Die 12 Hauptartikel der Bauernschaft
Dem christlichen Leser Fried und Gnad Gottes durch Christum.
Es sind viele Widerchristen, die jetzund wegen der versammleten Bauerschaft das Evangelium zu schmähen Ursache nehmen, sagend, das seien die Früchte des neuen Evangeliums: Niemand gehorsam sein, an allen Orten sich emporheben und aufbäumen, mit großer Gewalt zuhauf laufen und sich rotten, geistlich und weltliche Obrigkeiten zu reformieren, auszureiten [= zu vernichten], ja vielleicht gar zu erschlagen? Allen diesen gottlosen, frevenlichen Urteilern antworten diese nachgeschriebenen Artikel, am ersten, daß sie diese Schmach des Wortes Gottes aufheben, zum andern, die Ungehorsamkeit, ja die Empörung aller Bauern christlich entschuldigen.
Zum ersten ist das Evangelium nicht eine Ursache der Empörungen oder Aufruhren, dieweil es eine Rede ist von Christo, dem verheißenen Messias, welchs Wort und Leben nichts als Liebe, Friede, Geduld und Einigkeiten lernet, also daß alle, die an diesen Christum glauben, lieblich, friedlich, geduldig und einig werden. So dann der Grund aller Artikel der Bauern (wie dann klar gesehen wird), das Evangelium zu hören und demgemäß zu leben, dahin gericht ist. Wie mögen dann die Widerchristen das Evangelium eine Ursache der Empörung und des Ungehorsams nennen? Daß aber etliche Widerchristen und Feinde des Evangeliums sich wider solches Ansinnen und Begehren auflehnen und aufbäumen, dafür ist das Evangelium nicht Ursache, sondern der Teufel, der schädlichste Feind des Evangeliums, der solches durch den Unglauben in den Seinen erweckt, hiemitte [= damit], daß das Wort Gottes (das Liebe, Frieden und Einigkeit lehrt) unterdrückt und weggenommen würde.
Zum andern dann klar lauter folget, daß die Bauern, [die] in ihren Artikeln solches Evangelium zu Lehre und Leben begehren, nicht mögen ungehorsam, aufrührisch genennt werden. Ob aber Gott die Bauern (die nach seinem Wort zu leben ängstlich rufen) erhören will, wer will den Willen Gottes tadeln? Wer will in sein Gericht greifen? Ja, wer will seiner Majestät widerstreben? Hat er die Kinder Israels, die zu ihm schreien, erhöret und aus der Hand des Pharaos befreit, mag er nicht noch heute die Seinen erretten? Ja, er wirds erretten. Und in einer Kürze. Derhalben, christlicher Leser, solche nachfolgenden Artikel lies mit Fleiß, und danach urteile.
Hier nachfolgend die Artikel:
Der erst Artikel:
Zum ersten ist unser demütig Bitt und Begehr, auch unser aller Will und Meinung, daß wir nun fürhin Gewalt und Macht wollen haben, eine ganze Gemeinde soll einen Pfarrer selbst erwählen und kiesen [= prüfen], auch Gewalt haben, denselbigen wieder zu entsetzen, wenn er sich ungebührlich hielt. Derselbig erwählt Pfarrer soll uns das heilig Evangelium lauter und klar predigen, ohne allen menschlichen Zusatz, Lehr und Gebot, denn uns den wahren Glauben stets verkündigen, gibt uns ein Ursache, Gott um seine Gnad zu bitten, uns denselbigen wahren Glauben ein[zu]bilden und in uns [zu] bestätigen. Denn wenn seine Gnad in uns nicht eingebildet wird, so bleiben wir stets Fleisch und Blut, das dann nichts nutz ist, wie klärlich in der Schrift steht, daß wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen könnten und allein durch seine Barmherzigkeit selig müssen werden. Darum ist uns ein solcher Vorgeher und Pfarrer von Nöten und in dieser Gestalt in der Schrift begründet.
Der ander Artikel:
Zum andern, nachdem der rechte Zehnt aufgesetzt ist im Alten Testament und im Neuen erfüllt ist, nichtsdestominder wollen wir den rechten Kornzehnt gern geben, doch wie sich gebührt. Demnach man soll ihn Gott geben und den Seinen mitteilen. Gebührt es einem Pfarrer, so klar das Wort Gottes verkündet, sind wir des Willen, hinfort diesen Zehnt unser Kirchenpropst, so dann eine Gemeinde einsetzt, sollen einsammeln und einnehmen, davon einem Pfarrer, so von einer ganzen Gemeinde erwählt wird, sein ziemlich [gebührend] genugsamer Unterhalt geben, ihm und den Seinen, nach Erkenntnis einer ganzen Gemeinde, und was überbleibt, soll man armen Bedürftigen, die im selben Dorf vorhanden sind, mitteilen, nach Gestalt der Sache und Erkenntnis einer Gemeinde. Was überbleibt, soll man behalten, ob [= falls] man Reisen [= Kriegsdienst leisten] muß von Landsnot wegen. Damit man keine Landsteuer auf den Armen anlegen muss, soll man es von diesem Überschuß ausrichten. Auch wenn es Sache wäre, daß eins oder mehr Dörfer wären, die den Zehnten selbst aus etlicher Not halben verkauft hätten, dieselbigen sollen es dem, der ihn so von einem ganzen Dorf erhalten hat, nicht entgelten lassen, sondern wir wollen uns ziemlicher [= angemessener] Weise nach Gestalt der Sache mit ihm vergleichen, ihm solches wieder mit ziemlicher Ziel und Zeit ablösen.[1] Aber wer von keinem Dorf solches erkauft hat und seine Vorfahren sich selbst solches zugeeignet haben, wollen und sollen und sind [wir] ihnen nichts weiteres schuldig zu geben, allein [= außer], wie oben steht, unseren erwählten Pfarrer damit zu unterhalten, Verpflichtungen abzulösen oder den Bedürftigen mitzuteilen, wie die Heilige Schrift beinhaltet, sie seien geistlich oder weltlich. Den kleinen Zehnt wollen wir gar nicht geben, denn Gott der Herr [hat] das Vieh frei dem Menschen geschaffen, sodass wir [es] für ein unziemlichen Zehnt schätzen, den die Menschen erdichtet haben. Darum wollen wir ihn nicht weiter geben.
Der dritt Artikel:
Zum dritten ist der Brauch bisher gewesen, daß man uns für ihre eigenen [leibeigenen] Leute gehalten habt, was zu erbarmen ist, angesehen, daß uns Christus alle mit seinem kostbaren Blutvergüßen erlöst und erkauft hat, den Hirten ebenso als den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum erfindet [= ergibt] sich mit der Schrift, daß wir frei seien und wollen sein. Nicht, daß wir ganz frei sein wollen, [und] keine Obrigkeit haben wollen, das lehrt uns Gott nicht. Wir sollen in Geboten leben, nicht in freiem fleischlichen Mutwillen, sondern Gott lieben, ihn als unsern Herren in unserm Nächsten erkennen, und alles das tun, was wir auch gerne hätten, was uns Gott am Nachtmahl [= Abendmahl] geboten hat zu einer Lehre. Darum sollen wir nach seinem Gebot leben. Zeigt und weist uns dies Gebot nicht an, dass wir der Obrigkeit nicht gehorsam seien, nicht allein der Obrigkeit, sondern wir sollen uns gegen jedermann demütigen, daß wir auch gerne gegen unsere erwählte und gesetzte Obrigkeit (so uns von Gott gesetzt) in allen gebührenden und christlichen Sachen gerne gehorsam seien. [Wir] seien auch ohne Zweifel, ihr werdet uns der [Leib-]Eigenschaft als wahre und rechte Christen gerne entlassen oder uns im Evangelium des berichten, dass wirs seien.
Der viert Artikel:
Zum vierten ist bisher im Brauch gewesen, daß kein armer Mann die Gewalt gehabt hat, das Wildbret, Geflügel oder Fisch in fließenden Wasser zu fangen zugelassen [zu] werden, welches uns ganz unziemlich und unbrüderlich dünkt, besonders eigennützig und dem Wort Gottes nicht gemäß. Auch in etlichen Orten [hält] die Obrigkeit uns das Gewild zu Trotz und mächtigem Schaden, [sodass] wir mutwilliglich leiden und darzu still schweigen müssen, dass die unvernünftigen Tiere uns das Unsere (so Gott dem Menschen zu Nutz wachsen hat lassen) zum Unnutzen abfressen, was wider Gott und dem Nächsten ist. Denn als Gott der Herr den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt gegeben über alle Tiere, über die Vögel in der Luft und über den Fisch im Wasser. Darum ist unser Begehren, wenn einer Wasser hätte, das er es mit genugsamer Schrift beweisen mag, dass man das Wasser unwissentlich also erkauft hätte, begehren wir, es ihm nicht mit Gewalt zu nehmen, sondern man müsste ein christliches Einsehen darinnen haben wegen brüderlicher Liebe. Aber wer nicht genugsam Anzeigen darum kann tun, soll es eine Gemeinde in gebührender Weise teilhaben lassen.
Der fünfte Artikel:
Zum fünften sind wir auch beschwert der Beholzung halber, denn unsere Herrschaften haben sich die Hölzer alle allein [an-]geeignet, und wenn der arme Mann was bedarf, muss er es um das doppelte Geld kaufen. Ist unser Meinung, was für Hölzer seien, mögen sie Geistliche oder Weltliche innehaben, die es nicht erkauft haben, sollen einer ganzen Gemeinde wieder anheimfallen und einer Gemeinde gebührender Weise freistehen, einem jeglichen sein Notdurft ins Haus zu brennen umsonst lassen nehmen, auch wenn es vonnöten sein würde zu zimmern, auch umsonst nehmen [zu lassen], doch mit Wissen derer, die von der Gemeinde dazu erwählt werden. Wenn aber keins vorhanden [sein sollte, außer] das, was redlich erkauft ist worden, soll man sich mit denselbigen brüderlich und christlich vergleichen. Wenn aber das Gut am Anfang von ihnen selbst geeignet wär worden und nachmals verkauft worden, soll man sich vergleichen nach Gestalt der Sache und Erkenntnis brüderlicher Liebe und Heiliger Schrift. Der sechste Artikel:
Zum sechsten ist unser hart Beschwerung der Dienste halber, welche von Tag zu Tag gemehrt werden und täglich zunehmen. Begehren wir, dass man ein ziemlich Einsehen damit habe, uns dermaßen nicht so hart [zu] beschweren, sondern uns gnädig hierinnen ansehen, wie unsere Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.
Der siebente Artikel:
Zum siebenten, dass wir hinfüro uns [durch] ein Herrschaft nicht weiter wollen lassen beschweren, sondern wie es eine Herrschaft jemandem in ziemlicher Weise verleiht, also soll er es besitzen laut der Vereinigung des Herren und Bauern. Der Herr soll ihn nicht weiter zwingen noch dringen, mehr Dienst noch anders von ihm umsonst [zu] begehren, darmit der Bauer solches Gut unbeschwert, also ruhig brauchen und genießen mag. Wenn aber dem Herren Dienst vonnöten wäre, soll ihm der Bauer willig und gehorsam für andere sein, doch zu Stunde und Zeit, daß dem Bauern nicht zu Nachteil gereicht, und ihm um einen ziemlichen Pfenning Dienst tun.
Der achte Artikel:
Zum achten sind wir [damit] beschwert, und deren viel, die Güter innenhaben, dass dieselbigen Güter die Gült [Zinsen] nicht erbringen können und die Bauern das Ihre darauf einbüßen und verderben. [Wir begehren,] dass die Herrschaft dieselbigen Güter von ehrbaren Leuten besichtigen lassen und nach Billigkeit ein Gült [= Zins] festlege, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jegliches Tagwerk ist seines Lohnes würdig.
Der neunte Artikel:
Zum neunten sind wir beschwert der großen Frevel, so man stets neu Satzungen macht, nicht dass man uns straft nach Gestalt der Sach, sondern zu Zeiten aus großem Neid und zu Zeiten aus großer Gunst. Es ist unsere Meinung, uns mit der alten geschriebenen Strafe [zu] strafen, danach die Sache gehandelt ist, und nicht nach Gunst.
Der zehnte Artikel:
Zum zehnten sind wir beschwert, dass etliche haben sich angeeignet Wiesen, dergleichen Äcker, die aber einer Gemeinde zugehören. Dieselben werden wir wieder zu unseren gemeinen Händen nehmen, es sei denn, dass man es redlich erkauft habe. Wenn man es aber unbilliger Weise erkauft hat, soll man sich gütlich und brüderlich miteinander vergleichen nach Gestalt der Sache.
Der elfte Artikel:
Zum elften wollen wir den Brauch, genannt den Todfall [= Erbschaftssteuer], ganz und gar abgetan haben, ihn nimmer leiden noch gestatten, dass man Witwen und Waisen das Ihre wider Gott und Ehren also schändlich nehmen und berauben soll, wie es an vielen Orten (mancherlei Gestalt) geschehen ist. Und von den, so sie beschützen und beschirmen sollten, haben sie uns geschunden und geschabt, und wenn sie wenig Recht hätten gehabt, hätten sie es ganz genommen. Das will Gott nicht mehr leiden, sondern das soll ganz ab sein. Kein Mensch soll hinfort schuldig sein, etwas zu geben, weder wenig noch viel.
Beschluss.
Zum zwölften ist unser Beschluss und endliche Meinung, wenn einer oder mehr Artikel, die allhier aufgestellt, so dem Worte Gottes nicht gemäß wären, wie wir aber nicht vermeinen [= glauben], dieselbigen Artikel, möge man uns mit dem Wort Gottes für unziemlich anzeigen, so wollen wir davon abstehen, wenn man es uns aufgrund der Schrift erklärt. Wenn man uns schon etlich Artikel jetzt zuließ und hernach sich befänd, dass [sie] unrecht wären, sollen sie von Stund an tot und hinfällig sein und nichts gelten. Dergleichen, [wenn] sich in der Schrift mit der Wahrheit mehr Artikel gefunden, die wider Gott und Beschwernis des Nächsten wären, wollen wir uns auch vorbehalten und beschlossen haben und uns in aller christlicher Lehr üben und brauchen. Darum wir Gott den Herren bitten wollen, der uns dasselbig geben kann und sonst niemand. Der Friede Christi sei mit uns allen.
Quelle: Flugschriften der Bauernkriegszeit, hrsg. v. Adolf Laube und Hans Werner Seiffert, Berlin: Akademie-Verlag, 1975, S. 26-31.
[1] Sinn der Stelle: Dass Inhaber des Zehnten (des Anspruchs auf den Zehnt), die diesen von einem Dorf nachweislich erkauft haben, ihn zunächst behalten dürfen, bis mit ihnen ein Vergleich über die Ablösung erfolgt.
Und hier eine Fassung in heutigem Deutsch:
Die Zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben
DIE GRÜNDLICHEN UND RECHTEN HAUPTARTIKEL ALLER BAUERNSCHAFT UND HINTERSASSEN DER GEISTLICHEN UND WELTLICHEN OBERKEITEN, VON WELCHEN SIE SICH BESCHWERT VERMEINEN
Dem christlichen Leser Frieden und Gnade Gottes durch Christus.
Es gibt viele Gegner des Christentums, die jetzt, aufgrund der versammelten Bauernschaft, Anlass nehmen, das Evangelium zu schmähen. Sie behaupten, dass dies die Früchte des neuen Evangeliums seien: Niemand gehorcht, überall wird aufbegehrt, es kommt zu massiven Zusammenrottungen, und es wird versucht, die geistliche und weltliche Obrigkeit zu reformieren, auszurotten oder sogar zu vernichten. Auf all diese gottlosen und frevelhaften Urteile antworten die folgenden Artikel.
Erstens, um diese Lästerung des Wortes Gottes zu widerlegen, und zweitens, um den Ungehorsam und die Empörung aller Bauern christlich zu entschuldigen. Erstens ist nicht das Evangelium die Ursache der Empörung oder des Aufruhrs, denn es ist eine Botschaft von Christus, dem verheißenen Messias (Römer 1,3f.), dessen Wort und Leben nichts als Liebe, Frieden, Geduld und Einigkeit lehren. Daher werden alle, die an diesen Christus glauben, lieblich, friedlich, geduldig und einig. Der Grund aller Artikel der Bauern zielt darauf ab, das Evangelium zu hören und ihm gemäß zu leben. Wie können dann die Gegner des Christentums behaupten, das Evangelium sei die Ursache der Empörung und des Ungehorsams? Dass einige Gegner des Evangeliums sich gegen solche Bestrebungen auflehnen und aufbegehren, ist nicht die Schuld des Evangeliums, sondern des Teufels, des schlimmsten Feindes des Evangeliums, der solche Dinge durch Unglauben in den Menschen erweckt, damit das Wort Gottes (das Liebe, Frieden und Einigkeit lehrt) unterdrückt und entfernt wird.
Zweitens ergibt sich klar und deutlich, dass die Bauern, die in ihren Artikeln das Evangelium als Grundlage für Lehre und Leben verlangen, nicht ungehorsam und aufrührerisch genannt werden können. Sollte Gott die Bauern, die ängstlich nach seinem Wort leben, erhören wollen, wer will dann den Willen Gottes tadeln? Wer will in sein Urteil eingreifen (Römer 11,33f.; Jesaja 40,13; Römer 8,33f.)? Wer möchte seiner Majestät widersprechen? Hat er die Kinder Israels erhört, die zu ihm schrien, und sie aus der Hand des Pharaos befreit (2. Mose 3,7f.; 14), kann er nicht auch heute noch seine Menschen retten (Lukas 18,7f.)? Ja, er wird sie retten! Und bald! Daher, christlicher Leser, lies die folgenden Artikel sorgfältig und urteile danach. Hier sind die Artikel:
Erster Artikel
Erstens, unser demütiger Wunsch und unser aller Wille ist es, dass wir die Gewalt und Macht haben wollen, dass eine ganze Gemeinde ihren Pfarrer selbst wählen und prüfen soll (1. Timotheus 3,1-7; Titus 1,6-9; Apostelgeschichte 14,23). Sie soll auch die Vollmacht haben, ihn wieder zu entlassen, wenn er sich unangemessen verhält. Der gewählte Pfarrer soll uns das heilige Evangelium klar und deutlich predigen, ohne menschliche Zusätze, Lehren und Gebote (5. Mose 17,9-13; 2. Mose 31,1-6; 5. Mose 10,22ff.). Denn wenn uns der wahre Glaube immer verkündigt wird, gibt uns das Anlass, Gott um seine Gnade zu bitten, uns diesen wahren Glauben vor Augen zu halten und ihn in uns zu festigen. Wenn seine Gnade nicht in uns eingeprägt wird, bleiben wir immer nur Fleisch und Blut, das dann nutzlos ist (Johannes 6,63). Es steht klar in der Schrift, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können und allein durch seine Barmherzigkeit selig werden müssen. Daher brauchen wir einen solchen Anführer und Pfarrer, der in dieser Form durch die Schrift begründet ist.
Zweiter Artikel
Zweitens, obwohl der rechte Zehnte im Alten Testament eingeführt und im Neuen Testament erfüllt ist (Hebräer; Psalm 110,4), wollen wir den rechten Kornzehnten dennoch gerne geben, jedoch wie es sich gehört. Dieser soll Gott gegeben und den Bedürftigen übermittelt werden (1. Mose 14,20; 5. Mose 18,1; 12,12; 5. Mose 25,4; 1. Timotheus 5,18; Matthäus 10,9f.; 1. Korinther 9,9). Wenn er einem Pfarrer gebührt, der klar das Wort Gottes verkündigt, sind wir bereit, diesen Zehnten künftig durch unseren Kirchenpropst, den eine Gemeinde dann einsetzen wird, sammeln und einnehmen zu lassen, wobei der Pfarrer, der von der gesamten Gemeinde gewählt wird, den gebührenden und ausreichenden Unterhalt erhalten soll, entsprechend dem, was die Gemeinde zuspricht. Was übrig bleibt, soll an arme Bedürftige im gleichen Dorf verteilt werden, je nach Bedarf und Entscheidung der Gemeinde. Was übrig bleibt, soll behalten werden, falls wir aufgrund von Notfällen in den Krieg ziehen müssen, damit keine Landsteuer auf den armen Mann gelegt werden muss; es soll aus diesem Überschuss bestritten werden. Auch wenn es vorkommen sollte, dass ein oder mehrere Dörfer den Zehnten aufgrund von Not verkaufen, soll dies demjenigen, der ihn von einem ganzen Dorf erhalten hat, nicht angelastet werden. Vielmehr wollen wir uns in angemessener Weise nach Art der Sache mit ihm vergleichen und das entsprechend ausgleichen. Wenn jemand diesen Zehnten nicht von einem Dorf gekauft hat und es sich nur von seinen Vorfahren angeeignet hat, wollen und sollen wir ihm nichts weiter schulden, außer dem, was oben steht, um unseren gewählten Pfarrer zu unterstützen, Verpflichtungen abzutragen oder den Bedürftigen zu geben, wie es die Heilige Schrift vorschreibt, ob geistlich oder weltlich. Den kleinen Zehnten wollen wir nicht geben, denn der Herr hat das Vieh dem Menschen frei gegeben (1. Mose 1,26), sodass wir ihn als unrechtmäßigen Zehnten betrachten, den Menschen erfunden haben. Daher wollen wir ihn nicht weitergeben.
Dritter Artikel
Drittens war es bisher üblich, dass wir als Eigentum angesehen wurden, was bedauerlich ist, da Christus uns alle durch sein kostbares Blut erlöst und gekauft hat (Jesaja 53,4ff.; 1. Petrus 1,18f.; 1. Korinther 7,23), die Hirten ebenso wie die Höchsten, ohne Ausnahme. Daher ergibt sich aus der Schrift, dass wir frei sind und frei sein wollen. Nicht dass wir völlig frei sein wollen und keine Obrigkeit haben möchten (Römer 13,1ff.; Weisheit 6,4), das lehrt uns Gott nicht. Wir sollen nach den Geboten leben, nicht nach freiem menschlichen Willen, sondern Gott lieben (5. Mose 6,13; Matthäus 4,10; Lukas 4,8), ihn als unseren Herrn im Nächsten erkennen und alles tun, was wir auch gerne hätten (Lukas 6,31f.; Matthäus 7,12; Johannes 13,34f.), wie es uns Gott im Abendmahl zuletzt geboten hat. Daher sollen wir nach seinem Gebot leben. Es zeigt und weist uns dieses Gebot an, dass wir der Obrigkeit nicht nur gehorsam sein sollen, sondern wir sollen uns jedem gegenüber demütig zeigen, sodass wir auch gerne unserer gewählten und gesetzten Obrigkeit (wie von Gott gesetzt, Römer 13,1f.) in allen gebührenden und christlichen Dingen (Apostelgeschichte 5,23) gehorsam sind. Wir haben auch keinen Zweifel, dass ihr uns gerne aus der Leibeigenschaft als wahre und rechte Christen entlassen oder uns aus dem Evangelium zeigen werdet, dass wir rechtmäßig leibeigen sind.
Vierter Artikel
Viertens war es bisher der Brauch, dass kein armer Mann die Freiheit hatte, Wildbret, Geflügel oder Fische im Wasser zu fangen, was uns ganz unangemessen und unbrüderlich erscheint, besonders eigennützig und dem Wort Gottes nicht gemäß. Auch hat an einigen Orten die Obrigkeit das Wild uns zum Trotz und mit großem Schaden genommen, sodass wir leiden und schweigen müssen, während die unvernünftigen Tiere das, was Gott zum Nutzen des Menschen wachsen ließ, mutwillig zerstören, was gegen Gott und den Nächsten ist. Denn als Gott der Herr den Menschen schuf, gab er ihm Macht über alle Tiere, über die Vögel in der Luft und die Fische im Wasser (1. Mose 1,11ff.; Apostelgeschichte 10,13ff.; 1. Timotheus 4,3ff.; 1. Korinther 10,30; Kolosser 2,16f.20ff.). Daher ist unser Wunsch: Wenn jemand ein Gewässer besitzt und durch Schriftstücke ausreichend beweisen kann, dass er das Gewässer bewusst erworben hat, verlangen wir nicht, es gewaltsam zu nehmen. Vielmehr sollte man ein christliches Verständnis für die brüderliche Liebe haben. Wer dies jedoch nicht ausreichend beweisen kann, soll der Gemeinde einen angemessenen Anteil gewähren.
Fünfter Artikel
Fünftens sind wir auch durch die Holzungen belastet, da unsere Herrschaften sich die Wälder allein angeeignet haben. Wenn der arme Mann etwas braucht, muss er es zum doppelten Preis kaufen. Daher ist unsere Meinung, dass die Wälder, egal ob sie geistlichen oder weltlichen Besitzern gehören, die sie nicht gekauft haben, einer ganzen Gemeinde zurückgegeben werden sollen und einer Gemeinde in angemessener Weise freistehen soll, damit jeder nach seinem Bedarf Holz zum Brennen oder auch zum Zimmern erhalten kann, auch wenn es kostenlos sein sollte, jedoch mit Wissen der von der Gemeinde dazu bestimmten Personen. Wenn jedoch nichts anderes vorhanden ist außer dem, das rechtmäßig gekauft wurde, soll man sich in brüderlicher und christlicher Weise vergleichen. Wenn das Gut jedoch von Anfang an von ihnen selbst angeeignet und danach verkauft wurde, soll man sich nach Art der Sache und gemäß der brüderlichen Liebe und Heiligen Schrift vergleichen.
Sechster Artikel
Sechstens ist unsere harte Belastung durch die Dienste, die von Tag zu Tag zunehmen und sich ständig vergrößern. Wir verlangen, dass man ein angemessenes Verständnis dafür hat, uns nicht so hart zu belasten (Römer 10,1), sondern uns gnädig zu behandeln, wie unsere Eltern gedient haben, allein nach dem Wortlaut der Heiligen Schrift.
Siebter Artikel
Siebtens wollen wir uns nicht weiter von einer Herrschaft belasten lassen, sondern wie es eine Herrschaft jemandem angemessen verleiht, soll er es nach dem Vertrag zwischen Herrn und Bauern besitzen. Der Herr soll ihn nicht weiter zwingen und bedrängen, mehr Dienste oder anderes von ihm kostenlos verlangen (Lukas 3,14; 1. Thessalonicher 4,6), damit der Bauer sein Gut unbeschwert und ruhig nutzen und genießen kann. Sollte jedoch zusätzlicher Dienst vom Herrn erforderlich sein, soll der Bauer bereitwillig und gehorsam sein, jedoch zu Zeiten und Gelegenheiten, die dem Bauern keinen Nachteil bringen, und ihm gegen angemessene Bezahlung Dienst leisten.
Achter Artikel
Achtens sind wir belastet, und es gibt viele, die Güter besitzen, dass diese Güter die Zinsen nicht erbringen können und die Bauern dadurch verlieren und verderben. Wir verlangen, dass die Herrschaften diese Güter von ehrlichen Leuten besichtigen lassen und nach Billigkeit einen Zins festlegen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tut, denn jede Arbeit ist ihres Lohnes wert (Matthäus 10,10).
Neunter Artikel
Neuntens sind wir durch große Ungerechtigkeit belastet, da ständig neue Satzungen gemacht werden (Jesaja 10,1f.), nicht um uns nach der Art der Sache zu strafen, sondern manchmal aus großem Neid und manchmal aus großer Gunst. Unsere Meinung ist, uns nach den alten, schriftlich festgelegten Strafen zu strafen, wie die Sache behandelt wurde, und nicht nach Gunst (Epheser 6,1-9; Lukas 3,14; Jeremia 26,14).
Zehnter Artikel
Zehntens sind wir belastet, da einige sich Wiesen und Äcker angeeignet haben, die jedoch einer Gemeinde gehörten (Lukas 6,31). Dieselben wollen wir wieder in unseren gemeinschaftlichen Besitz nehmen, es sei denn, sie wurden rechtmäßig gekauft. Wenn sie jedoch unrechtmäßig erworben wurden, soll man sich nach Art der Sache und gemäß der brüderlichen Liebe gütlich und brüderlich vergleichen.
Elfter Artikel
Elftens wollen wir den Brauch, der als „Todfall“ bezeichnet wird, ganz und gar abschaffen und nicht mehr dulden, dass Witwen und Waisen das Ihre gegen Gott und Ehre so schändlich genommen und beraubt werden (5. Mose 18,1ff.; Matthäus 8,20; 23,14; Jesaja 10,1f.), wie es an vielen Orten auf verschiedene Weise geschehen ist, und zwar von denen, die sie beschützen und bewahren sollten. Sie haben uns ausgebeutet und gequält. Und wenn sie ein wenig Recht gehabt hätten, hätten sie alles genommen. Das will Gott nicht mehr dulden; es soll ganz beendet sein. Niemand soll künftig verpflichtet sein, etwas zu geben, weder wenig noch viel.
Beschluss
Zwölftens ist unser Beschluss und endgültige Meinung, dass, wenn einer oder mehrere der hier aufgestellten Artikel dem Wort Gottes nicht entsprechen – was wir jedoch nicht glauben –, diese Artikel uns mit dem Wort Gottes als unzutreffend nachgewiesen werden sollten, wir davon Abstand nehmen wollen, wenn man es uns aufgrund der Schrift erklärt. Sollte sich bereits jetzt herausstellen, dass einige Artikel falsch sind, sollen sie von diesem Zeitpunkt an null und nichtig sein. Ebenso wollen wir uns vorbehalten, wenn in der Schrift weitere Artikel gefunden werden, die gegen Gott und eine Belastung für den Nächsten wären, und uns in aller christlichen Lehre üben und bewahren; daher wollen wir Gott, den Herrn, darum bitten, der uns dies geben kann und sonst niemand. Der Frieden Christi sei mit euch allen.