Gebet
Wie haben wir, wir Armen,
Dir Deine Welt vertan!
Wirst Du Dich noch erbarmen
Ob so viel Schuld und Wahn?
Nun rauscht von Tränengüssen
Die ganze weite Welt —
Die Stege fortgerissen,
Kaum einer noch, der hält!
So schwer der Weg zum Andern
Durch Schuld und Qual und Not!
So schwer, so schwer das Wandern
Durch Dunkel, Nacht und Tod!
Wenn alle Stege brechen,
So gib mir Du die Hand!
Ob allen Tränenbächen
Halt stark sie ausgespannt!
Und gib, daß ich sie fasse,
Die Deine Gnade reicht,
Und sie auch dann nicht lasse,
Wenn, was ich fasse, weicht!
Laß unter diesem Bunde
Mein ganzes Leben stehn,
Den Trost der lebten Stunde
In alle Stunden wehn!
Dann wird der Bund zum Bogen,
Der sich in Farben malt,
Des Wassersturzes Wogen
Hell leuchtend überstrahlt.
Ob allen Tränengüsser.
Wird klar Dein Bogen stehn.
Aus dem ihm Folgenmüssen
Wird Weg um Weg erstehn.
Dann wird der Weg zum Andern
Der Weg zu Dir allein:
Es wird das dunkle Wandern
Ein Weg im Lichte sein.
Und so aus Deinem Bogen
In Demut und Vertraun
Im Dunkel nachgezogen
Hilf uns Dein Reich erbau’n!
Quelle: Neue Wege. Beiträge zu Religion und Sozialismus, Band 42 (1948), Heft 12, S. 564f.