lassen sein, der seinen Namen unnützlich führet.« Hier steht der Text hell und klar, der euch sowohl als alle Menschen betrifft und, ohne Rücksicht auf eure große Menge, Recht und Schrecken, ebensowohl euch seinen Zorn androht als uns und den andern allen. Er ist euch auch, wie ihr wißt, mächtig und stark genug, daß er euch strafe, wie er hier droht, wenn ihr seinen Namen umsonst und unnützlich führt. Daß für euch schlichtweg kein Glück, sondern alles Unglück zu erwarten ist, wenn ihr seinen Namen fälschlich führt: Danach wisset euch zu richten und seid freundlich gewarnt! Es ist ihm ein Geringes, soviel Bauern zu töten oder zurückzudrängen, ihm, der einmal die ganze Welt mit der Sintflut ersäuft und Sodom mit Feuer versengt hat. Er ist ein allmächtiger, schrecklicher Gott.
Zum zweiten. Daß ihr aber die seid, die Gottes Namen unnützlich führen und schänden, ist leicht zu beweisen. Und daß euch darum zuletzt alles Unglück begegnen werde, ist auch kein Zweifel – Gott sei denn nicht wahrhaftig. Denn hier steht Gottes Wort und spricht durch den Mund Christi: »Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.« (Matth.26,52) Das ist ja nichts anderes, als daß niemand aus eigener Verwegenheit die Gewalt an sich reißen soll, sondern, wie St.Paulus sagt, »einejegliche Seele solle der Obrigkeit untertan sein« mit Furcht und Ehrerbietung (Röm.13,1.7). Wie könntet ihr doch an diesen Gottessprüchen und -rechten vorüber, die ihr euch rühmt, göttlichem Recht nach zu verfahren, und nehmt doch selbst das Schwert und lehnt euch auf gegen die von Gottes Recht geordnete Obrigkeit? Meint ihr nicht, das Urteil des St.Paulus Röm.13,2 werde euch treffen: »Wer Gottes Ordnung widerstrebt, der wird die Verdammnis empfangen«? Das heißt wahrhaft Gottes Namen unnützlich führen: vorgeben Gottes Recht und doch unter demselben Namen gegen Gottes Recht streben. O, seht euch vor, hebe Herren! Es wird zuletzt nicht so ausgehen.
Zum dritten. Ja, sprecht ihr, die Obrigkeit ist zu böse und unerträglich. Denn sie wollen uns das Evangelium nicht lassen und drücken uns allzu hart mit zeitlicher Güter Beschwerung und verderben uns so an Leib und Seele. Ich antworte: Daß die Obrigkeit böse und ungerecht ist, entschuldigt weder Zusammenrotten noch Aufruhr. Denn die Bosheit zu strafen, das gebührt nicht einem jeglichen, sondern der weltlichen Obrigkeit, die das Schwert fuhrt, wie Paulus Röm. 13,4 und Petrus i.Petr.2,14 sagt, daß sie zur Strafe der Bösen von Gott verordnet sind. So zeigt auch das natürliche und aller Welt Recht, daß niemand solle oder könne sein eigener Richter sein oder sich selbst rächen. Denn wahr ist das Sprichwort: Wer wiederschlägt, der ist im Unrecht; ferner: Wer wiederschlägt, macht Hader. Damit stimmt das göttliche Recht überein und spricht 5.Mose 32,35 (Röm.12,19): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« Nun könnt ihr ja nicht leugnen, daß euer Aufruhr sich in der Art und Weise verhält, daß ihr euch selbst zu Richtern macht und euch selbst rächen und kein Unrecht leiden wollt. Das ist nicht allein gegen christliches Recht und Evangelium, sondern auch gegen natürliches Recht und alle Billigkeit.
Wollt ihr nun bestehen mit eurem Vorhaben, und habt doch sowohl das göttliche und christliche Recht im Neuen und Alten Testament als auch das natürliche Recht gegen euch, so müßt ihr einen neuen, besonderen Befehl von Gott vorweisen, mit Zeichen und Wundern bestätigt, der euch derartiges zu tun Vollmacht gebe und befehle. Sonst wird Gott sein Wort und seine Ordnung nicht so lassen durch euern eigenen Mutwillen brechen, sondern weil ihr mit dem göttlichen Recht prahlt und doch im Gegensatz dazu verfahrt, wird er euch, die seinen Namen zur Schande fuhren, auf ganz furchtbare Art fallen und strafen lassen und außerdem ewig verdammen, wie oben gesagt wurde. Denn hier geht es euch nach dem Spruch Christi Matth.7,3, daß ihr den Splitter in der Obrigkeit Auge seht und seht den Balken nicht in eurem Auge, ferner nach dem Spruch des St.Paulus Röm.3,8: »›Laßt uns Böses tun, daß Gutes werde!‹ – welcher Verdammnis billig und recht ist.« Denn die Obrigkeit tut unrecht, das ist wahr, indem sie dem Evangelium wehren und beschweren euch beim zeitlichen Gut. Aber noch viel mehr tut ihr unrecht, indem ihr Gottes Wort nicht allein wehrt, sondern es auch mit Füßen tretet und greift ihm ein in seine Gewalt und sein Recht und erhebt euch auch über Gott. Außerdem nehmt ihr der Obrigkeit ihre Gewalt und auch ihr Recht, ja alles, was sie hat. Denn was behält sie, wenn sie die Gewalt verloren hat?
Ich setze euch selbst hier zu Richtern und stelle es in euer Urteil, welcher Räuber der ärgste sei: ob’s der sei, der einem andern ein großes Stück seines Guts nimmt und läßt ihm doch noch etwas, oder der, der einem alles nimmt, was er hat, und den Leib dazu. Die Obrigkeit nimmt euch unbilligerweise euer Gut; das ist ein Stück. Umgekehrt nehmt ihr derselben ihre Gewalt, worin all ihr Gut, Leib und Leben besteht. Darum seid ihr viel größere Räuber als sie und habt’s ärger vor, als sie getan haben. Ja, sprecht ihr, wir wollen ihnen den Leib und genug vom Gut lassen. Das glaube, wer da will! Ich nicht! Wer so viel an Unrecht sich getraut zu wagen, daß er einem vermessen die Gewalt nimmt – das größte und wichtigste Stück –, der wird’s auch nicht lassen: Er wird ihm das andere und geringste, das dranhängt, auch nehmen. Frißt der Wolf ein ganzes Schaf, so frißt er gewiß auch wohl ein Ohr davon. Und wenn ihr schon so rechtschaffen wäret, daß ihr ihnen den Leib und Guts genug ließet: dennoch ist das allzuviel geraubt und unrecht, daß ihr das Beste, nämlich die Gewalt, nehmt und euch selbst zu Herren über sie macht. Gott wird euch doch als die größten Räuber verurteilen.
Könnt ihr nicht bedenken oder ermessen, liebe Freunde, daß, wenn euer Vorhaben recht wäre, dann ein jeglicher gegen den andern Richter werden und keine Gewalt oder Obrigkeit, Ordnung oder Recht bleiben würden in der Welt, sondern lediglich Mord und Blutvergießen? Denn sobald er sähe, daß ihm jemand Unrecht täte, würde er zufahren und ihn selbst richten und strafen. Ist nun das unbillig und nicht zu dulden von einer einzelnen Person, so ist’s auch von keiner Rotte und keinem Haufen zu dulden. Ist’s aber von einer Rotte oder einem Haufen zu dulden, so kann man’s mit keinem Fug oder Recht der einzelnen Person verwehren. Denn es ist auf beiden Seiten die gleiche Ursache, nämlich das Unrecht. Und was wollt ihr tun, wenn in eurer Rotte anfinge ein solcher Mutwillen, daß ein jeglicher sich dem andern widersetzt, sich selbst rächt an seinem Beleidiger? Wollt ihr’s auch dulden? Würdet ihr nicht sagen, er sollte andere lassen richten und rächen, die von euch eingesetzt wären? Wie wollt ihr denn vor Gott und der Welt bestehen, wenn ihr euch selbst richtet und rächt gegen eure Beleidiger, ja gegen eure Obrigkeit, die von Gott verordnet ist?
Nun, dies ist alles gesagt vom allgemeinen göttlichen und natürlichen Recht, das auch Heiden, Türken und Juden halten müssen, soll anders Friede und Ordnung in der Welt bleiben. Und wenn ihr schon dieses alles hieltet, so tätet ihr dennoch nichts Besseres oder mehr als die Heiden und Türken. Denn daß man sich selbst nicht richtet oder rächt, sondern der Gewalt und Obrigkeit dies überläßt, macht keinen zum Christen. Man muß es doch schließlich tun, man tue es gern oder ungern. Weil ihr aber gegen dieses Recht verfahrt, so seht ihr ja klar, daß ihr ärger als die Heiden und Türken seid, um davon zu schweigen, daß ihr Christen sein sollt. Was meint ihr aber, was Christus dazu sagen wird, daß ihr seinen Namen führt und nennt euch eine christliche Versammlung, wo ihr doch so ferne davon seid, ja so schändlich gegen sein Recht tut und lebt, daß ihr noch nicht einmal Heiden oder Türken zu heißen würdig seid, sondern viel schlimmer, weil ihr gegen göttliches und natürliches Recht, das bei den Heiden allgemein aufrechterhalten wird, tobt und strebt?
Da seht, liebe Freunde, was ihr für Prediger habt, wie sie über eure Seele wachen! Ich habe Sorge, es seien einige Mordpropheten unter euch gekommen, die durch euch gerne wollten Herren in der Welt werden, worauf sie nun schon längst aus waren, und fragen nicht danach, ob sie euch führen in Gefahr des Leibs, des Guts, der Ehre und der Seele, sowohl zeitlich als auch ewig. Wollt ihr nun das göttliche Recht halten, wie ihr prahlt, wohlan, so tut’s! Da steht’s! Gott spricht: »Die Rache ist mein; ich will vergelten.« (5.Mose 32,35) Ferner: »Seid untertan nicht allein den guten Herren, sondern auch den bösen!« (i.Petr.2,18) Tut ihr’s, dann gut! Tut ihr’s nicht, so könnt ihr wohl ein Unglück anrichten; aber es wird schließlich über euch ausgehen. Daran zweifle nur niemand! Denn Gott ist gerecht und wird’s nicht dulden. Darum seht euch vor mit eurer Freiheit, daß ihr nicht dem Regen entlauft und fallt ins Wasser und, wenn ihr meint, leiblich frei zu werden, daß ihr darüber verliert Leib, Gut und Seele für ewig. Gottes Zorn ist da. Fürchtet euch! Das rate ich. Falsche Propheten hat der Teufel unter euch gesandt! Davor hütet euch!
Weiter wollen wir nun auch etwas von dem christlichen und evangelischen Recht sagen, welches die Heiden nicht bindet wie das vorige. Denn wenn ihr euch rühmt und gerne hört, daß man euch Christen nenne und ihr dafür wollt gehalten sein, so werdet ihr es euch ja auch gefallen lassen, daß man euch euer Recht vorhalte. Hört nun zu, liebe Christen, eurem christlichen Recht! So spricht euer oberster Herr Christus, dessen Namen ihr führt, Matth-5,39-41: »Ihr sollt dem Übel nicht widerstehen! Sondern wer dich zwingt eine Meile Wegs, mit dem gehe zwei Meilen, und wer dir den Mantel nimmt, dem laß auch den Rock. Und wer dich auf einen Backen schlägt, dem halte den andern auch dar.« Hört ihr’s, ihr christliche Versammlung? Wie reimt sich euer Vorhaben mit diesem Recht? Ihr wollt nicht dulden, daß man euch übel oder unrecht tue, sondern frei sein und nur lauter Gutes und Recht dulden. Und Christus spricht, man solle keinem Übel oder Unrecht widerstehen, sondern immer weichen, leiden und nehmen lassen. Wollt ihr dieses Recht nicht ertragen, mit Verlaub, so tut auch den christlichen Namen von euch und prahlt mit einem andern, der eurem Tun gemäß ist, oder Christus wird selbst seinen Namen von euch reißen, daß es euch mehr als beschwerlich sein wird.
Ebenso spricht auch St.Paulus Röm. 12,19: »Rächet euch selbst nicht, meine Liebsten, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes!« Ferner lobt er die Korinther 2.Kor. 11,20, daß sie gerne leiden, wenn jemand sie schlägt oder gefangennimmt. Ferner 1.Kor.6,7 tadelt er sie, daß sie ums Gut rechteten und nicht das Unrecht litten. Ja, unser Herzog Jesus Christus spricht Matth.5,44, wir sollen Gutes wünschen denen, die uns beleidigen, und bitten für unsere Verfolger und lieben unsere Feinde und wohltun unsern Übeltätern. Dies sind unsere christlichen Rechte, liebe Freunde! Nun seht ihr, wie weit euch die falschen Propheten davongeführt haben und heißen euch dazu noch Christen, obwohl sie euch ärger als Heiden gemacht haben. Denn an diesen Sprüchen begreift gewiß ein Kind, was das christliche Recht sei: nicht sich sträuben gegen Unrecht, nicht zum Schwert greifen, nicht sich wehren, nicht sich rächen, sondern hergeben Leib und Gut, daß es raube, wer da raubt. Wir haben doch genug an unserm Herrn, der uns nicht verlassen wird, wie er verheißen hat. Leiden, Leiden, Kreuz, Kreuz ist der Christen Recht – dieses und kein anderes! Nun aber kämpft ihr so um das zeitliche Gut und wollt den Rock mit dem Mantel nicht fahren lassen, sondern den Mantel zurückholen – wann wolltet ihr denn sterben und den Leib dalassen oder eure Feinde lieben oder wohltun? O nichtsnutzige Christen! Liebe Freunde, die Christen sind nicht so zahlreich, daß so viele sollten auf einem Haufen sich versammeln. Es ist ein seltener Vogel um einen Christen. Wollte Gott, wir wären zum größeren Teil wenigstens gute, rechtschaffene Heiden, die das natürliche Recht hielten, ich schweige vom christlichen!
Ich will euch auch einige Exempel erzählen des christlichen Rechts, damit ihr seht, wohin euch die verrückten Propheten geführt haben. Seht an St.Peter im Garten, der seinen Herrn Christus wollte mit dem Schwert verteidigen und schlug dem Malchus ein Ohr ab (Joh.18,10 f.). Sagt an, wer da kann: Hatte Petrus hier nicht ganz recht? War es nicht ein unerträgliches Unrecht, daß sie Christus nicht allein das Gut, sondern auch das Leben wollten nehmen? Ja, sie nahmen ihm nicht allein Leib und Gut, sondern unterdrückten damit das Evangelium ganz und gar, durch das sie sollten selig werden, und beraubten sie so des Himmelreichs. Ein solches Unrecht habt ihr noch nicht im ganzen Umfang erlitten, hebe Freunde. Seht aber, was Christus hier tut und lehrt! Wie groß auch dieses Unrecht war, dennoch wehrt er dem St.Petrus, heißt ihn das Schwert einstecken und will nicht dulden, daß er dieses Unrecht räche oder abwehre. Außerdem fällt er ein Todesurteil über ihn wie über einen Mörder und spricht: »Wer das Schwert nimmt, soll durchs Schwert umkommen.« (Matth.26,52) Da müssen wir begreifen, daß es nicht genug ist, wenn jemand uns unrecht tue und wir eine gute Streitsache und ein gutes Recht haben, sondern daß wir auch das Recht und die Vollmacht des von Gott anvertrauten Schwerts haben müssen, derartiges zu bestrafen. Außerdem soll ein Christ auch das leiden, daß man das Evangelium ihm verwehren will, wenn es anders möglich ist, das Evangelium jemandem zu verwehren, wie wir hören werden.
Ein anderes Exempel. Christus selbst – was tut er, wenn man ihm das Leben am Kreuz nimmt und damit sein Predigtamt zerstört, wozu er gesandt war von Gott selber, den Seelen zugut? Das tut er, wie St.Petrus sagt: »Er stellt es dem anheim, der recht richtet« (1.Petr.2,23), und erleidet dieses unerträgliche Unrecht. Überdies bat er für seine Verfolger und sprach: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!« (Luk.23,34) Wenn ihr nun rechte Christen seid, müßt ihr dies wahrhaftig auch tun und diesem Exempel folgen. Tut ihr’s nicht, so laßt nur bald den christlichen Namen und das Prahlen mit dem christlichen Recht fahren. Denn dann seid ihr gewiß keine Christen, sondern gegen Christus und sein Recht und seine Lehre und sein Exempel. Wenn ihr’s aber tätet, so würdet ihr bald Gottes Wunder sehen, daß er euch würde helfen, wie er es für Christus getan hat, den er nach Vollendung seines Leidens so gerächt hat, daß sein Evangelium und sein Reich mit Kraft trotz allen seinen Feinden durchdrang und die Oberhand bekam. So würde er auch euch helfen, daß sein Evangelium mit Macht würde bei euch zunehmen, wenn ihr vorher zu Ende littet und ihm die Sache anheimstelltet und auf seine Rache harrtet. Da ihr nun aber selbst dazwischenfallt und wollt’s nicht mit Leiden, sondern mit der Faust erobern und erhalten, so hindert ihr seine Rache und werdet’s bewirken, daß ihr weder Evangelium noch Faust behalten werdet.
Ich muß mich auch als ein gegenwärtiges Exempel zu dieser Zeit mit aufzählen. Es hat Papst und Kaiser sich gegen mich gestellt und getobt. Nun, womit hab ich’s fertiggebracht, daß je mehr Papst und Kaiser getobt haben, desto mehr mein Evangelium fortgeschritten ist? Ich habe nie ein Schwert gezückt oder Rache begehrt. Ich habe keine Rotterei oder Aufruhr angefangen, sondern der weltlichen Obrigkeit – auch der, die das Evangelium und mich verfolgt – ihre Gewalt und Ehre helfen verteidigen, soviel ich vermochte. Aber damit bin ich erhalten geblieben, daß ich’s Gott ganz anheimgestellt und allezeit auf seine Hand mutig mich verlassen habe. Darum hat er mich auch sowohl dem Papst als auch allen Tyrannen zum Trotz nicht allein am Leben erhalten, was viele, und mit Recht, für ein großes Wunder ansehen und ich selbst auch anerkennen muß, sondern mein Evangelium immer mehr und weiter lassen zunehmen. Nun fallt ihr mir in den Arm, wollt dem Evangelium helfen und seht nicht, daß ihr’s damit aufs allerschwerste hindert und unterdrückt.
Das sage ich alles, hebe Freunde, um euch ehrlich zu warnen, daß ihr euch in dieser Sache entäußert des christlichen Namens und des Pochens auf das christliche Recht. Denn ihr mögt recht haben, wie sehr ihr wollt, so gebührt doch keinem Christen zu rechten oder zu fechten, sondern Unrecht zu leiden und das Übel zu dulden – daran ändert sich nichts, 1.Kor.6,7 –, wie ihr selbst in der Vorrede bekennt, daß alle, die an Christus glauben, liebreich, friedlich, geduldig und einig werden. Aber mit der Tat beweist ihr nur Ungeduld, Unfrieden, Streit und Frevel, gegen euer eigenes Wort, ihr wolltet denn diejenigen geduldig heißen, die kein Unrecht oder Übel, sondern bloß Recht und Gutes leiden wollen. Das wäre aber eine feine Geduld, die auch ein Verbrecher sich gefallen lassen kann, geschweige denn ein christgläubiger Mensch. Darum sage ich abermals: Ich lasse eure Sache sein, so gut und recht sie nur sein kann. Weil ihr sie aber selbst wollt verteidigen und weder Gewalt noch Unrecht leiden, mögt ihr tun und lassen, was euch Gott nicht verwehrt; aber den christlichen Namen – den christlichen Namen, sage ich – den laßt weg und macht den nicht zum Schanddeckel eures ungeduldigen, unfriedlichen, unchristlichen Vorhabens. Den will ich euch nicht lassen oder gönnen, sondern sowohl mit Schriften als auch mit Worten euch abreißen nach meinem Vermögen, solange sich ein Glied regt an meinem Leibe. Denn es wird euch nicht gelingen, oder es wird euch zum Verderben an Leib und Seele gelingen.
Nicht daß ich damit die Obrigkeit in ihrem unerträglichen Unrecht, das ihr leidet, rechtfertigen oder verteidigen wollte! Sie sind und tun maßlos unrecht, das gestehe ich zu. Sondern das will ich: Wenn ihr euch auf beiden Seiten nicht wolltet belehren lassen und, was Gott verhüte, aneinander geratet und kämpft, daß dann auf keiner Seite von Christen geredet werden solle, sondern daß eben, wie auch sonst gemäß dem Lauf der Welt, ein Volk mit dem andern kämpft und, wie man spricht, daß Gott einen Schurken mit dem andern bestraft. Zu Leuten solcher Art und solchen Namens will ich euch gerechnet haben, wenn es zum Kampf käme, was Gott gnädig abwende: damit die Obrigkeit wisse, daß sie nicht gegen Christen kämpfe, sondern gegen Heiden, und ihr wiederum auch wißt, daß ihr nicht als Christen, sondern als Heiden gegen die Obrigkeit kämpft. Denn Christen, die kämpfen nicht für sich selbst mit dem Schwert oder mit Büchsen, sondern mit dem Kreuz und Leiden, wie ihr Herzog Christus nicht das Schwert fuhrt, sondern am Kreuze hängt. Darum besteht auch ihr Sieg nicht im Überlegen-Sein und Herrschen oder in der Gewalt, sondern im Unterhegen und in der Unkraft, wie St.Paulus sagt 2.Kor.io,4: »Unserer Ritterschaft Waffen sind nicht leiblich, sondern gewaltig in Gott«, und abermals: »Kraft wird durch Unkraft vollkommen.« (2.Kor. 12,9)
So soll nun und muß euer Titel und Name dieser sein: daß ihr die Leute seid, die darum kämpfen, daß sie kein Unrecht oder Übel leiden wollen oder sollen, wie das die Natur gibt. Diesen Namen sollt ihr fuhren und Christi Namen in Frieden lassen. Denn das ist auch euer Werk, und so handelt ihr auch. Wollt ihr den nicht fuhren, sondern den christlichen Namen behalten, wohlan, so kann ich die Sache nicht anders verstehen, als daß sie mir gelte, und muß euch als Feinde rechnen und ansehen, die mein Evangelium unterdrücken oder hindern wollen, mehr als Papst und Kaiser es bisher getan haben, weil ihr unter dem Namen des Evangeliums gegen das Evangelium verfahrt und handelt. Daher will ich auch umgekehrt euch nicht verbergen, was ich dabei tun will: Ich will Gott die Sache anheimstellen, den Hals dran wagen mit Gottes Gnade und mich mutig auf ihn verlassen, wie ich es bisher gegen Papst und Kaiser getan habe, und für euch bitten, daß er euch erleuchte und eurem Vorhaben widerstehe, daß er’s nicht lasse geraten. Denn ich sehe doch sehr wohl, daß der Teufel, da er mich bisher nicht hat können umbringen durch den Papst, so sucht er mich durch die blutdürstigen Mordpropheten und Rottengeister, die unter euch sind, zu vertilgen und aufzufressen. Nun, er fresse mich! Es soll ihm der Bauch eng genug davon werden, das weiß ich. Und wenn ihr gewinnt, werdet ihr doch davon auch nicht viel Nutzen haben! Ich bitte aber ganz demütig und freundlich: Wollet euch eines besseren besinnen und so verhalten, damit ich solchen Widerspruch und solches Gebet zu Gott gegen euch nicht nötig habe.
Denn obwohl ich ein armer, sündiger Mensch bin, so weiß ich doch und bin gewiß, daß ich in diesem Fall eine gerechte Sache führe, wenn ich für den christlichen Namen fechte und bitte, daß er nicht geschändet werde. Ebenso bin ich auch gewiß, daß mein Gebet vor Gott angenehm ist und erhört wird. Denn er hat uns selbst so zu beten gelehrt im Vaterunser, wo wir sagen: »Dein Name werde geheiligt« (Matth.6,9), und hat verboten, diesen zu schänden, im zweiten Gebot. Darum bitte ich, ihr wollet dies mein Gebet und aller, die mit mir beten, nicht verachten. Denn es wird für euch zu mächtig sein und Gott gegen euch erwecken, wie St.Jakob spricht: »Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es anhält«, wie des Elia Gebet tat (Jak.5,16-18). Und wir haben auch tröstliche Verheißungen Gottes, daß er uns erhören will, Joh.14,14: »Was ihr bittet in meinem Namen, das will ich tun«, und 1.Joh.5,14: »So wir etwas bitten nach seinem Willen, so erhört er uns.« Solchen Trost und solche Zuversicht zu bitten könnt ihr nicht haben, weil euch euer Gewissen und die Schrift überführen, daß euer Vorhaben heidnisch und nicht christlich ist und unter dem Namen des Evangeliums gegen das Evangelium und zur Schmach des christlichen Namens handelt. Ich weiß auch, daß keiner von euch je einmal Gott gebeten oder angerufen hat in solcher Sache, und ihr könnt es auch nicht. Denn ihr wagt eure Augen nicht gegen ihn aufzuheben in diesem Fall, sondern widersetzt euch nur mit eurer Faust, die ihr aus Ungeduld und widerspenstigem Willen zusammengeballt habt, was für euch nicht gut ausgehen wird.
Wäret ihr aber Christen, so würdet ihr Faust und Schwert, Trotzen und Drohen lassen und ans Vaterunser euch halten und mit Beten eure Streitsachen bei Gott fordern und sprechen: »Dein Wille geschehe«, ferner: »Erlöse uns vom Übel, Amen«, wie ihr seht, daß im Psalter die rechten Heiligen ihre Not vor Gott tragen und klagen und bei ihm Hilfe suchen, nicht aber sich selbst verteidigen oder dem Übel widerstehen. Dieses Gebet hätte euch mehr geholfen in allen euren Nöten, als wenn die Welt voll von euch wäre. Außerdem hättet ihr auch ein gutes Gewissen und eine tröstliche Zuversicht, daß ihr erhört würdet, wie seine Verheißungen lauten i.Tim.4,10: »Er ist aller Menschen Helfer, sonderlich der Gläubigen«, und Ps.50,15: »Rufe mich an in der Not, so will ich dir helfen«, und Ps.91,15: »Er hat mich angerufen in der Not, darum will ich ihm aushelfen« usw. Seht, dies ist die rechte christliche Weise, Unglück und Übel loszuwerden, nämlich dulden und Gott anrufen. Weil ihr aber keines davon tut, weder ruft noch duldet, sondern mit eigener Macht euch selber helft und macht euch selbst zu eurem Gott und Heiland, deshalb darf und kann Gott nicht euer Gott und Heiland sein. So könnt ihr zwar als Heiden und Gotteslästerer etwas ausrichten, wenn es Gott zuläßt – wogegen wir bitten –, aber das nur zu eurem ewigen und zeitlichen Verderben. Als Christen aber oder Evangelische werdet ihr nichts gewinnen, dafür wollte ich tausendmal meinen Hals wetten.
Von hier aus ist nun leicht auf alle eure Artikel zu antworten. Denn wenn sie auch nach natürlichem Recht alle recht und billig wären, so habt ihr doch das christliche Recht vergessen, daß ihr sie nicht mit Geduld und Gebet gegen Gott, wie es christlichen Leuten gebührt, habt erkämpft und durchgedrückt, sondern habt mit eigener Ungeduld und Frechheit euch vorgenommen, sie der Obrigkeit abzudringen und mit Gewalt zu erzwingen, was auch gegen das Landrecht und die natürliche Billigkeit ist. Und derjenige, der eure Artikel aufgestellt hat, ist kein rechtschaffener, redlicher Mann; denn er hat viele Kapitel aus der Schrift an den Rand geschrieben, als ob dort die Artikel begründet wären, und behält doch den Brei im Maule und läßt die Sprüche selbst weg, damit er seiner Bosheit und eurem Vorhaben einen Schein des Rechts verschaffe, um euch zu verfuhren und aufzuhetzen und in Gefahr zu bringen. Denn diese angeführten Kapitel, wenn man sie durchliest, sagen nicht viel von eurem Vorhaben, sondern vielmehr das Gegenteil, daß man christlich leben und handeln solle. Es wird wohl ein aufrührerischer Prophet sein, der seinen Mutwillen durch euch an dem Evangelium ausläßt. Dem wolle Gott wehren und euch vor ihm behüten!
Aufs erste. Daß ihr in der Vorrede den Einwänden vorbeugt und prahlt, daß ihr nicht aufrührerisch sein wollt, sondern entschuldigt euch, daß ihr nach dem Evangelium zu lehren und zu leben begehrt usw. – da straft euch euer eigener Mund und euer Werk Lügen; denn ihr bekennt, daß ihr euch zusammenrottet und empört und wollt dies mit dem Evangelium beschönigen. So habt ihr es oben gehört: Das Evangelium lehrt die Christen leiden und das Unrecht dulden und zu Gott beten in aller Not. Ihr aber wollt nicht leiden, sondern wie die Heiden die Obrigkeit nach eurem Willen und eurer Ungeduld zwingen. Ihr führt auch die Kinder Israel als Exempel an, daß Gott ihr Rufen erhört und sie erlöst habe. Warum haltet ihr euch nicht an dieses Exempel, dessen ihr euch rühmt? Rufet auch so zu Gott und harret, bis er euch auch einen Mose sende, der mit Zeichen und Wundern beweise, daß er von Gott gesandt sei. Die Kinder Israel rotteten sich nicht gegen Pharao zusammen, sie halfen sich auch nicht selbst, wie ihr es euch vornehmt. Darum ist dieses Exempel gerade gegen euch und verdammt euch, die ihr damit prahlt und dennoch das Gegenteil tut.
Auch ist das nicht wahr, wenn ihr prahlt, nach dem Evangelium zu lehren und zu leben. Es ist doch kein Artikel da, der ein einziges Stück vom Evangelium lehrt, sondern es ist alles darauf gerichtet, daß ihr euern Leib und euer Gut frei habt. Und summa, sie handeln alle von weltlichen, zeitlichen Sachen: daß ihr Gewalt und Gut haben wollt, kein Unrecht leiden, obwohl doch das Evangelium sich um weltliche Sachen gar nicht kümmert und das äußerliche Leben allein in Leiden, Unrecht, Kreuz, Geduld und Verachtung zeitlicher Güter und des zeitlichen Lebens setzt. Wie reimt sich denn nun das Evangelium auf euch, außer daß ihr den Anschein davon für euer unevangelisches und unchristliches Vorhaben sucht und nicht seht, daß ihr damit das heilige Evangelium Christi schmäht und zum Schanddeckel macht? Darum müßt ihr euch hier anders darstellen: entweder diese Sache ganz und gar fallen lassen und euch ergeben, dieses Unrecht zu leiden, wollt ihr Christen sein und heißen – oder, wollt ihr die Sache ausführen, einen andern Namen vorzeigen und nicht als Christen bezeichnet und erachtet werden. Da gibt es kein Mittelding und wird auch nichts anderes daraus.
Wahr ist’s, daß ihr recht habt darin, daß ihr das Evangelium begehrt, wenn anders es euer Ernst ist. Ja, ich will diesen Artikel besser schärfen, als ihr selbst es tut, und so sagen: Es ist auf jeden Fall unerträglich, daß man jemandem den Himmel zuschließe und ihn mit Gewalt in die Hölle jage. Dies soll ja niemand zulassen und eher hundertmal den Hals daran wagen. Wer mir aber das Evangelium verwehrt, der schließt mir den Himmel zu und jagt mich mit Gewalt in die Hölle, weil kein anderer Weg oder anderes Mittel zur Seelen Seligkeit ist als das Evangelium. Daher soll ich dies, bei Verlust meiner Seelen Seligkeit, ja nicht leiden. Seht! Ist das Recht nicht bündig genug bewiesen? Dennoch folgt daraus nicht, daß ich mich sollte mit der Faust der Obrigkeit widersetzen, die dieses Unrecht an mir tut. Darauf sprichst du: Wie soll ich es denn zugleich leiden und nicht leiden? Hier antwortet es sich leicht in der Weise: Es ist unmöglich, daß jemandem könnte das Evangelium verwehrt werden. Es ist auch keine Gewalt im Himmel und auf Erden, die dieses vermöchte. Denn es ist eine öffentliche Lehre, die unter dem Himmel frei einhergeht, an keinen Ort gebunden, wie der Stern, der Christi Geburt den Weisen aus den Morgenländern, durch die Luft laufend, anzeigte.
Das ist wohl wahr: Städte, Örter und den Raum, wo das Evangelium oder ein Prediger ist, können die Herren dort durchaus verwehren. Aber du kannst diese Stadt oder den Ort verlassen und dem Evangelium an einem andern Ort nachlaufen. Und es ist nicht nötig, daß du um des Evangeliums willen auch die Stadt oder den Ort einnehmest und besetzt haltest. Sondern laß dem Herrn seine Stadt und folge du dem Evangelium! So leidest du, daß man dir Unrecht tue und dich verjagt, und leidest doch zugleich nicht, daß man dir das Evangelium nimmt oder verwehrt. Sieh, so fallen die zwei in eins: Leiden und Nichtleiden. Dagegen wenn du die Stadt auch willst behalten, zusammen mit dem Evangelium, so raubst du dem Herrn der Stadt das Seine und gibst vor, du tätest es um des Evangeliums willen. Jedoch das Evangelium lehrt dich nicht rauben oder nehmen, wenn auch der Herr des Guts dieses gegen Gott und mit Unrecht und dir zum Schaden mißbraucht. Das Evangelium bedarf keines leiblichen Raumes oder einer Stätte, wo es bleibe. Es will und muß im Herzen bleiben.
Dies hat Christus gelehrt Matth.10,23: »Wenn sie euch in einer Stadt verjagen, so fliehet in eine andere.« Er spricht nicht: Wenn sie euch in einer Stadt verjagen, so bleibt drinnen und nehmt die Stadt ein, dem Evangelium zum Lobe, und rottet euch zusammen gegen die Herren der Stadt, wie man es jetzt tun will und lehrt; sondern: Flieht, flieht immer weiter in eine andere, bis des Menschen Sohn kommt. »Denn ich sage euch: Ihr werdet die Städte nicht alle zu Ende bringen, bis der Sohn des Menschen wird kommen.« So spricht er auch Matth.23,34, daß die Gottlosen werden seine Evangelisten verjagen von einer Stadt zur andern. Ebenso spricht auch Paulus I.Kor.4,11: »Wir sind an keinem gewissen Ort.« Wenn es nun so geschieht, daß ein Christ immer von einem Ort zum andern weichen muß um des Evangeliums willen und alles verlassen, wo er ist und was er hat, oder immer ungewiß sitzt und alle Stunde darauf wartet, so geht es ihm gerade so, wie es einem Christen gehen soll. Denn weil er nicht leiden will, daß man ihm das Evangelium nehme oder verwehre, leidet er, daß man ihm nimmt und verwehrt Städte, Orte, Gut und alles, was er ist und hat. Wie reimt sich nun damit Euer Vorhaben, die ihr Städte und Orte einnehmt und besetzt haltet, die nicht euer sind, und wollt nicht leiden, daß man euch die nehme und verwehre, sondern ihr nehmt und verwehrt sie ihren natürlichen Herren? Was sind mir das für Christen, die um des Evangeliums willen Räuber, Diebe und Verräter werden und hinterher sagen, sie seien Diener des Evangeliums?
Auf den ersten Artikel
Eine ganze Gemeinde soll Vollmacht haben, einen Pfarrer zu wählen und abzusetzen. – Dieser Artikel ist recht, wenn er nur auch christlich durchgeführt würde, abgesehen davon, daß die am Rande angezeigten Kapitel nichts dazu beitragen. Wenn nun aber die Güter der Pfarre von der Obrigkeit kommen und nicht von der Gemeinde, so kann die Gemeinde nicht diese Güter zuwenden dem, den sie erwählt; denn das wäre geraubt und genommen. Sondern: Will sie einen Pfarrer haben, muß sie damit beginnen, daß sie diesen zuerst demütig erbittet von der Obrigkeit. Will die Obrigkeit nicht, so wähle sie einen eigenen und nähre ihn von ihren eigenen Gütern und überlasse der Obrigkeit jene Güter oder erlange sie rechtmäßig von ihr. Will aber die Obrigkeit diesen von ihr gewählten und ernährten Pfarrer nicht dulden, so lasse man ihn fliehen in eine andere Stadt und fliehe mit ihm, wer da will, wie Christus lehrt. Das heißt christlich und evangelisch einen eigenen Pfarrer wählen und haben. Wer anders tut, der handelt unchristlich wie ein Räuber und Frevler.
Auf den zweiten Artikel
Die Zehnten sollen dem Pfarrer und armen Leuten ausgeteilt werden, das Übrige behalten werden zur Hilfe, wenn das Land in Not ist usw. – Dieser Artikel ist nichts als Raub und öffentliche Strauchdieberei. Denn da wollen sie den Zehnten, der nicht ihnen, sondern der Obrigkeit gehört, an sich reißen und damit machen, was sie wollen. Nicht so, liebe Freunde! Das heißt die Obrigkeit ganz und gar abgesetzt, obwohl ihr doch in der Vorrede erklärt, niemandem das Seine zu nehmen. Wollt ihr geben und Gutes tun, so tut’s von eurem Gute, wie der weise Mann spricht (Spr.3,9). Denn Gott sagt durch Jesaja 61,8: »Ich hasse das Opfer, das vom Raube kommt.« Redet ihr doch in diesem Artikel, als wäret ihr schon Herren im Lande und hättet alle Güter der Obrigkeit an euch genommen und wolltet niemandem untertan sein oder etwas geben. Daraus begreift man, was ihr im Sinn habt. Liebe Herren, laßt ab, laßt ab! Ihr werdet’s nicht ausfuhren. Es helfen euch auch nicht die Kapitel der Schrift, die euer Lügenprediger und falscher Prophet an den Rand geschmiert hat; vielmehr sind sie gegen euch.
Auf den dritten Artikel
Es soll kein Leibeigener sein, weil uns Christus hat alle befreit. – Was ist das? Das heißt christliche Freiheit ganz fleischlich machen. Haben nicht Abraham und andere Patriarchen und Propheten auch Leibeigene gehabt? Lest St.Paulus, was er von den Knechten, welche zu der Zeit alle leibeigen waren, lehrt. Darum ist dieser Artikel gerade gegen das Evangelium und räuberisch, weil damit jeder seinen Leib, der unfrei geworden ist, seinem Herrn wegnimmt. Denn ein Leibeigener kann gut Christ sein und christliche Freiheit haben, wie ein Gefangener oder Kranker Christ ist und dennoch nicht frei ist. Es will dieser Artikel alle Menschen gleich machen und aus dem geistlichen Reich Christi ein weltliches, äußerliches Reich machen, was unmöglich ist. Denn ein weltliches Reich kann nicht bestehen, wo nicht Ungleichheit ist bei den Personen, daß einige frei seien, einige gefangen, einige Herren, einige untertan usw., wie St.Paulus sagt Gal.3,28, daß »in Christus Herr und Knecht ein Ding« sei. Davon hat mein Herr und Freund Urban Rhegius gut und genug geschrieben; da kannst du es ausführlicher lesen.
Auf die andern acht Artikel
Die andern Artikel von Freiheit des Wildbrets, der Vogeljagd, des Fischens, von Holz, Wäldern, von Diensten, Zinsen, Auflagen, Abgaben, Todfall usw. überlasse ich den Rechtsgelehrten; denn mir als einem Evangelisten gebührt es nicht, darüber zu urteilen und zu richten. Ich soll die Gewissen unterrichten und lehren, was göttliche und christliche Sachen betrifft. Man hat Bücher genug darüber in den kaiserlichen Rechtssammlungen. So habe ich oben gesagt, daß diese Dinge einen Christen nichts angehen; er fragt auch nichts danach. Er läßt rauben, nehmen, drücken, schinden, schaben, fressen und toben, wer da will. Denn er ist ein Märtyrer auf Erden. Deshalb sollte die Bauernschaft hierin billigerweise den christlichen Namen in Frieden lassen und handeln unter dem Namen derer, die gerne menschliches und natürliches Recht wollten haben, nicht aber derer, die christliches Recht suchten, welches sie in allen diesen Dingen heißt stille stehen, leiden und allein zu Gott klagen.
Seht, liebe Herren und Freunde, das ist mein Unterricht, den ihr von mir begehrt habt auf einem zweiten Zettel. Und bitte wollet an euer Angebot denken, daß ihr euch gerne wollt mit der Schrift lassen unterweisen. Wenn nun dies zu euch kommt, so schreit nicht sogleich: Der Luther schmeichelt den Fürsten; er redet gegen das Evangelium! Lest vorher und seht meine Begründung an aus der Schrift. Denn bei euch gilt es! Ich bin entschuldigt vor Gott und der Welt. Ich kenne die falschen Propheten unter euch gut. Gehorcht ihnen nicht! In Wahrheit verführen sie euch. Sie sorgen nicht für euer Gewissen, sondern wollen gerne Galater aus euch machen, damit sie durch euch zu Gut und Ehren kommen – und hinterher samt euch in der Hölle ewig verdammt sein müssen.
AUFFORDERUNG AN DIE OBRIGKEIT UND AN DIE BAUERNSCHAFT
Weil nun, liebe Herren, auf beiden Seiten nichts Christliches ist, auch keine christliche Sache zwischen euch schwebt, sondern sowohl ihr Herren als auch ihr Bauernschaft es mit heidnischem oder weltlichem Recht und Unrecht und mit zeitlichem Gut zu tun habt, außerdem auf beiden Seiten gegen Gott handelt und unter seinem Zorn steht, wie ihr gehört habt, so laßt euch um Gottes Willen belehren und beraten und greift die Sachen an, wie solche Sachen anzugreifen sind, nämlich auf dem Rechtsweg und nicht mit Gewalt oder mit Kampf, damit ihr nicht ein unendliches Blutvergießen anrichtet in deutschen Landen. Denn weil ihr auf beiden Seiten unrecht habt und überdies noch euch selbst rächen und schützen wollt, werdet ihr euch auf beiden Seiten zugrunde richten, und es wird Gott einen Schurken mit dem andern geißeln.
Ihr Herren habt gegen euch die Schrift und die Geschichte, wie die Tyrannen sind gestraft worden. Das schreiben auch die heidnischen Dichter, daß die Tyrannen selten am trockenen Tod gestorben, sondern meist erwürgt worden sind und blutig umgekommen. Weil es denn gewiß ist, daß ihr tyrannisch und jähzornig regiert, das Evangelium verbietet und den armen Mann so schindet und drückt, habt ihr weder Trost noch Hoffnung, außer daß ihr ebenso umkommt, wie euresgleichen sind umgekommen. Seht alle Königreiche an, wie sie ein Ende genommen haben durchs Schwert: Assyrien, Persien, Juden, Römer usw., die allesamt zuletzt zugrunde gerichtet sind, wie sie vorher andere zugrunde gerichtet hatten. Dadurch beweist Gott, daß er Richter ist auf Erden und kein Unrecht ungestraft läßt. Deshalb liegt euch nichts Gewisseres als das gleiche Urteil auf dem Halse, es geschehe jetzt oder später, wenn ihr euch nicht bessert.
Ihr Bauern habt auch gegen euch die Schrift und die Erfahrung, daß eine Rotterei noch nie ein gutes Ende genommen hat. Und Gott hat immer streng dieses Wort eingehalten: »Wer das Schwert nimmt, soll durchs Schwert umkommen.« (Matth.26,52) Weil ihr also unrecht tut, indem ihr euch selbst richtet und rächt, außerdem den christlichen Namen unwürdig führt, seid ihr gewiß auch unter Gottes Zorn. Und selbst wenn ihr gewönnet und alle Herrschaft zugrunde richtetet, würdet ihr zuletzt doch euch selbst untereinander müssen zerfleischen wie die wütenden Bestien. Denn weil kein Geist, sondern Fleisch und Blut unter euch regiert, wird Gott bald einen bösen Geist unter euch senden, wie er es tat mit denen zu Sichern und mit Abimelech (Ri.9,23). Seht euch an, auf welche Weise alle Rotterei zuletzt ein Ende hat genommen: wie Korah 4.Mose 16, ferner Absalom (2.Sam.i8), Seba (2.Sam.2o), Simri (1.Kö.16) und ihresgleichen. Kurzum: Sowohl den Tyrannen als auch den Rotten ist Gott feind; darum hetzt er sie gegeneinander, daß sie zu beiden Seiten schmachvoll umkommen und so sein Zorn und sein Urteil über die Gottlosen vollstreckt wird.
Mir ist das am allermeisten leid und erbarmt mich sehr und ich wollt’s gerne mit meinem Leben und Sterben abkaufen, daß nämlich auf beiden Seiten zwei unheilbare Schäden folgen. Denn weil keine Seite mit gutem Gewissen kämpft, sondern beide Seiten für die Erhaltung des Unrechts fechten, so muß erstens folgen, daß diejenigen, welche dabei erschlagen würden, mit Leib und Seele ewig verloren sind, weil sie in ihren Sünden sterben, ohne Reue und Gnade, im Zorn Gottes. Dafür gibt es keine Hilfe oder Rat. Denn die Herren würden dafür streiten, daß sie ihre Tyrannei und die Verfolgung des Evangeliums und ungerechte Belastung der Armen bestätigten und erhielten, oder jedenfalls diejenigen, die von dieser Art sind, hülfen bestätigen und beschützen. Das ist jedenfalls abscheulich unrecht und gegen Gott. Wer dabei vom Tod überrascht wird, muß ewig verloren sein. Umgekehrt würden die Bauern kämpfen, um ihre Rotterei und den Mißbrauch des christlichen Namens zu verfechten, was auch beides im höchsten Grad gegen Gott ist. Und wer dabei und darüber stirbt, muß auch ewig verloren sein. Da hilft auch nichts.
Der andere Schade: Das deutsche Land wird verwüstet werden, und wenn einmal ein solches Blutvergießen anfängt, wird es schwerlich aufhören, es sei denn, alles ist zugrunde gegangen. Denn Streit ist bald angefangen; es steht aber nicht in unserer Macht, aufzuhören, wann wir wollen. Was haben euch denn nur getan soviel unschuldige Kinder, Weiber und alte Leute, die ihr Narren mit euch in diese Gefahr zieht, um das Land voll Blut, Raub, Witwen und Waisen zu machen? O, der Teufel hat’s ausgesucht böse im Sinn! Denn Gott ist sehr erzürnt und droht uns, diesen loszulassen, damit er sein Mütlein an unserem Blut und an unseren Seelen kühle. Sehet euch vor, liebe Herren, und seid weise! Es gilt bei euch allen beiden! Was hilft’s euch, wenn ihr euch selbst ewig und mutwillig verdammt und außerdem ein wüstes und zerstörtes, blutiges Land euren Nachkommen hinterlaßt, während ihr die Streitsachen beizeiten wohl besser lösen könntet: durch Buße gegen Gott und durch gütlichen Vertrag oder williges Leiden vor den Menschen. Mit Trotz und Streit werdet ihr nichts Gutes schaffen.
Darum wäre mein aufrichtiger Rat, daß man aus dem Adel einige Grafen und Herren, aus den Städten einige Ratsherren wählte und ließe sie die Streitsachen in gütlicher Weise verhandeln und beenden: daß ihr Herren euere Hartnäckigkeit fallen ließet – welche ihr doch zuletzt müsset preisgeben, ihr wollt oder wollt nicht – und gäbet ein wenig nach mit eurer Tyrannei und Unterdrückung, damit der arme Mann auch Luft und Raum gewönne zum Leben; andererseits die Bauern sich auch belehren ließen und einige Artikel, die zu weit und zu hoch greifen, aufgäben und fahren ließen, damit so die Sache, wenn sie schon nicht kann in christlicher Weise behandelt werden, doch wenigstens mit menschlichen Rechten und Verträgen beendet werde.
Werdet ihr diesem Rat nicht folgen, was Gott verhüte!, muß ich euch zusammenstoßen lassen. Ich aber bin unschuldig an eurer Seele, an eurem Blut und Gut; ihr werdet’s selber tragen. Ich hab’s euch gesagt, daß ihr auf beiden Seiten unrecht habt und um Unrecht fechtet. Ihr Herren fechtet nicht gegen Christen. Denn Christen tun euch nichts, sondern leiden alles. Ihr fechtet aber gegen offenkundige Räuber und Schänder des christlichen Namens. Diejenigen, welche unter ihnen sterben, sind schon ewig verdammt. Umgekehrt: Ihr Bauern fechtet auch nicht gegen Christen, sondern gegen Tyrannen und Verfolger Gottes und der Menschen und gegen Mörder der Heiligen Christi. Diejenigen, welche dabei sterben, sind auch ewig verdammt. Da habt ihr alle beide Seiten euer eindeutiges Urteil von Gott – das weiß ich wahrhaftig. Tut nun, was ihr wollt, wenn ihr doch nicht folgen wollt, um euern Leib und eure Seele zu erhalten.
Ich aber will mit den Meinen Gott bitten, daß er euch auf beiden Seiten entweder versöhne und einige oder daß er gnädig verhindere, daß es nicht nach eurem Sinne ende – obwohl mir die schrecklichen Zeichen und Wunder, die in letzter Zeit geschehen sind, einen düsteren Mut machen und ich Sorge habe, Gottes Zorn habe schon zu stark angefangen, wie er sagt bei Jeremia 15,1: »Wenngleich Noah, Hiob und Daniel vor mir stünden, hätte ich doch keinen Willen zu dem Volk.« (vgl. Hes.14,14) Wollte Gott, ihr fürchtetet euch vor seinem Zorn und bessertet euch, damit die Plage doch eine Verzögerung und einen längeren Aufschub gewönne! Wohlan, ich habe euch allen genug geraten, christlich und brüderlich und ehrlich, wie mir mein Gewissen Zeugnis gibt. Gott gebe, daß es helfe! Amen.
»Sein Unglück wird auf seinen Kopf kommen
und sein Frevel auf seinen Scheitel fallen.« (Ps.7,17)
WA 18, 291-334.
Übertragen in heutiges Deutsch von Rolf Schäfer.