A Treatise Concerning Religious Affections, In Three Parts (amer.; Abhandlung über religiöse Affekte, in drei Teilen), Jonathan Edwards; EA Boston (Mass.) 1746.
Von Kirsten Huxel
In dieser Schrift aus der Zeit der ersten großen amerikanischen Erweckungsbewegung hat Edwards seine umfassendste Darstellung der Natur der wahren evang. Religion vorgetragen.
Um die von ihm mit ausgelöste Erweckungsbewegung gegen innere Rückschläge und Kritik von außen zu sichern, sieht sich Edwards veranlasst, Anzeichen zu benennen, anhand derer die Glaubenden die übernatürlichen Wirkungen des göttlichen Gnadenhandelns erkennen und somit die echten von den unechten Erfahrungen der Heiligung zu unterscheiden verstehen. In Teil 1 wird hierfür eine an Locke geschulte, biblisch begründete, an Vernunft und Erfahrung ausgewiesene Psychologie der Religion entwickelt. Deren These lautet: Wahre Religion besteht größtenteils aus bestimmten Affektzuständen, die als durch Gottes Geist affizierte und auf göttliche Gegenstände gerichtete Neigungen des Willens den Ursprung allen Handelns der Heiligen bilden. Die weitere Aufgabe besteht für Edwards darin, im Gegenüber zum Rationalismus einerseits und zu einem falsch verstandenen enthusiastischen Emotionalismus andererseits diejenigen religiösen Affektzustände zu identifizieren, die für den christl. Gnadenstand charakteristisch sind. In Teil 2 werden zunächst solche Momente des Affektlebens benannt, die nicht als sichere Anzeichen des Gnadenstandes gelten können. Edwards weist auf, dass weder der Grad der Heftigkeit und Unwillkürlichkeit noch ein äußerlich frommes Erscheinungsbild die Echtheit religiöser Erfahrungen verbürgen. Nicht auf das Auftreten einzelner exzeptioneller, aber flüchtiger Erfahrungen, auch nicht auf eine bestimmte Erfahrungsabfolge gemäß eines vorgegebenen Bekehrungsschemas könne sich die Selbsterforschung des Gewissens verlassen, sondern allein auf solche Strukturmerkmale des Affektlebens, wie sie in Teil 3 beschrieben werden: Die Affekte des Gnadenstandes zeichnen sich für Edwards dadurch aus, dass sie in einer geistgewirkten Erleuchtung des Herzens, einer neuen spirituellen Einsicht, Gotteserkenntnis und -liebe gründen, mit einem vollständigen Wandel der menschlichen Natur einhergehen, einen christusförmigen Charakter hervorbringen und sich in christl. Praxis manifestieren. Reformierter Tradition entsprechend werden von Edwards dabei die Werke als Hauptkennzeichen des Gnadenstandes — als die quasi experimentellen Prüfsteine der wahren Erfahrungsreligion (experimental religion) — betrachtet.
Die Schrift gilt als eines der bedeutendsten Werke des amerikanischen Puritanismus. Sie ist im 20. Jh. in den USA zum einen von der evang. Theologie (Neoorthodoxie) wieder entdeckt, zum anderen aufgrund ihres erfahrungstheologischen Ansatzes als eines der ersten Dokumente der empirischen Psychologie gewürdigt worden.
Ausg.: The Works of Jonathan Edwards, hg. von P. Miller/J. Edwards Smith, Band 2, New Haven (Conn.) 1959.
Lit.: R. W. Jenson, America’s Theologian. A Recommendation of Jonathan Edwards, NY 1988. – C. Schröder, Glaubenswahrnehmung u. Selbsterkenntnis: Jonathan Edwards theologia experimentalis, Gö. 1998.
Quelle: Michael Eckert u.a. (Hrsg.), Lexikon der theologischen Werke, Stuttgart: Kröner, 2003, S. 754f.